Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 25.03.2013, Az.: 1 Ws 57/13 (StrVollz)
Rückerstattung eines vom Hausgeldkonto des Gefangenen abgebuchten Betrages wegen Überzahlung durch Gutschrift auf das Hausgeldkonto
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 25.03.2013
- Aktenzeichen
- 1 Ws 57/13 (StrVollz)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 35079
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2013:0325.1WS57.13STRVOLLZ.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Oldenburg - AZ: 50 StVK 370/12
Rechtsgrundlagen
- § 116 Abs. 1 StVollzG
- § 45 Abs. 1 S. 2 NJVollzG
- § 46 Abs. 2 NJVollzG
- § 48 Abs. 1 NJVollzG
Fundstellen
- Rpfleger 2013, 475-476
- StraFo 2013, 304
- ZfStrVo 2014, 66
Amtlicher Leitsatz
Die Rückerstattung eines vom Hausgeldkonto des Gefangenen abgebuchten Betrages wegen Überzahlung ist wieder dem Hausgeldkonto gutzuschreiben.
In der Strafvollzugssache
des H. K.,
geboren am xxxxxx 1956 in D.,
zurzeit in der Justizvollzugsanstalt O.
- Antragstellers und Beschwerdeführers -
gegen die Justizvollzugsanstalt O.,
vertreten durch den Anstaltsleiter,
- Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin -
wegen Abbuchung vom Hausgeldkonto
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 1. kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Oldenburg vom 8. Januar 2013 nach Beteiligung des Zentralen juristischen Dienstes für den niedersächsischen Justizvollzug durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxxxxx, den Richter am Oberlandesgericht xxxxxx und den Richter am Oberlandesgericht xxxxxx am 25. März 2013
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit der Anfechtungsantrag gegen die von der Antragsgegnerin am 12. September 2012 vorgenommene Abbuchung des Betrages von 10,80 Euro vom Hausgeldkonto des Antragstellers zurückgewiesen worden ist.
- 2.
Die von der Antragsgegnerin am 12. September 2012 vorgenommene Abbuchung des Betrages von 10,80 Euro vom Hausgeldkonto des Antragstellers wird aufgehoben.
- 3.
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Hausgeldkonto des Antragstellers den Betrag von 10,80 Euro wieder gutzuschreiben.
- 4.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen.
- 5.
Die Kosten der Rechtsbeschwerde und des erstinstanzlichen Verfahrens sowie die dem Antragsteller hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Landeskasse zu zwei Dritteln zu tragen; im Übrigen trägt sie der Antragsteller.
- 6.
Der Streitwert wird auf bis zu 300,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller verbüßt derzeit eine Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt O. und wendet sich mit seiner Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Oldenburg vom 8. Januar 2013, mit dem sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 17. Oktober 2012 zurückgewiesen worden ist.
Nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer erhielt der Antragsteller, der Abonnent der N.-Zeitung ist und die Gebühren hierfür durch monatliche Zahlungen in Höhe von 28,70 Euro von seinem Hausgeldkonto begleicht, am 12. September 2012 eine Rückzahlung wegen zuviel gezahlter Abo-Gebühren in Höhe von 10,80 Euro. Der Betrag wurde zunächst seinem Hausgeldkonto gutgeschrieben und noch am selben Tag auf sein Eigengeldkonto umgebucht, von wo er aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die OFD Aurich abgeführt wurde. Am 5. Oktober 2012 beantragte der Antragsteller, den Betrag wieder seinem Hausgeldkonto gutzuschreiben. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit mündlich eröffneter Verfügung vom 11. Oktober 2012 ab.
Gegen die Umbuchung wandte sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 17. Oktober 2012, mit dem er zugleich beantragte, diese rückgängig zu machen. Darüber hinaus beantragte er, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn sowohl in diesem Verfahren als auch künftig, wenn er es beantragt, "maschinenschriftlich" zu bescheiden. Die Strafvollstreckungskammer hat mit Beschluss vom 8. Januar 2013 den Anfechtungsantrag gegen die Abbuchung vom Hausgeldkonto sowie den Antrag auf schriftliche Bescheidung im vorliegenden Verfahren als unbegründet, im Übrigen als unzulässig zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller "allumfassend" Rechtsbeschwerde erhoben. Er rügt sowohl die Verletzung materiellen Rechts als auch der gerichtlichen Aufklärungspflicht.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat zum Teil Erfolg.
1. Soweit der Anfechtungsantrag gegen die Abbuchung des Betrages von 10,80 Euro von dem Hausgeldkonto des Antragstellers als unbegründet zurückgewiesen worden ist, ist die Rechtsbeschwerde zulässig, weil es geboten ist, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung insoweit zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG).
Hinsichtlich der Verwerfung des Antrags auf maschinenschriftliche Bescheidung ist die Rechtsbeschwerde hingegen unzulässig, weil es nicht geboten ist, die Nachprüfung der Entscheidung insoweit zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG).
2. Soweit die Rechtsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Die angefochtene Entscheidung hält insoweit der Nachprüfung auf die in zulässiger Form erhobene Sachrüge nicht Stand. Denn entgegen der Ansicht der Strafvollstreckungskammer war die von der Antragsgegnerin am 12. September 2012 vorgenommene Abbuchung des Betrages von 10,80 Euro vom Hausgeldkonto des Antragstellers rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten.
Soweit die Strafvollstreckungskammer davon ausgeht, dass die Umbuchung vom Hausgeld- auf das Eigengeldkonto nach § 45 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 1 NJVollzG berechtigt war, weil der Antragsteller das Überbrückungsgeld bereits voll angespart hat und die Überweisung durch die N.-Zeitung weder unter den Katalog der als Hausgeld gutzuschreibenden Ansprüche nach § 46 Abs. 1 NJVollzG fiel noch als Überweisung eines zusätzlichen Geldbetrages auf das Hausgeldkonto im Sinne von § 46 Abs. 2 NJVollzG gekennzeichnet war, kann ihr nicht gefolgt werden.
Zwar ist es zutreffend, dass die Regelung des § 46 Abs. 2 NJVollzG nach dem Willen des Gesetzgebers dazu dient, eine Kompensation für den Wegfall der Lebensmittelpakete zu schaffen, die nach § 34 Abs. 1 Satz 2 NJVollzG nicht mehr erlaubt sind, und Dritten daher die Möglichkeit geben soll, einem Gefangenen einen Geldbetrag zukommen zu lassen, mit dem er in der Anstalt einkaufen kann und der der Pfändung nicht unterworfen ist (vgl. LT-Drucks. 15/4325 S. 22). Allerdings wurden auf Empfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen die ursprünglich im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen über das "besondere Eigengeld" (§ 47 Abs. 2 des Gesetzentwurfs, LT-Drucks. 15/3565) und den "Zusatzeinkauf" (§ 24 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzentwurfs, a.a.O.) nicht eingeführt und stattdessen aus Vereinfachungsgründen der Weg gewählt, dass Dritte eine Einzahlung auf das Hausgeldkonto vornehmen können (LT-Drucks. 15/4325 S. 22). Außerdem wurde mit § 46 Abs. 3 NJVollzG ganz bewusst darauf verzichtet, die Verfügungsbefugnis des Gefangenen über das Guthaben auf dem Hausgeldkonto - einschließlich der Zusatzbeträge nach § 46 Abs. 2 NJVollzG - auf den Einkauf zu beschränken; dieser wird in § 46 Abs. 3 NJVollzG nur beispielhaft besonders hervorgehoben, um den grundlegenden Unterschied zum Eigengeld zu verdeutlichen (LT-Drucks a.a.O.). Der Gefangene darf danach das Guthaben auf seinem Hausgeldkonto, für das nach dem Gesetz eine Obergrenze nicht besteht, auch für andere Zwecke nutzen, es zum Beispiel auch auf dem Hausgeldkonto ansparen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob Überweisungen oder Einzahlungen auf das Hausgeldkonto nur dann unter die Regelung des § 46 Abs. 2 NJVollzG fallen, wenn sie ausdrücklich als solche gekennzeichnet sind. Das Gesetz sieht eine solche Kennzeichnungspflicht jedenfalls nicht vor. Außerdem ist es fraglich, ob die Vollzugsbehörde eine nicht näher gekennzeichnete Überweisung oder Einzahlung auf das Hausgeldkonto eines Gefangenen, auf das noch nicht der nach § 46 Abs. 2 NJVollzG zulässige Höchstbetrag überwiesen oder eingezahlt worden ist, ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts auf das Eigengeldkonto umbuchen darf.
Diese Fragen können hier jedoch dahinstehen. Denn im vorliegenden Fall geht es nicht um die Bildung des Hausgeldes nach § 46 NJVollzG an sich. Vielmehr geht es um die Rückerstattung eines vom Hausgeldkonto des Antragstellers abgebuchten Betrages wegen Überzahlung. Darum handelte es sich nämlich nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer bei der Überweisung der N.-Zeitung. In einem solchen Fall ergibt sich schon aus der Natur der Sache, dass der rückerstattete Betrag wieder dem Hausgeldkonto gutzuschreiben ist. Anderenfalls würde jede Fehlabbuchung vom Hausgeldkonto einseitig zu Lasten des Gefangenen gehen, weil ihre Rückabwicklung sich nicht unter eine der Fallgruppen des § 46 NJVollzG subsumieren ließe. Dies wäre mit dem Zweck der §§ 45 ff. NJVollzG nicht vereinbar und würde das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot (vgl. BVerfGE 98, 169, 201) verletzen, weil dem Gefangenen ein Teil des unpfändbaren und zur freien Verfügung stehenden Entgelts für die von ihm geleistete Pflichtarbeit ohne sachlichen Grund entzogen würde.
Hiernach war der angefochtene Beschluss und, da die Sache spruchreif ist (§ 119 Abs. 4 Satz 2 StVollzG), auch die mit dem zulässigen Anfechtungsantrag angegriffene Abbuchung vom 12. September 2012 aufzuheben. Des Weiteren war die Antragsgegnerin auf den Antrag, die Umbuchung rückgängig zu machen, der sich als zulässiger Antrag auf Folgenbeseitigung gemäß § 115 Abs. 2 Satz 2 StVollzG darstellt, zugleich zu verpflichten, dem Hausgeldkonto des Antragstellers den Betrag von 10,80 Euro wieder gutzuschreiben, weil die Sache auch insofern spruchreif ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. Abs. 4 StVollzG i.V.m. § 473 Abs. 4 StPO.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 1 Abs. 1 Nr. 8, 63 Abs. 3 und 65 GKG.