Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 15.07.2005, Az.: 12 B 823/05

Anfechtung einer einem Dritten erteilten Baugenehmigung; Umfang der summarischen Prüfung in einem Eilverfahren mit Nachbarschaftsbezug; Beachtung des Gebots der Rücksichtnahme auf schutzwürdige Nachbarinteressen bei Vorliegen eines Bebauungsplans; Reichweite des Gebots der Rücksichtnahme; Beachtung von Immissionsschutzvorschriften und der Örtlichkeiten bei der Genehmigung eines Bauantrages; Anforderungen an ein Kergebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung (BauNVO); Anwendbarkeit der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm n.F. (TA-Lärm) unter Berücksichtigung einer alten hierzu entwickelten Rechtsprechung ; Berechnung der bei Erteilung einer Baugenehmigung zu beachtenden bauordnungsrechtlichen Grenzabstandsflächen unter Beachtung von Ausnahmetatbeständen; Anforderungen an die Ausnahmetatbestände im Abstandsflächenrecht

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
15.07.2005
Aktenzeichen
12 B 823/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 32146
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2005:0715.12B823.05.0A

Verfahrensgegenstand

Anfechtung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung für ein Einkaufszentrum - Antrag nach § 80a, 80 Abs. 5 VwGO -

In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Hannover -12. Kammer -
am 15. Juli 2005
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen eine seitens der Antragsgegnerin zu Gunsten der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.

2

Die Beigeladene beabsichtigt den Neubau eines Einkaufszentrums - "Stadtgalerie Hameln" - auf einem Areal in der Hamelner Altstadt ({O.}, {P.}, {Q.}). Grundstückskaufverträge zwischen der Beigeladenen und den Eigentümern sind geschlossen; Auflassung und Eigentumsumschreibung im Grundbuch sind noch nicht erfolgt.

3

Nachdem die Antragsgegnerin und die Beigeladene am 11.11707.12.2004 einen städtebaulichen Vertrag im Sinne des § 11 BauGB abgeschlossen hatten, beschloss der Rat der Antragsgegnerin am 08.12.2004 den vorgezogenen Bebauungsplan Nr. 727 "Stadtgalerie Hameln/Zentrale Omnibushaltestelle (ZOH)". Nach dem Inhalt der Begründung zu diesem Bebauungsplan ist Ziel und Zweck die Errichtung eines Einkaufszentrums in zentraler Lage der Altstadt "{R.}" auf den Grundstücken der Landkreisverwaltung, des {S.} sowie angrenzender Bereiche. Es sei beabsichtigt, auf einer Fläche von rund 13.100 qm eine dreigeschossige Centeranlage mit rund 90 Läden im Basement, dem Erdgeschoss, dem I. Obergeschoss und einer Gesamtverkaufsfläche von rund 19.000 qm zuzüglich rund 1000 qm für Dienstleistungen und Gastronomie zu etablieren. Das Stellplatzangebot mit rund 500 bis 540 Stellplätzen solle im II. und III. Obergeschoss realisiert werden. Die am Standort bereits vorhandene Verkaufsfläche ({T.}) von rund 6.900 qm und das derzeitige Stellplatzangebot von rund 280 Stellplätzen seien den geplanten Zahlen gegen zu rechnen.

4

Der Baukörper des geplanten Einkaufszentrums reicht vom Pferdemarkt im Osten, wo es die Fassade und den Dachstuhl des historischen und denkmalgeschützten ehemaligen Kreishauses integriert, bis zur Weserpromenade im Westen. Erschlossen wird das Einkaufszentrum im Norden durch die Straße Am Gericht, im Westen durch die Stubenstraße, die als Sackgasse in südlicher Richtung auf das Gebäude trifft, im Süden durch die Zehnthofstraße, die östlich am "Pferdemarkt" endet, sowie im Osten durch den Zehnthof, einen Teilabschnitt der Weserpromenade. Diese Straßen werden als Verkehrsflächen durch die Festsetzung des Bebauungsplans erfasst. Südlich des Einkaufszentrums ist die ZOH gelegen. Der Baukörper des Einkaufszentrums gliedert sich auf in einen größeren westlichen und einen kleineren östlichen Teil, getrennt durch die gedachte Verlängerung der Stubenstraße nach Süden. Für den westlichen Teil setzt der Bebauungsplan Sondergebiet (Einkaufszentrum), eine Grundflächenzahl von 1,0 sowie eine Geschossflächenzahl von 3,0, die Zahl der Vollgeschosse zwingend mit 3 und eine geschlossene Bauweise bei einer Mindesthöhe von 16 m und einer maximalen Gebäudehöhe von 18 m fest; für den östlichen Teil entsprechen dem die Festsetzungen mit der Ausnahme, dass dort die Zahl der Vollgeschosse mit 2 bis 3 und eine maximale Gebäudehöhe von 16 m bei einer Traufhöhe von mindestens 11,5 und maximal 12,5 m festgesetzt ist. Die Hauptzugänge des Gebäudes befinden sich am "Pferdemarkt" und gegenüber der ZOH; zwei weitere Nebeneingänge in der Stuben- bzw. in der Zehnthofstraße. Die Erschließung der Stellplatzebene soll durch eine über die Straße Am Gericht zu erreichende doppelgängig gewendelte Erschließungsrampe ("Spindel") erfolgen. Vorgesehen ist eine im Erdgeschoss an der Straße Am Gericht untergebrachte Hauptanlieferung mit insgesamt vier Andockstellen für Lkws. Eine zusätzliche Anlieferungsstelle soll auf der Südseite des Gebäudes gegenüber der ZOH liegen. Die Müllentsorgung soll über die Stubenstraße stattfinden.

5

Der Antragsteller ist Miteigentümer des Grundstücks {U.}, {O.}, {P.}, {V.}, und Sondereigentümer einer Wohnung im II. Obergeschoss des Hauses {W.}. Diese im Bereich des Bebauungsplans Nr. {X.}, der Kerngebiet festsetzt, befindlichen, aneinander gebauten Gebäude - wobei das Gebäude {Y.} einige Meter zurücktritt - liegen mit ihren südlichen, der Straße Am Gericht zugewandten Gebäudewänden gegenüber der nördlichen Gebäudewand des westlichen Teils des geplanten Einkaufszentrums,. Das Gebäude {U.} steht im Abstand von etwa 12 m, das Haus {W.} im Abstand von etwa 23 m vom nächstgelegenen Punkt des geplanten Einkaufszentrums entfernt.

6

Auf den am 09.07.2004 eingegangen Bauantrag der Beigeladenen für die Baumaßnahme "Stadtgalerie Hameln, Pferdemarkt 1" erteilte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14.12.2004 die Baugenehmigung (529/2004). Unter "Auflagen Schallschutz" ist ein schalltechnisches Gutachten vom 13.08.2004 des Büros {Z.} zum Bestandteil der Baugenehmigung gemacht (S 1); die Belieferung und Entsorgung der "Stadtgalerie" ist ausschließlich an Werktagen zwischen 06:00 Uhr morgens und 22:00 Uhr abends vorzunehmen und im Bereich ZOH/Zehnthofstraße maximal ein Anliefervorgang täglich bis spätestens 08:00 Uhr zulässig (S 3); spätestens drei Monate nach Inbetriebnahme der baulichen Anlage ist eine Schallimmissionsmessung und -beurteilung auf Kosten der Betreiberin durchzuführen und sind zwei Exemplare des Messberichts spätestens zwei Monate nach Durchführung der Messung der Antragsgegnerin vorzulegen (S 4); die Benutzung des Parkdecks an Geschäftstagen ist in der Zeit von 06:00 Uhr bis 22:00 Uhr zulässig und für eine darüber hinausgehende Nutzung ist die Unbedenklichkeit durch einen schalltechnischen Nachweis zu erbringen (S 5).

7

Am 20.12.2004 legte der Antragsteller Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 23.12.2004 ab.

8

Nachdem unter dem 10.02.2005 ein aktualisiertes schalltechnisches Gutachten von den Gutachtern {AA.} abgegeben worden war, erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen mit Bescheid vom 26.05.2005 eine Nachtragsbaugenehmigung. Darin heißt es, dass das Schallgutachten vom 10.02.2005 in vollem Umfang das Gutachten vom 13.08.2004 ersetze, die Auflagen S 1 bis S 5 in der ursprünglichen Baugenehmigung aufgehoben würden und an deren Stelle die Auflagen S 1 bis S 11 träten. Die Auflagen S 9 - S 11 in der Nachtragsbaugenehmigung sind identisch mit den Auflagen S 3 bis S 5 der ursprünglichen Baugenehmigung. Auf den Inhalt im Übrigen wie auch den Inhalt des schalltechnischen Ergänzungsgutachtens vom 10.02.2005 wird im Rahmen der rechtlichen Würdigung näher eingegangen.

9

Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch gegen die ursprüngliche Baugenehmigung mit Bescheid vom 09.05.2005 zurück; hiergegen erhob der Antragsteller am 10.06.2005 bei dem erkennenden Gericht Klage, über die nicht entschieden ist. Gegen die Nachtragsbaugenehmigung vom 26.05.2005 legte der Antragsteller am 14.06.2005 Widerspruch ein, der bislang - soweit ersichtlich - nicht beschieden ist.

10

Am 09.02.2005 hat der Antragsteller um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Baugenehmigung verletzte nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Baurechts, indem gegen das Gebot der Rücksichtnahme auf nachbarliche Interessen verstoßen werde, weil sich der Verkehr in der Straße Am Gericht durch die dort geplanten Lkw-Andockstellen und die Zufahrt zu den Parkdecks in einem Maße erhöhen werde, dass insbesondere die Lärmimmissionen ein für ihn unzumutbares Ausmaß erreichen würden; die Lärmgutachten seien in verschiedener Hinsicht fehlerhaft. Weiterhin würden die nachbarschützenden Abstandsvorschriften der NBauO verletzt; der einzuhaltende Abstand 1 H sei nicht gewahrt und eine Ausnahme hiervon nicht, jedenfalls nicht rechtmäßig, erteilt.

11

Der Antragsteller beantragt,

festzustellen, dass die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 14.12.2004 in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 26.05.2005 nicht vollziehbar ist,

12

Hilfsweise,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 10.06.2005 gegen die der Beigeladenen unter dem 14.12.2004 seitens der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Antragsgegnerin vom 09.05.2005 und seines Widerspruchs vom 14.06.2005 gegen die der Beigeladenen unter dem 26.05.2005 seitens der Antragsgegnerin erteilte Nachtragsbaugenehmigung anzuordnen.

13

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen jeweils,

den Antrag abzulehnen.

14

Sie treten dem Vorbringen des Antragstellers entgegen.

15

Das Gericht hat die Sach- und Rechtslage in Anwesenheit des Lärmgutachters mit den Beteiligten am 14.07.2005 anhand einer Power-Point-Präsentation und eines Modells des streitigen Vorhabens erörtert; auf die Niederschrift wird verwiesen.

16

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen; sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

17

II.

Der Hauptantrag ist als unzulässig (I.), der Hilfsantrag als unbegründet abzulehnen (II.).

18

I.

Der Hauptantrag ist unzulässig, weil ein Feststellungsinteresse nicht gegeben ist. Dieses wäre lediglich dann zu bejahen, wenn der als Hilfsantrag gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der eingelegten Rechtsbehelfe mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abzulehnen wäre, weil die angegriffene Baugenehmigung wegen der Nichterfüllung der aufschiebenden Bedingung (noch) nicht vollziehbar ist. Der Umstand, dass - wie der Antragsteller zutreffend meint - die Baugenehmigung derzeit (noch) nicht vollziehbar ist, spricht jedoch nicht gegen ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers hinsichtlich des Hilfsantrags. Denn der Antragsteller hat keinen Einfluss darauf, ob bzw. wann die Beigeladene im Zusammenwirken mit den Grundstücksveräußerern den Eintritt der Bedingung herbeiführt; dies kann gleichsam täglich geschehen.

19

Darüber hinaus mangelt es auch deshalb am Feststellungsinteresse, weil der Antragsteller die Begründung des Feststellungsantrags auf eine Regelung der Baugenehmigung stützt, die ihn offensichtlich nicht in seinen Rechten verletzt bzw. verletzen kann und seinen Rechtskreis lediglich mittelbar berührt. Der Rechtsschutz des Antragstellers würde über den nachbarrechtlichen Drittschutz hinaus unzulässig erweitert, wenn er solche Regelungen der Baugenehmigung für sich ins Feld führen dürfte. Der Antragsteller kann seine "drittgeschützten" Rechte effektiv mit dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verteidigen.

20

II.

Der Hilfsantrag ist zulässig, jedoch unbegründet.

21

Nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruch bzw. der Klage eines Dritten - der Antragsteller hat am 10.06.2005 gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 09.05.2005 rechtzeitig Klage erhoben und mit Schreiben vom 14.06.2005 gegen die Nachtragsbaugenehmigung rechtzeitig Widerspruch eingelegt - gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Klage des Antragstellers gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung entfällt hier im Sinne des § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB. Danach haben Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung.

22

Das Gericht trifft nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO eine eigene Ermessensentscheidung, die sich an den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens orientiert. Das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes überwiegt regelmäßig, wenn sich dieser bei summarischer Überprüfung als rechtmäßig erweist. Das Interesse des betroffenen Dritten an einem einstweiligen Aufschub der Vollziehung überwiegt hingegen regelmäßig, wenn der Verwaltungsakt nach vorläufiger Untersuchung hinsichtlich geschützter Nachbarrechte rechtswidrig ist. Bei einem Drittwiderspruch gegen eine Baugenehmigung ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass nicht nur auf Seiten des Nachbarn vollendete, weil unumkehrbare Tatsachen einzutreten drohen, sondern auch auf Seiten des Bauherrn solche nicht mehr wiedergutzumachende Folgen eintreten können (verlorene Zeit, nicht erzielbare Gewinne etc.); von den Folgen des § 945 ZPO bleibt der Antragsteller im verwaltungsgerichtlichen Nachbarstreit verschont. Da der Gesetzgeber mit der Regelung in § 212 a Abs. 1 BauGB tendenziell den Bauabsichten den Vorrang einräumt, ist dem Bauherrn eine Zurückstellung seiner Bauabsichten nicht erst dann zuzumuten, wenn - auf der Basis der in aller Regel nur summarisch vorzunehmenden Überprüfung des Sachverhalts - die Baugenehmigung danach mehr oder minder zweifelsfrei Nachbarrechte des Antragstellers nicht verletzt. Ein derartiger Rechtsschutz wäre nicht ausgewogen, weil er das Risiko, die Rechtmäßigkeit des Bauscheins bei nur summarischer Prüfung nicht vollständig und zweifelsfrei ermitteln zu können, einseitig auf den Bauherrn überwälzte. Es fehlt die innere Rechtfertigung dafür, dem Bauherrn eine Zurückstellung seiner Bauabsichten schon dann zuzumuten, wenn noch nicht vollständig erwiesen ist, dass sein Bauschein Nachbarrechte nicht verletzt, und damit den Belangen des Nachbarn selbst dann einstweilen den Vorrang einzuräumen, wenn derzeit Überwiegendes (wenngleich nicht vollständig Zweifelsfreies) für die Annahme spricht, dass der nachbarliche Rechtsbehelf voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 09.09.2004 -1 ME 194/04 -, NVwZ-RR 2005, 17).

23

Nach diesen Grundsätzen steht nach vorläufiger Prüfung mit der erforderlichen Gewissheit fest, dass die streitbefangene Baugenehmigung nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Baurechts, auf die sich der Antragsteller (allein) berufen kann, nicht verletzt. Die der Beigeladenen seitens der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 14.12.2004 in der Gestalt der ersten Nachtragsgenehmigung vom 10.02.2005 wird sich im Hinblick auf die Nachbarrechte des Antragstellers im Hauptsacheverfahren mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig erweisen. Weder dürfte eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen von dem angegriffenen Vorhaben ausgehender unzumutbarer Lärmimmissionen gegeben sein (1.), noch dürfte die Baugenehmigung gegen die den Antragsteller schützenden Grenzabstandsvorschriften der Nds. Bauordnung verstoßen (2.).

24

1.

Das Gebot der Rücksichtnahme auf schutzwürdige Nachbarinteressen ergibt sich, wenn - wie hier - ein Bebauungsplan vorhanden ist, aus § 15 Abs. 1 BauNVO. Die Reichweite der gebotenen Rücksichtnahme richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Den Maßstab bilden die Schutzwürdigkeit des Betroffenen und die Intensität der Beeinträchtigung. Auf dieser Grundlage ist zu fragen, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist (BVerwG, Urt. v. 05.08.1983 - 4 C 96.79 -, BRS 40 Nr. 4). Bei Lärmimmissionen, die der Antragsteller in diesem Zusammenhang geltend macht, wird die Zumutbarkeitsschwelle überschritten, wenn die Belästigungen für die Nachbarschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 BlmSchG (vgl. § 5 Nr. 1 BlmSchG bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG) erheblich sind, was in einer wertenden Betrachtung festzustellen ist (BVerwG, Urt. v. 25.02.1977 - IV 22.75 -, BVerwGE 52, 122). Um das Maß der von dem Antragsteller noch hinzunehmenden Störung, also seine Schutzwürdigkeit, zu bestimmen, ist seine konkrete Grundstückssituation ausschlaggebend. Es kommt zunächst auf die bauplanungsrechtlichen Bedingungen an, denen sein Grundstück bzw. seine Wohnung ausgesetzt ist.

25

Unter Berücksichtigung der genannten Rechtsgrundsätze greift das von der Beigeladenen geplante Bauvorhaben in die Belange des Antragstellers nicht rücksichtslos ein. Die von ihm befürchteten unerträglichen Lärmbelästigungen sind wohl nicht zu erwarten.

26

Für die Grundstücke, an denen der Antragsteller Miteigentum bzw. Sondereigentum hat, setzt der Bebauungsplan Nr. {X.} Kerngebiet i. S. d. § 7 BauNVO fest. Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur (§ 7 Abs. 1 BauNVO); zulässig sind in solchen Gebieten gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO sonstige Wohnungen (d. h. solche, die nicht Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter sind, § 7 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO) nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans. Daraus folgt, dass Kerngebiete nicht vorwiegend dem Wohnen dienen und das Verlangen, von Immissionen verschont zu bleiben, dort in geringerem Maße berechtigt ist als beispielsweise in einem allgemeinen Wohngebiet. Vorliegend fällt weiterhin ins Gewicht, dass die Hausgrundstücke, an denen der Antragsteller Sonder bzw. Miteigentum hat, jeweils im Norden und im Süden von der {Y.} und der Straße Am Gericht eingerahmt werden und an dem Gebäude {U.} im Westen unmittelbar die Straße {AB.} vorbeiführt.

27

Das aktualisierte schalltechnische Gutachten (im weiteren: Lärmgutachten) vom 10.02.2005 kommt unter Zugrundelegung der Immissionsrichtwerte der sechsten AW zum BlmSchG (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA-Lärm - vom 26.08.1998 - GMBI S. 503) - die geeignet sind, die Grenze zumutbarer Lärmimmissionen auch bezogen auf baurechtliche Genehmigungsverfahren festzulegen - zu dem Ergebnis, dass eine Überschreitung der jeweils maßgebenden Immissionsrichtwerte tags und nachts (nach Nr. 6.1 der TA-Lärm) in den durch das geplante Objekt am stärksten betroffenen Aufpunkten unter Beachtung der Immissionskennwerte und Betriebsabläufe gemäß Abschnitt 4 und den Schallschutzmaßnahmen sowohl an Werk- wie auch an Sonn- und Feiertagen ausgeschlossen werden kann (Abschnitte 6.2.1, 6.2.2 und 6.2.3 des Lärmgutachtens). Das Lärmgutachten legt als Immissionsrichtwerte für das vorhandene Kerngebiet zutreffend tags 60 dB (A) und nachts 45 dB (A) zu Grunde. Unter Abschnitt 5.2.1 ist dargelegt, welche Beurteilungspegel für die betrachteten Beurteilungspunkte berechnet worden sind. Für die Beurteilungspunkte 4b und 6b, die nach der Berechnung mit werktags 58,7 bzw. 57,5 dB (A) am stärksten betroffen sind und die sich auf die beiden Gebäude beziehen, an denen der Antragsteller Sonder- bzw. Miteigentum hat (wobei der Bezugspunkt 6b dem Eigentum des Antragstellers stehende Wohnung im 2. Obergeschoss des Hauses {W.} betrifft), halten die Richtwerte ein. Deshalb kann dahin stehen, ob der Antragsteller den (vollen) Schutz des Rücksichtnahmegebots auch für sein Miteigentum - und nicht etwa nur für sein Sondereigentum - beanspruchen kann.

28

Die Einwendungen des Antragstellers gegen das Gutachten dürften nicht durchgreifen. Soweit er meint, es sei eine Fehlerkorrektur um 3 dB (A) zu Gunsten des Vorhabens unzulässigerweise unter Rückgriff auf Nr. 6.9 TA-Lärm vorgenommen worden, ist dies anhand des Inhalts des Gutachtens nicht nachzuvollziehen. In dessen Abschnitt 5.3 "Zur Qualität der rechnerischen Prognose" ist dazu ausgeführt, die vorliegenden Daten lieferten keine ausreichende Grundlage für eine exakte Berechnung des so genannten Vertrauensbereichs (Fehlerabschätzung); bei der Berechnung der Immissionskenndaten seien jeweils ungünstige Ansätze bezüglich der geräuschrelevanten Ereignisse berücksichtigt worden. Im Hinblick auf die Genauigkeit und die Einschränkung des Verfahrens der Schallausbreitungsrechnung werde auf Abschnitt 9 der ISO 9613-2 verwiesen. Danach könne die Genauigkeit der berechneten Immissionspegel in der Mehrzahl der Fälle mit +/-3 dB (A) angenommen werden. In einem Schreiben der Gutachter vom 25.05.2005 an die Beigeladene ist zu dieser Thematik weiter ausgeführt, der Sinn der Fehlerbetrachtung im Zusammenhang mit einer schalltechnischen Prognose bestehe darin aufzuzeigen, dass die Ermittlung einer Geräuschbelastung nur im Rahmen einer näher zu bestimmenden Schwankungsbreite möglich sei. Dabei sei zu beachten, dass die mit größter Wahrscheinlichkeit zu erwartende Geräuschbelastung nicht zu einem Immissionskonflikt führen dürfe. In diesem Sinn seien im Schallgutachten Immissionsansätze bzw. Betriebszustände zu Grunde gelegt, die im Regelfall rein rechnerisch zu höheren Beurteilungspegeln führten als die im späteren Betrieb der Anlage tatsächlich zu erwartenden Geräuschimmissionen. Dies stelle einen konservativen Ansatz dar. Die im Gutachten angegebene Streubreite der Ergebnisse der rechnerischen Immissionsprognose dürfe nicht einseitig mit +4 dB dem berechneten Beurteilungspegel zugeschlagen werden; dies ginge am Sinn einer mathematisch-naturwissenschaftlichen Fehlerbetrachtung vorbei. In diesem Zusammenhang sei zu wiederholen, dass nach der dargelegten Fehlerabschätzung der der Beurteilung zu Grunde gelegte Mittelwert der Immissionsprognose unter dem rechnerisch prognostizierten Beurteilungspegel liegen werde.

29

Demnach sprechen die Aussagen des Gutachtens zu der Genauigkeit der berechneten Immissionspegel nicht - wie der Antragsteller meint - dafür, dass dabei Messunsicherheiten gemäß Nr. 6.9 TA-Lärm berücksichtigt worden sind (dies ist lediglich bei Messungen und nicht bei einer Prognose zulässig, vgl. hierzu Feldhaus/Tegelder, "Verwirrung um den Messabschlag der TA-Lärm", UPR 2005, S. 208); vielmehr wird nachvollziehbar erläutert, dass bei einer Prognose - was in deren Natur liegt - gewisse Ergebnisunsicherheiten nicht auszuschließen sind. Die dem Nachbarschutz dienenden Richtwerte sind in Kenntnis des Umstandes festgesetzt worden, dass es auch einmal zu einer Überschreitung der Richtwerte kommen kann, wenn diese nur knapp eingehalten werden. Das bedeutet nicht, dass die Richtwerte um 3 - 4 dB (A) herabzusetzen sind, um das Gebot der Rücksichtnahme zu beachten (vgl. VG Braunschweig, Beschl. v. 08.02.2005 - 2 B 409/04 -, V.n.b.). Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang darauf abhebt, dass nach Nr. 2.10 der TA-Lärm der Beurteilungspegel ohne jeden Abzug mit dem einschlägigen Immissionsrichtwert zu vergleichen sei, ändert dies an dem Ergebnis nichts. Denn der Beurteilungspegel in diesem Sinne ist der prognostizierte Mittelwert (der - wie ausgeführt - eben an einer Ungenauigkeit von 3 - 4 dB (A) leidet). Diese Betrachtung ist von dem Gutachter {AC.} im Erörterungstermin bestätigt worden. Die Prognose geht von einer Maximalbelastung des Einkaufszentrums aus und stellt in diesem Sinne eine Worst-Case-Berechnung dar.

30

Wenn der Antragsteller weiterhin meint, dass nach Nr. 6.9 TA-Lärm bei Überwachungsmessungen ein Messabschlag von 3 dB (A) vorzunehmen sei und sich in der Addition der Prognoseunsicherheit eine doppelte Berücksichtigung von Unsicherheiten ergebe, verkennt er den Unterschied von Immissionsprognose - die eben nicht auf Messungen der tatsächlichen Verhältnisse beruhen (können) - und Überwachungsmessung, für die ein zuvor ggf. prognostizierter Beurteilungspegel keine Rolle spielt.

31

Der Antragsteller hält dem Gutachten entgegen, es sei (in Abschnitt 4.2.1) hinsichtlich der zu erwartenden Zu- und Abfahrten mit Pkw auf Zahlen aus der "Verkehrsuntersuchung für die Stadtgalerie Hameln" des Ingenieurbüros {AD.} aus Aachen zugegriffen worden; diese Werte basierten nach Angaben in der Verkehrsuntersuchung (vorgelegt im November 2003) "auf Erfahrungen von ähnlich strukturierten Einkaufszentren der ECE". Der Antragsteller bemängelt in diesem Zusammenhang, dass Gegenstand der schalltechnischen Untersuchung insoweit nicht eine maximale Ausnutzung des hier streitigen Einkaufszentrum gewesen sei, sondern der Lärm, der bei der tatsächlichen Alisnutzung eines anderen Einkaufszentrums entstehe. Dieser Vorwurf greift nicht durch.

32

Zwar ist in der Verkehrsuntersuchung und nachfolgend in dem Lärmgutachten auf Zahlen zurückgegriffen worden, die bei der tatsächlichen Nutzung eines Einkaufszentrums der Beigeladenen in Kassel ermittelt worden sind. Dass diese Zahlen unrichtig sind, trägt der Antragsteller nicht vor und ist auch sonst nicht ersichtlich. Dann aber erscheint es nicht fehlerhaft, wenn im Rahmen einer Prognose für ein geplantes Einkaufszentrum auf Zahlenmaterial zurückgegriffen wird, das bei der tatsächlichen Nutzung eines anderen Zentrums ermittelt worden ist. Allein der Vortrag der Antragsteller, die Zahlen seien für niemanden überprüfbar, stellt diese Vorgehensweise noch nicht in Frage. Vielmehr müsste dann dem Lärmgutachter unterstellt werden, er habe "blauäugig" Zahlen übernommen, die ihm von der Beigeladenen zur Verfügung gestellt worden sind, ohne diese auf Plausibilität überprüft zu haben. Hiergegen wendet sich der Lärmgutachter zum einen mit Schreiben an die Beigeladene vom 25.05.2005 (dort S. 5); die von der Beigeladenen zur Verfügung gestellten Zahlen hätten als realistisch eingestuft werden können. Zum anderen hat er im Erörterungstermin nachvollziehbar ausgeführt, zu Gunsten der Nachbarn sei der Prognose das Verkehrsaufkommen an den verkaufsstärksten Tagen zu Grunde gelegt worden; selbst wenn eine Verdoppelung der Pkw-Bewegungen angenommen würde, erhöhte sich der Summenpegel an dem am stärksten betroffenen Punkt von 58,7 auf 59,5 db (A).

33

Dem Einwand des Antragstellers, nach der bayerischen Parkplatzlärmstudie sei eine geringere Verweildauer der Pkw auf den Stellplätzen des Vorhabens und damit höhere Lärmimmissionen zu erwarten, hat der Gutachter plausibel entgegen gehalten, diese Studie berücksichtige ein Einkaufzentrum der hier streitgegenständlichen Art (noch) nicht; erst die Neufassung werde dies tun. Da Einkaufszentren wie das geplante darauf angelegt seien, durch gastronomische Angebote neben dem Einkaufen zum Verweilen einzuladen, sei von einer höheren Verweildauer auszugehen als die Parkplatzlärmstudie für großflächige Einzelhandelsbetriebe annehme. Nach Auffassung der Kammer dürfte auch vieles dafür sprechen, dass nicht nur das diversifizierte Warenangebot des Einkaufszentrums für die dem Lärmgutachten zu Grunde gelegte Verweildauer spricht, sondern auch der Umstand, dass sich nach Osten die Fußgängerzone an das Vorhaben anschließt und Besucher, die das Einkaufszentrum mit dem Pkw aufsuchen, ihren Einkaufsbummel in der Fußgängerzone fortsetzen.

34

Soweit der Antragsteller bemängelt, in dem Lärmgutachten vom 10.02.2005 sei die Rangierzeit für die anliefernden Lkw's mit 1 Minute zu gering angesetzt, vermag er damit nicht durchzudringen. Der Lärmgutachter hat hierzu in dem Schreiben vom 25.05.2005 mitgeteilt - und dies auf entsprechende Nachfrage im Erörterungstermin bekräftigt -, dass bezüglich der Dauer eines Rangiervorganges die Erkenntnisse des Akustikbüros Göttingen, das das schalltechnische Gutachten zum Entwurf des Bebauungsplanes erstellt hat, berücksichtigt worden seien, wonach selbst große LKW maximal 1 Minute Rangierzeit benötigten; dies sei realistisch. Selbst wenn an der Ladezone der Stadtgalerie bei größeren LKW eine längere Rangierdauer maßgebend sei, werde sich im Mittel -kleine LKW bzw. Transporter benötigten so gut wie keine Rangierzeit - für alle Lieferfahrzeuge eine Einwirkzeit je Rangiervorgang von ca. 1 Minute ergeben; rein rechnerisch würde der Ansatz einer Rangierdauer von 2 Minuten zu einer Erhöhung des Teilschallpegels von 3 db (A) führen, was bedeute, dass der Gesamtschallpegel an dem am stärksten betroffenen Aufpunkt sich um - nicht hörbare - 0,3 db (A) auf 59,0 db (A) erhöhte.

35

Daraus folgt, dass sich selbst bei einer Verdoppelung der prognostizierten Pkw-Bewegungen und einer Verdoppelung der angenommenen Rangierzeit der Lkw - ein insgesamt unrealistisches Szenario - der Gesamtschallpegel an dem am stärksten betroffenen Aufpunkt den Grenzwert von 60 db (A) noch knapp einhielte.

36

Der Antragsteller kann der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nicht mit Erfolg entgegenhalten, er werde Lärm in einem Umfang, der den Immissionsrichtwert von tags 60 dB (A) überschreite, wegen des Verkehrs ausgesetzt sein, der auf der Abbiegespur fließen werde, die in der Straße "Am Gericht" zur Einfahrt in die "Spindel" führen solle; dieser sei - entgegen dem Ansatz im Lärmgutachten - wie auf dem Baugrundstück erzeugter Betriebslärm unmittelbar dem Vorhaben zuzurechnen. In der Neufassung der . TA-Lärm vom 26.08.1998 hat die immissionsschutzrechtliche Würdigung des mit einer gewerblichen Anlage verbundenen Verkehrslärms unter Nr. 7.4 eine spezielle Regelung erfahren. Bei dieser Regelung handelt es sich, wie auch sonst beim Regelwerk der TA-Lärm - insoweit vergleichbar der Rechtslage bei der TA Luft -, um eine auf § 48 BlmSchG gestützte normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift, die auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten ist. Die bis zur Neufassung der TA-Lärm ergangene Rechtsprechung über die Zurechnung des außerhalb des Betriebsgrundstücks entstandenen Lärms ist deshalb nur noch insoweit maßgeblich, als ihr die Neuregelung in Nr. 7.4 TA-Lärm 1998 nicht entgegensteht. Die Neufassung der TA-Lärm knüpft in Nr. 7.4 zwar an den Grundsatz der Rechtsprechung an, dass der von einer gewerblichen Anlage veranlasste Verkehrslärm bei der Beurteilung ihrer Zulässigkeit ebenfalls zu berücksichtigen ist. Unterschieden wird aber nunmehr zwischen den betriebsbedingten Fahrzeuggeräuschen auf dem Betriebsgrundstück selbst sowie bei der Ein- und Ausfahrt, der zusammen mit den übrigen Anlagengeräuschen zu erfassen und zu beurteilen ist (Abs. 1), den Geräuschen des An- und Abfahrtsverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand bis zu 500 m vom Betriebsgrundstück, die - auch soweit noch keine Vermischung mit dem übrigen Straßenverkehr erfolgt ist - gesondert zu ermitteln und nach den Grundsätzen der Verkehrslärmschutzverordnung zu beurteilen sind und nur einem Minimierungsgebot unterliegen (Abs. 2), und dem sonstigen Straßenverkehr auf öffentlichen Verkehrsflächen, auf den das Regelwerk der TA-Lärm keine Anwendung findet. Auch innerhalb der in dieser Form neu geschaffenen "Kappungsgrenze" von 500 m wird der Lärm des Zu- und Abgangsverkehrs außerhalb des Betriebsgeländes (einschließlich der Ein- und Ausfahrt) den eigentlichen Anlagengeräuschen nicht mehr ohne Weiteres zugerechnet. Geräusche dieser Art, zu denen auch die Geräusche des Parkverkehrs außerhalb des Betriebsgrundstücks rechnen, sind vielmehr gesondert zu ermitteln und nach dem für Verkehrsgeräusche geltenden höheren Grenzwerten der 16. BlmSchGV zu beurteilen; sie unterliegen selbst bei Überschreitung der Richtwerte nur einem Minimierungsgebot. Derartige Geräusche gehen damit nicht in die nach Nummern 3.2.1 bzw. 4.2a TA-Lärm maßgeblichen Immissionsrichtwerte ein (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 27.06.2002 -14 S 2736/01 -, NVwZ RR 2003, 745, 750). Es braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, ob der Verkehrslärm einer Einfädelspur ebenfalls nach der TA-Lärm Nr. 7.4 Abs. 1 dem Betriebsgrundstück zuzurechnen ist (vgl. hierzu: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. 2, Stand Okt. 1999, TA-Lärm, Rdnr. 36, 45 ff). Diese Frage stellte sich, wenn die Abbiegespur in der Straße Am Gericht ausschließlich in die "Spindel" mündete. Nach den anhand des vorgelegten Kartenmaterials nachvollziehbaren Erläuterungen der Vertreter der Antragsgegnerin in dem Erörterungstermin führt diese Fahrspur über die Einfahrt der "Spindel" hinaus bis zur Straße Zehnthof und ermöglicht das Abbiegen in diese Straße.

37

2.

Der Antragsteller kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass die Baugenehmigung gegen die - nachbarschützenden - Bestimmungen der §§ 7 ff. der Nds. Bauordnung (NBauO) über Grenzabstände verstößt. Es kann dahin stehen, ob der Antragsteller diese Nachbarrechte auch ohne Mitwirkung der anderen Miteigentümer -etwa entsprechend § 1011 BGB (vgl. Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 7. Aufl., § 72 Rdnr. 144, m.w.N.; OVG Münster, Urt. v. 12.12.1991 - 7 A 172/89 -, BRS 54 Nr. 180) - auch hinsichtlich seines Miteigentums an dem Grundstück {U.} oder nur bezogen auf sein Sondereigentum an der Wohnung in dem Gebäude {W.} geltend machen kann. Denn auch hinsichtlich des Grundstücks {U.} dürften die Grenzabstandsvorschriften der NBauO nicht verletzt sein. Gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 NBauO müssen Gebäude mit allen auf ihren Außenflächen oberhalb der Geländeoberfläche gelegenen Punkten von den Grenzen des Baugrundstücks Abstand halten und beträgt dieser Abstand 1 H, mindestens jedoch 3 m. Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 NBauO beträgt der Abstand allerdings Vz H, mindestens jedoch 3 m, in anderen Gebieten (als Kerngebieten bzw. Gewerbe- und Industriegebieten), in denen nach dem Bebauungsplan Wohnungen nicht allgemein zulässig sind. Dies dürfte vorliegend der Fall sein. Der streitbefangene Bebauungsplan Nr. 727 der Antragsgegnerin setzt für die Grundstücke, auf denen das streitige Vorhaben realisiert werden soll, Sondergebiet im Sinne des § 11 Baunutzungsverordnung (BauNVO) fest; nach dieser Vorschrift sind in solchen Gebieten Wohnungen nicht allgemein zulässig.

38

Der Anwendung des § 7 Abs. 4 Satz 1 NBauO steht hier auch nicht - wie der Antragsteller meint - entgegen, dass die Straße Am Gericht, die das Vorhabengrundstück von den Grundstücken {U.} und {W.} trennt, nicht von der Festsetzung Sondergebiet durch den Bebauungsplan umfasst wird und es in der Vorschrift heißt "der Abstand beträgt.... in anderen Baugebieten ...". Der Antragsteller versteht diesen Wortlaut dahin, dass die Vorschrift nur Gebäude privilegiert, die mit ihrem Grenzabstand von 1/z H vollständig in einem der in der Vorschrift aufgeführten Baugebiete liegen. Der Wortlaut verlangt eine solche Auslegung nicht. Danach "beträgt" der Abstand in bestimmten Baugebieten V% H. Daraus folgt aber nicht zwingend, dass die Abstandsfläche auch in diesem Baugebiet "liegen" muss. Die Systematik der Grenzabstandsvorschriften und deren Sinn und Zweck gebieten ein anderes Verständnis. Bereits der systematische Zusammenhang mit § 7 Abs. 1 - wonach Gebäude von den Grenzen des Baugrundstücks Abstand halten müssen - spricht dafür, dass die Grenzabstände "gebäudebezogen" - nicht "baugebietsbezogen" -eingehalten werden müssen und die Vorschrift nicht verlangt, dass der (gesamte) Grenzabstand "in" dem besagten Baugebiet liegt, sondern dass das Gebäude, das die Privilegierung des § 7 Abs. 4 Satz 1 NBauO in Anspruch nimmt, in einem solchen Gebiet gelegen ist. Auch die Vorschrift des § 7 Abs. 4 Satz 2 NBauO, wonach Satz 1 nicht für den Abstand von den Grenzen solcher Nachbargrundstücke gilt, die ganz oder überwiegend außerhalb der genannten Gebiete liegen, streitet nicht für den Antragsteller. Die öffentliche Verkehrsfläche der Straße Am Gericht ist nicht als Nachbargrundstück im Sinne der Vorschrift anzusehen. Dies folgt aus Sinn und Zweck der Abstandsvorschriften. Diese dienen in erster Linie dazu, für einen hinreichenden Abstand zwischen bebaubaren Grundstücken zu sorgen. Dieser soll so bemessen sein, dass die ausreichende Belichtung und Belüftung sowie Versorgung mit Tageslicht sichergestellt wird. Daneben mögen die Abstandsvorschriften zwar auch andere Zwecke verfolgen, namentlich denjenigen, eine ungestörte Nutzung der Freiflächen sicherzustellen und deren unangebrachte Verschattung durch zu nahe heranrückende Gebäude zu verhindern. In einer Weise, welche diesen Zwecken gerecht würde, kann eine reine Wegeparzelle nicht genutzt werden (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 09.09.2004 -1 ME 194/04 -, NVwZ-RR 2005, 17).

39

Das ergibt sich auch aus § 9 Abs. 1 NBauO, wonach benachbarte Verkehrsflächen öffentlicher Straßen für die Bemessung des Grenzabstandes zugerechnet werden dürfen. Von diesen Verkehrsflächen selbst muss kein Abstand gehalten werden. Darüber hinaus gäbe es nach der vom Antragsteller favorisierten Auffassung keinen Anwendungsfall für die Regelung in § 7 Abs. 4 Satz 2 NBauO, soweit diese Bestimmung für Grundstücke, die ganz außerhalb der genannten Baugebiete liegen, die Privilegierung des Satzes 1 ausschließt. Das Verständnis des Antragstellers von Satz 1 zu Grunde gelegt gäbe es in diesen Fällen schon gar keine Privilegierung. Es kann aber nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber (in Satz 2) eine Regelung treffen wollte, die überflüssig ist. Daraus folgt vorliegend, dass "im Rechtssinne" das streitgegenständlichen Sondergebiet im Norden an ein als Kerngebiet festgesetztes Gebiet, in dem die Immobilie des Antragstellers gelegen ist, angrenzt, weil die dazwischen liegende Straßenfläche nicht schutzbedürftig im Sinne der Abstandsvorschriften ist. Da gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 NBauO der Abstand in Baugebieten, die ein Bebauungsplan als Kerngebiet festsetzt, ebenfalls nur 1/2, mindestens jedoch 3 m, beträgt, also die Abstandsvorschriften der NBauO einer Wohnbebauung in diesen Gebieten ebenfalls nur einen geringeren Schutz durch vorgeschriebene Grenzabstände zugesteht, findet § 7 Abs. 4 Satz 2 NBauO keine Anwendung. Wortlaut, Sinn und Zweck sowie systematischer Zusammenhang gebieten eine Auslegung dahin, dass die Privilegierung des § 7 Abs. 4 Satz 1 NBauO auch dann gilt, wenn zwei der in dieser Vorschrift genannten Baugebiete aneinander stoßen (vgl. Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 7. Aufl., § 7 Rdnr. 39 und 43). Der Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 1 NBauO, wonach benachbarte Verkehrsflächen öffentlicher Straßen für die Bemessung des Grenzabstandes bis zu ihrer Mittellinie dem Baugrundstück zugerechnet werden dürfen, steht ebenfalls nichts im Wege.

40

Soweit danach noch der vorgesehene Grenzabstand unterschritten wird, hat die Antragsgegnerin zu Gunsten der Beigeladenen eine Ausnahme zugelassen. Diese dürfte rechtlich nicht zu beanstanden sein. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 NBauO können geringere als die in §§ 7 -12 a NBauO vorgeschriebenen Abstände ausnahmsweise zugelassen werden zur Verwirklichung besonderer baugestalterischer oder städtebaulicher Absichten, wobei gemäß Abs. 2 Satz 2 dieser Vorschrift den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, auch auf den Nachargrundstücken, mindestens gleichwertig entsprochen werden muss.

41

Zunächst folgt aus dem Umstand, dass die Erteilung der Ausnahme - insbesondere die Ausübung des in § 13 Abs. 1 NBauO eröffneten Ermessens - nicht (ausdrücklich) in der Baugenehmigung erfolgt ist, sondern sich aus einem Vermerk der Antragsgegnerin vom 23.10.2004 ergibt, kein Rechtsfehler (vgl. Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 7. Aufl., § 85 Rdnr. 18).

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Es ist nicht erforderlich, scharf zwischen den baugestalterischen und städtebaulichen Absichten im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 NBauO zu unterscheiden. Beides lässt sich kaum in eindeutiger Weise trennen. Die Initiative für die Entwicklung dieser Absichten darf vom Bauherrn ausgehen. Die "Besonderheit" der mit einem Vorhaben verfolgten Bauabsichten ist nicht erst dann zu bejahen, wenn architektonisch oder städtebaulich geradezu hervorragende Projekte verfolgt werden. Es reicht vielmehr aus, dass ein vom Normalen abweichender, letztlich aber zum selben Ziel - nämlich zumindest gleich guten Wohn- und Arbeitsverhältnissen - führender Weg gesucht wird. Allerdings können sich die besonderen gestalterischen und städtebaulichen Absichten nicht stets und ohne Rücksicht gegen die Interessen der Nachbarn an der Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Abstände durchsetzen. Diese Absichten sind vielmehr ins Verhältnis zu setzen zu den Einbußen, welche die Nachbarn durch die Unterschreitung erleiden. Dies gilt trotz des Umstandes, dass nach § 13 Abs. 2 NBauO gerade im Falle des Abs. 1 Nr. 1 besonders zu prüfen ist, ob die Nachbarn trotz der Unterschreitung des gesetzlich bestimmten Abstandes mindestens die Wohnverhältnisse haben, die sie bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften genössen. "Besonders" im Sinne des Abs. 1 Nr. 1 sind die Absichten nur dann, wenn sie "grundsätzlich", d. h. überhaupt von einem Gewicht sind, welches die Unterschreitung der gesetzlichen Abstände zu rechtfertigen vermag. Je mehr diese unterschritten werden, von desto größerem Gewicht müssen die Absichten sein. Diese Wechselwirkung gilt nicht nur hinsichtlich des "ob", sondern auch hinsichtlich des "wie" der Unterschreitung (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 30.03.1999 -1 M 897/99 -, Nds.VBI 2000, 10, 12 ff.). Die anhand dieses Maßstabes vorzunehmende Prüfung ergibt, dass das Gewicht der gestalterischen und städtebaulichen Absichten bezüglich der vorgesehenen Straßenrandbebauung wie auch hinsichtlich der Auskragung zur Betonung der Spindel ausreicht, die Unterschreitung des Grenzabstandes zu rechtfertigen. Die von der Beigeladenen verfolgten Absichten sind städtebaulich und gestalterisch insoweit "besonders", als - wie die Antragsgegnerin in der schriftlichen Begründung zum Bebauungsplan Nr. 7 (4.2.) nachvollziehbar ausführt - die städtebauliche Zielsetzung zur klaren Einfassung des Straßenverlaufs in Form einer Straßenrandbebauung der öffentlichen Straßen und Platzräume durch das geplante Einkaufszentrum durch Festsetzung von Baulinien verfolgt wird. Auf Gebäudeversprünge, wie sie an dem auf dem Baugrundstück noch stehenden real-Gebäude realisiert worden seien, sei demgegenüber bewusst verzichtet worden, da sich diese stadtgestalterisch nicht bewährt hätten. Hierdurch sei weder das ursprüngliche Ziel des in seiner Wirkung kleinteiligen Baukörpers erreicht worden noch habe das ihnen im Laufe der Zeit anhaftende "Schmuddelecken"-Image, insbesondere in der Straße Am Gericht, positiv besetzt werden können. Die derzeitige Situation sei in diesem Bereich stark durch die in den 70iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts entstandene neue Straßenführung sowie die hieran neu errichteten bzw. vorhandenen Solitäre (Pfortmühle, Amtsgericht, {T.}) geprägt und wirke infolge dessen in Bezug auf die sonstige Altstadt eher wie ein Fremdkörper. Mit der Zielsetzung Straßenrandbebauung werde nicht der Versuch unternommen, die historische Bebauungsstruktur wieder aufzunehmen - was infolge des neuzeitlich geprägten Straßenverlaufs auch nicht möglich sei -; durch sie solle aber eine Korrektur erfolgen und insgesamt eine stärkere Einbindung in das Stadtbild erreicht werden, ohne dabei auf eigenständige Akzente, die einer Bebauung in der vorliegenden Größenordnung zustünden, zu verzichten. Auf der Grundlage der vom planenden Architekturbüro überarbeiteten Fassadenkonzeption sei die Ausformung der Baulinien weiter detailliert in die Planzeichnung übernommen worden; dies betreffe insbesondere unter anderem die Ausformung des Eckbereichs der Straßen Zehnthof und Am Gericht in Form von Auskragungen zur Betonung des städtebaulichen Akzentes der Parkhausspindel. Die vorgenannten Auskragungen dienten insbesondere zur Realisierung des vorliegenden Gebäudeentwurfes. Für die Gestaltung der Fassadenabwicklungen in den Straßenräumen unter anderem Am Gericht sei mit dem Thema "Stadtmauer" ein aus städtebaulicher Sicht positiv zu bewertendes Bild gefunden worden; auch wenn die Lage der historischen Stadtmauer räumlich nicht deckungsgleich sei, sei das Thema aus heutiger Sicht der tatsächlichen städtebaulichen Situation angemessen.

43

Das Gewicht dieser baugestalterischen und städtebaulichen Absichten dürfte trotz der -jedenfalls im Bereich der Auskragung - nicht unerheblichen Unterschreitung des Grenzabstandes von % H um etwa die Hälfte ausreichen, die Unterschreitung des Grenzabstandes zu rechtfertigen. Die Power-Point-Präsentation im Erörterungstermin und die Ansicht des Modells des Vorhabens haben dies anschaulich gemacht. Gerade die gestalterische und städtebauliche Bedeutung der Auskragung der Spindel ist von der Antragsgegnerin im Erörterungstermin noch einmal ausführlich erläutert und betont worden. Dabei sind insbesondere die Motive, warum sich die Antragsgegnerin unter Beteiligung des Architekten {AE.} für die genehmigte Lösung entschieden hat, in einer Weise deutlich geworden, wie sie den Vorgängen bis dahin nicht - jedenfalls nicht in dieser Deutlichkeit - zu entnehmen war. Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass auch mit der Auskragung der Spindel schützenswerte baugestalterische und städtebauliche Absichten im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 1 NBauO verwirklicht werden sollen, zumal die Vertreter der Beigeladenen im Erörterungstermin nachvollziehbar deutlich gemacht haben, warum diese Auskragung für sie keine Bedeutung hat.

44

Die Vorgaben des § 13 Abs. 2 Satz 2 NBauO dürften eingehalten sein. Danach muss in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, auch auf den Nachbargrundstücken, gleichwertig entsprochen werden. Nach dem Inhalt des seitens der Antragsgegnerin eingeholten Gutachtens zur Belichtung und Besonnung umliegender Bebauung des Ingenieurbüros Lohmeyer vom 08.11.2004 werden die DIN-Normen für die Belichtung eingehalten, allerdings verschlechtern sich in den - zulässigerweise auch als solche nutzbaren - Wohnungen des Gebäudes {U.} durch die heranrückende geplante Bebauung die Besonnungsverhältnisse. Die Antragsgegnerin weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nach dem Gutachten eine ausreichende Mindestbesonnung auch derzeit bereits nicht gegeben ist. Allerdings bedingt der Begriff der "Gleichwertigkeit" eine wertende Betrachtungsweise (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 30.03.1999, aaO.). Deshalb dürfte rechtlich nichts gegen die Annahme der Antragsgegnerin zu erinnern sein, die Gleichwertigkeit der Wohn- und Arbeitsverhältnisse werde dadurch herbeigeführt, dass das geplante Gebäude - anders als sein Vorgänger - eine helle - und wie die Power-Point-Präsentation gezeigt hat -optisch sehr viel ansprechender Fassade aufweise und die Fassadengestaltung die Entstehung von "Dreckecken" vermeide.

45

Die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin nach § 13 Abs. 1 NBauO dürfte mit den ergänzenden Erwägungen, die die Antragsgegnerin im Erörterungstermin angestellt hat, fehlerfrei getroffen sein. War dem Vermerk der Antragsgegnerin vom 23.10.2004 nicht zu entnehmen, welcher der Ausnahmetatbestände des § 13 Abs. 1 NBauO als gegeben angesehen wird, auf welchen sich also die Ermessensbetätigung bezieht, ist dies nachgeholt worden. Weiterhin ist der Sachverhalt nunmehr vollständig und richtig aufgeklärt und der Ermessensentscheidung zu Grunde gelegt. Während der Vermerk keine Feststellung zum Maß der Unterschreitung des Grenzabstandes enthält, hat die Antragsgegnerin im Erörterungstermin einen Abstandsflächenplan vorgelegt und ihre Erwägungen vor dem Hintergrund der (zeichnerischen) Aussage, die dieser trifft, ergänzt.

46

Dabei hat sie ausgeführt, sie habe insbesondere berücksichtigt, dass das Flugdach des Vorhabens transparent sei und von daher nicht die Wirkung wie ein Gebäude habe; hätte man das Flugdach bei der Berechnung der Abstandsvorschriften unberücksichtigt gelassen, ergäbe sich eine Gebäudehöhe von 14,70 m und daraus resultierend eine Abstandsfläche von 7,35 m; in diesem Fall wäre der Abstand nur ganz geringfügig verletzt worden (was allerdings nicht die Auskragung betreffe). Zudem habe sich die Straßenfläche verbreitert. Weiter habe sie die Bebaubarkeit der Grundstücke auf der gegenüberliegenden Seite berücksichtigt. Aufgrund von Baugrenzen seien diese Grundstücke nicht weiter bebaubar. Maßgebliche Grundlage für die Auswirkung der Verhältnisse durch die Abstandsüberschreitung sei das Besonnungs- und Belichtungsgutachten gewesen. Diese Ausführungen erscheinen sachgerecht und dürften die Ermessensentscheidung tragen.

47

Der Antragsteller trägt als Unterlegener gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.

48

Es entspricht hier der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO), denn diese ist notwendig beigeladen.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Sie orientiert sich an der ständigen Übung der mit baurechtlichen Verfahren befassten Senate des Nds. Oberverwaltungsgerichts und berücksichtigt durch eine Halbierung des Betrages, der für das Hauptsacheverfahren mit identischem Streitgegenstand festzusetzen wäre, dass vorliegend lediglich vorläufiger Rechtsschutz begehrt worden ist.