Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 07.07.2005, Az.: 2 A 911/03
Ausbildung; Beamter; Dienstzeit; Ermessen; Hochschulstudium; ruhegehaltsfähig; Versorgung; Verwaltungsvorschrift
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 07.07.2005
- Aktenzeichen
- 2 A 911/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 50856
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OVG Niedersachsen - 10.07.2007 - AZ: 5 LC 33/07
- BVerwG - 10.01.2008 - AZ: BVerwG 2 B 108.07; 2 C 9.08
- OVG Niedersachsen - 10.07.2007 - AZ: OVG 5 LC 33/07
- BVerwG - 11.12.2008 - AZ: BVerwG 2 C 9.08
Rechtsgrundlagen
- § 12 Abs 1 S 1 Nr 1 BeamtVG
- § 55 BeamtVG
- § 40 VwVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zur Berücksichtigung der Zeit einer vorgeschriebenen Hochschulausbildung als ruhegehaltsfähige Dienstzeit.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 4.727,70 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der am D.geborene Kläger macht mit der Klage die Berücksichtigung einer Ausbildungszeit von fünf Jahren als ruhegehaltsfähige Dienstzeit geltend. Er nahm nach dem Abitur, dem Wehrdienst und einem dreisemestrigen Mathematikstudium zum Wintersemester 1963/64 das Studium des Maschinenbaus an der TU Hannover auf, das er am 10.06.1969 mit dem Grad eines Diplom-Ingenieurs abschloss. Vom 01.10.1964 bis zum 30.06.1969 erhielt er eine Studienbeihilfe der Deutschen Bundespost.
Am 10.11.1969 wurde der Kläger zum Postreferendar Pt ernannt und legte am 19.05.1971 die Große Staatsprüfung Pt für den höheren posttechnischen Dienst der DBP ab. Mit Wirkung vom 20.05.1971 wurde der Kläger zum Postrat z.A. ernannt, zum 01.06.1973 zum Postrat, zum 01.12.1975 zum Postoberrat, zum 01.01.1987 zum Postdirektor und zum 01.11.1997 zum Leitenden Postdirektor. Ab 01.01.1996 war er für eine Tätigkeit im außertariflichen Angestelltenverhältnis bei der Deutschen Post AG nach § 13 Abs. 1 SUrlV i.V.m. § 4 Abs. 3 PostPersG unter Wegfall der Besoldung aus dem Beamtenverhältnis beurlaubt. Aus dieser Tätigkeit erwarb er einen Anspruch auf eine Zusatzrente in Höhe von monatlich 128,00 EUR brutto nach der Versorgungsordnung für Leitende Angestellte der Deutschen Post AG (VersOPost).
Mit Schreiben vom 10.10.2001 bat der Kläger um Berechnung seiner Versorgung für den Fall des Ausscheidens aus dem Dienst zum 31.03.2002 alternativ wegen dauernder Dienstunfähigkeit bzw. auf Antrag bei Vollendung des 63. Lebensjahres. Am 20.11.2001 teilte die Beklagte ihm hierauf mit, dass der Ruhegehaltssatz sich bei Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31.03.2002 auf 73,25 v.H. belaufe und bei Antragszurruhesetzung wegen Vollendung des 63. Lebensjahres um 6 v.H. vermindere. Da neben der Beamtenversorgung eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung bestehe, könnten die Ausbildungszeiten nicht berücksichtigt werden.
Ab dem 15.10.2001 war der Kläger dienstunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 24.10.2001 wurde ihm mit Wirkung vom 01.11.2001 ein „noch näher zu bezeichnendes Projekt bei der Niederlassung Produktion BRIEF“ in Hannover zugewiesen. Am 15.01.2002 wurde der Kläger beim Gesundheitsamt Northeim - E.- mit dem Ergebnis auf seine Dienstfähigkeit untersucht, dass er für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit gesundheitlich nicht mehr geeignet sei wegen „vorzeitigen Versagenszustands mit Ängsten, Depressionen und Organbeschwerden bei betrieblicher Überforderung und Konfliktsituation“. Nachdem der Kläger unter dem 23.01.2002 erklärt hatte, dass er auf die Einhaltung der gesetzlichen Einwendungsfrist in seinem Zurruhesetzungsverfahren und auf das Recht, Einwendungen zu erheben, verzichte, wurde er mit Bescheid vom 12.03.2002 wegen dauernder Dienstunfähigkeit mit Ende des Monats März 2002 in den Ruhestand versetzt.
Schon am 23.01.2002 hatte der Kläger beantragt, die vorgeschriebenen Ausbildungszeiten bei der Festsetzung seiner ruhegehaltsfähigen Dienstzeit zu berücksichtigen.
Mit Bescheid vom 14.05.2002 setzte die Beklagte die Versorgungsbezüge des Klägers mit einem Ruhegehaltssatz von 73,25 v.H. fest. Sie führte aus, da der Kläger neben der Beamtenversorgung eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung erhalte, könne seine Ausbildungszeit nach § 12 BeamtVG bei der Beamtenversorgung nur insoweit berücksichtigt werden, als sich dadurch keine höhere Gesamtversorgung (beamtenrechtliche Versorgung zuzüglich Rente) ergebe als die in § 55 BeamtVG bezeichnete Höchstgrenze. Danach komme eine Berücksichtigung im Ergebnis nicht in Betracht.
Am 18.06.2002 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein und trug u.a. vor, Zweck des § 12 BeamtVG sei es, in Laufbahnen, in denen regelmäßig wegen vorausgegangener langjähriger Ausbildungen erst in einem fortgeschrittenen Alter eine Berufung in ein Dienstverhältnis erfolge, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass die höchstmögliche Dienstaltersstufe bis zur Pensionierung nicht erreicht werden könne. Dem Antrag auf Berücksichtigung der Ausbildungszeiten sei daher in der Regel stattzugeben, wenn nicht ermessensleitende Verwaltungsvorschriften dagegen sprächen. Nach Tz 12.0.2 i.V.m. Tz 11.0.5 bis 11.0.10 BeamtVGVwV seien Ausbildungszeiten nicht zu berücksichtigen, wenn Renten i.S.d. § 55 BeamtVG bezogen würden und sich dadurch eine höhere Grundversorgung als nach den in § 55 bezeichneten Höchstgrenzen ergebe. Renten i.S.d. § 55 seien nur die im Abs. 1 Nr. 1 bis 3 enumerativ aufgezählten Leistungen. Die von ihm bezogene Betriebsrente gehöre nicht zu einer der dort aufgeführten Leistungsarten, weil sie dem Bereich der privaten Vorsorge angehöre. Die Zahlungen in die betriebliche Rentenkasse erfolgten ausschließlich aus Mitteln des Unternehmens.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte aus, zwar beziehe der Kläger mit der Altersrente nach der VersOPost keine Rente i.S.d. § 55 BeamtVG, weil der dortige Katalog Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nicht enthalte. Nach den Verwaltungsvorschriften, Tz 11.0.10 Satz 2, seien aber auch andere Versorgungsleistungen, z.B. Leistungen aus den betrieblichen Altersversorgungen und der Ärzteversorgung zu berücksichtigen. Die im Rahmen des § 12 BeamtVG grundsätzlich in Betracht kommenden fünf Jahre (Praktikum 183 Tage, Mindeststudienzeit einschließlich Prüfungszeit vier Jahre 182 Tage) hätten danach nicht mehr berücksichtigt werden können. § 12 BeamtVG wolle nach seiner Zweckbestimmung für die Beamten aller Laufbahngruppen eine annähernd gleiche Ausgangslage schaffen. Der Betroffene solle so gestellt werden, als habe er sich in der Ausbildungsphase bereits im Beamtenverhältnis befunden. Dem durch § 12 BeamtVG eröffneten Ermessen seien neben den im Gesetzestext selbst enthaltenen Einschränkungen durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift ( -BeamtVGVwV- ) Grenzen gesetzt, soweit der Ausgleichszweck des § 12 BeamtVG auch auf andere Weise, z.B. durch andere Versorgungsleistungen, sichergestellt werde. Bei den BeamtVGVwV handele es sich um verbindliche Vorgaben für eine einheitliche Anwendung des BeamtVG.
Am 03.03.2003 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben. Er trägt weiter vor, soweit sich die Beklagte auf ermessensleitende Verwaltungsvorschriften berufe, müsse sie diese sachgerecht auf ihn anwenden. Die im vorliegenden Fall von der Beklagten zitierte Ausgleichsfunktion werde durch die vom Kläger bezogene Betriebsrente gerade nicht erreicht. Die Verwaltungsvorschrift beziehe sich in ihrer Tz 11.0.10 Satz 2 ersichtlich auf Ansprüche auf Betriebsrenten und andere Ausgleichszahlungen, die der Beamte vor Antritt seiner Beamtenlaufbahn erworben habe. Die Verwaltungsvorschrift gehe davon aus, dass hierdurch bereits ein ausreichender Ausgleich für Zeiten der Ausbildung zum Erwerb der Laufbahnbefähigung erreicht worden sei, so dass es eines weiteren Ausgleichs nicht mehr bedürfe. Hier sei der Anspruch auf die Betriebsrente aber nicht vor seinem Eintritt in das Beamtenverhältnis entstanden, sondern erst, nachdem er schon längere Zeit Beamter auf Lebenszeit gewesen sei. Er habe die Angestelltentätigkeit im dienstlichen Interesse aufgenommen. Bei der Betriebsrente handele es sich um einen finanziellen Anreiz für langgediente leitende Beamte. Da der Grund für die Einräumung der Betriebsrente somit nicht im Zusammenhang mit früher geleisteten Ausbildungszeiten stehe, sei kein sachlicher Grund ersichtlich, die Ausbildungszeiten daneben nicht anzuerkennen. Die Tz 11.0.10 Satz 2 sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar, denn die Verwaltungsvorschriften setzten sich in einen Wertungswiderspruch zu den gesetzlichen Bestimmungen. Das BeamtVG habe mit § 55 einen abschließenden Katalog von Leistungen geschaffen, die auf Pensionszahlungen angerechnet werden dürften. Es solle mithin grundsätzlich nur eine Doppelbesoldung aus öffentlichen Kassen vermieden werden. Zwar sei die Beklagte zur Ermessensbetätigung verpflichtet gewesen. Sie habe sich dabei aber vom Gesetzeszweck leiten lassen müssen, wie er aus § 55 BeamtVG folge. Das Verwaltungsgericht Stade und das Verwaltungsgericht Oldenburg hätten in ähnlichen Fällen die Studienzeiten dem Grunde nach als ruhegehaltsfähig angesehen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14.05.2002 und des Widerspruchsbescheids vom 31.01.2003 zu verpflichten, bei der Festsetzung seiner Versorgungsbezüge die Ausbildungszeiten mit insgesamt fünf Jahren (183 Tage Praktikum, 4 Jahre 182 Tage Mindeststudienzeit einschließlich Prüfungszeit) zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und verteidigt ihre angefochtene Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass die 5-jährige Ausbildungszeit als ruhegehaltsfähige Dienstzeit bei der Festsetzung seiner Versorgungsbezüge berücksichtigt wird. Da der Bescheid der Beklagten vom 14.05.2002 und der dazu ergangene Widerspruchsbescheid rechtmäßig sind, macht er auch deren Aufhebung nicht mit Erfolg geltend.
Die mit der Klage angefochtene Entscheidung der Beklagten beruht auf § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG. Danach kann die nach Vollendung des 17. Lebensjahres verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung, unter anderem einer Hochschulausbildung, als ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, die Zeit einer Fachschul- oder Hochschulausbildung einschließlich der Prüfungszeit bis zu 3 Jahren. Wie sich aus der Ausgestaltung der Vorschrift als „Kann-Vorschrift“ ergibt, besteht auf die Berücksichtigung von Zeiten als ruhegehaltsfähige Dienstzeit nach § 12 BeamtVG aber kein Rechtsanspruch. Die Entscheidung hierüber ist vielmehr in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Stelle gestellt. Bei der Ausübung des eingeräumten Ermessens muss sie wie auch sonst den Gesetzeswortlaut beachten und ihn gegebenenfalls gesetzeskonform, d. h. nach Sinn und Zweck der Regelung, auslegen. Außerdem sind die zur Durchführung der Vorschrift erlassenen BeamtVGVwV und die gesetzlichen Grenzen des Ermessensgebrauchs im Sinne von § 40 VwVfG berücksichtigen. Lediglich in diesem Rahmen ist die Entscheidung der zuständigen Behörde über die Berücksichtigung von Ausbildungszeiten nach § 12 BeamtVG gerichtlich nachprüfbar.
Wegen der Berücksichtigung von Zeiten nach § 12 BeamtVG in den Fällen einer Rentengewährung verweist die Tz. 12.0.2 BeamtVGVwV auf die Tz. 11.0.5 - 11.0.10. Nach der Tz. 11.0.5 BeamtVGVwV dürfen Zeiten in Fällen, in denen Versorgungsleistungen im Sinne der Tz. 11.0.10 Satz 2 bezogen werden, nur teilweise oder überhaupt nicht als ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, wenn sich durch ihre Berücksichtigung eine höhere Gesamtversorgung (beamtenrechtliche Versorgung zuzüglich Renten) als die in § 55 bezeichnete Höchstgrenze ergeben würde. Zu den Versorgungsleistungen nach Tz. 11.0.10 Satz 2 gehören auch diejenigen aus den betrieblichen Altersversorgungen, wie die vom Kläger nach der VersOPost bezogene Leistung in Höhe von monatlich 128,00 EUR.
Die Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten Ausbildungszeiten als ruhegehaltsfähige Dienstzeit hat die Beklagte auf der Grundlage dieser Verwaltungsvorschriften abgelehnt, ohne dass dies von der Kammer zu beanstanden ist. Die Beklagte hat die Verwaltungsvorschriften zutreffend angewandt und die vom Kläger erzielten Leistungen nach der VersOPost auch nicht als Rente im Sinne des § 55 BeamtVG angesehen. Betriebsrenten wie die des Klägers werden nach der Zielsetzung des § 55 BeamtVG dort nämlich nicht angerechnet, da sie dem Bereich der privaten Vorsorge angehören und nicht dem Bereich der von der öffentlichen Hand vorgehaltenen Alterssicherungssysteme. Dies ergibt sich hinsichtlich der Betriebsrente nach der VersOPost auch daraus, dass der Kläger hierzu keine Beitragszahlungen geleistet hat, sondern nur der Arbeitgeber, d. h. die privatrechtlich organisierte Deutsche Post AG. Das hindert indes deren Berücksichtigung im Rahmen von § 12 BeamtVG nicht, wie sich eindeutig aus Tz. 11.0.10 Satz 2 BeamtVGVwV ergibt, die ausdrücklich bestimmt, dass u.a. auch Leistungen aus betrieblichen Altersversorgungen zu berücksichtigen sind. Nach der Tz. 11.0.5 BeamtVGVwV folgt hieraus, dass die Ausbildungszeiten nur teilweise oder überhaupt nicht als ruhegehaltsfähige Dienstzeit angerechnet werden dürfen, wenn sich durch ihre Berücksichtigung eine höhere Gesamtversorgung aus beamtenrechtlicher Versorgung und Renten ergeben würde als nach den in § 55 bezeichneten Höchstgrenzen. Bei der Höchstgrenzenberechnung nach § 55 Abs. 2 BeamtVG wird - unter Hinzu- und Abrechnung weiterer Zeiten als ruhegehaltsfähige Dienstzeiten - im Grundsatz die Zeit vom vollendeten 17. Lebensjahr bis zum Eintritt des Versorgungsfalles zugrunde gelegt. Dies würde hier, wie sich aus der nicht beanstandeten Berechnung der Beklagten ergibt, zum Höchstsatz von 75 v. H. führen, d. h. zu monatlich um 92,70 EUR höheren Versorgungsbezügen. Da dieser Differenzbetrag deutlich unter dem Betrag der monatlichen Betriebsrente in Höhe von 128,00 EUR liegt, dürfen die Ausbildungszeiten des Klägers nicht berücksichtigt werden, weil dies zu einer höheren Gesamtversorgung aus beamtenrechtlicher Versorgung und Betriebsrente als nach der Höchstgrenze des § 55 BeamtVG führen würde. Die korrekte Anwendung der Verwaltungsvorschriften auf den vorliegenden Fall ist im Kern zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Der Kläger macht vielmehr geltend, dass sein beruflicher Werdegang einen atypischen Fall darstelle, der nicht den Regelungen der Verwaltungsvorschrift unterfalle. Die Verwaltungsvorschriften seien außerdem nicht durch Recht und Gesetz gedeckt.
Soweit der Kläger geltend macht, die Verwaltungsvorschriften seien für Fallgestaltungen vorgesehen, in denen die Betroffenen vor Eintritt in das Beamtenverhältnis zusätzliche Ansprüche auf Altersversorgung erworben hätten, mag dies zwar den in der Regel anzutreffenden Fall bilden. Für eine Beschränkung der Rentenanrechnung auf solche, die vor Eintritt in das Beamtenverhältnis begründet worden sind, ergibt sich jedoch weder aus dem BeamtVG noch aus den dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften eine Grundlage. Die Beklagte hat hier den Zeitraum vom 01.01.1996 bis zum Eintritt des Klägers in den Ruhestand, die er für eine Tätigkeit im außertariflichen Angestelltenverhältnis bei der Deutschen Post AG unter Wegfall der Besoldung aus dem Beamtenverhältnis beurlaubt war und während der er den Anspruch auf die Betriebsrente erworben hat, zudem als ruhegehaltsfähige Dienstzeit in ihrer Berechnung berücksichtigt. Da dieser Zeitraum somit quasi 2-fach „versorgungswirksam“ geworden ist, lässt sich ebenfalls nicht erkennen, warum - wie der Kläger meint - nur solche Leistungen der Alterssicherung im Rahmen des § 12 BeamtVG berücksichtigungsfähig sein sollten, die vor dem Eintritt in das Beamtenverhältnis lagen.
Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass die von ihm erworbene Betriebsrente in keinem sachlichen Zusammenhang mit den früher absolvierten Ausbildungszeiten stehe, ist schon fraglich, ob dies überhaupt zutrifft. In den Genuss von Leistungen nach der VersOPost kommen nämlich nur leitende Angestellte, für die die Regelungen erlassen wurden. Da nach § 30 BLV in den Vorbereitungsdienst einer Laufbahn des höheren Dienstes nur eingestellt werden kann, wer ein Hochschulstudium abgeschlossen hat, dürften bei dem betroffenen Personenkreis der Bezieher einer Betriebsrente nach der VersOPost auch entsprechende Hochschulausbildungszeiten vorliegen. Im Übrigen verlangen weder § 12 BeamtVG noch die dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften, dass Ausbildungszeiten nur dann nicht angerechnet werden dürfen, wenn ihre Berücksichtigung bereits zu anderen Alterssicherungsleistungen geführt hat.
Die Beklagte hat gemäß § 40 VwVfG das durch § 12 BeamtVG eröffnete Ermessen auch entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt und die gesetzlichen Ermessensgrenzen eingehalten. Das Ziel des § 12 BeamtVG ist es, für die Beamten aller Laufbahnen hinsichtlich der Berechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit annähernd gleiche Grundlagen zu schaffen. Dabei stehen grundsätzlich Ausbildung und praktische hauptberufliche Tätigkeit gleichwertig nebeneinander. Mit § 12 BeamtVG wollte der Gesetzgeber berücksichtigen, dass die für die spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis erforderliche Vorbildung sowohl durch eine vorgeschriebene Ausbildung als auch durch eine praktische hauptberufliche Tätigkeit erworben werden kann. Im Ergebnis verfolgt der Gesetzgeber damit das Ziel, einem erst im vorgerückten Lebensalter in das Beamtenverhältnis berufenen Beamten annähernd die Versorgung zu ermöglichen, die er erhalten würde, wenn er sich während der fraglichen Zeit, in der er die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse für die Wahrnehmung seines späteren Amtes erlangt hat, bereits im Beamtenverhältnis befunden hätte (vgl. Kümmel, Ritter, BeamtVG, LsBlS, § 12, Rdnr. 6 m.w.N.). Ein wesentlicher Grund für die Berücksichtigung von Kann-Vordienstzeiten als ruhegehaltsfähige Dienstzeit besteht daher darin, mögliche Lücken in der Versorgung zu schließen, die dadurch entstehen könnten, dass die Berufung in das Beamtenverhältnis erst mit Verspätung erfolgt ist. Daraus folgt dann aber im Umkehrschluss, dass es der Schließung von Versorgungslücken nicht bedarf, wenn solche wegen anderweitiger Leistungen zur Alterssicherung gar nicht bestehen. Genau diesem Umstand tragen die Verwaltungsvorschriften Rechnung, indem sie Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung im Rahmen der Höchstgrenzenberechnung berücksichtigungspflichtig machen. Dies bedeutet nämlich nichts anderes, als dass ein Beamter wie der Kläger der Berücksichtigung seiner Universitätszeiten als ruhegehaltsfähige Dienstzeit deshalb nicht mehr bedarf, weil er bereits aufgrund anderer Rentenzahlungen insgesamt eine Versorgung erreicht hat, als wäre die Ausbildungszeit im Rahmen der Beamtenversorgung berücksichtigt worden. Da der Dienstherrn bei der Berücksichtigung von Vordienstzeiten einen weiten Ermessensspielraum hat und es bei der zu treffenden Ermessensentscheidung nicht - allein - um die Vermeidung einer Doppelversorgung aus öffentlichen Mitteln, sondern um eine annähernde Gleichstellung des Beamten in der Versorgung mit derjenigen eines „Nur-Beamten“ geht (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.06.1982 - 6 C 92/78 - ), kann der Dienstherr Ausbildungszeiten im Hinblick auf die Versorgung unberücksichtigt lassen, wenn Versorgungslücken nicht bestehen (vgl. Kümmel, Ritter, a.a.O., Rdnr. 9).
Auch wenn die vorliegend betroffene Rente nicht dem Anwendungsbereich des § 55 BeamtVG unterfällt, lässt sich dieser Vorschrift doch der versorgungsrechtliche Grundgedanke entnehmen, dass dem Beamten ein ungeschmälertes Nebeneinander von Versorgungsleistungen, die demselben Zweck, nämlich seiner Alterssicherung, dienen, nicht belassen werden muss. Daraus, dass die Betriebsrente nicht der Regelung des § 55 BeamtVG unterfällt, folgt auch nicht zwingend, dass sie dann überhaupt keine Berücksichtigung im Rahmen der Festsetzung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit oder der Versorgungsbezüge finden dürfte. Dies ergibt sich schon aus der Vergleichsbetrachtung, wie es gewesen wäre, wenn der Kläger sich nicht für die Angestelltentätigkeit hätte beurlauben lassen. Dann nämlich wären seine universitären Ausbildungszeiten mit der Folge zu berücksichtigen gewesen, dass er den höchstmöglichen Ruhegehaltssatz von 75 v. H. erreicht. Hierdurch hätte er monatlich um 92,70 EUR höhere Versorgungsbezüge erworben. Andererseits hätte er aber die Betriebsrente in Höhe von monatlich 128,00 EUR nicht erworben, so dass er sich insgesamt versorgungsmäßig sogar schlechter gestanden hätte.
Die Orientierung der Ermessensausübung durch die Beklagte an den BeamtVGVwV hat schließlich auch den Vorteil, eine Gleichbehandlung aller in gleicher Weise betroffenen Beamten sicherzustellen. Dass dies auch im Geschäftsbereich der Beklagten beachtet wird, zeigen die beiden Parallelverfahren, über die vom VG Stade mit Urteil vom 26.05.2003 - 3 A 1262/02 - (Az. des Nds. OVG - 5 LA 278/03 - ) und vom VG Oldenburg mit Urteil vom 09.02.2005 - 6 A 1498/03 - (Az. des Nds. OVG - 2 LA 180/05 - ) entschieden wurde. Anders als das VG Stade und das VG Oldenburg sieht die Kammer aber in Übereinstimmung mit dem OVG N-W (vgl. Urt. v. 21.10.1994 - 1 A 1668/90 - ) aus den vorstehenden Gründen keine Veranlassung, die Ermessensentscheidung der Beklagten und die ermessensprägenden Verwaltungsvorschriften zu beanstanden. Im Hinblick auf die abweichenden Verwaltungsgerichtsentscheidungen hat sie aber die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die den Kern des Rechtsstreits bildende Frage in ihren Auswirkungen über den Einzelfall hinausgeht und aus Gründen der Rechtssicherheit und der Einheit der Rechtsordnung der Klärung bedarf.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Bei der Streitwertfestsetzung war gemäß § 72 Nr. 1 GKG das GKG in der bis zum 30.06.2004 geltenden Fassung anzuwenden. Danach wurde gemäß § 17 Abs. 4 GKG a. F. für den Zeitraum vom Eintritt in den Ruhestand bis zur Klageerhebung der Betrag von 1.112, 40 EUR (92,70 EUR x 12 Monate) ermittelt und für die wiederkehrenden Leistungen gemäß § 17 Abs. 3 GKG a. F. der 3-fache Jahresbetrag (92,70 EUR x 39 Monate) mit 3.615,30 EUR hinzugerechnet.