Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 11.07.2005, Az.: 7 A 6832/04

Kürzung der Leistung eines Asylbewerbers nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG); Erfordernis der "aufenthaltsbeendenden Maßnahmen"

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
11.07.2005
Aktenzeichen
7 A 6832/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 32116
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2005:0711.7A6832.04.0A

Verfahrensgegenstand

Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz -ungekürzte Leistungen-

In der Verwaltungsrechtssache hat
das Verwaltungsgericht Hannover - 7. Kammer -
ohne mündliche Verhandlung
am 11. Juli 2005
durch
den Richter am Verwaltungsgericht Schade
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung über die Kosten ist vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Kürzung ihrer Leistungen nach § 1a AsylbLG.

2

Die Klägerin ist unstrittig türkische Staatsbürgerin. Ihr Asylantrag wurde vom damaligen Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 20.06.2000 abgelehnt, Asylfolgeanträge wurden mit Bescheiden vom 31.10.2000 und 28.11.2001 abgelehnt. Klageverfahren führten zu keinem Erfolg. Seither wird die Klägerin wegen fehlender Reisepapiere in Deutschland geduldet und erhält Leistungen nach dem AsylbLG.

3

Die Klägerin verfügt über einen Nüfus, der nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 03.02.2004 im Verfahren 1 A 5288/01 (Bl. 105 der dortigen Gerichtsakte) gefälscht ist. Beim Personenstandsamt Semdinli sei keine C. unter den im Nüfus angegebenen Daten registriert.

4

Mit Schreiben vom 07.05.2004 und 28.05.2004 forderte die Stadt Hildesheim die Klägerin auf, sich Reisedokumente zu beschaffen, einen Fragebogen zur Identitätsfeststellung vollständig auszufüllen und den gefälschten Nüfus vorzulegen.

5

Offenbar ab August 2004 gewährte die Stadt Hildesheim, die namens und im Auftrag des Beklagten den Hilfefall der Klägerin regelt, ihr nur noch nach § 1a AsylbLG gekürzte Leistungen.

6

Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Bezirksregierung Hannover mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2004 zurück.

7

Die Klägerin hat am 25.11.2004 Klage erhoben.

8

Sie trägt vor, sie habe die fehlenden Papiere nicht zu vertreten. Sie sei in der Türkei nicht registriert. Da sie wegen einer Zugehörigkeit zur PKK von der Türkei verfolgt werden würde, sei es ihr nicht zuzumuten, durch die Mitwirkung bei der Registrierung selbst die Voraussetzungen für einen Zugriff des Verfolgerstaates zu schaffen.

9

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 02.08.2004 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Hannover vom 23.11.2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin ungekürzte Leistungen nach dem AsylbLG zu zahlen.

10

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen Er tritt der Klage entgegen.

11

Die Kammer hat die Sache mit Beschluss vom 08.07.2005 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

12

Alle Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

13

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14

Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter, dem die Kammer den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung übertragen hat.

15

Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung weiterhin ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.

16

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf ungekürzte Leistungen nach den §§ 3 ff. AsylbLG.

17

Nach § 1a Nr. 2 AsylbLG hat die Klägerin lediglich Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG, soweit diese im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten sind, weil im hier zur Entscheidung stehenden Zeitraum (August 2004 bis 23.11.2004) aus von der Klägerin zu vertretenen Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden konnten. Die unabweisbaren Leistungen hat die Klägerin aber unstrittig erhalten.

18

Die Klägerin hat es zu vertreten, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht durchgeführt werden können. Sie hat sich nicht hinreichend um eine Registrierung in der Türkei bemüht, welche Voraussetzung zur Ausstellung von Reisepapieren ist. Sie hat auch nicht den von der Stadt Hildesheim vorgelegten Fragebogen vollständig ausgefüllt und den gefälschten Nüfus vorgelegt.

19

Im Schriftsatz vom 07.06.2005 räumt die Klägerin selbst ein, sich nicht um eine nachträgliche Registrierung in der Türkei zu bemühen. Sie hält dies für unzumutbar, weil sie dadurch selbst die Voraussetzungen für ihre Abschiebung schaffen würde. Ihr eigener Vortrag gibt zu erkennen, dass sie die Gründe zu vertreten hat, die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen entgegen.

20

Wenn die Klägerin der Meinung ist, eine Abschiebung in die Türkei sei für sie mit einer Gefährdung verbunden, muss sie sich um asyl- oder ausländerrechtlichen Rechtsschutz bemühen. Die einschlägigen Vorschriften des Asyl- und Ausländerrechts bieten hinreichend Schutz vor einer Auslieferung an einem tatsächlichen Verfolgerstaat. Es allein schon deshalb im Recht des Asylbewerberleistungsgesetzes zumutbar, dass die Klägerin ihren ausländerrechtlichen Verpflichtungen zur Beschaffung gültiger Personalpapiere nachkommt.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

Schade