Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 29.10.2020, Az.: L 8 SO 146/20 B
Einstellung der Gewährung eines Barbetrags bei stationärer Unterbringung; Berücksichtigung von Blindengeld
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 29.10.2020
- Aktenzeichen
- L 8 SO 146/20 B
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 50927
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 03.09.2020 - AZ: S 84 SO 294/19
Rechtsgrundlagen
- § 27b Abs. 2 SGB XII
- Art. 1 Abs. 1 GG
- Art. 20 Abs. 1 GG
Fundstelle
- ZfSH/SGB 2021, 164-166
Redaktioneller Leitsatz
1. Durch die Nichtgewährung des Barbetrages nach § 27b Abs. 2 SGB XII wird das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG) nicht verletzt.
2. Leistungen des Landesblindengesetzes und der Blindenhilfe können zumutbare Mittel zur Sicherung des Lebensunterhalts in stationären Einrichtungen sein.
Tenor:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 3. September 2020 wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein erstinstanzliches Klageverfahren, in dem die Einstellung der Gewährung des sog. Barbetrags bei stationärer Unterbringung ab März 2019 streitbefangen ist.
Die 1933 geborene, pflegebedürftige (zunächst Pflegegrad 3, ab Mai 2019 Pflegegrad 4) und schwerbehinderte (GdB 100, Merkzeichen G, RF) Klägerin bezog Mitte 2018 ein Einzelzimmer in der Pflegeeinrichtung "D." in E., für das ein monatliches Heimentgelt von 2.562,27 EUR zzgl. eines Komfortzimmerzuschlags von zunächst 600,00 EUR, später 300,00 EUR zu entrichten ist. Vor dem Einzug in die Einrichtung wohnte sie gemeinsam mit ihrem 1936 geborenen Ehemann in einer 71 qm großen Dreizimmerwohnung, für die ihr Ehemann (weiterhin) monatlich eine Grundmiete von 350,69 EUR zzgl. 66,60 EUR Betriebskosten sowie einen Abschlag für Wasser/Abwasser von 24,00 EUR zu zahlen hat; für eine Garage fällt zusätzlich ein Mietzins von 35,00 EUR an. Neben den an die Einrichtung gezahlten Pflegeleistungen (von monatlich 1.262,00 EUR bzw. ab Mai 2019 1.775,00 EUR) bezieht die Klägerin eine Altersrente der DRV Braunschweig-Hannover in monatlicher Höhe von 310,37 EUR ab Juli 2018 bzw. 324,28 EUR ab Mai 2019 (jeweils netto). Ihr Ehemann ist Bezieher einer Altersrente der DRV Braunschweig-Hannover mit einem monatlichen Zahlbetrag von 1.491,05 EUR ab Juli 2018 bzw. 1.536,47 EUR ab Juli 2019 sowie einer Rente der Bremer Straßenbahn AG von 442,49 EUR je Monat. Nachdem der Beklagte einen Vermögensstand der Eheleute im Juli 2018 von etwa 15.500,00 EUR (Giro- und Sparkonten) ermittelt hatte (Bl. 83 d. VA), teilte er der vertretungsbefugten Tochter der Klägerin (Generalvollmacht vom 24.3.2018) mit, dass das den Freibetrag von 10.000,00 EUR überschießende Vermögen (5.805,51 EUR) noch bis Oktober 2018 zur Deckung der Heimkosten ausreiche (Schreiben vom 13.9.2018).
Ab dem 1.11.2018 bewilligte er der Klägerin unter Anrechnung der Pflegeleistungen (1262,00 EUR) und eines Kostenbeitrags der Eheleute (811,64 EUR) Hilfe zur Pflege in monatlicher Höhe von 442,47 EUR sowie einen Barbetrag von 112,32 EUR je Monat (Bescheid des Beklagten vom 4.10.2018). Auf Grundlage der mit dem Einrichtungsträger geschlossenen Vereinbarungen (§ 75 SGB XII) berücksichtigte er hierbei Kosten für eine vollstationäre Pflege bei Pflegegrad 3 in Höhe von 2.403,79 EUR je Monat. Der auf die Übernahme der zusätzlichen Kosten für das Einzelzimmer der Klägerin u.a. wegen gesundheitlicher Gründe (Demenzerkrankung; vgl. Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin F., E., vom 20.12.2018) gerichtete Antrag hatte keinen Erfolg (Bescheid des Beklagten vom 10.12.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.4.2019).
Nachdem der Klägerin bereits im Januar 2019 Blindengeld nach dem Niedersächsischen Gesetz über das Landesblindengeld für Zivilblinde (Nds. BlindGeldG) für die Zeit ab Dezember 2018 in monatlicher Höhe von 187,50 EUR (wegen des stationären Aufenthalts der halbierte Betrag, vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nds. BlindGeldG) bewilligt worden war (Bescheid des Beklagten vom 22.1.2019), machte der Beklagte für die Zeit bis Februar 2019 (intern) einen Kostenerstattungsanspruch geltend und bewilligte der Klägerin ab 1.3.2019 Hilfe zur Pflege in monatlicher Höhe von 444,53 EUR, in dem er den Pflegeleistungen (1.262,00 EUR) und dem Kostenbeitrag der Eheleute (811,64 EUR) höhere Einrichtungskosten von 2.518,17 EUR gegenüberstellte (Bescheid des Beklagten vom 29.1.2019). Ein Barbetrag wurde wegen des Bezugs des Blindengeldes und des Ausschlusses nach § 72 Abs. 4 SGB XII nicht gewährt. Der hiergegen erhobene Widerspruch hatte in der Sache keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 23.4.2019).
Gegen die Einstellung des Barbetrages ab März 2019 richtet sich die am 16.5.2019 beim Sozialgericht (SG) Hannover erhobene Klage, für die die Klägerin PKH begehrt. Noch vor Klageerhebung hob der Beklagte die Bewilligung von Hilfe zur Pflege für die Zeit ab 1.12.2018 durch die Festsetzung eines Kostenbeitrages der Eheleute von 1051,76 EUR (zuvor 811,64 EUR) teilweise auf (Bescheid des Beklagten vom 25.4.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.6.2019), weil der Klägerin rückwirkend für die Zeit von Dezember 2018 bis November 2019 Wohngeld in monatlicher Höhe von 239,00 EUR bewilligt worden war (Bescheid der Gemeinde Weyhe vom 12.3.2019). Diese Entscheidung ist Gegenstand einer weiteren Klage beim SG (- S 84 SO 265/19 -). In der Folgezeit bewilligte der Beklagte der Klägerin auf gesonderten Antrag das Landesblindengeld aufstockende Blindenhilfe nach § 72 SGB XII für die Zeit ab 25.7.2019 in monatlicher Höhe von 182,46 EUR (Bescheid vom 7.8.2019) und setzte den von den Eheleuten zu entrichtenden Kostenbeitrag nach Vorlage aktueller Rentenbescheide für die Zeit ab Juli 2019 auf 857,37 EUR fest (Bescheid vom 12.9.2019). Die bewilligte Hilfe zur Pflege belief sich damit auf 89,22 EUR monatlich (vgl. den an den Einrichtungsträger gerichteten Kostenübernahmebescheid des Beklagten vom 12.9.2019). Wegen der Einstufung der Klägerin in den Pflegegrad 4 erkannte der Beklagte ab Mai 2019 Einrichtungskosten von nunmehr 3.031,35 EUR an und bewilligte ihr unter Berücksichtigung der Pflegeleistungen von 1775,00 EUR, eines Kostenbeitrages von 812,76 EUR sowie des Wohngeldes von 239,00 EUR Hilfe zur Pflege ab 1.5.2019 in monatlicher Höhe von 204,59 EUR (Bescheid des Beklagten vom 1.10.2019). Weitere Bewilligungsentscheidungen sind dem Senat nach Aktenlage nicht bekannt.
Das SG hat den Antrag auf PKH für das vorliegende Verfahren mit der Begründung abgelehnt, die Einstellung des Barbetrages ab März 2019 sei auf Grundlage des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu Recht erfolgt, weil durch die Bewilligung des Landesblindengeldes (Bescheid des Beklagten vom 22.1.2019) eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen eingetreten sei, die eine (Teil-)Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 4.10.2018 für die Zukunft (ab März 2019) rechtfertige (Beschluss des SG vom 3.9.2020). Durch den Bezug des Landesblindengeldes entfalle nämlich gemäß § 72 Abs. 4 Satz 3 und 1 SGB XII die Gewährung des Barbetrages nach § 27b Abs. 2 SGB XII, weil es sich bei dem Landesblindengeld um eine - gegenüber der Blindenhilfe nach § 72 SGB XII - gleichartige Leistung i.S. des § 72 Abs. 4 Satz 3 SGB XII handele.
Gegen die erstinstanzliche Ablehnung von PKH richtet sich die Beschwerde der Klägerin vom 30.9.2020. Sie macht geltend, dass die Einstellung des Barbetrages ab März 2019 wegen der Gewährung von Landesblindengeld in Höhe von (nur) 187,50 EUR je Monat, anstatt 375,00 EUR je Monat, rechtswidrig sei. Diese Leistungen hätten eine andere Zielrichtung als der Barbetrag für allgemeine Aufwendungen (z.B. Friseur, Fußpflege, Kosmetikartikel und Hygieneprodukte aller Art), weil sie dem Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen dienten z.B. für spezielle Kopfhörer zum Hören von Hörbüchern und Radio, ein Vorlesegerät, eine spezielle Uhr für Sehbehinderte, blindheitsbedingte Medikamente, eine Armbanduhr mit Zeitansage, Reisen und Besuche mit dem Behindertentaxi, Kosten für Begleitpersonen etc.
Der Beklagte hat von einer Stellungnahme abgesehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht (§ 173 SGG) eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere wegen der ab März 2019 zukunftsoffenen (Teil-)Aufhebung des mit Bescheid des Beklagten vom 4.10.2018 (zunächst) bewilligten Barbetrages in monatlicher Höhe von 112,32 EUR auch statthafte (§ 172 Abs. 1 und 3 Nr. 2 lit. b SGG i.V.m. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat den Antrag auf Gewährung von PKH zu Recht abgelehnt.
Gegenstand der (isolierten) Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) ist der Bescheid des Beklagten vom 29.1.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.4.2019 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte der Klägerin zum einen Hilfe zur Pflege für die Zeit ab März 2019 in monatlicher Höhe von 444,53 EUR bewilligt und zum anderen die Aufhebung des mit Bescheid vom 4.10.2018 bewilligten Barbetrags nach § 27b Abs. 2 SGB XII (hier bis 2019 i.d.F. vom 24.3.2011, BGBl. I 453 bzw. ab 1.1.2020 i.d.F. vom 23.12.2016, BGBl. I 3234) verfügt hat. Nach dem eindeutigen Klageantrag der anwaltlich vertretenen Klägerin (vgl. Klageschrift vom 15.5.2019: " aufzuheben, als darin die Zahlung des Barbetrages (Taschengeld) eingestellt wird.") richtet sich die Klage allein gegen die zuletzt genannte Aufhebungsentscheidung. Diese Beschränkung der Klage ist zulässig, weil der Barbetrag bei vollstationärer Unterbringung nach § 27b Abs. 2 SGB XII ein abtrennbarer Streitgegenstand ist (vgl. BSG, Urteil vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 10/06 R - juris Rn. 12 zu der bis 31.12.2010 geltenden Vorgängervorschrift § 35 Abs. 2 SGB XII i.d.F. vom 2.12.2006, BGBl. I 2670). Die Bewilligung von Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des SGB XII für die Zeit ab Dezember 2018 durch Bescheid des Beklagten vom 25.4.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.6.2019 und weitere (nach § 96 SGG einzubeziehende) Bescheide (u.a. vom 12.9. und 1.10.2019) ist Gegenstand des ebenfalls beim SG anhängigen Klageverfahrens (- S 84 SO 265/19 -), also auch die Frage, ob der Klägerin aufgrund der neueren Rechtsprechung des BSG zur Ermittlung der Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII (vgl. BSG, Urteil vom 30.4.2020 - B 8 SO 1/19 R - juris) oder wegen vom Beklagten bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Aufbringung der Mittel in einem angemessenen Umfang (vgl. §§ 87 Abs. 1, 88 Abs. 1 Satz 2, 92 Abs. 2 SGB XII) noch nicht berücksichtigter Einzelfallumstände ggf. höhere Leistungen zustehen.
Nach den zutreffenden Ausführungen des SG, auf die der Senat Bezug nimmt (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG), ist der Bescheid - soweit hier angefochten - rechtmäßig, weil der Beklagte nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X befugt gewesen ist, den Bewilligungsbescheid vom 4.10.2018 wegen einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtlage für die Zukunft teilweise aufzuheben. Die Entscheidung ergeht als gebundene ohne Ausübung von Ermessen (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Nach § 72 Abs. 4 Satz 3 SGB XII ist die Gewährung eines Barbetrages nach § 27b Abs. 2 SGB XII für blinde Menschen, die nicht Blindenhilfe (nach § 72 SGB XII), sondern gleichartige Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften erhalten, ausgeschlossen. Das SG hat zu Recht darauf abgestellt, dass Leistungen nach den Blinden- und Pflegegeldgesetzen der Länder gleichartige Leistungen in diesem Sinne sind (neben der vom SG zitierten Fundstelle vgl. auch Blüggel in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 72 Rn. 31). Der Ausschluss gilt nach § 72 Abs. 4 Satz 1 SGB XII (auch) bei einem Bezug von Blindenhilfe (nach § 72 SGB XII), im Falle der Klägerin aus diesem Grund also für die Zeit ab dem 25.7.2019 (Bescheid des Beklagten vom 7.8.2019). Die Auslegung nach dem Wortlaut der Norm, aber auch nach ihrem Sinn und Zweck, sowohl häusliche Pflegeleistungen nach dem SGB XII (außerhalb von stationären Einrichtungen) als auch den Barbetrag bei stationärer Unterbringung neben dem Bezug von Blindenhilfe oder gleichartiger Leistungen aus Gründen des Nachrangs auszuschließen, ist eindeutig (vgl. auch die Ausführungen des SG).
Durchgreifende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift, dass durch die Nichtgewährung des Barbetrages nach § 27b Abs. 2 SGB XII das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG) verletzt sein könnte, bestehen nicht. Der Beschwerde ist zwar zuzustimmen, dass die Blindenhilfe und auch das Landesblindengeld dem Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen dient (vgl. BVerwG, Urteil vom 6.9.1979 - 5 C 8/78 - juris zum Landesblindengeld in NRW). Der Zweck der im Vergleich mit dem Barbetrag nach § 27b Abs. 2 SGB XII (zur Vereinbarkeit der Höhe des Barbetrags mit dem GG vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.1.2019 - L 7 SO 2279/16 - juris Rn. 52 ff.; Revision beim BSG anhängig - B 8 SO 16/19 R -; vgl. im Übrigen auch Behrend in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 27b Rn. 24 f.) deutlich höheren Leistungen des Landesblindengesetzes und der (ggf. aufstockend gewährten) Blindenhilfe nach § 72 SGB XII (hier seit Ende Juli 2019 in monatlicher Gesamthöhe von ca. 370,00 EUR) spricht aber nicht zwingend gegen eine zumutbare Verwendung der Mittel (auch) zur Sicherung des Lebensunterhalts in stationären Einrichtungen; die blindheitsbedingten und die nicht auf die Blindheit zurückzuführenden Bedarfe des täglichen Lebens sind nämlich nicht klar abgrenzbar. Durch das Blindengeld wird Blinden die Befriedigung laufender und immaterieller Bedürfnisse ermöglicht und die Gelegenheit eröffnet, sich trotz Blindheit mit der eigenen Umgebung vertraut zu machen, mit eigenen Mitteln Kontakt zur Umwelt zu pflegen und am kulturellen Leben teilzunehmen. Dabei bleibt es dem Blinden überlassen, welchen blindheitsbedingten Bedarf er mit dem Blindengeld befriedigen will. Art und Umfang des Bedarfs hängen auch von seinen persönlichen Wünschen ab. Ob der Blinde das Blindengeld tatsächlich bestimmungsgemäß verwendet, ist dabei nicht zu prüfen (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 20/06 R - juris Rn. 18).
Der besonderen Zweckrichtung des Blindengeldes wird u.a. durch die Privilegierung als anrechnungsfreie zweckbestimmte Einnahme nach § 83 Abs. 1 SGB XII und - soweit angespart - als Vermögen nach § 90 Abs. 3 SGB XII (BSG, a.a.O., Rn. 15 ff.) Rechnung getragen. Hinzu kommt, dass bei der Einkommensberücksichtigung nach §§ 85 ff. SGB XII - wie bereits angedeutet - besonderen Einzelfallumständen im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung in besonderer Weise Rechnung getragen werden kann. Dies gilt unter Umständen auch für die Klägerin wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen (Pflegebedürftigkeit nach einem Pflegegrad 4, Demenzerkrankung, Blindheit) und ihren Ehemann. Im Übrigen stehen die Blindenhilfe bzw. das Landesblindengeld gleichrangig neben Leistungen der Eingliederungshilfe, die zusätzlich erbracht werden können (seit 1.1.2020 ausdrücklich § 72 Abs. 6 SGB XII i.d.F. vom 23.12.2016, BGBl. I 3191).
Da wegen des Ausschlusses des Barbetrages nach § 27b Abs. 2 SGB XII allein lebensunterhaltssichernde Leistungen betroffen sind, vermögen andere Grundrechte neben dem Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, wie zum Beispiel Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 6 Abs. 1 GG, keine weiteren Maßstäbe zu setzen (vgl. BVerfG v. 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - juris Rn. 145, 133; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.1.2019 - L 7 SO 2279/16 - juris Rn. 52 ff.; a.A. noch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.9.2009 - OVG 6 N 36.08 - zur Vereinbarkeit des § 72 Abs. 4 SGB XII mit dem Benachteiligungsverbot für behinderte Menschen nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG; zum Verhältnis der Grundrechte aus Art. Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG und Art. 3 GG vgl. auch Frerichs in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 3 AsylbLG Rn. 68 f.). Soweit ersichtlich, wird die Verfassungsmäßigkeit der Nachrangregelung des § 72 Abs. 4 SGB XII in Rechtsprechung und Literatur auch nicht ernsthaft in Zweifel gezogen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.