Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 15.06.2000, Az.: 11 U 184/99

Kausalität der Dienstleistungen eines Maklers; Geltendmachung der gesetzlichen Mehrwertsteuer; Gesichtspunkt der Provisionsverwirkung; Offensichtlichkeit der Doppeltätigkeit eines Maklers

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
15.06.2000
Aktenzeichen
11 U 184/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 23165
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2000:0615.11U184.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hildesheim - 29.06.1999 - AZ: 3 O 93/99

Fundstellen

  • IWR 2003, 77
  • NZM 2002, 15

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Auf eine gewerbliche Dienstleistung ist der zur Zeit ihrer Erbringung und der Fälligkeit des Entgeltanspruchs zu zahlende Mehrwertsteuersatz zu erheben und geschuldet.

  2. 2.

    Aus der Wahl des Begriffes "Provisionsanteil" in einem Maklervertrag lässt sich ersehen, dass auch von der jeweiligen Gegenseite anteilig Provision erhoben werden wird.

In dem Rechtsstreit
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 25. Mai 2000
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...
die Richterin am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Landgericht ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten zu 2 wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 29. Juni 1999 abgeändert.

Die gegen die Beklagte zu 2 ... gerichtete Klage wird abgewiesen.

Die Berufung des Beklagten zu 1 ... gegen das vorgenannte Urteil wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte zu 1 den Verurteilungsbetrag nur mit 4 % zu verzinsen hat.

Die Gerichtskosten beider Instanzen tragen der Kläger und der Beklagte zu 1 je zur Hälfte.

Der Beklagte zu 1 hat seine eigenen außergerichtlichen Kosten ganz und diejenigen des Klägers zur Hälfte zu tragen.

Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 insgesamt und die Hälfte seiner eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer des Klägers und des Beklagten zu 1 beträgt jeweils 12.702 DM.

Tatbestand

1

Die Berufung der Beklagten zu 2 hat Erfolg, die Berufung des Beklagten zu 1 hat - bis auf eine in der Senatsverhandlung zurückgenommene Zuvielforderung hinsichtlich der Zinsen - keinen Erfolg.

2

I.

Die gegen Frau ... gerichtete Klage ist unbegründet.

3

Zwar behauptet der Kläger, die Beklagten hätten sich am 28. August 1997 telefonisch an ihn gewandt und mitgeteilt, ein Haus zu suchen. Unstreitig ist insofern jedoch, dass tatsächlich nur der Beklagte zu 2 beim Kläger angerufen hat. Dass auch nur der Beklagte zu 2 Auftraggeber ist, ergibt sich nicht nur hieraus, sondern auch aus dem Folgeverhalten des Klägers selbst. Am 28. August 1997 bestätigt er den Auftrag allein gegenüber dem Beklagten zu 2 (vgl. das Schreiben GA 6).

4

Ebenso richtet sich das Anschreiben vom 1. Oktober 1997 des Klägers allein an den Beklagten zu 2; auf dieses Anschreiben kommt es insbesondere an, weil das diesem Anschreiben beigefügte Exposé schließlich zu dem provisionsauslösenden Kaufvertrag geführt hat. Ebenso ist in der Folgezeit das Schreiben vom 30. Oktober 1997, mit dem das Exposé ein weiteres Mal übersandt worden ist und auch der streitige Grundbuchauszug allein an den Beklagten zu 2 gerichtet (GA 12). Demgemäß steht aus dem eigenen Verhalten des Klägers fest, dass sein Vertragspartner, demgegenüber er die Maklerleistungen erbracht hat, nur der Beklagte zu 2 war. Daran änderte auch die bei Rechnungsstellung gewandelte Ansicht des Klägers nichts mehr.

Entscheidungsgründe

5

II.

Die Berufung des Beklagten zu 2 ist demgegenüber - bis auf eine in der Senatsverhandlung zurückgenommene Zuvielforderung des Klägers hinsichtlich der Zinsen - unbegründet.

6

1.

Mit dem Kläger einen Maklervertrag geschlossen zu haben, der im Falle des Erwerbs eines Eigenheims aufgrund der Vermittlung des Klägers eine Courtage auslöst, nimmt der Beklagte zu 2 im Berufungsrechtszug nicht in Abrede.

7

2.

Auch greift der Einwand des Beklagten nicht, die Dienstleistungen des Klägers seien nicht kausal für den Erwerb des Hauses geworden. Zwar geht die Behauptung des Beklagten zu 2 dahin, dass man wegen der mit 388.000 DM übersetzten Kaufpreisforderung der Verkäufer im Oktober/November 1997 das Haus nicht erworben habe. Selbst wenn man die Richtigkeit dieses Vortrages unterstellt und weiter davon ausgeht, dass der Beklagte zu 2 im Mai 1998 zufällig den Ehemann des Verkäuferehepaares auf der Straße getroffen habe, so unterbricht dieser Vorgang die Kausalität der Dienstleistungen des Klägers nicht. Denkt man nämlich die Dienstleistungen des Klägers hinweg, so hätte der Beklagte zu 2 den Ehemann des Verkäuferehepaares auf der Straße nicht gekannt und beide Seiten hätten einander nicht fragen können, ob das Hausgrundstück inzwischen veräußert sei. Die Maklerdienstleistung, aufgrund deren Verkäufer und Käufer sich kennengelernt haben, bleibt so zumindest mitkausal für den Erwerb durch den Beklagten zu 2 und seine Ehefrau.

8

3.

Die Forderung des Klägers ist auch der Höhe nach berechtigt. Soweit der Kläger abweichend von der im Exposé mit 3 % zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer ausgewiesenen Provision nunmehr 3 % zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer geltend macht, ist die höhere Mehrwertsteuer, die bereits in der Klagforderung eingerechnet ist, berechtigt. Im Oktober 1997, zur Zeit der Übersendung des Exposés, betrug der gesetzliche Mehrwertsteuersatz 15 %. Bei Erwerb des angebotenen Hausgrundstücks durch den Beklagten zu 2 und seine Ehefrau im August 1998 war der Mehrwertsteuersatz jedoch auf 16 % angehoben worden. Auf eine gewerbliche Dienstleistung ist der zur Zeit ihrer Erbringung und der Fälligkeit des Entgeltanspruchs zu zahlende Mehrwertsteuersatz zu erheben und geschuldet. Beide Voraussetzungen traten hinsichtlich des Anspruchs des Klägers erst im August 1998 ein. Die Voraussetzungen traten also zu einem Zeitpunkt ein, als der gesetzliche Mehrwertsteuersatz erhöht worden war. Insoweit bedurfte es seitens des Klägers zur Geltendmachung der gesetzlichen Mehrwertsteuer, zu deren Forderung in der gesetzlichen Höhe der Kläger auch verpflichtet ist, nicht etwa eines vertraglichen Vorbehalts des Klägers. Der Kläger konnte nicht wissen, ob und gegebenenfalls wann die Mehrwertsteuer erhöht werden würde. Es reichte aus, dass er die zu zahlende Mehrwertsteuer bei Versendung des Exposés mit dem geltenden Satz angab. Insoweit stand es ihm frei, eine höhere als die unsprünglich ausgewiesene Mehrwertsteuer zu fordern, nachdem die Vertragsgelegenheit sich erst später verwirklicht hatte.

9

4.

Der Courtageanspruch des Klägers ist auch nicht verwirkt.

10

a)

Der Kläger war nicht verpflichtet, den Beklagten im Einzelnen aufzudecken, inwiefern er den Verkäufern vertraglich verbunden war. Dass der Kläger auch den Verkäufern vertraglich verbunden war und auch von diesen Provision zu erhalten hatte, ergab sich bereits in genügender Art. und Weise aus dem Exposé, welches der Kläger dem Beklagten zu 2 hatte zukommen lassen. Dort heißt es, der vom Käufer zu zahlende Provisionsanteil beträgt 3,45 %. Aus der Wahl des Begriffes Provisionsanteil ließ sich für einen hellhörigen Interessenten ersehen, dass auch von den Verkäufern anteilig Provision erhoben werden würde. Dies aber war nur zu erwarten, wenn zwischen dem Kläger und den Verkäufern auch eine vertragliche Bindung bestand. Demgemäß hat der Kläger hier in zureichender Weise seine Doppeltätigkeit im Exposé konkludent aufgedeckt.

11

b)

Eine Verwirkung des Provisionsanspruchs des Klägers ist auch nicht dadurch eingetreten, dass der Kläger es unterlassen hätte, zugunsten des Beklagten bei den Verkäufern auf eine Ermäßigung des Verkaufspreises zu dringen bzw. hierüber Verhandlungen aufzunehmen.

12

Der vom Beklagten insoweit erhobene Vorwurf geht dahin, dass der Kläger nicht mit den Eheleuten ... über einen Preis, der nach Beklagtenvorstellung 350.000 DM hätte betragen können, in Verhandlungen eingetreten ist. Insoweit ist dem Kläger jedoch eine Pflichtverletzung nicht vorzuwerfen. Der Beklagte zu 2 räumt ein (GA 89), er und seine Frau hätten bei der Besichtigung den Eheleuten ... erklärt, dass sie einen Betrag von 350.000 DM für angemessen hielten. Nachdem die Preisfrage mit der von dem Beklagten zu 2 für zutreffend gehaltenen Vorstellung zwischen den Parteien direkt in dieser Weise angesprochen war, bestand für den Kläger kein Anlass, insoweit auf beide Parteien weiter einzuwirken, wenn sich zwischen diesen eine Verhandlungsbasis zum damaligen Zeitpunkt nicht direkt finden ließ.

13

Dem kann der Beklagte zu 2 auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Kläger sei ihm nicht lediglich zum Nachweis, sondern eben zur Vermittlung eines Kaufvertrages verpflichtet gewesen. Argument des Beklagten zu 2 ist insofern der Maklerauftrag vom 28. August 1997, wie der Kläger ihn zu Papier gebracht hat. Dort heißt es:

"Die Vormerkung in meiner Kundenkartei ist für sie kostenlos. Kosten entstehen ihnen erst, wenn sie durch meinen Nachweis oder meine Vermittlung einen Kaufvertrag abgeschlossen haben. Die Höhe der Provision bitte ich den jeweiligen Angeboten zu entnehmen."

14

Hieraus ergibt sich nicht, dass der Kläger bezüglich des von den Beklagten erworbenen Objekts eine Vermittlung angeboten hatte. Insoweit trägt der Beklagte zu 2 auch nicht substantiiert vor, woraus er gerade hinsichtlich dieses Objekts einen Vermittlungsauftrag des Klägers herleiten will. Die oben zitierte Formulierung lässt gerade offen, ob im Einzelfall eine Vermittlung oder ein Nachweis geschuldet wird. Hinsichtlich des streitbefangenen Kauf Objekts steht jedenfalls nicht fest, dass mehr als dessen Nachweis geschuldet war.

15

Es war dem Beklagten auch aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt, durch ein nach Erhalt des Nachweises später noch erhobenes Vermittlungsverlangen, dem der Makler (aus nicht unverständlich erscheinenden Gründen: Verhandlungen unter den Parteien aus Anlass der Besichtigung waren nicht erfolgreich) nicht nachkommen wollte, den Makler unter dem Gesichtspunkt der Provisionsverwirkung um die für die Vermittlung in Betracht kommende Provision zu bringen.

16

c)

Der Kläger hat seinen Courtageanspruch auch nicht dadurch verwirkt, dass er auf dem auf seine Veranlassung abschriftlich erstellten Grundbuchauszug eine falsche Angabe gemacht hat. Ausweislich der Anlage, welche zur Berufungserwiderung eingereicht worden ist (GA 121) und der im Senatstermin vom Beklagten vorgelegten "Original-Kopie", ist maschinenschriftlich der Grundschuldbetrag zunächst fehlerhaft mit 30.000 DM angegeben worden, sodann ist handschriftlich jedoch hinter die letzte Null der Zahl eine weitere Null angefügt worden, wobei allerdings der Tausenderpunkt an der falschen Stelle verblieben ist, sodass sich die Zahl als "30.0000" darstellt. Diese Angabe ist insgesamt unklar. Hieraus konnten die Beklagten jedenfalls nicht schließen, dass der Betrag sicher 30.000 DM betrug, die handschriftliche Ergänzung ist auch zu deutlich, um lediglich als schwarze Kopierverschmutzung angesehen zu werden. Vielmehr gab die Eintragung, so wie sie war, dem Beklagten Anlass, beim Kläger nachzufragen. Der Beklagte hat dies jedoch unterlassen. Hierin liegt jedenfalls ein hohes Mitverschulden des Beklagten, das eine Verwirkung des Maklercourtageanspruches ausschließt.

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Hinzu kommt, dass ein Schaden, den der Beklagte zu 2 und seine Ehefrau aus der falschen Angabe erlitten haben wollen, der aus einer schwächeren Verhandlungsposition herrühren sollte, als wenn die Eintragung 30.000 DM betragen hätte, nicht recht ersichtlich ist. Der Beklagte zu 2 argumentiert insofern, hätte man von der Belastung in Höhe von gut 300.000 DM gewusst, hätte man den Kaufpreis weiter drücken können, weil es Verkäufern regelmäßig darauf ankomme, noch über die Belastung hinaus einen Erlösanteil zu erzielen, den sie für sich selber behalten können. Dies war jedoch bei der Kaufpreisvorstellung der Verkäufer von 388.000 DM und später tatsächlich realisierten 365.000 DM jedenfalls der Fall. Demgemäß stand dem Beklagten zu 2, hätte er den wahren Umfang der Grundschuld erkannt oder - wie ihm oblegen hätte - erfragt, keine wesentlich bessere Verhandlungsposition zur Verfügung, zumal er aus der Angabe der eingetragenen Belastung allein auch noch nicht wusste, in welcher Höhe sie noch valutierte.

18

Erfolg hat die Berufung des Beklagten jedoch in Höhe der in der Senatsverhandlung zurückgenommenen Zuvielforderung hinsichtlich der Zinsen. Diese Zuvielforderung hat jedoch nicht ein solches Maß erreicht, dass sie zu einer weiteren Kostenbelastung des Klägers hätte führen müssen.

19

Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 92 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet sich auf § 708 Nr. 10 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Die Beschwer des Klägers und des Beklagten zu 1 beträgt jeweils 12.702 DM.