Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 28.10.2020, Az.: L 3 KA 25/20

Entziehung einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung; Untergrenze für eine belegärztliche Tätigkeit; Zulassungsentziehung als gebundene Entscheidung

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
28.10.2020
Aktenzeichen
L 3 KA 25/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 50925
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 12.02.2020 - AZ: S 24 KA 215/18

Fundstellen

  • GesR 2021, 176-181
  • MedR 2021, 663-667

Redaktioneller Leitsatz

Eine vertragsärztliche Zulassungsentziehung ist eine gebundene Entscheidung; d.h. die Zulassungsgremien müssen die Zulassung entziehen, wenn im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen dafür erfüllt sind.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 12. Februar 2020 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 488.347 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Streitig ist eine Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.

Der Kläger erhielt mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 7. Dezember 2011 im Bedarfsplanungsbereich F. eine Sonderbedarfszulassung (§ 103 Abs 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)) als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Kardiologie für die Dauer seiner belegärztlichen Tätigkeit am Krankenhaus G. der zu 8. beigeladenen Stiftung. Laut dem zwischen dem Kläger und dem Krankenhausträger geschlossenen Belegarztvertrag standen dem Belegarzt dabei "zur stationären Behandlung seiner Patienten 15 Betten, die er mit weiteren, in der Kardiologie des H. tätigen, Belegärzten gemeinschaftlich nutzt, zur Verfügung".

Im Anschluss war der Kläger in folgendem Umfang als Vertrags- und Belegarzt tätig:

Quartal

Fallzahlen/Belegarzt

Fallzahlen/Vertragsarzt

II/2012

4

848

III/2012

0

1.303

IV/2012

11

1.368

I/2013

0

1.327

II/2013

1

1.220

III/2013

1

1.458

IV/2013

0

1.268

I/2014

0

1.667

II/2014

0

1.243

III/2014

0

1.486

IV/2014

2

1.460

I/2015

1

1.591

II/2015

0

1.401

III/2015

0

1.371

IV/2015

1

1.449

I/2016

1

1.184

II/2016

0

1.214

III/2016

0

1.122

IV/2016

13

1.234/textblock>

I/2017

15

1.186

II/2017

25

1.092

III/2017

10

1.005

IV/2017

10

1.042

I/2018

14

855

II/2018

20

822

Aufgrund der geringen belegärztlichen Fallzahlen beschloss der Zulassungsausschuss im März 2018 die Einleitung eines Zulassungsentziehungsverfahrens und hörte den Kläger dazu an. In der Anhörung wies der Ausschuss ua darauf hin, dass der Kläger in den Quartalen I/2015 bis IV/2017 nur 76 Patienten belegärztlich behandelt habe (Anhörungsschreiben vom 19. Januar 2018 und 16. April 2018).

Der Kläger hielt eine Entziehung der ihm erteilten Zulassung nicht für gerechtfertigt. Weder aus dem Gesetz noch aus der Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit lasse sich eine Untergrenze für die belegärztliche Tätigkeit ableiten. Unabhängig davon sei er über einen gewissen Zeitraum krankheitsbedingt (aufgrund hereditärer Neuropathien mit Neigung zu Druckparesen) nur eingeschränkt in der Lage gewesen, belegärztliche Tätigkeiten im Herzkatheterlabor durchzuführen. Mittlerweile sei die Erkrankung aber überstanden (Arztbrief des "Zentrums für Pneumologie + Neurologie F." vom 8. Dezember 2016). Hierauf habe er bereits die Beigeladene zu 1. im Vorfeld des Zulassungsentziehungsverfahrens hingewiesen (Schreiben vom 14. Mai 2018).

Dennoch entzog der Zulassungsausschuss dem Kläger "die Belegarztzulassung nach § 103 Abs. 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Kardiologie", weil er die belegärztliche Tätigkeit nur pro forma ausübe und diese gegenüber der vertragsärztlichen Tätigkeit vollständig in den Hintergrund trete (Beschluss vom 18. Juli 2018).

Im anschließenden Widerspruchsverfahren wies der Kläger darauf hin, dass der Zulassungsausschuss den prozentualen Anteil seiner belegärztlichen Tätigkeit unzutreffend anhand der Arztfallzahlen ermittelt habe; stattdessen hätte bei der Berechnung auf die quotierten RLV-Fälle aus den jeweiligen RLV-Zuweisungen abgestellt werden müssen. Außerdem könne aus dem Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht gefolgert werden, dass für die belegärztliche Tätigkeit keine substantielle gesundheitliche Einschränkung bestanden habe. Der Tätigkeitsbereich eines Belegarztes umfasse Operationsleistungen wie Herzkatheteruntersuchungen und Schrittmacherimplantationen mit einer Behandlungszeit von bis zu 68 Minuten. Das sei mit dem in einer Berufsausübungsgemeinschaft üblichen vertragsärztlichen Behandlungsumfang dem Grunde nach nicht vergleichbar. Schließlich sei die Entziehung der Belegarztzulassung auch unverhältnismäßig, weil keine dauerhaften, sondern nur vorübergehende krankheitsbedingte Einschränkungen bestanden hätten. Daneben sei anderen Belegärzten mit vergleichbar niedrigen Fallzahlen eine "zweite Chance" eingeräumt worden; für den Kläger könne nichts anderes gelten.

Der beklagte Berufungsausschuss wies den Widerspruch des Klägers jedoch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Kläger nur in minimalem Umfang belegärztlich tätig sei und dieser Bereich komplett hinter seiner vertragsärztlichen Tätigkeit zurücktrete, sodass kein Rechtsgrund für die Erteilung der Sonderbedarfszulassung (mehr) bestehe. Durch den geringen belegärztlichen Tätigkeitsumfang habe der Kläger außerdem seine vertragsärztlichen Pflichten grob fahrlässig verletzt. Die Entziehung der Zulassung sei auch angemessen; insbesondere hätte dem Kläger der Zusammenhang zwischen der ihm erteilten Sonderbedarfszulassung und der Tätigkeit als Belegarzt bewusst sein müssen (Beschluss vom 17. Oktober 2018; zugestellt am 7. Dezember 2018).

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 21. Dezember 2018 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben und nach einer weiteren Akteneinsicht dort ergänzend geltend gemacht, dass der Beschluss des Beklagten sowohl in formeller (wegen fehlender Anhörung zur belegärztlichen Tätigkeit in den Quartalen II/2012 bis IV/2014, fehlender Akteneinsicht trotz Antrags im Widerspruchsverfahren) als auch in materieller Hinsicht (wegen fehlerhaften Berechnungen, fehlenden Voraussetzungen für eine Zulassungsentziehung) rechtswidrig sei. Insbesondere habe der Beklagte nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung nach § 103 Abs 7 SGB V im Dezember 2011 - ernsthaft beabsichtigte belegärztliche Tätigkeit auf der Grundlage von insgesamt 15 Belegbetten im Krankenhaus der Beigeladenen zu 8. - im Zeitpunkt der hier maßgeblichen Verwaltungsentscheidung weiterhin vorgelegen hätten und der Kläger außerdem seine belegärztliche Tätigkeit in den Quartalen ab IV/2016 deutlich gesteigert habe. Ferner habe im Oktober 2018 weder eine Ungeeignetheit zur Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit iS von § 21 S 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) bestanden noch eine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten vorgelegen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12. Februar 2020 abgewiesen. Der Beklagte habe die Sonderbedarfszulassung des Klägers nach § 103 Abs 7 SGB V zu Recht entzogen; der entsprechende Beschluss vom 17. Oktober 2018 sei weder in formeller noch in materieller Hinsicht zu beanstanden. Zunächst lasse sich eine fehlerhafte Anhörung des Klägers iS von § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht feststellen. So habe ihm die Beigeladene zu 1. schon vor der Einleitung des Zulassungsentziehungsverfahrens schriftlich mitgeteilt, dass eine Übersicht der belegärztlichen Fallzahlen (auch zu den Quartalen II/2012 bis IV/2014) dem Zulassungsausschuss zur Beurteilung vorgelegt worden sei. Dementsprechend habe sich der Kläger zur Ursache für die geringen Fallzahlen als Belegarzt bezogen auf alle zu diesem Zeitpunkt zurückliegenden Quartale äußern können und auch tatsächlich geäußert, sodass der Beklagte dem angefochtenen Beschluss die belegärztliche Tätigkeit des Klägers seit dem Quartal II/2012 ohne eine erneute Anhörung habe zugrunde legen können. Dem Kläger sei zudem mehrfach - zuletzt im sozialgerichtlichen Verfahren - Akteneinsicht in die Verwaltungsunterlagen des Beklagten gemäß § 25 SGB X gewährt worden; ein insoweit möglicher Verfahrensfehler (wegen fehlender Akteneinsicht trotz eines Antrags) sei daher nach § 41 Abs 1 Nr 3 SGB X als geheilt anzusehen. Daneben sei der Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass im Fall des Klägers die Voraussetzungen der Sonderbedarfszulassung nicht mehr vorlägen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung setze die Erteilung einer Zulassung nach § 103 Abs 7 SGB V ua voraus, dass tatsächlich eine belegärztliche Tätigkeit iS von § 121 Abs 2 SGB V am Krankenhaus ausgeübt werde. Eine Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit pro forma, die faktisch völlig gegenüber der vertragsärztlichen Tätigkeit in den Hintergrund trete, reiche demgegenüber nicht aus (unter Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 2. September 2009 - B 6 KA 44/08 R). Unter Weiterentwicklung dieser Vorgaben sei anhand der Behandlungsfallzahlen des Klägers - im Ergebnis entsprächen die erbrachten Leistungen nicht einmal einem Belegarzt-Bett pro Quartal - davon auszugehen, dass ein ernsthafter Wille zur Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung nicht bestanden habe und auch in absehbarer Zukunft nicht zu erwarten gewesen sei. Daher könne auch dahingestellt bleiben, ob der Umstand, dass der Kläger im Zulassungsverfahren uU gesundheitliche Beeinträchtigungen verschwiegen habe, ebenfalls einen Entzug der erteilten Sonderbedarfszulassung gerechtfertigt hätte. Schließlich sei die Zulassungsentziehung auch verhältnismäßig; insbesondere habe der Kläger trotz eines entsprechenden Hinweises seitens der Beigeladenen zu 1. Ende 2016 seine belegärztliche Tätigkeit nur geringfügig erhöht.

Gegen dieses Urteil (zugestellt am 17. Februar 2020) wendet sich der Kläger mit seiner Berufung vom 16. März 2020 und beruft sich dabei im Wesentlichen auf seinen Vortrag im Verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren. Ergänzend macht er geltend, dass in dem Anhörungsschreiben des Zulassungsausschusses vom 16. April 2018 ausdrücklich nur auf die Quartale I/2015 bis IV/2017 Bezug genommen worden sei. Auch die Beigeladene zu 1. habe sich in ihrer Stellungnahme vom 29. August 2018 auf diesen Zeitraum bezogen. Vor diesem Hintergrund habe der Kläger nicht damit gerechnet und auch nicht damit rechnen müssen, dass der Berufungsausschuss in dem Zulassungsentziehungsverfahren dennoch seinen Tätigkeitsumfang als Belegarzt in den Quartalen II/2012 bis IV/2014 berücksichtigen werde. Hinzu komme, dass der Beklagte weitere Unterlagen (Antrag zur Belegarztanerkennung nebst Anlagen, Belegarztvertrag mit dem Krankenhausträger) zum Verfahren beigezogen habe, ohne dies den Beteiligten mitzuteilen oder die zuvor vom Kläger beantragte Akteneinsicht zu gewähren. Auch hierdurch sei der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verfahrensfehlerhaft verletzt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 12. Februar 2020 sowie den Beschluss des Beklagten vom 17. Oktober 2018 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Zur Sachaufklärung hat der Senat von der Beigeladenen zu 1. Angaben über die durchschnittlichen Fallzahlen kardiologisch ausgerichteter Belegärzte im Jahr 2018 angefordert. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf das Antwortschreiben der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) vom 3. September 2020 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakten und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat seine Klage zu Recht abgewiesen.

1. Gegenstand des Verfahrens ist allein der Beschluss des Beklagten vom 17. Oktober 2018 (vgl zu dieser Besonderheit in Zulassungsstreitigkeiten BSG SozR 3-2500 § 96 Nr 1), mit dem die dem Kläger im Dezember 2011 erteilte Sonderbedarfszulassung gemäß § 103 Abs 7 SGB V entzogen worden ist.

2. Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) des Klägers ist statthaft und auch im Übrigen zulässig; in der Sache kann sie jedoch keinen Erfolg haben. Die Voraussetzungen für die Entziehung der dem Kläger erteilten belegärztlichen Sonderbedarfszulassung haben zum Zeitpunkt der maßgeblichen Verwaltungsentscheidung vorgelegen. Der Beschluss des Beklagten vom 17. Oktober 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

3. Rechtsgrundlage für die Entziehung einer Zulassung - auch die einer belegärztlichen Sonderbedarfszulassung - ist die Regelung in § 95 Abs 6 SGB V (hier anzuwenden idF des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes vom 16. Juli 2015, BGBl I 1211). Danach ist einem Vertragsarzt die Zulassung ua dann zu entziehen, wenn die Zulassungsvoraussetzungen nicht (mehr) vorliegen. Davon ist auszugehen, wenn erst nach der Zulassung eines Vertragsarztes eine der dafür erforderlichen Voraussetzungen - zB die Approbation iS von § 3 Abs 2a Ärzte-ZV - entfallen ist oder wenn der zugelassene Vertragsarzt aus gesundheitlichen oder sonstigen in der Person liegenden schwerwiegenden Gründen nicht nur vorübergehend unfähig iS von § 21 Ärzte-ZV geworden ist, die vertragsärztliche Tätigkeit ordnungsgemäß auszuüben. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ("ist ( ...) zu entziehen") handelt es sich insoweit um eine gebundene Entscheidung; dh die Zulassungsgremien müssen die Zulassung entziehen, wenn im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung (vgl zur Bedeutung dieses Zeitpunkts BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 26) die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen dafür erfüllt sind.

Nach diesen Maßgaben ist der Beschluss des Beklagten vom 17. Oktober 2018, mit dem die dem Kläger erteilte belegärztliche Sonderbedarfszulassung nach § 103 Abs 7 SGB V entzogen worden ist, weder in formeller noch in materieller Hinsicht zu beanstanden. Insbesondere hat der Kläger vor dem Entzug der Zulassung ausreichend Gelegenheit iS § 24 Abs 1 SGB X gehabt, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern (dazu a). Ferner kann die Aufhebung des Beschlusses vom 17. Oktober 2018 wegen der vor der Beschlussfassung des Beklagten zwar beantragten, aber nicht mehr gewährten - wiederholten - Akteneinsicht nach § 42 S 1 SGB X nicht beansprucht werden (dazu b). Der Senat hat schließlich auch keine Zweifel daran, dass zwischen dem Quartal I/2015 und dem Quartal IV/2017 die Voraussetzungen für die dem Kläger im Dezember 2011 erteilte belegärztliche Sonderbedarfszulassung nicht mehr vorgelegen haben (dazu c). Der Beklagte hat dem Kläger die Zulassung deshalb entziehen müssen.

a) Die Zulassungsgremien haben dem Kläger in dem Zulassungsentziehungsverfahren ausreichend rechtliches Gehör gewährt.

aa) Nach den gesetzlichen Vorgaben ist der Ausschuss zur Wahrung des rechtlichen Gehörs verpflichtet, dem von einem möglichen Entzug seiner Zulassung betroffenen Vertragsarzt die Möglichkeit zu geben, sich innerhalb einer angemessenen Frist zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (§ 24 Abs 1 SGB X). Dabei muss vor dem Zulassungsausschuss eine mündliche Verhandlung stattfinden (§ 37 Abs 1 S 1 Ärzte-ZV). Auch der nach Widerspruchseinlegung zuständige Berufungsausschuss muss eine mündliche Verhandlung durchführen; dieser kann davon allerdings - wie hier - bei einem einstimmigen Beschluss hinsichtlich der Zurückweisung des Widerspruchs absehen (§ 45 Abs 2 Ärzte-ZV).

Als entscheidungserheblich sind dabei die Tatsachen anzusehen, die zum Ergebnis der Verwaltungsentscheidung beigetragen haben, dh die Tatsachen, auf die sich der Verwaltungsträger (hier: der Berufungsausschuss) bei seiner Entscheidung tatsächlich gestützt hat. Maßgeblich ist insoweit die jeweilige Rechtsansicht des Verwaltungsträgers, die er als entscheidungserheblich ansieht, auch wenn sie ggf materiell-rechtlich unzutreffend ist (vgl hierzu BSG, Beschluss vom 10. August 2010 - B 13 R 140/10 B - juris mwN). Ein Verfahrens- bzw Anhörungsfehler liegt also immer erst dann vor, wenn der Verwaltungsträger auf Grundlage der eigenen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung das Verfahrensrecht nicht folgerichtig angewendet hat, also trotz selbst als entscheidungserheblich interpretierter Tatsache eine Anhörung unterlassen hat.

bb) Von einer in diesem Sinne fehlerhaften Anhörung des Klägers kann vorliegend aber nicht ausgegangen werden. So hat der Berufungsausschuss in dem Beschluss vom 17. Oktober 2018 die Entscheidung darüber, ob zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung die Zulassungsvoraussetzungen für die dem Kläger im Dezember 2011 erteilten belegärztlichen Sonderbedarfszulassung nicht (mehr) gemäß § 95 Abs 6 SGB V vorgelegen haben und deshalb die Zulassung zu entziehen ist, maßgeblich darauf gestützt, dass selbst unter Berücksichtigung der von ihm ab Ende 2016 erbrachten belegärztlichen Behandlungsfälle mit bis zu 20 Patienten pro Quartal eine ernsthafte Absicht zur Ausübung der Belegarzttätigkeit - als eine der Voraussetzungen für die Erteilung der Sonderbedarfszulassung nach § 103 Abs 7 SGB V - nicht mehr bestanden habe (vgl hierzu die Ausführungen auf Seite 9/10 des Beschlusses). Zu dem geringen Umfang seiner belegärztlichen Tätigkeit in den Jahren 2015 bis 2017 hat der Zulassungsausschuss den Kläger in dem Schreiben vom 16. April 2018 auch unstreitig angehört. Daneben hat der Beklagte in dem Beschluss vom 17. Oktober 2018 die beleg- und vertragsärztlichen Behandlungsfallzahlen des Klägers aus den ersten drei Jahren der Belegarzttätigkeit zwar angeführt; bei seiner Entscheidung hat der Berufungsausschuss die Daten aber nur ergänzend ("Erst recht nicht für ein belegärztliches Tätigwerden wie bis 03/2016 erkennbar.") herangezogen. Damit hat der Kläger - davon geht das SG in der hier angefochtenen Entscheidung zutreffend aus - auch rechnen müssen, weil der Zulassungsausschuss in dem (zweiten) Anhörungsschreiben vom 16. April 2018 auf den Umfang der belegärztlichen Tätigkeit in den Jahren 2015 bis 2017 nur beispielsweise ("( ) dass Sie z. B. seit dem Quartal 1/2015 bis 4/2017 ( ).") hingewiesen hat. Insofern besteht kein Zweifel daran, dass der Kläger in dem zurückliegenden Verwaltungsverfahren ausreichend Gelegenheit iS von § 24 Abs 1 SGB X gehabt hat, sich "zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern".

b) Wegen der im Verwaltungsverfahren (mit Schreiben vom 4. Oktober 2018) seitens des Klägers zwar beantragten, von dem Beklagten aber unter Verstoß gegen die Vorgaben in § 25 Abs 1 SGB X erst im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens gewährten (weiteren) Akteneinsicht, kann ebenfalls nicht die Aufhebung des Beschlusses vom 17. Oktober 2018 beansprucht werden. Das ergibt sich aus der Regelung in § 42 S 1 SGB X, wonach die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der - wie hier - nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Davon ist bei Entscheidungen der gebundenen Verwaltung regelmäßig auszugehen (vgl hierzu Schütze in: Schütze (Hrsg), Kommentar zum SGB X, 9. Aufl 2020, § 42 Rn 11 mwN). Bei der Entziehung der dem Kläger Ende 2011 erteilten belegärztlichen Sonderbedarfszulassung handelt es sich auch - wie unter Ziffer 3. bereits dargelegt - um eine idS gebundene Entscheidung; ein Ermessen hat dem Beklagten dabei nicht zugestanden. Die Vorschrift des § 42 S 2 SGB X begründet die Aufhebbarkeit des Beschlusses ebenfalls nicht. Sie gilt nur für Anhörungsfehler und kann auf die Akteneinsicht nicht entsprechend angewandt werden (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juli 2011 - L 22 R 1181/10; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. November 2005 - L 10 KA 29/05 - beide juris; vgl auch Bayerisches LSG, Urteil vom 17. Mai 2010 - L 14 R 486/10 - juris).

c) In der Sache ist die Entziehung der dem Kläger im Dezember 2011 erteilten belegärztlichen Sonderbedarfszulassung ebenfalls nicht zu beanstanden. Insbesondere ist der Berufungsausschuss zutreffend davon ausgegangen, dass zum Zeitpunkt seiner Verwaltungsentscheidung eine der Voraussetzungen für die Erteilung der Sonderbedarfszulassung - die vom Kläger ernsthaft beabsichtigte belegärztliche Tätigkeit - nicht (mehr) vorgelegen hat (§ 95 Abs 6 SGB V).

aa) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass vor der Erteilung einer belegärztlichen Sonderbedarfszulassung von den Zulassungsgremien ua eine Missbrauchskontrolle durchzuführen ist (grundlegend: BSG SozR 3-2500 § 103 Nr 6; SozR 4-2500 § 103 Nr 5). Hintergrund ist, dass die über die Belegarzt-Regelung in § 103 Abs 7 SGB V eingeräumte Möglichkeit, in überversorgten Bedarfsplanungsbereichen auch nicht niedergelassenen Ärzten die Ausübung einer in ihrem Umfang unbeschränkten vertragsärztlichen Tätigkeit zu ermöglichen, erkennbar in einem Spannungsverhältnis zur Bedarfsplanung für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung nach § 99 SGB V steht. Wegen der daraus resultierenden Subsidiarität der belegärztlichen Sonderbedarfszulassung muss von den Zulassungsgremien vor der Zulassungserteilung sichergestellt werden, dass das Unterlaufen von bedarfsplanerischen Zulassungsbeschränkungen nicht der eigentliche Beweggrund für den Abschluss eines Belegarztvertrags ist, die belegärztliche Tätigkeit also nur pro forma ausgeübt werden soll und gegenüber der (nach der Zulassungserteilung) möglichen vertragsärztlichen ambulanten Tätigkeit faktisch völlig in den Hintergrund tritt. Dabei lässt sich zwar nicht generell festlegen, anhand welcher Kriterien zwischen einer ernsthaft beabsichtigten belegärztlichen Tätigkeit und einer Umgehung der vertragsärztlichen Bedarfsplanungsvorgaben abgegrenzt werden kann. Allerdings kommt bei der vorgelagerten Missbrauchskontrolle durch die Zulassungsgremien dem Umstand, in welchem Umfang die Rahmenbedingungen an dem jeweiligen Krankenhaus überhaupt eine belegärztliche Tätigkeit zulassen, eine maßgebliche Bedeutung zu. Deshalb ist vorrangig zu prüfen, wie viele Belegbetten dem die belegärztliche Sonderbedarfszulassung beantragenden Arzt tatsächlich zur Verfügung stehen, ohne dass sich insoweit eine feste Untergrenze bestimmen lässt. Ggf können von den Zulassungsgremien deshalb auch weitere Kriterien bei der Beurteilung, ob eine belegärztliche Tätigkeit ernsthaft beabsichtigt ist, herangezogen werden.

Bei dieser Missbrauchskontrolle steht den Zulassungsgremien im Übrigen kein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu. Die Gesichtspunkte, die das BSG veranlasst haben, im Zusammenhang mit der Beurteilung eines Versorgungsbedarfs sonst einen solchen Spielraum zuzubilligen, liegen hier nicht vor. So sind die von den Zulassungsgremien bei der Missbrauchskontrolle zu beurteilenden Umstände entweder objektiver Art - wie die dem Belegarzt zur Verfügung stehenden Belegbetten - oder halten sich - wie die Frage einer möglicherweise missbräuchlichen Nutzung der belegärztlichen Sonderbedarfszulassung - im Grenzbereich tatsächlicher bzw rechtlicher Erwägungen (vgl zu alledem BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 5 Rn 24 ff mwN).

bb) Für den Zeitraum nach der Erteilung einer belegärztlichen Sonderbedarfszulassung bis zur Aufhebung der Beschränkung iS von § 103 Abs 7 S 3 SGB V kann nichts anderes gelten. Denn aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Vorgabe in § 95 Abs 6 SGB V ("Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen ( ) nicht mehr vorliegen") ist von den Zulassungsgremien ggf auch nach der Erteilung einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu klären, ob die Voraussetzungen für die damalige Entscheidung auch im Anschluss daran weiterhin Bestand haben. Für die dem Kläger im Dezember 2011 erteilte belegärztliche Sonderbedarfszulassung hat das zur Folge, dass die damals vom Zulassungsausschuss aufgrund der dem Kläger zur Verfügung stehenden Anzahl an Belegbetten (bis zu 15) zu Recht angenommene ernsthafte Absicht zur Ausübung einer belegärztlichen Tätigkeit - als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal für die Erteilung der Sonderbedarfszulassung - auch im Zeitraum zwischen dem Quartal I/2015 und dem Quartal IV/2017 (zu dem der Kläger in den Schreiben vom 19. Januar 2018 und 16. April 2018 angehört worden ist) noch vorgelegen haben muss.

cc) Bei Berücksichtigung dieser Maßgaben ist der Berufungsausschuss zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung im Oktober 2018 aber zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger eine Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit nach § 121 Abs 2 SGB V nicht mehr ernsthaft beabsichtigt hat. Zwar haben dem Kläger als Belegarzt durchgehend 15 Belegbetten im Krankenhaus der Beigeladenen zu 8. zur Verfügung gestanden; allerdings stellt die Anzahl der Belegbetten nur eines von mehreren Beurteilungselementen dar, um festzulegen, ob die belegärztliche Tätigkeit nur pro forma ausgeübt wird und faktisch völlig gegenüber der vertragsärztlichen Tätigkeit in den Hintergrund getreten ist (vgl hierzu BSG aaO, Rn 43 mwN). So kann etwa trotz einer für sich genommen ausreichenden Anzahl an Belegbetten eine missbräuchliche Nutzung der belegärztlichen Sonderbedarfszulassung vorliegen, wenn der Belegarzt über einen längeren Zeitraum so gut wie ausschließlich vertragsärztliche Behandlungen durchführt, ohne aus gesundheitlichen oder sonstigen in der Person liegenden schwerwiegenden Gründen an der Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit gehindert zu sein. Bei einem derartigen (Miss-)Verhältnis zwischen vertrags- und belegärztlicher Tätigkeit kann ersichtlich nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Ernsthaftigkeit der Belegarzttätigkeit weiterhin durch die zwar ausreichende Anzahl, im Ergebnis aber weitestgehend ungenutzten Belegbetten noch indiziert wird.

dd) Eine solche Konstellation liegt hier auch vor. Zwischen den Quartalen I/2015 und IV/2017 hat der Kläger insgesamt 76 Patienten belegärztlich und 14.891 Patienten vertragsärztlich behandelt; damit entspricht der belegärztliche Behandlungsumfang lediglich 0,51 vH der im selben Zeitraum vom Kläger erbrachten vertragsärztlichen Tätigkeit. Umgerechnet auf die dem Kläger vom Krankenhausträger zur Verfügung gestellten 15 Belegbetten entspricht das bei ca 6 belegärztlichen Patienten im Quartal und einer regelmäßigen Behandlungsdauer von 1 bis 3 Tagen, dass im Durchschnitt nur alle zwei Wochen ein Patient vom Kläger belegärztlich behandelt worden ist. Vor diesem Hintergrund besteht kein Zweifel daran, dass der Kläger in den Jahren 2015 bis 2017 fast ausschließlich vertragsärztlich tätig gewesen und eine ernsthaft beabsichtigte belegärztliche Tätigkeit nicht einmal ansatzweise zu erkennen ist.

Aber selbst wenn man zugunsten des Klägers ausschließlich auf den Zeitraum abstellen würde, ab dem er seinen belegärztlichen Behandlungsumfang gesteigert hat (beginnend mit dem Quartal IV/2016 mit 13 belegärztlichen Behandlungsfällen), ergäbe sich daraus keine andere Bewertung. Zwischen den Quartalen IV/2016 bis II/2018 hat der Kläger insgesamt 107 Patienten belegärztlich und 7.236 Patienten vertragsärztlich behandelt und damit seinen belegärztlichen Behandlungsumfang im Vergleich zur vertragsärztlichen Tätigkeit nicht einmal um einen Prozentpunkt (auf 1,48 vH) gesteigert. Umgerechnet entspricht das ca 15 Belegarzt-Patienten im Quartal und - wiederum bei einer regelmäßigen Behandlungsdauer von 1 bis 3 Tagen - einer Auslastung der vom Krankenhausträger zur Verfügung gestellten 15 Belegbetten von deutlich weniger als einem Bett in der Woche.

Der sich danach aufdrängende Eindruck, dass der Kläger ab dem Quartal I/2015 die ihm zuvor erteilte belegärztliche Sonderbedarfszulassung missbräuchlich (nämlich durch Unterlaufen der bedarfsplanerischen Vorgaben fast ausschließlich vertragsärztlich) genutzt hat, wird durch die Ausführungen der Beigeladenen zu 1. in dem Antwortschreiben vom 3. September 2020 auf die Sachanfrage des Senats noch bestärkt. Danach haben 2018 die neben dem Kläger belegärztlich tätigen Kardiologen im Durchschnitt über 100 Patienten im Quartal belegärztlich behandelt. Im selben Zeitraum hat der Kläger als Belegarzt lediglich etwas mehr als 18 Patienten im Quartal behandelt; das entspricht - trotz gesteigerter Behandlungsfallzahlen des Klägers - nicht einmal einem Fünftel des durchschnittlichen Behandlungsumfangs der Vergleichsgruppe. In Kombination mit den anhaltend hohen vertragsärztlichen Fallzahlen des Klägers ist deshalb vorliegend ersichtlich von einer pro forma ausgeübten, tatsächlich aber weiterhin gegenüber der vertragsärztlichen Tätigkeit fast vollständig in den Hintergrund tretenden belegärztlichen Tätigkeit auszugehen.

Unabhängig davon verdeutlicht auch der geringe belegärztliche Tätigkeitsumfang des Klägers in den Jahren 2012 bis Ende 2015 (in den Quartalen I/2013 bis IV/2015 sind von ihm insgesamt nur 6 Belegarztpatienten behandelt worden), dass er schon kurz nach der Erteilung der belegärztlichen Sonderbedarfszulassung keine ernsthafte Absicht zur Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit mehr gehabt hat. Es kann zudem nicht davon ausgegangen werden, dass sich an diesem Umstand in den Jahren ab 2016 etwas geändert haben könnte. So hat der Kläger den Umfang seiner belegärztlichen Tätigkeit ab dem Quartal IV/2016 (wie vorangestellt dargelegt) gerade im Verhältnis zu seiner vertragsärztlichen Tätigkeit nur geringfügig gesteigert, nachdem die beigeladene KVN interveniert hatte. Das spricht erkennbar dafür, dass er die belegärztliche Tätigkeit seit der Erteilung der belegärztlichen Sonderbedarfszulassung nur pro forma ausgeübt hat, um bedarfsplanerische Zulassungsbeschränkungen unterlaufen und im Wesentlichen als Vertragsarzt tätig sein zu können.

ee) Ferner ist nicht zu erkennen, dass der Kläger in den Jahren nach der Erteilung der belegärztlichen Sonderbedarfszulassung aus gesundheitlichen oder sonstigen in seiner Person liegenden schwerwiegenden Gründen an der Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit gehindert gewesen sein könnte. Aus dem dazu im Verwaltungsverfahren vorgelegten Arztbrief des Zentrums für Pneumologie + Neurologie F. vom 8. Dezember 2016 ergibt sich lediglich, dass der Kläger durch seine neurologische Erkrankung "in seiner ärztlichen Tätigkeit, auch im Herzkatheterlabor, ( ) derzeit" nicht eingeschränkt sei, Druckparesen nur bei bestimmten sportlichen und vom Kläger vorher einschätzbaren Betätigungen auftreten würden und im Übrigen letztmalig nach 2000 beim Kajakfahren aufgefallen seien. Demnach kann aus dem Arztbrief eine Erklärung dafür, weshalb der Kläger in den Jahren vor dem Quartal IV/2016 zwar hohe vertragsärztliche, aber nur minimale belegärztliche Behandlungsfallzahlen hat erbringen können, schon dem Grunde nach nicht hergeleitet werden. Darüber hinaus fehlt für den vom Kläger außerdem geltend gemachten Fahrradunfall mit Bandscheibenproblematik jeglicher Beleg; der Senat geht daher insgesamt von Schutzbehauptungen des Klägers aus, um das grobe Missverhältnis zwischen den Behandlungsfallzahlen in den beiden hier maßgeblichen Bereichen scheinbar plausibel erklären zu können. Dafür spricht auch, dass er allem Anschein nach von 2004 bis zur Erteilung der belegärztlichen Sonderbedarfszulassung als Assistenzarzt Ende 2011 in der kardiologischen Abteilung der Medizinischen Hochschule (MHH) in F. hat tätig sein können, ohne dass es in dieser Zeit zu nennenswerten Einschränkungen der ärztlichen Leistungsfähigkeit aufgrund seiner neurologischen Erkrankung gekommen ist.

Unabhängig davon hat der Kläger selbst in dem Zeitraum, in dem er die Folgen der neurologischen Erkrankung überwunden haben will (beginnend mit dem Quartal IV/2016), die belegärztliche Tätigkeit - wie vorangestellt unter Ziffer 3.c.dd dargelegt - weiterhin nur pro forma und damit missbräuchlich ausgeübt, um bedarfsplanerische Vorgaben zu unterlaufen. Insoweit kann hier letztlich dahingestellt bleiben, ob der Kläger in den Jahren davor aus gesundheitlichen Gründen an der Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit gehindert gewesen ist.

ff) Der Senat vermag sich ferner nicht der Annahme des Klägers anzuschließen, dass der Berufungsausschuss vorliegend das (Miss-)Verhältnis zwischen belegärztlicher und vertragsärztlicher Tätigkeit nicht anhand der Arztfallzahlen, sondern anhand der quotierten RLV-Fälle hätte berechnen müssen. Wie der Kläger selbst dargelegt hat, fließt der für die Berechnung erforderliche Tätigkeitsumfang des Klägers als Vertragsarzt nur in die quartalsbezogene Arztfallzahl in vollem Umfang ein. Allein darüber wird jede vertragsärztliche Behandlung des Klägers in Form eines Behandlungsfalls abgebildet, auch wenn die Behandlung des Patienten in der Berufsausübungsgemeinschaft des Klägers arbeitsteilig von mehreren Ärzten durchgeführt worden ist. Um ein vollständiges (bzw unverfälschtes) Bild über den vertragsärztlichen Behandlungsumfang des Klägers in Relation zu dessen belegärztlicher Tätigkeit zu erhalten, ist es deshalb sogar zwingend erforderlich, in die entsprechende Berechnung die jeweiligen Arztfallzahlen (und nicht die quotierten RLV-Fälle) einzubeziehen.

gg) Schließlich stellt der Entzug der dem Kläger im Dezember 2011 erteilten belegärztlichen Sonderbedarfszulassung keine unverhältnismäßige Reaktion auf deren über Jahre anhaltende missbräuchliche Nutzung dar. Insbesondere ist nicht zu erkennen, dass der Kläger in absehbarer Zukunft überhaupt bereit sein könnte, die belegärztliche Tätigkeit nicht nur pro forma, sondern ernsthaft auszuüben. So ist der Kläger bereits 2016 von der Beigeladenen zu 1. ohne einen nachhaltigen Erfolg aufgefordert worden, seine minimale Tätigkeit als Belegarzt aufzustocken. Im Anschluss hat der Kläger zwar in geringem Umfang mehr Patienten belegärztlich behandelt; wie vorangestellt dargelegt hat er dabei seine belegärztliche Tätigkeit im Verhältnis zur vertragsärztlichen Tätigkeit aber nicht einmal um einen Prozentpunkt gesteigert.

Daneben ist zu berücksichtigen, dass der Kläger im Dezember 2011 eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Sonderbedarfszulassung erhalten hat und dass diese Beschränkung spätestens nach "Ablauf von zehn Jahren" wegfällt (§ 103 Abs 7 S 3 Halbs 2 SGB V). Ein vorübergehendes Ruhen der Zulassung - als milderes Mittel gegenüber dem Entzug - könnte daher im Ergebnis zu einer unbeschränkt gültigen vertragsärztlichen Zulassung des Klägers in einem überversorgten Bedarfsplanungsbereich führen, obwohl nicht erkennbar ist, dass er zu irgendeinem Zeitpunkt in den zehn Jahren davor ernsthaft beabsichtigt hat, eine belegärztliche Tätigkeit auszuüben. Ein derart widersinniges Ergebnis wäre mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar.

Aus diesem Grund scheidet auch die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals angesprochene Alternative einer nur hälftigen Entziehung der belegärztlichen Sonderbedarfszulassung (die mit dem Zeitablauf ebenfalls zu einer unbeschränkt gültigen vertragsärztlichen (Teil-)Zulassung führen könnte) vorliegend aus.

Etwas anderes ergibt sich schließlich nicht aus dem von der Beigeladenen zu 8. angesprochenen Umstand, dass nach den Vorgaben in § 121 Abs 1 S 2 SGB V das kooperative Belegarztwesen - also die gemeinsame Behandlung von Patienten durch mehrere Belegärzte gleicher Fachrichtung - zu fördern ist (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 5). So lässt sich den Darlegungen im Schriftsatz vom 23. Oktober 2020 (auf Blatt 184 der Gerichtsakte) schon keine entsprechende Kooperation der in der Kardiologie am G. tätigen Belegärzte entnehmen. In dem Schriftsatz wird lediglich darauf hingewiesen, dass durch die Tätigkeit mehrerer Belegärzte an einem Krankenhaus mögliche Vakanzen in der belegärztlichen Versorgung zu Urlaubszeiten vermieden werden könnten. Daneben hat der Kläger weder geltend gemacht noch deuten die gegenüber dem BAG-Partner Prof. Dr. I. erkennbar unterschiedlichen belegärztlichen Fallzahlen darauf hin, dass der Kläger am G. Patienten gemeinsam mit anderen Belegärzten kardiologisch behandelt bzw behandelt hat. Entsprechend kann der im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gekommene Grundsatz, wonach im Interesse einer umfassenden Versorgung der Patienten in der Belegabteilung eines Krankenhauses mehrere Belegärzte (also mindestens zwei) miteinander kooperieren sollen, dem Entzug der dem Kläger erteilten belegärztlichen Sonderbedarfszulassung vorliegend auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden.

d) Vor diesem Hintergrund kann mit dem SG dahingestellt bleiben, ob die missbräuchliche Nutzung der dem Kläger im Dezember 2011 erteilten belegärztlichen Sonderbedarfszulassung auch eine den Entzug der Zulassung rechtfertigende gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten darstellt. Daran hat der Senat allerdings Zweifel: Zwar hat der Kläger nach der Erteilung der belegärztlichen Sonderbedarfszulassung keine ernsthafte Absicht zur Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit mehr gezeigt und insofern bedarfsplanerische Zulassungsbeschränkungen unterlaufen. Der damit einhergehende Verstoß gegen die vertragsärztliche Pflicht zur Einhaltung derartiger Beschränkungen wiegt aber nicht so schwer, dass deswegen das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und in die ordnungsgemäße Abrechnung der vom Kläger erbrachten vertragsärztlichen Leistungen nachhaltig gestört sein könnte (vgl zu alledem Clemens in: Schallen, Zulassungsverordnung, 9. Aufl 2018, § 27 Rn 26 ff). Insoweit kann vorliegend von einer "gröblichen" Pflichtverletzung des Klägers kaum ausgegangen werden.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iV mit den §§ 154 Abs 2 und 3, 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), sind nicht ersichtlich.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus der Anwendung von § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iV mit den §§ 47 Abs 1 S 1, 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG) und orientiert sich an dem Umfang der mit der belegärztlichen Sonderbedarfszulassung erstrebten Vergütung für einen (in Anlehnung an § 42 Abs 1 S 1 GKG maßgeblichen) Zeitraum von drei Jahren. Dazu ist zum einen auf die im Niedersächsischen Ärzteblatt (Nds ÄBl) veröffentlichten durchschnittlichen Einnahmen der Facharztgruppe der Kardiologen in Niedersachsen für die letzten vier Quartale vor Einlegung der Berufung - iHv insgesamt 325.564,36 Euro für 2019 (Nds ÄBl 2019, Heft 8, S 57; Heft 11, S 49; 2020, Heft 2, S 41; Heft 5, S 49) - abgestellt worden. Da keine Daten zu den durchschnittlichen Praxiskosten vorgelegen haben, hat der Senat zum anderen einen geschätzten Kostensatz von 50 vH herangezogen (vgl hierzu BSG, Beschluss vom 12. Oktober 2005 - B 6 KA 47/04 B).