Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 14.03.2013, Az.: 32 Ss 125/12
Öffentlicher Aufruf zur Begehung von Straftaten (Castorschottern)
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 14.03.2013
- Aktenzeichen
- 32 Ss 125/12
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 40626
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2013:0314.32SS125.12.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Lüneburg - 18.06.2012 - AZ: 14 Cs 37/12
Rechtsgrundlagen
- § 111 Abs. 1 StGB
- § 316b Abs. 1 Nr. 1 StGB
Fundstellen
- JuS 2014, 463
- Life&Law 2013, 664-666
- MMR 2013, 8-9
- MMR 2013, 548
- NJW-Spezial 2013, 281
- NStZ 2013, 720-722
Redaktioneller Leitsatz
1. Die Äußerung, eine Straftat sei begrüßenswert, erwünscht, notwendig oder unvermeidbar, ohne eine Verknüpfung mit einer deutlichen, unmittelbaren Motivierung und einem appellativ-imperativen Erklärungscharakter zur Begehung einer zeitlich und örtlich bestimmten Straftat stellt lediglich eine Befürwortung von Straftaten dar, die den Tatbestand des § 111 StGB noch nicht erfüllt.
2. Von einer öffentlichen Aufforderung zu Straftaten ist jedoch dann azuszugehen, wenn der Aufruf für einen unvoreingenommenen Dritten als ernst gemeinter Appell zu verstehen, an einem bestimmten Tattag und an einem bereits festgelegten Tatort die in dem Aufruf näher bezeichnete strafbare Handlung zu begehen.
Tenor:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Lüneburg vom 18. Juni 2012 wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Angeklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgerichts Lüneburg hat den Angeklagten durch Urteil vom 18. Juni 2012 wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 40,00 EUR verurteilt.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts wurde im Jahre 2010 auf einer frei zugänglichen Internetseite ("www.castor2010.org") schriftlich und bildlich dazu aufgefordert, die Schienenstrecke ins Wendland, die für den Castor-Transport im November 2010 benötigt wurde, durch Entfernen von Schottersteinen aus dem Gleisbett in ihrer Standfestigkeit so zu beeinträchtigen, dass die Strecke unbefahrbar wird. Diese Aktion wurde als "Schottern" bezeichnet. Ziel sollte es sein, den Castortransport aufzuhalten und zu stoppen.
Auf der Internetseite hieß es u.a. wie folgt:
"(...) Auf einmal macht es Klick und es geht los. Der Widerstand gegen Atommülltransporte ins Wendland ist so ein Kristallisationspunkt: hier wird Energiepolitik verhandelt, der Streit um ein anderes, besseres Leben ausgetragen. Hier seid Ihr alle gefragt (...)
Gemeinsam mit Euch, zusammen mit Hunderten, Tausenden von Menschen, wollen wir in der Aktion Castor Schottern! Steine aus dem Gleisbett räumen, wenn der nächste Transport mit Castoren ins Wendland rollt. Damit die guten Argumente gegen die Nutzung der Atomenergie gesellschaftlich wirksam werden, müssen wir zuweilen in mühevoller Handarbeit intervenieren (...)
Wir denken, es ist an der Zeit, die eingefahrenen Wege massenhafter Blockaden noch einen Schritt weiter zu gehen. Dafür wünschen wir uns viele mutige und entschlossene Mitstreiter/Innen. Wenn der Castor rollt, wird es konkret. Dann haben wir Gelegenheit, unsere Interessen selber in die Hand zu nehmen: Dann sagen wir nicht mehr: Ich will nicht, dass der Transport fährt. Dann sorgen wir dafür, dass er nicht rollen kann.
Unsere Aktion: Schottern.
Mit Hunderten, Tausenden von Menschen, die aus unterschiedlichsten politischem und sozialem Alltag kommen, werden wir am Transporttag auf die Schienenstrecke gehen. Wir sind entschlossen, massenhaft den Schotter aus dem Gleisbett zu entfernen, also die Gleise zu unterhöhlen und sie damit für den Atommüllzug unbefahrbar zu machen. Wir wählen für die Aktion einen Schienenabschnitt, an dem an diesem Tag kein Zugverkehr außer dem Castortransport stattfindet (...)
Ziel unserer Aktion ist es, die Schiene unbrauchbar zu machen, und nicht, die Polizei anzugreifen. Unser wichtigster Schutz ist die massenhafte Beteiligung, unsere Vielfalt und Entschlossenheit: Während Hunderte oder Tausende Menschen die Schottersteine entfernen, werden andere durch den Einsatz körperschützender Materialien die Schotternden schützen. Wir bleiben so lange auf der Schiene, bis diese unbefahrbar ist (...)
Alle können sich beteiligen!
Damit unsere Aktion gelingt, wollen wir viele werden. In einer offensiven öffentlichen Kampagne wollen wir erreichen, dass die Legitimität dieser Aktion verständlich wird. Die Aktion soll für viele Menschen vorstellbar werden als Weiterentwicklung ihres bisherigen Protests und von vielen Menschen öffentlich unterstützt und mitgetragen werden. Wir wollen was bewegen, auch in den Köpfen der Menschen.
Was können alle tun?
Ihr macht Euch die Idee von "Castor Schottern" zu eigen. Mit Eurem (Gruppen)-Namen tragt Ihr die Absichtserklärung der Kampagne mit. Hier könnt Ihr unterzeichnen (Erklärung unterzeichnen) (...)."
Über einen Link konnte man sich mit seinem Namen in eine Liste unter der Seite "www.castor-schottern.org/erklaerung-unterzeichnen" eintragen. Auch die Eintragungen in dieser Liste waren frei zugänglich und für jedermann einsehbar.
Am 06. November 2010 hatten sich 1.780 Unterzeichner(innen) in die Liste eingetragen, darunter auch der Angeklagte. Er hatte zuvor den gesamten Text der Internetseite gelesen und sich auf der Liste bewusst eingetragen, um seinen Protest gegen die Nutzung der Kernenergie zum Ausdruck zu bringen und um die "Schotter-Aktion" zu unterstützen, wobei er nicht selbst "Schottern" wollte.
Nach Auffassung des Amtsgerichts hat sich der Angeklagte wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten strafbar gemacht. Mit dem Eintrag in die Unterschriftenliste sei ausdrücklich bezweckt gewesen, die Absichtserklärung mitzutragen, also andere zum "Schottern" aufzurufen.
Das Amtsgericht geht von einem Strafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren aus und stützt dies auf § 111 Abs. 2 StGB. Bei der Strafzumessung hat es zugunsten des Angeklagten gewertet, dass dieser bisher ein vorstrafenfreies Leben geführt und sich geständig eingelassen habe. Außerdem sei er nicht der Betreiber der Internetseite gewesen, sondern habe sich dem Aufruf nur angeschlossen. Schließlich wurde dem Angeklagten zugutegehalten, dass er aus einer menschlich und gesellschaftlich nachvollziehbaren Motivation heraus gehandelt habe, weil er ein gesamtgesellschaftliches Anliegen habe unterstützen wollen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt und geltend macht, der Tatbestand des § 111 StGB sei nicht verwirklicht, weil der Gesamtkontext der Absichtserklärung keine Aufforderung zu einer Straftat darstelle.
II.
Das als Sprungrevision gemäß § 335 Abs. 1 StPO zulässige Rechtsmittel des Angeklagten bleibt erfolglos.
1. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten gemäß § 111 Abs. 1, Abs. 2 StGB.
a) Der Angeklagte hat durch die Eintragung seines Namens in die Liste der Personen, welche sich die Idee des "Castorschotterns" zu eigen machen und die Absichtserklärung der Kampagne mittragen, zu einer Straftat - nämlich einer Störung öffentlicher Betriebe gemäß § 316 b Abs. 1 Nr. 1 StGB - aufgefordert.
aa) Unter einer Aufforderung i. S. des § 111 Abs. 1 StGB ist jede - auch konkludente - Kundgebung zu verstehen, die erkennbar darauf abzielt, die Aufgeforderten unmittelbar zur Begehung bestimmter rechtswidriger Straftaten zu motivieren (vgl. hierzu RGSt 4, 106, 108; BGHSt 32, 310, 311; OLG Karlsruhe NStZ 1993, 389 ff.; Bosch in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 111 Rdnr. 6; LK-Rosenau, StGB, 12. Aufl., § 111 Rdnr. 17; Fischer, StGB, 60. Aufl. § 111 Rdnr. 2 a ff.). Hierzu genügt jedoch nicht eine schlichte Information, eine politische Unmutsäußerung oder Provokation oder ein Anreizen im Sinne berechnender Stimmungsmache (so schon RGSt 47, 411 ff. und RGSt 63, 170 ff.). Ausreichend ist auch nicht die bloße Befürwortung von Straftaten, vielmehr ist eine hierüber hinausgehende bewusst-finale Einwirkung auf Andere mit dem Ziel erforderlich, in diesen den Entschluss zu bestimmten strafbaren Handlungen hervorzurufen (vgl. BGHSt 28, 312 ff.; BGHSt 32, 310 f.). Charakteristisch für eine Aufforderung i. S. von § 111 StGB ist, dass die Erwünschtheit des angesonnenen kriminellen Geschehens deutlich wird. Folglich muss die Äußerung Appellcharakter haben, also den Wunsch der Realisierung der Tat zum Ausdruck bringen (vgl. BayObLG NJW 1994, 396 ff.; OLG Karlsruhe aaO.; OLG Köln NJW 1988, 1102 ff.; Bosch in MüKo-StGB, aaO., § 111 Rdnr. 7; LK-Rosenau aaO. § 111 Rdnr. 18).
Ob einer Bekundung Appellcharakter zukommt, ist durch die Auslegung der Erklärung im Lichte des Grundrechts der freien Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG zu messen. Bei der Auslegung ist der Inhalt der Erklärung vor dem Hintergrund des gesamten Kontextes, in dem sie steht, mit zu berücksichtigen, namentlich kommt es auf das gesellschaftliche, soziale und politische Geschehen an (vgl. BVerfGE 93, 266, 297). Eine derart verfassungskonforme Auslegung darf nicht am Wortlaut der Äußerung verhaften, sich insbesondere nicht auf einzelne - wenn auch überpointierte - Formulierungen beschränken. Abzustellen ist vielmehr darauf, wie die Erklärung von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird (vgl. BGH NJW 2000, 3421 ff.). In die vorzunehmende Abwägung ist schließlich auch die Schwere der (drohenden) Beeinträchtigung der in Rede stehenden Rechtsgüter einzubeziehen.
bb) Gemessen an diesen Maßstäben ist gegen die rechtliche Bewertung der Erklärung des Angeklagten als Aufforderung i. S. von § 111 StGB nichts zu erinnern.
Der von dem Angeklagten mitunterzeichnete Aufruf hat die Schwelle von der Meinungsäußerung oder der bloßen Befürwortung von Straftaten zur strafrechtlich relevanten Aufforderung überschritten. Der BGH hat in langjährig gefestigter Rechtsprechung (vgl. BGHSt 28, 312 ff.; 32, 310 f.) immer wieder betont, dass die Äußerung, eine Straftat sei begrüßenswert, erwünscht, notwendig oder unvermeidbar, ohne eine Verknüpfung mit einer deutlichen, unmittelbaren Motivierung und einem appellativ-imperativen Erklärungscharakter zur Begehung einer zeitlich und örtlich bestimmten Straftat lediglich eine Befürwortung von Straftaten ist, die den Tatbestand des § 111 StGB nicht erfüllt (vgl. auch LK-Rosenau, § 111 Rdnr. 19). Um eine bloße Befürwortung von Straftaten handelt es sich indes bei dem von dem Angeklagten mitunterzeichneten Aufruf nicht. Dass es von den Unterzeichnern konkret erwünscht und ernstlich erstrebt wurde, dass es tatsächlich zum Entfernen von Gleisschotter aus der Gleisanlage kommt, ist bereits an der detaillierten Beschreibung der "Schotter-Handlung" (wörtlich und bildlich) ersichtlich. Der Aufruf richtet sich ganz gezielt auf eine reale Umsetzung des Angesonnenen. Formulierungen wie "Wir unterstützen bei der Organisation und Koordination" oder "Wenn Ihr es nicht schafft Euch vorher vorzubereiten, wird es auch im Wendland selbst in den Camps noch möglich sein, sich der Aktion anzuschließen" zeigen deutlich auf, dass der entscheidende Schwerpunkt der Erklärung nicht in der Mühe um Unterstützung im politischen Streit oder der Sensibilisierung bisher anders Denkender liegt. Der Aufruf ist vielmehr für einen unvoreingenommenen Dritten als ernst gemeinter Appell zu verstehen, an einem bestimmten Tattag und an einem bereits festgelegten Tatort die in dem Aufruf näher bezeichnete strafbare Handlung zu begehen. Die Erklärung erfüllt überdies das Erfordernis, eine unbestimmte Vielzahl von Personen unmittelbar zur Begehung bestimmter rechtswidriger Taten zu motivieren (vgl. hierzu OLG Stuttgart NStZ 2008, 36 ff. [OLG Stuttgart 26.02.2007 - 4 Ss 42/07]; OLG Karlsruhe aaO.; Bosch in MK-StGB, § 111 Rdnr. 6; LK-Rosenau, § 111 Rdnr. 18). Es handelt sich um eine realisierbare Handlungsanweisung an die Adressaten der Erklärung, welche - als unmittelbare Konsequenz der Aufforderung - im Sinne einer Tathandlung umgesetzt werden kann. Indem der Aufruf unmissverständlich klarstellt, dass die Aktion im Rahmen des Castortransports im November 2010 stattfinden und eine Beteiligung auch noch von den Camps im Wendland aus möglich sein soll, sind Tatzeit und Tatort - nämlich die Bahnstrecke zum Zwischenlager Gorleben - so konkret dargestellt, dass es des Vorliegens weiterer Bedingungen oder Voraussetzungen nicht mehr bedarf.
cc) Der rechtlichen Würdigung des Amtsgerichts steht es nicht entgegen, dass es sich bei der Erklärung im Internet um eine fremde, im Ursprung nicht vom Angeklagten stammende Erklärung handelt. Eine Aufforderung nach § 111 StGB ist nämlich auch dann anzunehmen, wenn der Täter unmissverständlich erkennen lässt, dass er sich die fremde Äußerung zueigen macht (vgl. BGHSt 36, 363 f.; BayObLG NJW 1998, 1087 f. [BGH 07.07.1997 - 5 StR 17/97]; OLG Frankfurt NStZ-RR 2003, 327 f.; Fischer § 111 Rdnr. 2 a; Schönke/Schröder-Eser, StGB, 28. Aufl. § 111 Rdnr. 3; LK-Rosenau, § 111 Rdnr. 26). Eine solche Zueigenmachung kann durch die Art und Weise der Wiedergabe der Erklärung, durch eine ausdrückliche Identifizierung mit der Äußerung, durch eine Zusatzerklärung oder Ähnliches erfolgen (LK-Rosenau § 111 Rdnr. 26). Mit der Eintragung seines Namens in der Liste "Unterzeichnung" hat der Angeklagte vor dem Kontext der Erklärung "Was können alle tun? Ihr macht Euch die Idee von Castorschottern zueigen. Mit Eurem Namen tragt Ihr die Absichtserklärung der Kampagne mit. Hier könnt Ihr unterzeichnen" nach außen hin für jedermann erkennbar unmissverständlich die fremde Äußerung sich zueigen gemacht.
Dadurch, dass nach den Feststellungen des Amtsgerichtes sowohl die Internetseite mit dem Aufruf als auch die Unterschriftenliste frei zugänglich und für jedermann sichtbar waren, sind die Voraussetzungen für eine eigene öffentliche Aufforderung des Angeklagten erfüllt. Soweit die Revision beanstandet, es habe keine tatsächliche und vor allem keine optische Verbindung zwischen der Erklärung und der Liste der sich diese Erklärung zueigen machende Personen gegeben, ist dies urteilsfremder Vortrag, mit dem der Beschwerdeführer im Revisionsverfahren nicht gehört werden kann.
dd) Der Angeklagte hat auch zu einer rechtswidrigen Tat aufgefordert. Die angesonnene Entfernung von Gleisschotter aus dem Gleisbett, bis dieses unterhöhlt und für den Castor-Transportzug unbefahrbar ist, stellt eine rechtswidrige Tat im Sinne einer Störung öffentlicher Betriebe gemäß § 316 Abs. 1 Nr. 1 StGB dar (OLG Celle, Urteil vom 12.08.2003 - 22 Ss 86/03 -; BVerfG Nds.Rpfl. 2006, 58 f.). Die Deutsche Bahn AG ist ein öffentliches Verkehrsunternehmen und die betroffenen Gleisanlagen dienen auch im Zeitpunkt des Castor-Transportes dem öffentlichen Verkehr. Dass die Gleise in diesem Zeitpunkt ausschließlich dem Castor-Transport zur Verfügung standen, ist lediglich eine vorübergehende besondere Nutzung, die die allgemeine Zweckbestimmung der Betriebsanlagen zum öffentlichen Verkehr nicht entfallen lässt (vgl. BVerfG Nds.Rpfl. 2006, 58 f.).
ee) Die Feststellungen des Amtsgerichtes tragen den Schuldspruch auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite. Zur Verwirklichung des § 111 StGB genügt nach ganz überwiegender Auffassung bedingter Vorsatz (OLG Frankfurt aaO.; LK-Rosenau § 111 Rdnr. 66, SK-Horn, § 111 Rdnr. 14; Fischer, StGB, § 111 Rdnr. 6). Die vereinzelte Ansicht, es sei eine Absicht hinsichtlich der zu begehenden rechtswidrigen Tat zu fordern (so aber Schönke-Schröder-Eser, § 111 Rdnr. 17), findet im Gesetz keine Stütze (LK-Rosenau § 111 Rdnr. 66; Fischer, StGB, § 111 Rdnr. 6). Das Amtsgericht ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund der Darstellung der Internetseite und ihrer vollständigen Lektüre durch den Angeklagten diesem bewusst war, dass der Aufruf öffentlich erfolgte und dass er sich mit seiner Eintragung in die Unterschriftenliste den Aufruf zueigen machte. Hierbei nahm er billigend in Kauf, dass seine Aufforderung ernst genommen wird, was gerade Zweck der Eintragung in die Unterschriftenliste war.
b) Rechtfertigungsgründe greifen zugunsten des Angeklagten nicht ein. Für eine Rechtfertigung nach § 34 StGB fehlt es jedenfalls daran, dass das vom Angeklagten gewählte Mittel - nämlich öffentlich zu einer Unterhöhlung von Gleisanlagen zu deren Unbrauchbarmachung aufzurufen - nicht als das relativ mildeste Mittel zur Abwendung der von der Atomkraft im Allgemeinen und von einem Castor-Transport im Besonderen ausgehenden Gefahren angesehen werden kann (vgl. auch LG Dortmund, NStZ-RR 1998, 139 ff.). Dem Angeklagten steht eine Vielzahl anderer Möglichkeiten zur Verfügung, seine Argumente gegen die Nutzung der Atomenergie und gegen die Durchführung des Transportes von Castoren in der Öffentlichkeit kundzutun und andere von seiner Meinung zu überzeugen, sei es auf politischem Wege, als Mitglied einer Institution, in der er seine Ziele vertreten sieht, oder durch die Teilnahme an einer Aktion mit demonstrativem Charakter, die nicht in die Rechtsgüter Anderer eingreifen.
Auch lässt sich ein Rechtfertigungsgrund nicht aus Art. 5 GG ableiten (vgl. LG Dortmund aaO.; LG Mainz NJW 2000, 2220 f.; LK-Rosenau § 111 Rdnr. 68; Bosch in MüKo-StGB § 111 Rdnr. 29). Die grundrechtlichen Garantien des Art. 5 GG haben vielmehr auf Tatbestandsebene ihre Berücksichtigung bei der verfassungskonformen Auslegung der Tatbestandsmerkmale und insbesondere des Merkmals der Aufforderung zu finden (vgl. BVerfGE 7, 198, 210 ff. [BVerfG 15.01.1958 - 1 BvR 400/51]; BVerfGE 93, 266, 297; Bosch in MüKo-StGB § 111 Rdnr. 29; LK-Rosenau § 111 Rdnr. 68). Dem hat der Senat Rechnung getragen (s. o.). Soweit das Amtsgericht das Vorliegen von Entschuldigungsgründen und eines Verbotsirrtums ausgeschlossen hat, ist dies ebenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Auch der Strafausspruch hält im Ergebnis sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
Das Amtsgericht ist - obwohl es nicht ausdrücklich festgestellt hat, dass die Aufforderung ohne Erfolg geblieben ist - von dem Strafrahmen des § 111 Abs. 2 StGB ausgegangen und hat hiernach einen Strafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren seiner Strafzumessung zugrunde gelegt und ausgeführt, dieser Strafrahmen sei nicht schwerer als derjenige, der für den Fall angedroht ist, dass die Aufforderung Erfolg hat. § 111 Abs. 2 StGB bestimmt aber nicht nur, dass der Strafrahmen der angesonnenen Tat in jedem Falle die Obergrenze bildet, sondern auch, dass dieser nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 zu mildern ist, sodass der Strafrahmen aus § 111 Abs. 2 Satz 1 keinesfalls über 3/4 des für die angesonnene Tat angedrohten Höchstmaßes hinaus ausgeschöpft werden darf (vgl. Schönke-Schröder-Eser, StGB § 111 Rdnr. 21 a. E. m. w. N.).
Das führt vorliegend dazu, dass statt der in § 316 b Abs. 1 StGB angedrohten Höchststrafe von 5 Jahren im Höchstmaß nur auf 3 Jahre und 9 Monate hätte erkannt werden können. Obwohl das Amtsgericht somit bei seiner Strafzumessung von einem unzutreffend bestimmten (oberen) Strafrahmen ausgegangen ist, begründet dies keinen durchgreifenden Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten. Der Senat vermag nämlich auszuschließen, dass das Amtsgericht bei Zugrundelegung des zutreffenden Strafrahmens eine noch mildere Strafe verhängt hätte als die erkannte Geldstrafe von 15 Tagessätzen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.