Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 13.03.2013, Az.: 32 Ss 41/13
Bildung einer Gesamtstrafe aus Freiheitsstrafen und Geldstrafen bei Verhängung nach § 41 StGB als zweite Hauptstrafe; Berücksichtigung von später entstandenen Umständen bei einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung gem. § 55 StGB
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 13.03.2013
- Aktenzeichen
- 32 Ss 41/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 34832
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2013:0313.32SS41.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover - 12.11.2012 - AZ: 223 Ds 128/12
Rechtsgrundlagen
- § 41 StGB
- § 53 StGB
- § 55 StGB
- § 266 Abs. 1 Alt. 1, 2 StGB
Fundstelle
- StV 2013, 513
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die Bildung einer Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafen kommt bei solchen Geldstrafen in der Regel nicht in Betracht, die nach § 41 StGB als zweite Hauptstrafe verhängt worden sind, weil dadurch eigenständige Strafzwecke verfolgt werden.
- 2.
Dies gilt uneingeschränkt aber nur bei gleichzeitiger Entscheidung über eine (Gesamt-)Freiheitsstrafe und einer daneben unter den Voraussetzungen von § 41 StGB festgesetzten Geldstrafe. Bei einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB müssen hingegen auch Umstände berücksichtigt werden, die erst später entstanden sind. Es ist daher im Rahmen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung zu prüfen, ob die Voraussetzungen von § 41 StGB noch vorliegen.
- 3.
Liegen die Voraussetzungen für eine gesonderte Geldstrafe gem. § 41 StGB im Zeitpunkt der nachträglichen Gesamtstrafenbildung nicht mehr vor, so kann diese Geldstrafe nicht mehr gesondert bestehen bleiben, sondern ist als Einzelstrafe in die neue Gesamtfreiheitsstrafe einzubeziehen.
In der Strafsache
gegen C. H.,
geboren am xxxxxx 1975 in D.,
wohnhaft S.straße, H.,
- Verteidiger: Rechtsanwalt T., H. -
wegen Untreue u.a.
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 12.11.2012 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxxxxx, den Richter am Oberlandesgericht xxxxxx und den Richter am Landgericht xxxxxx am 13. März 2013 einstimmig
beschlossen:
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hannover zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Hannover hat den Angeklagten am 12.11.2012 wegen Betruges "in einem besonders schweren Fall" und wegen Untreue "in einem besonders schweren Fall" in 4 Fällen schuldig gesprochen. Unter Auflösung der Gesamtstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Hannover vom 01.08.2011 und unter Einbeziehung der dort verhängten Einzelstrafen hat es den Angeklagten hierfür zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten und daneben zu einer Gesamtgeldstrafe von 600 Tagessätzen zu je 30 EUR verurteilt. Darüber hinaus hat das Amtsgericht den Angeklagten wegen Untreue "in einem besonders schweren Fall" in 2 Fällen und wegen Unterschlagung in 2 Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts lebt der Angeklagte von seiner Ehefrau getrennt und hat keine Kinder. Er ist gelernter Versicherungsfachmann und seit dem 12.09.2012 unbefristet bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt. Hierfür bezieht er ein monatliches Nettoeinkommen von 1.000 EUR. Der Angeklagte hat Schulden in Höhe von ca. 400.000 EUR und musste deshalb am 29.03.2012 die eidesstattliche Versicherung abgeben. Er beabsichtigt, mithilfe einer privaten Schuldnerberatung ein Insolvenzverfahren durchzuführen.
Strafrechtlich ist der Angeklagte erstmals mit den Taten in Erscheinung getreten, die dem einbezogenen Strafbefehl vom 01.08.2011 zugrunde lagen. Dort war der Angeklagte wegen gewerbsmäßigen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr unter Strafaussetzung zur Bewährung sowie daneben zu einer Gesamtgeldstrafe von 600 Tagessätzen zu je 30 EUR verurteilt worden.
Zur Sache hat das Amtsgericht im hiesigen Verfahren folgende Feststellungen getroffen:
1. Die Schwiegereltern des Angeklagten drängten im April 2011 auf Rückzahlung eines Betrages von 20.000 EUR. Da er das Geld nicht zur Verfügung hatte, eröffnete der Angeklagten ein Tagesgeldkonto bei der Bank of S. Am 26.04.2011 überwies er von seinem Referenzkonto bei der B. Sparkasse 17.000 EUR auf das Tagesgeldkonto. Zwei Tage später ließ er den genannten Betrag wieder vom Tagesgeldkonto auf das Referenzkonto rücküberweisen und widersprach der Lastschrift vom 26.04.2011. Infolgedessen wurden 16.900 EUR durch die Bank of S. rücküberwiesen, so dass der Angeklagte einschließlich des auf diese Weise unrechtmäßig erlangten Geldes 20.000 EUR an seinen Schwiegervater überweisen konnte.
2. Der Angeklagte verwaltete seit längerer Zeit die Finanzen der Geschädigten Kaufmann, die ihm vertraute und "entsprechende Vollmachten" ausgestellt hatte. Mittels vermeintlich von der Geschädigten herrührender Schreiben ließ sich der Angeklagte deren Postsendungen und Kontoauszüge an seine Adresse schicken. Auf diese Weise ließ der Angeklagte die Geschädigte über seine nachfolgenden Taten im Unklaren. Sie wurde hierauf erst aufmerksam, als ein Teil ihres Gehalts gepfändet wurde.
Am 16.09.2009 beantragte der Angeklagte bei der C.bank einen Kredit über 30.000 EUR auf den Namen der Geschädigten K. Der Betrag wurde auf sein Konto ausgezahlt. Abredewidrig verwendete der Angeklagte den Betrag zur Begleichung eigener Verbindlichkeiten. Nach einem Zivilrechtsstreit nimmt die Rechtsnachfolgerin der C.bank die Geschädigte aus diesem Kreditvertrag nicht mehr in Anspruch.
3. Am 24.09.2009 erwirkte der Angeklagte bei der B.-Bank auf den Namen der Geschädigten K. einen Nettokredit über 14.000 EUR. Der Kreditbetrag wurde auf das Konto der Geschädigten ausgezahlt. Der Angeklagte veranlasste die Geschädigte, davon 11.600 EUR auf sein Konto zu überweisen, die er abredewidrig für eigene Zwecke verwendete.
4. Am 09.11.2010 erwirkte der Angeklagte bei der e.C.-Bank auf den Namen der Geschädigten K. einen Kredit über 10.500 EUR. Der Betrag wurde dem Konto der Geschädigten gutgeschrieben. Hiervon buchte der Angeklagte am 02.12.2010 5.500 EUR auf sein Konto um, die er abredewidrig zur Tilgung seiner Schulden verwendete.
5. Am 09.07.2011 ließ sich der Angeklagte Rückerstattungsleistungen der D. für Rezepte und Arztbehandlungen der Geschädigten K. in Höhe von 724,31 EUR auf sein eigenes Konto erstatten und verwendete den Betrag ohne Wissen der Geschädigten für seine eigene Schuldentilgung.
6. Bei der Geschädigten Kl. wurde am 08.03.2011 eine unheilbare, innerhalb von 3 bis 5 Jahren tödlich verlaufende Krankheit diagnostiziert. Sie entschloss sich daher auch im Interesse ihres minderjährigen Sohnes, ihre finanzielle Situation von dem Angeklagten prüfen und optimieren zu lassen. Die Geschädigte stellte dem Angeklagten alle Unterlagen zwecks Durchsicht zur Verfügung und erteilte die "von ihm geforderten Vollmachten".
Der Angeklagte überredete die Geschädigte Kl. zur Kündigung einer Lebensversicherung bei der W. und zum Abschluss einer fondgebundenen Rentenversicherung mit vermeintlich besseren Tarifen. Die Geschädigte überwies im Juni 2011 5.000 EUR aus dem Auszahlungsbetrag der Lebensversicherung an den Angeklagten zwecks Einzahlung in vermeintlichen Fond. Der Angeklagte verwendete das Geld wie von vorneherein beabsichtigt zur Tilgung eigener Schulden. Der vermeintliche Fond existierte nicht.
Eine weitere Lebensversicherung der Geschädigten Kl. bei der W. kündigte der Angeklagte ohne Wissen der Geschädigten und ließ sich den Rückkaufswert in Höhe von 2.532,62 EUR im September 2011 auf sein Konto auszahlen. Auch dieses Geld verwendete der Angeklagte zur Tilgung eigener Schulden.
7. Zum 01.08.2011 kündigte der Angeklagte ohne Wissen der Geschädigten Kl. deren Rentenversicherungsvertrag bei der R. Versicherung, ließ sich den Auszahlungsbetrag von 2.256,86 EUR auf sein Konto auszahlen und verbrauchte das Geld für sich.
8. Am 25.01.2012 verkaufte der Angeklagte über die Internetplattform e. ein Mobiltelefon der Marke Apple iPhone 4s zum Preis von 439 EUR. Spätestens nach Überweisung des Kaufpreises entschloss er sich, das Telefon nicht zu übersenden, und verwendete das erhaltene Geld für sich.
9. Am 27.01.2012 veräußerte der Angeklagte erneut über e. ein Apple iPhone 4s, diesmal zum Preis von 473,90 EUR. Wiederum entschloss er sich nach Überweisung des Kaufpreises, das Telefon nicht zu übersenden, und verwendete das erhaltene Geld für sich.
Die Feststellungen des Amtsgerichts beruhen auf der geständigen Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung und den Angaben der Geschädigten.
Das Amtsgericht hat die Taten wie folgt rechtlich gewürdigt:
Tat 1: Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB,
Taten 2 bis 7 jeweils Untreue gemäß § 266 Abs. 1 1. Alt. StGB,
Taten 8 und 9 jeweils Unterschlagung gemäß § 246 Abs. 1 StGB.
Zu den Taten 1 bis 7 hat es festgestellt, dass der Angeklagten gewerbsmäßig handelte.
Das Amtsgericht hat auf Einzelstrafen zwischen 40 Tagessätzen zu je 30 EUR (Tat 5) und Freiheitsstrafe von 9 Monaten (Tat 2) erkannt. Aus den Einsatzstrafen für die Taten 1 bis 5 hat es unter Auflösung der Gesamtfreiheitstrafe und der Gesamtgeldstrafe aus dem Strafbefehl vom 01.08.2011 unter Einbeziehung der dort verhängten Einzelstrafen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten erkannt. Daneben hat es die im Strafbefehl zusätzlich verhängte und "in Rechtskraft erwachsene" Gesamtgeldstrafe von 600 Tagessätzen zu je 30 EUR aufrechterhalten. Aus den Einsatzstrafen für die Taten 6 bis 9 hat das Amtsgericht eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten gebildet.
Eine Aussetzung der Freiheitsstrafen zur Bewährung hat das Amtsgericht abgelehnt, da dem Angeklagten keine günstige Sozialprognose gestellt werden könne. U.a. sei zu berücksichtigen gewesen, dass sich der Angeklagte auch nach Eintritt der Rechtskraft des Strafbefehls vom 01.08.2011 durch die laufende Bewährung nicht von weiteren einschlägigen Taten habe abhalten lassen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt,
- 1.
das Verfahren in den Fällen 8 und 9 der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO einzustellen,
- 2.
den Schuldspruch des angefochtenen Urteils entsprechend § 354 Abs. 1 StPO dahingehend zu ändern, dass der Angeklagte wegen Betrugs in 2 Fällen und wegen Untreue in 6 Fällen schuldig ist,
- 3.
die zweite Gesamtfreiheitsstrafe gemäß § 354 Abs. 1a S. 2 StPO auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten herabzusetzen,
- 4.
die Revision im Übrigen gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
II.
Die Revision ist zulässig und hat - jedenfalls vorläufig - Erfolg.
a) Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten in sämtlichen Fällen nicht.
1. Fall 1 (Betrug zum Nachteil der Bank of S.)
Die Urteilsgründe enthalten bereits keine tragfähigen Feststellungen zur Täuschungshandlung des Angeklagten und einer hierauf beruhenden Irrtumserregung. Es erschließt sich dem Senat nicht, welche konkrete Person hier durch welche Erklärung des Angeklagten wie getäuscht worden sein und sich wie geirrt haben soll. So bleibt insbesondere unklar, welcher Lastschrift vom 26.04.2011 der Angeklagte widersprochen haben soll. Nach den Feststellungen erteilte er am 26.04.2011 keine Lastschriftermächtigung, sondern überwies 17.000 EUR von seinem Referenzkonto auf das Tagesgeldkonto. Darüber hinaus kann dem Widerspruch gegen eine Lastschriftabbuchung auch nicht ohne weiteres ein über die Rückforderung des abgebuchten Betrages hinausgehender, über die Berechtigung der Forderung täuschender Erklärungswert beigemessen werden. Jedenfalls soweit keine besonderen Umstände hinzutreten, enthält die Aufforderung zu einer Leistung nicht generell die Behauptung eines Anspruchs hierauf (vgl. BGH NJW 2001, 453 [BGH 08.11.2000 - 5 StR 433/00]). Feststellungen zum konkreten Inhalt des Widerspruchs des Angeklagten hat das Amtsgericht nicht getroffen. Ebenso wenig verhält sich das Urteil dazu, ob der Lastschriftwiderruf einem Bankmitarbeiter gegenüber erklärt oder diesem zur Prüfung vorgelegt wurde. Soweit der Widerruf allein durch einen Datenverarbeitungsvorgang erfolgte, käme allenfalls ein Computerbetrug gemäß § 263a StGB in Betracht. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist indes auch dies nicht erkennbar.
2. Fälle 2 bis 5 (Untreue zum Nachteil der Geschädigten K.)
Die Urteilsgründe lassen konkrete Feststellungen zum Inhalt der dem Angeklagten erteilten Vollmachten und der ihnen zugrunde liegenden Abreden mit der Geschädigten vermissen. Das Urteil verhält sich insbesondere nicht dazu, welche konkreten Befugnisse dem Angeklagten durch welche (schriftliche oder mündliche?) Erklärung der Geschädigten eingeräumt worden sind. Der Senat kann auf dieser Grundlage bereits nicht überprüfen, ob die in den Fällen 2 bis 5 festgestellten Handlungen des Angeklagten gegenüber der Geschädigten K. wirksam waren. Handlungen aber, die von der rechtsgeschäftlich eingeräumten Befugnis nicht umfasst sind, unterfallen nicht dem Missbrauchstatbestand. Denn dieser setzt voraus, dass der Täter die Differenz zwischen "rechtlichem Können" (im Außenverhältnis) und "rechtlichem Dürfen" (im Innenverhältnis) in einer zu Lasten des Opfers wirksamen Weise ausnutzt (vgl. Fischer, StGB, 60. Auflage, § 266 Rn. 25 m.w.N.).
Darüber hinaus ist es auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen nicht möglich, das Treueverhältnis zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten genau zu umgrenzen. Der Senat kann daher nicht überprüfen, ob die pauschal als "Verwaltung ihrer Finanzen" bezeichneten Rechte und Pflichten des Angeklagten die Kriterien einer Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 Alt. 1 und 2 StGB erfüllten.
Ferner steht die Feststellung, die Geschädigte sei auf die Taten des Angeklagten erst durch die teilweise Pfändung ihres Lohnes aufmerksam geworden, in unaufgelöstem Widerspruch zur Angabe, der Angeklagte habe die ausgezahlten Beträge in den Fällen 2 bis 4 "abredewidrig" verwendet. Der Angeklagte kann nicht gleichzeitig eine Abrede mit der Geschädigten über die Verwendung der Gelder getroffen und sie über die festgestellten Transaktionen im Unklaren gelassen haben. Zudem bleibt der Inhalt der "Abrede" im Dunkeln, sodass der Senat die Abredewidrigkeit auch nicht überprüfen kann.
Die Feststellungen zu Fall 5 lassen schließlich konkrete Ausführungen zur Tathandlung vermissen. Dass sich der Angeklagte Leistungen für Rezepte und Arztbehandlungen der Geschädigten auf sein eigenes Konto "erstatten ließ", vermag die Annahme einer Untreuehandlung nicht zu tragen. Das Urteil verhält sich nicht dazu, welche Erklärung der Angeklagte wem gegenüber abgab, ob er hierbei im fremden oder eigenen Namen, mit oder ohne Vertretungsmacht handelte und welche Abrede mit der Geschädigten zugrunde lag.
3. Fälle 6 und 7 (Untreue zum Nachteil der Geschädigten Kl.)
Auch die Feststellungen zu den Fällen 6 und 7 enthalten keine Angaben zum Inhalt der dem Angeklagten erteilten Vollmachten und der ihnen zugrunde liegenden Abreden mit der Geschädigten. Auf dieser Grundlage kann der Senat nicht überprüfen, ob die Handlungen des Angeklagten gegenüber der Geschädigten Kl. wirksam waren und welche konkreten Treuepflichten ihm oblagen.
Hinsichtlich der durch die Geschädigte vorgenommenen Überweisung von 5.000 EUR an den Angeklagten ist zudem nicht ersichtlich, worin dessen Missbrauchshandlung im Sinne des § 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB gelegen haben soll. Soweit das Urteil feststellt, die Geschädigte habe die Summe "zwecks Einzahlung in den vom Angeklagten genannten, vermeintlichen Fond" überwiesen, dürfte eher eine täuschungsbedingte Vermögensverfügung naheliegen. Das Urteil verhält sich indes nicht dazu, ob eine - und ggf. welche - konkrete Erklärung des Angeklagten die Geschädigte zur Überweisung des Geldes veranlasste. Auch wird nicht mitgeteilt, wann der Angeklagte das Geld erhalten und für sich verwendet hat. Nach den Feststellungen soll die Kündigung der ersten W.-Versicherung am 01.06.2011, die Auszahlung der Versicherungsleistung an die Geschädigte im Juni 2011 und deren Überweisung an den Angeklagten "sodann" erfolgt sein. Wann er das Geld erhielt und für sich verwendete, bleibt damit unklar. Der Feststellung eines konkreten Datums der Beendigung der Tat hätte es aber allein schon deshalb bedurft, weil das Amtsgericht bei der Bemessung der Rechtsfolgen von einer "Vollendung" der Tat nach Erlass des Strafbefehls vom 01.08.2011 ausgegangen ist (UA S. 16) und aus diesem Grund mit den dortigen Einzelstrafen keine Gesamtstrafe gebildet hat.
4. Fälle 8 und 9 (Unterschlagung nach E.-Verkauf)
Auch die Verurteilung wegen Unterschlagung in zwei Fällen kann keinen Bestand haben. Gegenstand der Unterschlagung können nur fremde bewegliche Sachen sein; Forderungen können nicht unterschlagen werden (vgl. Fischer, a.a.O., § 246 Rn. 3 m.w.N.). Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte die beiden Mobiltelefone noch nicht übereignet, so dass sie für ihn nicht fremd im Sinne des § 246 StGB waren. Hinsichtlich des überwiesenen Kaufpreises bestand zugunsten des Angeklagten lediglich ein Auszahlungsanspruch gegen seine Bank. Diese Forderung taugte nicht als Tatobjekt einer Unterschlagung.
Das angefochtene Urteil war daher mit den getroffenen Feststellungen insgesamt aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hannover zurückzuverweisen.
b) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat im Hinblick auf eine mögliche Einbeziehung der Strafen aus dem Strafbefehl vom 01.08.2011 auf folgendes hin:
aa) In den Fällen 7. und 9. wird ggf. ein Betrug zu prüfen sein, der zumindest im Fall 8. jedenfalls dann naheliegen könnte, wenn es sich jeweils um dasselbe Handy gehandelt hätte.
bb) Die Bildung einer Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafen kommt zwar bei solchen Geldstrafen in der Regel nicht in Betracht, die nach § 41 StGB als zweite Hauptstrafe verhängt worden sind, weil dadurch eigenständige Strafzwecke verfolgt werden (vgl. Leipziger Kommentar-Häger, 12. Auflage, § 41 Rn. 15; Schönke/Schröder-Stree/Sternberg-Lieben, StGB, 28. Auflage, § 53 Rn. 22/23 jeweils m.w.N.).
Dies kann uneingeschränkt aber nur gelten bei einer Gesamtstrafenbildung nach § 53 StGB, also bei gleichzeitiger Entscheidung über eine (Gesamt-)Freiheits-strafe und eine daneben unter den Voraussetzungen von § 41 StGB festgesetzten Geldstrafe. Bei einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB müssen hingegen auch Umstände berücksichtigt werden, die erst später entstanden sind, es kommt auf die Umstände zum Zeitpunkt der Gesamtstrafenbildung an (BGH NStZ-RR 2001, 368 [BGH 17.07.2001 - 4 StR 212/01]; BGH NJW 2003, 2841 [BGH 09.07.2003 - 2 StR 125/03]; vgl. auch Schönke-Schröder-Stree a.a.O. § 55 Rdnr. 39). Dies betrifft auch die Umstände zur Verhängung einer gesonderten Geldstrafe, es ist also im Rahmen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung zu prüfen, ob die Voraussetzungen von § 41 StGB noch vorliegen, ob also die Verhängung einer Geldstrafe neben einer Freiheitsstrafe unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eines Verurteilten noch in Betracht kommt. Liegen die Voraussetzungen für eine gesonderte Geldstrafe gem. § 41 StGB nicht mehr vor - und dafür sprechen die Feststellungen des angefochtenen Urteils zur Vermögenssituation des Angeklagten -, so kann diese Geldstrafe nicht mehr gesondert bestehen bleiben, sondern ist als Einzelstrafe in die neue Gesamtfreiheitsstrafe einzubeziehen.
Dies wirkt sich für einen Verurteilten auch keineswegs nachteilig aus, auch wenn er die Geldstrafe nun als Teil einer Gesamtfreiheitsstrafe zu verbüßen hat. Zunächst entspricht dieses Verfahren dem Regelfall einer Gesamtstrafenbildung von Freiheits- und Geldstrafen nach § 53 Abs. 2 Satz 1 StGB, zudem wäre eine gesonderte Geldstrafe im Falle ihrer Uneinbringlichkeit in voller Höhe zu verbüßen und hätte nicht teil an der zusammenfassenden Würdigung im Rahmen einer Gesamtstrafenbildung nach § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB. Bereits dies wirkt sich erheblich zugunsten eines Verurteilten aus. Hinzukommt, dass die im Falle der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe zu verbüßende Ersatzfreiheitsstrafe auch nach Verbüßung eines Teils nicht nach § 57 StGB aussetzungsfähig wäre, anders als eine Gesamtfreiheitsstrafe, in der die gesondert festgesetzte Geldstrafe berücksichtigt ist.