Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.09.1986, Az.: 2 (11) Sa 1207/86

Zu einem Anspruch auf Bezahlung von Überstunden; Verhältnis einer kirchlichen Tarifordnung zur allgemeinen Arbeitszeitordnung; Auslegung der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR); Schlüssige Darlegung der geleisteten Arbeitszeit

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
24.09.1986
Aktenzeichen
2 (11) Sa 1207/86
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1986, 10626
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1986:0924.2.11SA1207.86.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Oldenburg - AZ: 1 Ca 1391/85

Verfahrensgegenstand

Forderung

In dem Rechtsstreit
hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 1986
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht und
den ehrenamtlichen Richter ... und
die ... ehrenamtliche Richterin
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1)

    Auf die Berufungen der Klägerinnen zu 1), zu 3) und zu 4) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg 1 Ca 1391/85 vom 11.03.1986 unter gleichzeitiger teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils des Arbeitsgerichts Oldenburg 1 Ca 1391/85 vom 12.11.1985 teilweise abgeändert. Die Berufung der Klägerin zu 2) wird insgesamt zurückgewiesen; die weitergehenden Berufungen der Klägerinnen zu 1). 3) und 4) werden zurückgewiesen.

  2. 2)

    Der Beklagte wird verurteilt,

    1. a)

      an die Klägerin zu 1) DM 824,57 brutto nebst 4 % p. a. Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 22.02.1985,

    2. b)

      an die Klägerin zu 3) DM 1.464,61 brutto nebst 4 % p. a. Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 22.02.1985 und s. Berichtigungsbeschluß vom 13. Januar 1987

    3. c)

      an die Klägerin zu 4) DM 2.505,38 brutto nebst 4 % p. a. Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 22.02.1985

    zu zahlen.

  3. 3)

    Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsrechtszugs nach einem wert von DM 6.999,45; hiervon entfallen auf die Klägerin zu 1) 8/70, zu 2) 17/70, zu 3) 20/70 und zu 4) 25/70.

  4. 4)

    Von den Kosten des 1. Rechtszugs tragen die Klägerinnen nach dem dort festgesetzten Streitwert alle die durch ihre Säumnis entstandenen Mehrkosten. Von den sonstigen Kosten tragen die Klägerin zu 1) 1/8, zu 2) 1/4, zu 3) 1/8. Im übrigen trägt der Beklagte die Kosten des 1. Rechtszugs.

  5. 5)

    Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten vor dem Hintergrund der Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit im Berufungsrechtszug noch darüber, ob den Klägerinnen für das Kalenderjahr 1984, hilfsweise für 1983 noch Ansprüche auf Bezahlung von Überstunden zustehen. Aus demselben Anlaß führen derzeit noch 15 andere Mitarbeiterinnen des Beklagten Rechtsstreite vor der 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen wegen Überstunden aus 1984.

2

Der Beklagte betreibt unter anderem das ... Es handelt sich um eine Schule für etwa 150 behinderte Kinder. Etwa 81 Schüler erscheinen morgens zum Unterrichtsbeginn und verlassen die Einrichtung täglich gegen 16.00 Uhr. Die anderen Kinder wohnen im Internat der Einrichtung. Ein Teil von ihnen ist dort in einer Dauerwohngruppe untergebracht, der andere Teil bewohnt das Internat nur in der Unterrichtszeit. Die Unterrichtszeiten und die Schulferien stimmen seit Jahren mit denen der staatlichen Schulen in Niedersachsen überein.

3

Der Beklagte beschäftigt in jener Einrichtung etwa 100 Arbeitskräfte, darunter ca. 30 Lehrkräfte für die Unterrichtserteilung. 10 therapeutische Mitarbeiter und 10 Mitarbeiter im Bereich Wirtschaft/Verwaltung. Alle anderen 50 Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen sind mit Aufgaben betraut, die im weitesten Sinn als pädagogische (erzieherische) und/oder pflegerische Aufgaben zu bezeichnen sind, darunter alle eingangs bezeichneten Klägerinnen.

4

Der dem Deutschen Caritasverband angehörende Beklagte hat mit allen angestellten Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen, darunter auch der Klägerinnen, die Geltung der "Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) in ihrer jeweils gültigen Fassung" vereinbart. Auf den Inhalt jener Richtlinien in der Fassung vom 01.08.1983 wird Bezug genommen (Abdruck in 2 Sa 776/86 LAG Nds.).

5

Die Klägerin zu 1) ... ist 1962 geboren. Seit dem 01.08.1981 ist sie beim Beklagten als Kinderpflegerin tätig und in der sogenannten Heimgruppe eingesetzt. Im Streitzeitraum richteten sich ihre Bezüge nach Vergütungsgruppe 8 AVR; der Stundensatz betrug DM 12,33 brutto, der Überstundenzuschlag 25 %.

6

Die Klägerin zu 2) - ... - ist 1957 geboren. Sie ist seit dem 01.09.1980 beim Beklagten als Sozialpädagogin eingestellt und innerhalb der Internatsgruppe mit der Leitung einer Gruppe von körperbehinderten Kindern und Jugendlichen betraut. Ihre Bezüge richteten sich im Streitzeitraum bis 31.08.1984 nach der Vergütungsgruppe 5 b AVR (Stundensatz DM 16,51, Überstundenzuschlag 20 %), ab 01.09.1984 nach Vergütungsgruppe 4 b AVR (Stundensatz DM 17,86, Überstundenzuschlag 15 %).

7

Die Klägerin zu 3) ... - ist 1955 geboren. Seit dem 16.04.1982 ist sie beim Beklagten als Heilpädagogin in der Heimgruppe beschäftigt. Im Streitzeitraum richtete sich ihre Vergütung nach Vergütungsgruppe 5 c AVR (Stundensatz DM 15,07, Überstundenzuschlag 25 %).

8

Die Klägerin zu 4) - ... - ist mindestens seit Anfang 1983 beim Beklagten in der Internatsgruppe tätig gewesen. Ihre Bezüge richteten sich nach Vergütungsgruppe 5 c AVR (Stundensatz DM 15,07, Überstundenzuschlag 25 %).

9

Während der gesetzlichen Schulferien für staatliche Schulen des Landes Niedersachsen fand auch 1984 beim Beklagten kein Schulunterricht statt. Die gesetzlichen Schulferien waren im Kalenderjahr 1984 in Niedersachsen wie folgt festgelegt:

Weihnachten(23.12.83) bis 07.01.
Ostern11.04. bis 30.04.
Pfingsten09.06. bis 12.06.
Sommer19.07. bis 29.08.
Herbst25.10. bis 03.11.
Weihnachten21.12. bis (05.01.85)
10

Wie in den Jahren zuvor hat der Beklagte den insbesondere durch die Schulferien (60 Arbeitstage) entstehenden Arbeitsausfall auch 1984 unter Berücksichtigung der Jahresurlaubsansprüche der Mitarbeiter nach § 13 AVR i. V. m. Anlage 14 hierzu in der Weise verteilt, daß er eine Jahresarbeitszeitmenge gebildet, hiervon die auf Erholungsurlaub entfallende Arbeitsmenge abgezogen und die verbleibende effektive Arbeitszeitmenge auf Arbeitswochen bzw. Doppelwochen verteilt hat. Derart ergaben sich Arbeitszeiten von 93,5 bis 97,5 Stunden in der Doppelwoche. Zuletzt hat der Beklagte in seiner als "Arbeitszeitvorgabe" bezeichneten schriftlichen Anordnung vom 18.04./30.06.1984, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Kop. Bl. 18 bis 20 in 1 Ca 2120/85 Arbeitsgericht Oldenburg = (ehedem) 11 Sa 790/86 LAG Nds.), nach prinzipiell gleicher Methode Arbeitszeiten vorgegeben, wonach (im Ergebnis) bei einem Urlaubsanspruch von 26 Tagen 45,8 Stunden pro Woche (91,6 Stunden pro Doppelwoche), bei einem Urlaubsanspruch von 29 Tagen 45,2 Stunden pro Woche (90,4 Stunden pro Doppelwoche) und bei einem Urlaubsanspruch von 30 Tagen 45 Stunden pro Woche (90 Stunden pro Doppelwoche) zu leisten waren. Dabei hat er die Arbeitszeit der sog. "Externen" und im Therapiebereich in der einen Woche auf Dienstag bis Samstag, in der anderen auf Montag bis Freitag, im Internat auf 11 Tage in der Doppelwoche (Montag bis Donnerstag bzw. Dienstag bis Freitag) festgelegt. In den Bereichen Heimgruppe/Dauerwohngruppe, Wirtschaft, Verwaltung hat er eine Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche bzw. 80 Stunden pro Doppelwoche angeordnet. Die beim Beklagten bestehende Mitarbeitervertretung i. S. des § 1 der "Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO)" vom 24.01.1977 (Abdrucke in Hülle Bl. 122 in 2 (11) Sa 795/86 LAG Nds.) ist an jenen Anordnungen nicht beteiligt worden.

11

Gemäß diesen Anordnungen haben auch die Klagerinnen seit Beginn ihrer Arbeitsverhältnisse beim Beklagten zumindest bis Ende 1984 gearbeitet. In (vollen) Arbeitswochen haben sie - von Ausnahmefallen abgesehen - stets mehr als 40 Stunden gearbeitet.

12

Die Klägerinnen haben im ersten Rechtszug gemeint, der Beklagte habe ihnen die jeweils in Doppelwochen über eine Arbeitszeit von 80 Stunden hinausgehenden Arbeitsstunden als Überstunden zu vergüten. Die Überstundenvergütung stehe ihr nach § 3 Abs. 2 der Anlage 6 zu den AVR zu, weil ein Abfeiern innerhalb des dort vorgesehenen Ausgleichszeitraumes nicht möglich gewesen sei. Ausgleichszeitraum seien der Monat, in welchem die Überstunden angefallen seien, und der nächstfolgende Monat. Es könne jedoch ein längerer Zeitraum vereinbart werden. Angesichts der jahrelangen Handhabe des Beklagten, zur Berechnung von Überstunden das Kalenderjahr zugrundezulegen, sei das Kalenderjahr als Ausgleichszeitraum stillschweigend vereinbart. Für die Berechnung der Überstunden dürfe der Beklagte aber nicht die Jahressollarbeitszeit zugrunde legen. Vielmehr seien nach den Bestimmungen der Arbeitszeitordnung Zeiträume von 2. Wochen zugrundezulegen. Bereits aufgrund der Arbeitszeitvorgabe des Beklagten seien Überstunden angefallen.

13

Soweit die vorgegebene Arbeitszeit überschritten worden sei, sei dies in Absprache mit der jeweiligen Gruppenleiterin geschehen, denen es der Beklagte überlassen gehabt habe, die Arbeitszeiten der Gruppenmitglieder im Einzelfall festzulegen. Auf die fehlende schriftliche Anordnung könne sich der Beklagte nicht berufen. Die Arbeitszeitkarten seien entsprechend der Anordnung des Beklagten aus dem Jahre 1982 Nachweis für die geleisteten Stunden.

14

Die Ausschlußfrist des § 23 AVR sei durch die schriftlichen Geltendmachungen vom 28.03.1984 für die Monate Januar und Februar 1984 und vom 21.02.1985 für das ganze Jahr 1984 gewahrt. Außerdem könne sich der Beklagte auf die Frist des § 23 AVR nicht berufen, weil er selbst eine Überstundenabrechnung auf Kalenderjahrbasis vornehme.

15

Sie haben behauptet, für im Jahr 1984 durch Freizeit ausgeglichene Überstunden aus dem Jahr 1983 seien noch folgende Überstundenzuschläge zu zahlen:

16

An die Klägerin zu 1) für 144,05 Stunden DM 444,03,

17

an die Klägerin zu 2) für 241,10 Stunden DM 796,11,

18

an die Klägerin zu 3) für 102,35 Stunden DM 385,60,

19

an die Klägerin zu 4) für 168,75 Stunden DM 635,76.

20

Als Vergütung einschließlich Zuschlägen für Überstunden im Jahr 1984 seien vom Beklagten noch zu zahlen:

21

An die Klägerin zu 1) für 61,10 Stunden DM 849,21.

22

an die Klägerin zu 2) für 77,75 Stunden DM 1.424,80.

23

an die Klägerin zu 3) für 123,95 Stunden DM 1.995,82,

24

an die Klägerin zu 4) für 139,15 Stunden DM 2.493,13,

25

wobei die Klägerin zu 2) wiederum für das ganze Jahr ein Stundensatz von DM 16,51 und ein Überstundenzuschlag von 20 % zugrunde gelegt werden müsse. Jene Stunden ergäben sich aus den Aufstellungen und dem Rechenwerk im Schriftsatz der Klägerinnen vom 23.12.1985 (Seiten 4, 5).

26

Auf den Antrag des Beklagten ist gegen alle 4 Klägerinnen am 12.11.1985 ein klageabweisendes Versäumnisurteil ergangen, das ihnen am 18.12.1985 zugestellt worden ist. Ihr Einspruch hiergegen ist am 24.12.1985 eingegangen.

27

Die Klägerinnen haben beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Versäumnisurteils zu verurteilen,

  1. 1)

    an die Klägerin zu 1) DM 1.293,24 nebst 4 % Zinsen seit dem 22.02.1985 zu zahlen,

  2. 2)

    an die Klägerin zu 2) DM 2.220,91 nebst 4 % Zinsen seit dem 22.02.1985 zu zahlen,

  3. 3)

    an die Klägerin zu 3) DM 2.381,42 nebst 4 % Zinsen seit dem 22.02.1985 zu zahlen.

  4. 4)

    an die Klägerin zu 4) DM 3.128,89 nebst 4 % Zinsen seit dem 22.02.1985 zu zahlen.

28

Der Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 12.11.1985 aufrechtzuerhalten.

29

Er hat die Klage für nicht schlüssig gehalten, die Leistung von Mehrarbeit bestritten und geltend gemacht, eine schriftliche Anordnung von Überstunden habe nicht vorgelegen. Außerdem seien die Ansprüche nach § 23 AVR verfallen, da die Klägerinnen ihre Ansprüche erstmals mit dem Schreiben vom 21.02.1985 geltend gemacht haben. Insgesamt schulde er den Klägerinnen die Klageforderungen nicht.

30

Das Arbeitsgericht hat durch sein Urteil vom 11.03.1986 das Versäumnisurteil vom 12.11.1985 aufrechterhalten, den Klägerinnen die weiteren Kosten des Rechtsstreits auf erlegt und den Streitwert auf DM 9.042,46 festgesetzt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Klage sei nicht schlüssig. Die Klägerinnen hätten im einzelnen darlegen müssen, wann genau sie welche Überstunden auf wessen Anordnung geleistet haben und welche Überstunden sie genau bezahlt haben wollten. Daran fehle es. Zeitkarten mit genauen Aufzeichnungen seien nicht vorgelegt worden. Trotz Erörterung im Termin am 12.11.1985 hätten die Klägerinnen ihr Vorbringen nicht ergänzt, wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

31

Gegen dieses ihnen am 03.06.1986 zugestellte Urteil haben die Klägerinnen am 02.07.1986 Berufung eingelegt. Ihre Berufungsbegründungsschrift ist am 01.08.1986 eingereicht worden. Die Klägerinnen haben mit der Berufungsbegründungsschrift erstmals Kopien ihrer Arbeitszeitkarten für die Monate Januar bis Dezember 1984 (Klägerinnen zu 1). 2) und 4) bzw. Januar bis Juni sowie August bis Dezember 1984 (Klägerin zu 3) vorgelegt, ferner Kopien von Arbeitszeitaufstellungen (Wochenstundenzahlen) des Beklagten mit handschriftlichen Bemerkungen der Klägerinnen. Auf jene Unterlagen (Hülle Bl. 94 d. A.) wird Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 24.09.1986 haben sie ferner eine Kopie des Geltendmachungsschreibens der beim Beklagten in ... bestehenden Mitarbeitervertretung vom 28.03.1984 nebst Anlagen vorgelegt, ferner die Kopie des Schreibens der Prozeßbevollmächtigten des Beklagten vom 26.07.1984. Auf den Inhalt jener Fotokopien (Anlage zum Protokoll vom 24.09.1986) wird Bezug genommen.

32

Mit ihrer Berufung begehren die Klagerinnen unter Wiederholung und Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Argumentation die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Überstunden und Überstundenzuschlägen für 1984, hilfsweise wollen sie ihr Begehren aber (noch) mit den aus ihrer Sicht vom Beklagten "anerkannten" und geschuldeten nicht abgefeierten Überstunden sowie darauf entfallende Zuschlage aus 1983 begründen. Hinsichtlich der tatsächlich geleisteten Stunden müsse sich der Beklagte an den Eintragungen in den Arbeitszeitkarten festhalten lassen, wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klagerinnen im zweiten Rechtszug, insbesondere auch wegen des Rechenwerks, wird auf die Schriftsätze der Klagerinnen vom 30.07, (Bl. 85 bis 93 d. A.), 02.09, (Bl. 101 bis 110 d. A.) und vom 15.09.1986 (Bl. 117 bis 120 d. A.) Bezug genommen.

33

Sie beantragen,

das angefochtene Urteil unter Abänderung des erstinstanzlichen Versäumnisurteils abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,

  1. 1.

    an die Klägerin zu 1) DM 849,21 nebst 4 % Zinsen seit dem 22.02.1985 zu zahlen,

  2. 2.

    an die Klägerin zu 2) DM 1.661,40 nebst 4 % Zinsen seit dem 22.02.1985 zu zahlen,

  3. 3.

    an die Klägerin zu 3) DM 1.995,82 nebst 4 % Zinsen seit dem 22.02.1985 zu zahlen,

  4. 4.

    an die Klägerin zu 4) DM 2.493,13 nebst 4 % Zinsen seit dem 22.02.1985 zu zahlen.

34

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

35

Er erklärt, den Zugang des Geltendmachungsschreibens nebst Anlagen vom 28.03.1984 nicht bestreiten zu wollen, und behauptet, für die Mitarbeit in der Ferienfreizeit sei mit den Klägerinnen zu 1) und 3) eine Pauschale von 150 Stunden ohne Überstundenvergütung vereinbart worden, für die teils vorher, teils nachher Freizeit gewährt worden sei. Die Überstundenaufzeichnungen der Klägerinnen seien unzutreffend. Überstunden seien vom Beklagten nicht angeordnet worden. Für die Klägerinnen zu 2) und 4) sei der Beklagte von einer durchschnittlichen regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 45,8 Stunden bei freien Schulferien ausgegangen, dies sei so mit den Klägerinnen vereinbart gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Beklagten im zweiten Rechtszug wird auf den Inhalt seines Schriftsatzes nebst Anlagen vom 08.09.1986 (Bl. 111 bis 115 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

36

Die Berufung ist zulässig, sie hat hinsichtlich der Klägerin zu 2) keinen, hinsichtlich der Klägerinnen zu 1) und 3) teilweise und hinsichtlich der Klägerin zu 4) in vollem Umfang Erfolg.

37

1.

Im ersten Rechtszug ist die Klage zwar nach dem damaligen Sachstand zu Recht abgewiesen worden. Nach dem ergänzenden Vorbringen der Klägerinnen im zweiten Rechtszug erweist sich die zulässige Klage der Klägerin zu 2) als (aus anderen Gründen) nicht begründet, die der Klägerinnen zu 1) und 3) als teilweise begründet und die der Klägerin zu 4) als in vollem Umfang begründet. Insoweit war auch das erstinstanzliche mit zulässigem Einspruch angegriffene Versäumnisurteil teilweise aufzuheben.

38

1.1.

Als Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerinnen kommen lediglich die kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung uneingeschränkt anzuwendenden Regelungen der AVR über die regelmäßige Arbeitszeit, Überstunden sowie deren Bezahlung (§ 9 a AVR i. V. m. Anlagen 5 und 6 und 6 a AVR) in Betracht, soweit sie sich im Rahmen des § 7 der Arbeitszeitordnung (AZO) halten.

39

1.1.1.

Die Anlage 5 zu den AVR ("Arbeitszeitregelung") bestimmt in ihrem "§ 1 Regelmäßige Arbeitszeit" unter anderem:

(1) Die regelmäßige Arbeitszeit der Mitarbeiter betragt durchschnittlich 40 Stunden in der Woche. Der Berechnung des Durchschnitts der wöchentlichen Arbeitszeit ist in der Regel ein Zeitraum von 8 Wochen zugrunde zu legen. Bei Mitarbeitern, die ständig Wechselschicht- oder Schichtarbeit zu leisten haben, kann ein längerer Zeitraum zugrunde gelegt werden

...

(4) In Einrichtungen, die in bestimmten Zeiten des Jahres regelmäßig zu saisonbedingt erheblich verstärkter Tätigkeit genötigt sind, kann für diese Zeit die regelmäßige Arbeitszeit bis zu 10 Stunden täglich und 60 Stunden wöchentlich verlängert werden, sofern die regelmäßige Arbeitszeit in den übrigen Zeiten des Jahres entsprechend verkürzt wird (Jahreszeitenausgleich)

...

(7) Die Arbeitszeit ist durch angemessene Pausen zu unterbrechen. Die Pausen werden nicht in die Arbeitszeit eingerechnet

(8) Die wöchentliche Arbeitszeit ist unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen auf die Tage in der Woche zu verteilen, an denen in der Einrichtung regelmäßig gearbeitet wird Eine Woche ist der Zeitraum von sonntags 6 00 Uhr bis zum folgenden Sonntag 6 00 Uhr. Bei Wechselschichtarbeit beginnt die Woche mit Beginn der dienstplanmäßigen bzw betriebsüblichen Frühschicht am Sonntag und endet mit Beginn der dienstplanmäßigen bzw betriebsüblichen Frühschicht des folgenden Sonntags. Die Arbeitszeit kann innerhalb einer Einrichtung für die Mitarbeiter verschiedener Dienstbereiche unterschiedlich verteilt werden, wenn das aus dienstlichen Gründen geboten ist

..."

40

In der Anlage 6 zu den AVR ("Überstundenregelung") heißt es in "§ 1 Anordnung von Überstunden" auszugsweise:

"(1) Die auf Anordnung des Dienstgebers oder seines Bevollmächtigten bzw des unmittelbaren Vorgesetzten nach Maßgabe des Abs. (3) Satz 1 geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 1 Abs. 1 bis Abs. 4 der Anlage 5 zu den AVR) für die Woche dienstplanmäßig bzw betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen, sind Überstunden Sie dürfen nur angeordnet werden, wenn ein dringendes dienstliches Bedürfnis besteht. Die Mitarbeiter sollen möglichst gleichmäßig zu Überstunden herangezogen werden ist die Notwendigkeit von Überstunden voraussehbar, sollen sie spätestens am Vortage angekündigt werden

...

(3) Gelegentliche Überstunden können für insgesamt sechs Arbeitstage innerhalb eines Kalendermonats auch vom unmittelbaren Vorgesetzten angeordnet werden Andere Überstunden sind durch den Dienstgeber oder seinen Bevollmächtigten vorher schriftlich anzuordnen. Ein Anspruch auf Überstundenabgeltung für Arbeitsstunden, die über die regelmäßige Arbeitszeit (§ 1 Abs. 1 bis. Abs. 4 der Anlage 5 zu den AVR) hinaus geleistet werden, ohne daß diese als Überstunden nach Satz 1 oder Satz 2 angeordnet waren, besteht nicht Satz 1 gilt nicht für Mitarbeiter der in § 9 Abs. (1) Satz 1 der Anlage 5 zu den AVR genannten Einrichtungen, die unter die Anlage 2 a zu den AVR fallen."

41

§ 3 der Anlage 6 zu den AVR lautet:

"Abgeltung von Überstunden

(1) Die vom Mitarbeiter geleisteten Überstunden sind grundsätzlich durch entsprechende Arbeitsbefreiung bis zum Ende des nächsten Kalendermonats auszugleichen, im begründeten Einzelfall kann die Frist für den Ausgleich im Einvernehmen mit dem Mitarbeiter verlangen werden. Für die Zeit der Arbeitsbefreiung zum Zwecke des Überstundenausgleichs erhalt der Mitarbeiter die Dienstbezüge (Abschnitt II der Anlage 1 zu den AVR) und die in Monatsbetragen festgelegten Zulagen fortgezahlt. Zuzüglich ist ihm nach Ablauf des Ausgleichszeitraumes lediglich der Zeitzuschlag für Überstunden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a) der Anlage 6 a zu den AVR) zu zahlen Abweichend von Satz 1 kann in Einrichtungen, die zeitweise ganz oder zum Teil geschlossen sind, der Ausgleich durch zusätzliche zusammenhängende Arbeitsbefreiung in den belegungsfreien bzw belegungsarmen Zeiten erfolgen Eine Woche zusätzliche Arbeitsbefreiung entspricht dabei 40 Stunden Satz 2 und Satz 3 bleiben unberührt

(2) Ist ein Ausgleich der Überstunden durch entsprechende Arbeitsbefreiung nach. Abs. (1) nicht oder nicht im vollen Umfange möglich, erhalt der Mitarbeiter für jede nicht ausgeglichene Überstunde die Überstundenvergütung nach § 1 Abs. (3) Unterabsatz 2 der Anlage 6 a zu den AVR gezahlt."

42

In der Anlage 6 a zu den AVR ("Zeitzuschläge, Überstundenvergütung") bestimmt § 1 ("Zeitzuschläge") in seinem Absatz (1) lit. a):

(1) Der Mitarbeiter erhalt neben seinen Dienstbezügen (Abschnitt II der Anlage 1 zu den AVR) Zeitzuschläge Sie betragen je Stunde

  1. a)

    für Überstunden in den Vergütungsgruppen

    1 bis 4 b, Kr 12 bis Kr 915 v. H
    5 b, Kr 8 und Kr 720 v. H
    5 c bis 12, Kr 6 bis Kr 125 v. H

"

43

und in seinem Absatz 3:

"(3) Die Stundenvergütung ergibt sich für jede Vergütungsgruppe aus § 2 der Anlage 6 a zu den AVR.

Die Stundenvergütung zuzüglich des Zeitzuschlages nach. Abs. (1) Satz 2 Buchst. a) ist die Überstundenvergütung"

44

1.1.2.

Die Bestimmungen der AZO gelten nach ihrem § 1 auch für die Einrichtung ... des Beklagten. Im Rahmen des § 7 AZO verdrängen jedoch die Bestimmungen der AVR die Regelungen in den §§ 3 und 4 AZO. Nach § 3 AZO beträgt die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit höchstens 8 Stunden. Nach § 4 Abs. 1 AZO kann die ausfallende Arbeitszeit auf die übrigen Werktage derselben, der vorhergehenden oder der folgenden Woche verteilt werden, wenn die Arbeitszeit an einzelnen Werktagen regelmäßig verkürzt wird. Indessen ordnet § 7 Abs. 1 AZO an: "Die regelmäßige Arbeitszeit kann durch Tarifordnung bis zu zehn Stunden täglich verlängert werden". Nach § 7 Abs. 2 AZO kann die Arbeitszeit auch über 10 Stunden täglich verlängert werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem umfange Arbeitsbereitschaft fällt.

45

Für die Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 7 Abs. 1 AZO ist nicht ausreichend, daß die Geltung der AvR hier kraft einzelvertraglicher Übernahme (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 04.02.1976 - 5 AZR 83/75 - AP Nr. 40 zu § 242 BGB Gleichbehandlung mit Anmerkung Schwerdtner) herbeigeführt worden ist. Denn dadurch ist lediglich eine individual-rechtliche Regelung geschaffen worden, die den öffentlich-rechtlichen Aspekt des Schutzcharakters des § 7 AZO unberührt läßt. Lediglich durch Einzelarbeitsverträge kann die zulässige regelmäßige Arbeitszeit im Rahmen des § 7 AZO nicht verändert werden (vgl. dazu Denecke-Neumann. Arbeitszeitordnung 9. Aufl. 1976, § 7 AZO Rdnr. 3).

46

Andererseits ist aber auch nicht erforderlich, daß die Änderung der regelmäßigen Arbeitszeit im Rahmen des § 7 Abs. 1 AZO durch Tarifvertrag erfolgt. Zwar wird in manchen Textausgaben zur AZO, die aus dem Jahre 1938 stammt, aber gemäß Art. 125 des Grundgesetzes als Bundesrecht weitergilt (vgl. BVerfGE 22, Seite 1 ff., 20 [BVerfG 03.05.1967 - 2 BvR 134/63]), nicht (mehr) der Begriff "Tarifordnung" verwendet, sondern der Begriff "Tarifvertrag" (z. B. DTV-Arbeitsgesetze 32. Aufl. 1985 Seite 176, auch schon 21. Aufl. 1976, Seite 143). In anderen Textwiedergaben wird dagegen zutreffend der nach wie vor im Gesetz stehende Begriff "Tarifordnung" verwendet, so z. B. in der Textwiedergabe im Kommentar Denecke-Neumann a. a. O, Seite 115; Zmarzlik a. a. O, Seite 124).

47

Unter dem Begriff "Tarifordnung" ist nicht nur semantisch etwas anderes zu verstehen als unter dem Begriff "Tarifvertrag". Vielmehr haben beide Begriffe auch rechtlich abweichende Inhalte. Für eine Tarifordnung ist gerade nicht erforderlich, daß sie durch einen Vertrag herbeigeführt worden ist. Eine Tarifordnung wurde bis 1945 mit dem Charakter einer Rechtsverordnung durch den Reichstreuhänder der Arbeit erlassen. Derartige Tarifordnungen haben auch in der Nachkriegszeit weitergegolten, bis sie durch neue ersetzende Tarifverträge bzw. durch Anordnung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung abgelöst worden sind (vgl. § 10 TVG).

48

Charakteristikum der Tarifordnung war, daß eine den Parteien des Arbeitsvertrags "übergeordnete" Stelle eine generelle Regelung erläßt, die in dem von ihr beanspruchten Geltungsbereich für Arbeitsverhältnisse Inhaltsnormen setzt, die den Abschluß. Inhalt und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen, ggfs. auch betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen. Die Möglichkeit, derartige Tarifordnungen zu erlassen, ist weder durch Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes ausgeschlossen noch durch jene die früheren Tarifordnungen aufhebende VO vom 17.04.1968 (BABl. 68, 321). Sie ist auch nicht durch § 10 TVG ausgeschlossen, denn darin ist nur das Außerkrafttreten von früheren Tarifordnungen bzw. das Außerkraftsetzen von früheren Tarifordnungen durch den Bundesminister für Arbeit geregelt. Insbesondere darf Art. 9 Abs. 3 GG nicht dahingehend verstanden werden, daß er ein Tarif System als ausschließliche Form der Förderung der Arbeits- und wirtschaftsbedingungen gewährleiste (vgl. BVerfGE 50, 290 ff., 371). Das bedeutet aber nichts anderes, als daß auch andere Regelungsformen möglich sind.

49

Um eine solche andere mögliche Regelungsform handelt es sich aber bei den AVR. Die AVR sind durch Beschlüsse der (Ständigen) Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes aufgrund der KODA entstanden. Jene Kommission ist den Parteien des Rechtsstreits im vorgenannten Sinne "übergeordnet". Zwar ist nicht zu übersehen, daß die Beschlüsse jener Kommission nicht den Charakter einer Rechtsverordnung im staatsrechtlichen Sinne (vgl. Art. 80 GG) tragen. Dies ist aber angesichts der Regelungen des Art. 140 GG auch nicht erforderlich und andererseits auch nicht möglich. Denn welche Inhaltsnormen in Konkordanz mit Art. 140 GG für die Regelung von Arbeitsverhältnissen durch die katholische Kirche und ihre Gliederungen gesetzt werden, bestimmt die katholische Kirche selbst. Dementsprechend lautet die Präambel der KODA (sowohl der Zentral - als auch der Diözesan-KODA): "Die katholische Kirche hat das verfassungsrechtlich gesicherte Recht, die Arbeitsverhältnisse im kirchlichen Dienst als ihre Angelegenheit selbständig zu ordnen". Damit ist unzweideutig auf Art. 137 Abs. 3 wRV Bezug genommen worden. Damit ist zugleich aber auch der Gedanke deutlich geworden, daß die AVR nicht mit einer Dienst- oder Arbeitsordnung eines beliebigen privaten Arbeitgebers gleichzustellen sein sollen, der sie ggfs. schon aus eigener Machtvollkommenheit erlassen und in seinem Betrieb anwenden kann. Vielmehr nehmen die KODA den öffentlich-rechtlichen Charakter der Kirchen zu Recht für sich in Anspruch; demzufolge kommen den AVR normative Kraft zu, ähnlich einem Gesetz, durch das der Staat die Besoldung seiner Beamten regelt, oder ähnlich dem normativen Teil eines Tarifvertrages (vgl. zu allem: v. Nell-Breuning, ArbuR 1979, Seite 1 ff., 7). An diese kirchenrechtliche Normierung sind die einzelnen Gliedkirchen wie auch die Mitglieder des Deutschen Caritasverbandes als jeweilige Arbeitgeber gebunden.

50

Angesichts dessen vermag sich die Kammer der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, wonach die AVR keine Rechtsnormen seien und deswegen lediglich kraft einzelvertraglicher Übernahme auf die Arbeitsverhältnisse einwirken (vgl. Urteil vom 04.02.1976 - 5 AZR 83/75 - a. a. O.), nicht anzuschließen. Jenes Urteil ist vor dem Inkrafttreten der KODA aufgrund des Beschlusses des Verbandes der Diözesen in der Bundesrepublik vom 05.12.1977, mit welchem die KODA errichtet worden sind, ergangen. Aufgrund der damaligen Rechtslage konnte das Urteil nicht hinreichend würdigen, daß die konkreten Parteien des Arbeitsvertrages gar nicht in der Lage sind, den Inhalt der AVR zu ändern und daß die Arbeitgeberseite eines solchen Arbeitsvertrages durch die Mitgliedschaft zum Caritasverband im Rahmen der KODA an eben jene für sie unabänderlichen Inhaltsregelungen gleichermaßen gebunden ist wie ein privat-rechtlicher Arbeitgeber, der Mitglied eines entsprechenden tarifvertragschließenden Verbandes ist (vgl. § 3 TVG). Ebensowenig vermag sich die Kammer auch der Auffassung von Denecke-Neumann (9. Aufl. 1976 § 7 AZO Rdnr. 3) anzuschließen, wonach Arbeitsvertragsrichtlinien keine Wirkung nach § 7 AZO entfalten können sollen. Auch jene Auffassung stammt noch aus der Zeit vor Inkrafttreten der KODA. Zutreffend ist zwar, daß es sich bei den Arbeitsvertragsrichtlinien nicht um einen Tarifvertrag handelt. Nach der hier vertretenen Auffassung setzt jedoch § 7 Abs. 1 AZO gerade nicht voraus, daß die Änderung der regelmäßigen Arbeitszeit durch Tarifvertrag erfolgt, sondern es genügt die Wirkung einer "Tarifordnung".

51

Ob die AVR dagegen im Hinblick auf die Frage der Tarifdisposivität z. B. im Sinne des § 13 BUrlG Tarifverträgen gleichzustellen sind (vgl. hierzu: Arbeitsgericht Berlin. Urteil vom 28.10.1983 - 16 Ca 164/83 - in EzA Nr. 21 zu § 13 BUrlG m. Anm. Dütz; bestätigt durch LAG Berlin. Urteil vom 03.05.1984 - 7 Sa 8/84 - AP Nr. 19 zu Art. 140 GG m. Anm. Pahlke - Revision eingelegt), kann für den vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Denn hier geht es nicht um die Frage der Tarifdisposivität, sondern darum, ob den AVR im Rahmen des § 7 Abs. 1 AZO die Wirkung der "Tarifordnung" beizumessen ist. Das aber ist hier der Fall.

52

Angesichts dessen bedarf es auch keiner Billigkeitskontrolle wie bei sonstigen allgemeinen Einstellungsbedingungen (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 04.02.1976 - 5 AZR 83/75 - a. a. O.; vgl. im Ergebnis auch Dütz, Das arbeitsrechtliche Verhältnis der Kirchen zu ihren Beschäftigten. Sonderheft ArbuR 1979, Seite 2 ff., 7). Dieses Ergebnis wird unterstützt dadurch, daß die AVR ihrerseits eben nicht einseitige Arbeitgeberanordnungen sind, sondern aufgrund der KODA durch die (Ständige) Arbeitsrechtliche Kommission des Deutschen Caritasverbandes zustande gekommen sind. Jene Kommission ist paritätisch durch Arbeitnehmer (Mitarbeiter) und Arbeitgeber besetzt (15 Vertreter der Dienstgeber und 15 Vertreter der Mitarbeiter, vgl. Richardi a. a. O, S. 441). Bei der Frage, ob und in welchem Umfang Gerichte über kirchliche Arbeitsvertragsrichtlinien eine Billigkeitskontrolle auszuüben haben, muß berücksichtigt werden, wie solche Arbeitsvertragsrichtlinien zustande kommen. Lediglich bei einer unzureichenden Gleichgewichtslage zwischen der Seite der Arbeitnehmer und der Seite der Arbeitgeber kann eine richterliche Billigkeitskontrolle in Betracht kommen. Ist sie aber - wie hier - ausgeglichen, so entfällt der Anlaß zu solcher Billigkeitskontrolle. Daran ändert auch die erforderliche Bestätigung solcher Beschlüsse durch den Bischof nichts.

53

Insgesamt verdrängen die Arbeitszeitregelungen der AVR im Rahmen des § 7 Abs. 1 AZO die Regelungen der §§ 3 und 4 AZO. Durch die arbeitsvertragliche Inbezugnahme der AVR ist zugleich die arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Einhaltung der Arbeitszeitregelungen der AVR für beide Seiten gleichermaßen auch individual-rechtlich begründet.

54

1.2.

Die Entstehung von Überstunden setzt nach § 1 Abs. (1) Satz 1 der Anlage 6 zu den AVR zunächst voraus, daß die Klägerinnen Arbeitsstunden zu leisten gehabt haben, die entweder über die "dienstplanmäßig oder betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen" (dazu unter 1.2.2.) und/oder die zwar innerhalb jener festgesetzten Arbeitsstunden liegen und bei denen die Festsetzung der Arbeitszeit sich nicht im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 1 Abs. 1 bis Abs. 4 der Anlage 5 zu den AVR) hält (dazu unter 1.2.1.).

55

1.2.1.

Die vom Beklagten im ... vorgenommene Festsetzung der Arbeitsstunden ist angesichts der jahrelangen Übung zumindest als "betriebsüblich" i. S. des § 1 Abs. (1) Satz 1 der Anlage 6 zu den AVR zu qualifizieren. Ob jene Festsetzung z. B. in Form der "Arbeitszeitvorgabe" statt dessen oder daneben auch als "dienstplanmäßig" i. S. der genannten Bestimmung zu qualifizieren ist und ob sie dann auch im Hinblick auf die Regelungen in den §§ 18 Abs. 2, 20 Abs. 1 Nr. 2, 21 Abs. 2 Nr. 1, 22 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 MAVO rechtswirksam ist, kann trotz erheblicher Bedenken im Hinblick auf die mangelnde Beteiligung der in der Einrichtung des Beklagten bestehenden Mitarbeitervertretung im Ergebnis dahingestellt bleiben. Denn auch als "betriebsübliche" Festsetzung der Arbeitsstunden hält sie sich nicht im Rahmen des § 1 Abs. (1) bis (4) der Anlage 5 zu den AVR.

56

1.2.1.1. Für die Regelung der "regelmäßigen Arbeitszeit" im vorliegenden Fall sind - worüber die Parteien auch nicht streiten - nicht die Bestimmungen der Absätze (2) und/oder (3) des § 1 der Anlage 5 zu den AVR heranziehbar. Die darin geregelten Fallgestaltungen liegen hier nicht vor.

57

1.2.1.2. Die Festlegung der regelmäßigen Arbeitszeit kann aber im vorliegenden Fall auch nicht mit Hilfe des Absatzes (4) a. a. O, erfolgen. Die dort mit der Klammerdefinition "Jahreszeitenausgleich" schlagwortartig bezeichneten Regelungen können schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es sich bei dem ... des Beklagten in ... nicht um einen jahreszeitlich bedingten Saisonbetrieb handelt. Dort wird gerade nicht "in bestimmten Zeiten des Jahres regelmäßig saisonbedingt erheblich verstärkt" gearbeitet. Bei einem dort genannten Saisonbetrieb liegen die Schwankungen in jahreszeitlich bedingten Umständen, die unmittelbar die Eigenart des jeweiligen Betriebs kennzeichnen. Solche Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor, vielmehr beruhen die Schwankungen im Arbeitsanfall in der Einrichtung des Beklagten allein darauf, daß er sich - mit durchaus guten Gründen - an den Schuljahresrhythmus der staatlichen Schulen in Niedersachsen und insbesondere den für Niedersachsen geltenden Schulferienregelungen (vgl. § 20 NdsSchulG - NdsGVBl 1980, 425 ff) angepaßt hat (vgl. auch LAG Nds., Urteil vom 14.12.1984 - 3 Sa 126/84.

58

1.2.1.3. Die vorliegende betriebsübliche Festsetzung der Arbeitsstunden hält sich aber auch nicht im Rahmen des allein noch in Betracht kommenden Absatzes (1) des § 1 der Anlage 5 zu den AVR.

59

1.2.1.3.1. Jene Bestimmung erlaubt die Bildung einer Jahressollarbeitszeit in der Weise, wie sie vom Beklagten für die Klägerinnen zu 2) und 4) hier vorgenommen worden ist, nicht. Andererseits sind aber die Regelungen jenes Absatzes nicht derart zu verstehen, daß im Ergebnis doch wieder auf 40 Stunden Arbeitsleistung in der Woche bzw. 80 Arbeitsstunden in der Doppelwoche als Regelarbeitszeit abzustellen sein soll mit der Folge, daß jede darüber hinausgehende Arbeitsstunde als Überstunde i. S. des § 1 Abs. (1) S. 1 der Anlage 6 zu den AVR zu qualifizieren wäre. Jener Auffassung der Klägerinnen vermag sich die Kammer nicht anzuschließen.

60

Denn sie läuft darauf hinaus, daß der Regelungsrahmen des § 1 Abs. (1) der Anlage 5 zu den AVR entgegen seinem eindeutigen Wortlaut derart verengt wird, daß er auf den Gehalt der Regelungen in den §§ 3 und 4 AZO zusammengedrückt wird. Vielmehr geht der Regelungsgehalt des § 1 Abs. (1) der Anlage zu den AVR gerade über die Möglichkeiten der §§ 3 und 4 AZO hinaus.

61

Die Kammer vermag sich aber auch nicht der Auffassung der 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen in deren Urteil vom 14.12.1984 - 3 Sa 126/84- (s. o.) anzuschließen, wonach "regelmäßig" i. S. des § 1 Abs. (1) Satz 1 der Anlage 5 zu den AVR zur Folge habe, daß die Arbeitszeit "fortlaufend annähernd" um 40 Stunden in der Woche zu liegen habe und daß aus den Merkmalen "durchschnittlich" (Satz 1 a. a. O.) in Verbindung mit dem "in der Regel 8 Wochen" betragenden Berechnungszeitraum (Satz 2 a. a. O.) zu folgern sei, daß eine derartige Gleichförmigkeit der Arbeitsleistung innerhalb jener 8 Wochen feststellbar sein müsse.

62

1.2.1.3.2. Vielmehr ist die Regelung in § 1 Abs. (1) der Anlage 5 zu den AVR dahingehend zu verstehen, daß als "regelmäßige Arbeitszeit von durchschnittlich 40 Stunden in der Woche" i. S. jener Bestimmung die Arbeitszeitmenge zu verstehen ist, die auf den "in der Regel 8 Wochen" dauernden Berechnungszeitraum entfällt und durch die Wochenzahl bzw. Zahl der Arbeitstage geteilt wird. Das sind, sofern in jenen Zeitraum keine Tage des (Erholungs-) Urlaubs und/oder keine mit einem Arbeitstag übereinstimmende gesetzliche Feiertage fallen. 320 Arbeitsstunden (40 Stunden × 8 Wochen) insgesamt. Dabei kann - soweit nicht willkürlich - die Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit innerhalb eines solchen Berechnungszeitraums auch in der Weise vorgenommen werden, daß die Arbeit zu bestimmten Zeiten (einem Tag, mehreren Tagen oder auch Wochen) völlig entfällt und in den verbleibenden Teilen des Berechnungszeitraumes mehr als 8 Stunden am Arbeitstag (nämlich bis zu 10 Stunden, vgl. § 7 Abs. 1 AZO) und folglich mehr als 40 Stunden in der einzelnen Woche (nämlich bis zu 50 Stunden in der 5-Tage-Woche, bis zu 60 Stunden in der 6-Tage-Woche unter Beachtung der §§ 2 ff der Anlage 5 zu den AVR) zu arbeiten ist. Soweit jedoch in den Berechnungszeitraum des § 1 Abs. (1) S. 2 der Anlage 5 zu den AVR Tage des (Erholungs-)Urlaubs oder auf Arbeitstage fallende gesetzliche Feiertage liegen, verringert sich die auf die verbleibenden Arbeitstage verteilbare Menge der regelmäßigen Arbeitszeit entsprechend. Dabei sind für jeden Urlaubstag und für jeden Arbeitstag 8 Stunden anzusetzen, denn dies entspricht den Regelungen in den Absätzen (1), (4) und (5) des § 3 (Dauer des Erholungsurlaubs) der Anlage 14 (Erholungsurlaub. Urlaubsgeld, Sonderurlaub) zu den AVR, in denen ebenfalls auf eine Durchschnittsberechnung (5-Tage-Woche bzw. Durchschnitt des Urlaubsjahres) abgestellt wird.

63

1.2.1.4. Bei der Bemessung des Berechnungszeitraumes für die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit ist hier von dem in § 1 Abs. (1) Satz 2 der Anlage 5 zu den AVR normierten Regelfall auszugehen. Er beträgt danach 8 Wochen. Für eine hiervon abweichende, einen längeren Bemessungszeitraum rechtfertigende Handhabe sind keinerlei Tatsachen vorgetragen. Insbesondere kann Satz 3 a. a. O. (drucktechnisch könnte es sich auch um einen Unterabsatz handeln) nicht herangezogen werden. Hiernach kann zwar bei Mitarbeitern, die ständig Wechselschicht- oder Schichtarbeiten zu leisten haben, ein längerer Zeitraum zugrunde gelegt werden. Um solche Mitarbeiterinnen handelt es sich jedoch hier nicht.

64

1.2.1.5. In den AVR nicht geregelt ist dagegen die Frage, von welchem Zeitpunkt an der jeweilige Berechnungszeitraum zu laufen beginnt oder - hier - begonnen hat. Der Beklagte hat eine solche Bestimmung auch nicht vorgenommen. Eine Regelung unter Mitwirkung/Mitbestimmung der Mitarbeitervertretung liegt ebenfalls nicht vor.

65

Die fehlende Determination ist jedoch für den bereits abgeschlossenen Zeitraum analog § 315 Abs. 3 BGB durch das Gericht vorzunehmen. Sie hat nach billigem Ermessen zu erfolgen. Angesichts dessen, daß der Betrieb des Beklagten im ... einen Schulbetrieb darstellt und sich die Phasen der Tätigkeit und Untätigkeit beiderseits exakt im Rhythmus des für die staatlichen Schulen des Landes Niedersachsen geltenden Schuljahres einschließlich der Ferienregelung vollziehen, entspricht es pflichtgemäßem Ermessen, den ersten Berechnungszeitraum von 8 Wochen mit dem gesetzlichen Schuljahr beginnen zu lassen. Dies ist in Niedersachsen jeweils der 1. August eines jeden Jahres.

66

Danach ergeben sich für den streitbefangenen Zeitraum (Kalenderjahr 1984) hinsichtlich des Schuljahres 1983/1984 folgende Berechnungszeiträume mit der Dauer des Regelfalles (8 Wochen):

Vom 01.08.1983 bis 25.09.1983(1. Periode)
vom 26.09.1983 bis 20.11.1983(2. Periode)
vom 21.11.1983 bis 15.01.1984(3. Periode)
vom 16.01.1984 bis 11.03.1984(4. Periode)
vom 12.03.1984 bis 06.05.1984(5. Periode)
vom 07.05.1984 bis 01.07.1984(6. Periode)
67

Die Zeit vom 02.07.1984 bis 31.07.1984 ist gemäß § 315 Abs. 3 BGB in entsprechender Anwendung i. V. m. § 1 Abs. (1) S. 2 der Anlage 5 zu den AVR als Ausnahme von der Regel zu sehen. Es ist gerechtfertigt, ihn als gesonderten Bemessungszeitraum festzusetzen. Denn damit fällt der Periodenbeginn für das ab 01.08.1984 laufende Schuljahr 1984/1985 wieder mit dem Beginn des Schuljahres zusammen. Dabei hat sich das Gericht wesentlich auch von der Erwägung leiten lassen, daß mit dem Schuljahreswechsel auch ein Schülerwechsel einhergeht und sich - da sich Abgänge und Zugänge bereits infolge der Schwankungen in den Geburtsjahrgängen nur in Ausnahmefällen ausgleichen - zugleich damit auch veränderte Anforderungen für den Beklagten und die Klägerin hinsichtlich der zeitlichen Lage der regelmäßigen Arbeitszeit im Rahmen des § 1 Abs. (1) und (8) der Anlage 5 zu den AVR ergeben.

68

Für den in das Kalenderjahr 1984 fallenden Teil des Schuljahres 1984/1985 ergeben sich sodann wieder folgende Berechnungszeiträume mit der Dauer des Regelfalles (8 Wochen):

vom 01.08.1984 bis 25.09.1984(1. Periode)
vom 26.09.1984 bis 20.11.1984(2. Periode)
vom 21.11.1984 bis 15.01.1985(3. Periode)
69

1.2.1.6. Für die Feststellung der in den einzelnen Berechnungszeiträumen effektiv zu leistenden regelmäßigen Arbeitszeitmenge ist - wie bereits dargelegt - auf die Zahl der in jene einzelnen Zeiträume fallenden Arbeitstage abzustellen, abzüglich der in jene Zeiträume fallenden Urlaubstage und abzüglich der gesetzlichen Festtage, die auf einen Arbeitstag fallen. Arbeitsausfall infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit hat dagegen unberücksichtigt zu bleiben, weil dieser Tatbestand auf die regelmäßige Arbeitszeit keinen Einfluß hat.

70

1.2.1.6.1. Für das Kalender- und Urlaubsjahr 1984 (vgl. § 1 Abs. (1) der Anlage 14 zu den AVR) gelangt die Kammer mangels anderweitigen Sachvortrags der Parteien zu dem Ergebnis, daß die durch die Schulferien ausgefallenen Arbeitstage vom Jahresbeginn an zunächst als Erfüllung des fälligen Erholungsurlaubsanspruchs gemäß § 366 Abs. 2, 1. Alternative BGB gedient haben, soweit die Klägerinnen von Anfang des Jahres an während der Schulferien nicht zu arbeiten gehabt haben. Sie haben auch nicht vorgetragen, an für sie arbeitsfreien Tagen in Schulferienzeiten arbeitsunfähig krank gewesen zu sein, so daß dadurch die Erfüllung des Urlaubsanspruchs ausgeschlossen gewesen wäre. Der Urlaubsanspruch war gegenüber anderen Ansprüchen auf Arbeitsbefreiung am frühesten fällig. Teilweise sind auch solche Tage in den Arbeitszeitkarten ausdrücklich als Urlaub bezeichnet worden.

71

Zur Klarstellung weist das Gericht jedoch darauf hin, daß seine Erwägungen über die Zurechnung des Erholungsurlaubs zu den Berechnungsperioden ausschließlich auf § 366 Abs. 2 BGB beruhen, soweit es an einer konkreten Festlegung der Urlaubszeit im Urlaubsjahr 1984 fehlt bzw. eine solche nicht vorgetragen worden ist. Daraus ist aber keineswegs zu schließen, daß Erholungsurlaub ausnahmslos nur für die Schulferienzeit gefordert und erteilt werden darf, und erst recht nicht, daß eine einseitige Festlegung des Erholungsurlaubs - sei es durch die Klägerinnen sei es durch den Beklagten - ohne weiteres und gar nur auf die Schulferientage ab 01.01. eines jeden Jahres rechtens sei. Vielmehr sind insoweit die Regelungen des Abschnittes I. der Anlage 14 zu den AVR und die Regelungen der MAVO über die Festlegung der zeitlichen Lage des Urlaubs zu beachten.

72

1.2.1.6.2. Soweit der Beklagte durch die von ihm verfügte "Arbeitszeitvorgabe" von den Klägerinnen Arbeitsleistungen gefordert und erhalten hat, die über die auf den jeweiligen Berechnungszeitraum entfallene "regelmäßige Arbeitszeit" hinausgehen, handelt es sich unbeschadet der weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. (1) der Anlage 6 zu den AVR um Überstunden.

73

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, er habe bei dem Erlassen der "Arbeitszeitvorgabe" nicht das Bewußtsein gehabt, dadurch Überstunden i. S. des § 1 Abs. (1) der Anlage 6 zu den AVR anzuordnen, er habe darüber hinaus auch überhaupt keine Überstunden angeordnet und es fehle vor allem auch an der für eine solche Anordnung erforderliche Schriftform. Objektiv ist es durch jene "Arbeitszeitvorgabe" in Schriftform durch den Bevollmächtigten des Beklagten (Verwaltungsleiter) zur (vorherigen) Anordnung potentieller anderer (als gelegentlicher vgl. § 1 Abs. (3) S. 2 der Anlage 6 zu den AVR) Überstunden gekommen, nämlich soweit die inhaltlichen Regelungen der "Arbeitszeitvorgabe" über den Rahmen des § 1 Abs. (1) der Anlage 5 zu den AVR hinausgegangen sind. Ob dadurch im vorliegenden Fall tatsächlich Überstunden herbeigeführt worden sind, ist damit noch nicht festgestellt.

74

1.2.2.

Ebenso handelt es sich aber um Überstunden, soweit die Klagerinnen über die "Arbeitszeitvorgabe" hinaus zur Arbeitsleistung herangezogen worden sind.

75

1.2.2.1. Zwar haben die Klagerinnen für Überstunden, die sie ohne betriebliches Anfordern lediglich aus eigenem Antrieb geleistet haben, gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Ausgleich oder gar Bezahlung. Dies gilt sowohl für die Grundvergütung als auch für den Überstundenzuschlag. Dem Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, daß die Klagerinnen zu 1), 3) und 4) ihr Begehren auf derart produzierte Überstunden stutzen. Vielmehr haben die Klagerinnen unwidersprochen und damit als unbestritten anzusehen (vgl. § 138 ZPO), vorgetragen, daß die konkrete Anordnung der wöchentlichen Arbeitszeit nicht durch die Verwaltung des Beklagten erfolgt ist, sondern die Verwaltung des Beklagten dies der jeweiligen Gruppenleiterin überlassen hat. Die Gruppenleiterin (Klägerin zu 2) kann aber als unmittelbare Vorgesetzte "gelegentliche" Überstunden für insgesamt sechs Arbeitstage innerhalb eines Kalendermonats anordnen (vgl. § 1 Abs. (3) S. 1 der Anlage 6 zu den AVR), und zwar, wie sich aus Satz 2 a. a. O. zwanglos ergibt, ohne Einhaltung irgendeiner Schriftform. Das pauschale Bestreiten des Beklagten durch seine Erklärung, von der Anordnung solcher Überstunden nichts zu wissen, reicht hier nicht mehr aus. Denn der Beklagte hat mit der Einführung der Arbeitszeitkarten als Arbeitsnachweis im Jahr 1982 und deren Kontrolle durch die Verwaltung selbst eine Organisation geschaffen, die in Verbindung der konkreten Festlegung der regelmäßigen Arbeitszeit durch die Gruppenleiterin und der Regelung in § 1 Abs. (3) S. 1 der Anlage 6 zu den AVR dazu fuhrt, daß er auch hinsichtlich der Anordnung der Überstunden durch die Gruppenleiterin konkret bestreiten muß. Ob dies anders ist, wenn der Beklagte den in den Arbeitszeitkarten befindlichen, von den Klagerinnen zu 1), 3) und 4) unterschriebenen Eintragungen nicht unverzüglich, spätestens aber am Ende des Ausgleichszeitraumes (vgl. § 3 Abs. (1) S. 1 der Anlage 6 zu den AVR) widersprochen hat, kann dahinstehen. Solches getan zu haben, behauptet der Beklagte selbst nicht.

76

1.2.2.2. Inwieweit für die als Gruppenleiterin eingesetzte Klägerin zu 2) ... derart gelegentliche Überstunden angeordnet worden sind, läßt sich dem Sachvortrag nicht entnehmen. Dabei kann zu ihren Gunsten als tatsächlich richtig unterstellt werden, daß ihr das Recht eingeräumt war, im Einzelfall ohne Rücksprache mit dem Internatsleiter zu bestimmen, ob Überstunden nötig waren oder nicht. Diese Befugnis gegenüber ihr nachgeordneten Mitarbeiterinnen deckt sich mit § 1 Abs. 3 S. 1 der Anlage 6 zu den AVR. Aus dieser Tatsachenbehauptung kann die Kammer aber nicht entnehmen, daß es der Klägerin zu 2) auch überlassen war, für sich selbst Überstunden "anzuordnen". Die Eintragungen in den Arbeitszeitkarten und deren Akzeptanz durch den Beklagten besagen nur darüber etwas, zu welchen Zeiten die Klägerin zu 2) gearbeitet hat, nicht aber etwas darüber, ob es sich um angeordnete oder auch nur "nötige" Überstunden gehandelt hat, die als "gelegentlich" i. S. des § 1 Abs. 3 S. 1 der Anlage 6 zu den AVR anzusehen sind und für die eine Anordnung nach jener Bestimmung erforderlich ist.

77

Insoweit kann sich die Klägerin zu 2) auch nicht darauf berufen, sich jetzt in Darlegungsnot zu befinden. Zwar ist es trotz der Regelung in § 1 Abs. 3 S. 1 der Anlage 6 zu den AVR durchaus denkbar, daß gelegentliche Überstunden auch ohne Anordnung i. S. jener Bestimmung vom Beklagten zu vergüten sind, soweit sie nicht abgefeiert worden sind. Angesichts der Regelung in der Anlage 6 zu den AVR kann es sich dann aber nur um solche Überstunden handeln, die aufgrund plötzlicher, völlig unvorhergesehener Ereignisse zu einer Zeit unabweisbar nötig geworden sind, zu der eine entsprechende Anordnung durch den Vorgesetzten der Klägerin zu 2) nicht mehr eingeholt werden konnte. Indessen ist es gerade bei solchen Überstunden erforderlich und zumutbar, daß die Klägerin zu 2) die Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen solcher Voraussetzungen ergeben soll, z. B. auf der Arbeitszeitkarte oder sonstwie schon im eigenen Interesse mindestens stichwortartig vermerkt, damit eine nachträgliche Kontrolle durch den Anordnungsbefugten möglich ist, bzw. - sofern das nicht geschehen ist - die Klägerin derartige Tatsachen im Prozeß vortragen kann.

78

Unter beiden Aspekten hat die Klägerin zu 2) der ihr obliegenden Darlegungs- und ggfs. auch Beweislast aber nicht genügt. Insbesondere hat sie keine Tatsachen vorgebracht, aus denen sich schließen läßt, daß Überstunden im vorgenannten Sinn "nötig" waren.

79

1.3.

Für die Klägerinnen ist hinsichtlich ihrer Forderungen für Überstundenvergütung einschließlich -zuschlags aus dem Jahr 1984 die Ausschlußfrist des § 23 AVR nur teilweise gewahrt. Im übrigen sind deren Ansprüche erloschen. Nach § 23 Abs. 1 AVR verfallen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlußfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, soweit die AVR nichts anderes bestimmen. Für die hier streitigen Ansprüche bestimmen die AVR nichts anderes. Für die Tatsachen, aus denen sich die Einhaltung der Ausschlußfrist ergeben soll, tragen die Klägerinnen die Darlegungs- und Beweislast.

80

1.3.1.

Die Klägerinnen zu 2) .... - und zu 4) - ... - haben die Ausschlußfrist jener Vorschrift für den ganzen Streitzeitraum 1984 durch die schriftliche Geltendmachung mit dem Schreiben der Mitarbeitervertretung vom 28.03.1984 und der von ihnen selbst eigenhändig unterzeichneten Anlage hierzu gewahrt. In jener Anlage sind zwar nur Überstunden für die Monate Januar und Februar 1984 aufgeführt. Gleichwohl genügt jene schriftliche Geltendmachung auch für die Folgezeit. Dies ergibt sich aus § 23 Abs. 2. AVR. Hiernach reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs für denselben Sachverhalt aus, um die Ausschlußfrist für später fällig werdende Leistungen unwirksam zu machen. Um einen solchen selben Sachverhalt handelt es sich hier, nämlich um Überstunden vor den Hintergrund der Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit.

81

1.3.2.

Dagegen ist für die Klägerinnen zu 1) ... und 3) - ... die Ausschlußfrist des § 23 Abs. 1 AVR nur für Ansprüche gewahrt, die am 21.08.1984 oder später fällig geworden sind, nämlich durch die schriftliche Geltendmachung vom 21.02.1985.

82

Die Ausschlußfrist für die Klägerinnen zu 1) und 3) ist andererseits durch das Schreiben der Mitarbeitervertretung vom 28.03.1984 nebst Anlage nicht gewahrt. Die Klägerinnen zu 1) und 3) sind in jenem Schreiben nicht erwähnt, ihre Namen tauchen auch in den von den Klägerinnen in Fotokopie überreichten Anlagen hierzu nicht auf.

83

Dementsprechend sind etwaige Ansprüche der Klägerinnen zu 1) und 3) auf Bezahlung von Überstunden und Zuschlägen für bis 30.06.1986 geleistete Überstunden verfallen. Solche Ansprüche waren spätestens am 01.08.1984 und damit außerhalb der sechsmonatigen Ausschlußfrist fällig. Nach § 3 Abs. (1) der Anlage 6 zu den AVR sind Überstunden grundsätzlich bis zum Ende des nächsten Kalendermonates auszugleichen. Tatsachen, aus denen sich schließen ließe, daß für die Klägerinnen zu 1) und 3) ein begründeter Einzelfall vorliegt, der einen längeren Ausgleichszeitraum zuläßt, liegen nicht vor. Sie ergeben sich insbesondere auch nicht aus der "Übung" des Beklagten. Erfolgt der Ausgleich nicht, so erhält der Arbeitnehmer Überstundenvergütung (Stundenvergütung und Überstundenzuschlag), erfolgt der Ausgleich, so erhält der Mitarbeiter nur den Zuschlag ausbezahlt. Beide Zahlungen sind aber nach Beendigung des Ausgleichszeitraums fällig, d. h. am 01. des auf den Ausgleichszeitraum folgenden Monats. Für bis 30.06.1984 geleistete Überstunden ist dies der 01.08.1984 (vgl. § 614 BGB i. V. m. § 3 Abs. (1) der Anlage 6 zu den AVR).

84

Die Anwendung der Vorschriften des § 23 AVR verstößt im vorliegenden Fall auch nicht gegen § 242 BGB, Die Klägerinnen zu 1) und 3) können sich insbesondere nicht darauf stützen, daß der Beklagte selbst Überstunden im Wege einer Berechnung der Jahressollarbeitszeit und der Jahresistarbeitszeit ermittelt hat. Denn mit dieser Methode waren und sind die Klägerinnen zu 1) und 3) ja gerade nicht einverstanden. Gerade deshalb waren sie aber auch gehalten, ihrerseits die Ausschlußfristregelung des § 23 AVR zu beachten. Die Klägerinnen zu 1) und 3) haben aber nicht substantiiert dargetan, daß der Beklagte ihnen gegenüber auf die Einhaltung der Ausschlußfrist verzichtet habe. Wann und wie der Beklagte eine solche rechtsgeschäftliche Erklärung gegenüber den Klägerinnen zu 1) und 3) abgegeben haben soll, ist nicht einmal andeutungsweise vorgetragen worden. Der Hinweis der Klägerinnen auf den vorhergehenden Prozeß Kanne gegen den Beklagten genügt nicht. Jener Prozeß ging für die Klägerin ... verloren (Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 06.11.1984 - 1 Ca 414/84 - Kop. Bl. 5 bis 14 d. A.).

85

2.

Nach allem ergibt sich im einzelnen:

86

Für die Berechnungsperiode vom 21.11.1984 bis 15.01.1985 kann mangels Darlegung der geleisteten (bzw. berechneten) Arbeitszeit ab 01.01.1985 nicht festgestellt werden, ob die Klägerinnen die regelmäßige Sollarbeitszeit erreicht oder überschritten haben. Da die Klägerinnen aber insoweit die Darlegungslast tragen, mußte dies zu ihren Lasten gehen.

87

Für die Klägerinnen zu 1). 3) und 4) bedarf es im vorliegenden Fall keiner Unterscheidung, ob angefallene Überstunden durch Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit entstanden sind oder ob es sich um "gelegentliche" Überstunden handelt (vgl. 1.2.2.1.). Für die Klägerin zu 2) ist eine solche Unterscheidung dagegen rechtlich erforderlich (vgl. 1.2.2.2.). Sie kann jedoch mangels Darlegung nicht vorgenommen werden. Dies ist aber hier ohne Auswirkung, weil für die Klägerin zu 2) überhaupt keine Überstunden entstanden sind.

88

2.1.

Der Antrag der Klägerin zu 1) - ... - ist nur in Höhe von DM 824,57 brutto begründet, nämlich für 53,5 Überstunden bei einem Stundensatz von DM 12,33 zuzüglich 25 %.

89

2.1.1.

Für etwaige Überstunden, die in der Zeit bis 30.06.1984 angefallen sein können, steht ihr nichts (mehr) zu, da hierauf gerichtete Ansprüche verfallen sind.

90

2.1.2.

Am 01.07. (letzter Tag des Berechnungszeitraumes vom 07.05.1984 bis 01.07.1984) und im Berechnungszeitraum vom 02.07. bis 31.07.1984 sind Überstunden von ihr nicht geleistet worden. Am 01.07. hat sie nicht gearbeitet. Für die Zeit vom 02.07. bis 31.07.1984 weist ihre Arbeitszeitkarte lediglich (einschließlich anteiliger 22 Stunden aus den vereinbarten 150 Stunden für die Ferienfreizeit) eine Istarbeitszeit von 101,70 Stunden aus. Die Sollarbeitszeit hat dagegen unter Berücksichtigung von 6 Arbeitstagen Erholungsurlaub à 8 Stunden in der Zeit vom 02. bis 31.07.1984 128 Stunden betragen.

91

2.1.3.

In der Berechnungsperiode vom 01.08. bis 25.09.1984 hat die regelmäßige Sollarbeitszeit der Klägerin zu 1) 320 Stunden betragen. Nach ihren Arbeitszeitkarten hat sie dagegen im August 1984 einschließlich 128 anteiliger Stunden für die Ferienfreizeit 222 Stunden und vom 01. bis 25.09.1984 weitere 142 Stunden gearbeitet, mithin 364 Stunden. Hieraus resultieren 44 Überstunden.

92

2.1.4.

In der Berechnungsperiode vom 26.09. bis 20.11.1984 sind auch Überstunden angefallen. Auf die Zeit vom 26.09. bis 30.09.1984 entfallen 21,75 Iststunden, auf den Monat Oktober 105 Stunden Lohnfortzahlung wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und 17 Istarbeitsstunden; in der Zeit vom 01.11. bis 20.11.1984 hat sie 129,25 Arbeitsstunden geleistet. Der von der Klägerin stundenerhöhend eingerechnete Nachtarbeitszuschlag (z. B. am 09.11.1984) erhöht jedoch die Zahl der tatsächlich geleisteten Stunden nicht. Der in jener Berechnungsperiode insgesamt geleisteten bzw. zu bezahlenden Iststundenzahl von 273,50 Stunden steht unter Berücksichtigung von 7 Tagen Erholungsurlaubs (56 Stunden) eine Soll Stundenzahl von 264 gegenüber, so daß in jener Periode 9,50 Überstunden angefallen sind.

93

2.2.

Der Antrag der Klägerin zu 2) - ... - ist in vollem Umfang nicht begründet. Sie hat keine über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitsstunden dargetan, obwohl ihr insoweit die Darlegungs- und Beweislast obliegt.

94

2.2.1.

Für die in das Kalenderjahr 1984 hineinreichende Berechnungsperiode vom 21.11.1983 bis 15.01.1984 hat die Klägerin zu 2) substantiiert ihre Arbeitszeit nur für die Zeit ab 01.01.1984 (durch Vorlage der Kopie ihrer Arbeitszeitkarte) dargetan. Das genügt nicht. Erforderlich ist, daß sie ihre Arbeitszeit für die gesamte Periode dargetan hätte, denn erst bei einer Betrachtung des gesamten Berechnungszeitraumes ergibt sich, ob Überstunden angefallen sind.

95

2.2.2.

In der Berechnungsperiode vom 16.01.1984 bis 11.03.1984 sind für die Klägerin zu 2) keine Überstunden angefallen. Ihre Sollarbeitszeit hat 320 Stunden betragen, da in diese Zeit weder Tage des Erholungsurlaubs bzw. der Schulferien fallen noch gesetzliche Feiertage. Nach ihren Arbeitszeitkarten hat die Klägerin zu 2) in der Zeit vom 16.01. bis 31.01, 127,50 Stunden, in der Zeit vom 01.02. bis 29.02.1984 weitere 141.95 Stunden und in der Zeit vom 01.03. bis 11.03.1984 0,00 Stunden gearbeitet, mithin (einschließlich des Umzugsurlaubs am 01.03.1984) 277.95 Stunden, wobei die - unzutreffend für die geleistete Arbeitszeit - angeschriebenen Zuschläge für Nachtbereitschaften zugunsten der Klägerin zu 2) nicht abgezogen worden sind.

96

2.2.3.

Auch in der anschließenden Periode vom 12.03. bis 06.05.1984 sind keine Überstunden geleistet worden. Die Sollarbeitszeit der Klägerin zu 2) hat unter Berücksichtigung von 12 in die Schulferien fallenden Arbeitstagen, die auch hier als Erholungsurlaub genommen worden sind, und bei drei in die Schulferien fallenden gesetzlichen Feiertagen (Karfreitag, Ostermontag, 1. Mai) nicht 320 Stunden, sondern nur 200 Stunden betragen. Die Klägerin zu 2) hat aber in jener Periode nur 174,15 Stunden gearbeitet, wobei die Erhöhung der Stundenzahl durch Nachtarbeitszuschläge wiederum zu ihren Gunsten nicht abgezogen worden ist (12.03. bis 31.03.1984 = 77,95 Stunden; April 1984 = 60 Stunden; 01.05. bis 06.05.1984 = 36,2 Stunden).

97

2.2.4.

In der Berechnungsperiode vom 07.05. bis 01.07.1984 sind ebenfalls keine Überstunden von der Klägerin zu 2) erarbeitet worden. Ihre Sollarbeitszeit hat unter Berücksichtigung von einem Urlaubstag (Pfingstferien) und zwei gesetzlichen Feiertagen 296 Stunden betragen, ihre Istarbeitszeit aber nur 263.20 Stunden (07.05. bis 31.05.1984 = 96,5 Stunden; Juni 1984 = 163,70 Stunden; 01.07.1984 = 3 Stunden). Auch hier sind die Nachtarbeitszuschläge zugunsten der Klägerin zu 2) nicht abgezogen worden.

98

2.2.5.

In der Berechnungsperiode vom 02.07. bis 31.07.1984 sind für die Klägerin zu 2) ebenfalls keine Überstunden angefallen. Ihre Istarbeitszeit betrug 108,80 Stunden einschließlich der die Stundenzahl unzutreffend erhöhenden Nachtarbeitszuschläge. Die Sollarbeitszeit hat dagegen mit Rücksicht auf die infolge der Sommerferien ausgefallenen 8 Arbeitstage, die auch hier Tage des Erholungsurlaubs sind, nicht 176 Stunden (4 Wochen à 40 Stunden + 2 Arbeitstage à 8 Stunden) betragen, sondern (nur) 112 Stunden.

99

2.2.6.

Auch im Berechnungszeitraum vom 01.08. bis 25.09.1984 sind für die Klägerin zu 2) keine Überstunden entstanden. In jenem Zeitraum hat die Sollarbeitszeit 320 Stunden für die Klägerin zu 2) betragen. Gesetzliche Feiertage fallen nicht in jenen Zeitraum, Erholungsurlaub war aber auch nicht mehr zu berücksichtigen. Denn die Klägerin hat ihren 26 Arbeitstagen betragenden Erholungsurlaub (vgl. § 3 Abs. 1 Anlage 14 zu den AVR) für das Urlaubsjahr 1984 durch bezahlte "Nichtarbeit" an nicht auf gesetzliche Feiertage fallenden Arbeitstagen in den Schulferien vom Jahresanfang an gewährt erhalten (s. oben 1.2.1.6.1.), nämlich während der Weihnachtsferien (ab 02.01.1984) 5 Tage, in den Osterferien 12 Tage, in den Pfingstferien 1 Tag und in den Sommerferien bis 31.07.1984 die letzten 8 Tage. Im Berechnungszeitraum hat ihre Istarbeitszeit aber nur 242,75 Stunden (wiederum inklusive Nachtarbeitszuschlägen) betragen (August 1984 = 115,75 Stunden; 01. bis 25.09.1984 = 127,00 Stunden).

100

2.2.7.

Schließlich sind auch in der Berechnungsperiode vom 26.09. bis 20.11.1984 keine Überstunden bei der Klägerin zu 2) angefallen. Ihre Sollarbeitszeit hat 320 Stunden betragen, ihre Istarbeitszeit dagegen nur 301,75 Stunden (26.09. bis 30.09.1984 = 24,75 Stunden; Oktober 1984 = 166,50 Stunden; 01.11. bis 20.11.1984 = 110,50 Stunden).

101

2.3.

Der Antrag der Klägerin zu 3) ... - ist nur teilweise begründet. Ihr stehen für insgesamt 77,75 Überstunden im nicht verfallenen Zeitraum bei einem Stundensatz von DM 15.07 und einem Zuschlag von 25 % insgesamt DM 1.464,61 brutto zu.

102

2.3.1.

Für etwaige Überstunden, die in der Zeit bis 30.06.1984 angefallen sein können, steht der Klägerin zu 3) nichts mehr zu, da hierauf gerichtete Ansprüche verfallen sind.

103

2.3.2.

Für die Zeit vom 01.07. bis 31.07.1984 stehen ihr ebenfalls keine Ansprüche auf Überstundenbezahlung bzw. auf Überstundenzuschläge zu. Sie hat für diesen Monat überhaupt nicht dargetan, an welchen Tagen sie von wann bis wann wieviele Stunden gearbeitet hat.

104

2.3.3.

In der Berechnungsperiode vom 01.08. bis 25.09.1984 hat sie eine Sollarbeitszeit von 200 Stunden gehabt (320 Stunden abzüglich 15 Tagen Erholungsurlaub à 8 Stunden). Ihre Istarbeitszeit hat dagegen 270,25 Stunden betragen. Sie setzt sich aus anteiligen 150 pauschaliert vereinbarten Stunden für die Ferienfreizeit (vom 30.07. bis 11.08.1984) und weiteren 60 Arbeitsstunden im August sowie aus 60,25 Arbeitsstunden in der Zeit vom 01.09. bis 25.09.1984 zusammen. Mithin sind für die Klägerin zu 3) in jener Periode 70,25 Überstunden angefallen.

105

2.3.4.

In der Berechnungsperiode vom 26.09. bis 20.11.1984 sind für die Klägerin zu 3) weitere 7,5 Überstunden angefallen. Ihre Sollarbeitszeit hat 320 Stunden betragen, ihre Istarbeitszeit dagegen 327,50 Stunden. Sie setzt sich zusammen aus 22,50 Stunden in der Zeit vom 26.09. bis 30.09.1984, 194,50 Stunden im Oktober 1984 und weiteren 112,00 Stunden in der Zeit vom 01.11. bis 20.11.1984. Zwar weist die Arbeitszeitkarte der Klägerin zu 3) für Oktober 1984 die Summe von 204,50 Stunden aus; darin sind aber in der Spalte für den 21. Tag 10,00 Stunden mit "4 NB am 25, 27, 29, 31." eingetragen. Hierbei handelt es sich nicht um geleistete Arbeitsstunden, sondern um in Arbeitsstundenmengen "umgerechnete" Nachtbereitschaftszuschläge. Diese Zuschläge haben aber die geleistete Stundenzahl - und nur sie ist für die hier strittigen Überstunden und Überstundenzuschläge maßgeblich - nicht erhöhen können.

106

2.4.

Vollen Umfangs begründet ist dagegen die Klage der Klägerin zu 4) .... Ihr hat der Beklagte im Rahmen ihres Antrags DM 2.493,13 brutto zu zahlen, nämlich für 133,50 Überstunden jeweils den Stundensatz von DM 15,07 zuzüglich 25 % Überstundenzuschlag. Hieraus resultiert ein Gesamtbetrag von DM 2.514,85 brutto. Ihr durfte jedoch nicht mehr, als sie beantragt hat, zugesprochen werden (vgl. § 308 ZPO).

107

2.4.1.

Ebenso wie die Klägerin zu 2) hat auch die Klägerin zu 4) für die Berechnungsperiode vom 21.11.1983 bis 15.01.1984 substantiiert ihre Arbeitszeit nur für die Zeit ab 01.01.1984 (durch Vorlage der Kopie ihrer Arbeitszeitkarte für Januar 1984) dargetan. Das genügt in ihrem Fall nicht. Auch sie hätte ihre Arbeitszeit für die gesamte Berechnungsperiode substantiiert vortragen müssen, denn erst bei Betrachtung des gesamten Berechnungszeitraums ergibt sich, ob Überstunden angefallen sind.

108

2.4.2.

Aus der Berechnungsperiode vom 16.01. bis 11.03.1984 hat die Klägerin Anspruch auf Bezahlung von 30,25 Überstunden und Überstundenzuschlägen. Wie für die Klägerin zu 2) hat auch für die Klägerin zu 4) die regelmäßige Sollarbeitszeit 320 Stunden betragen. Die Klägerin hat jedoch 350,25 Stunden in jenem Zeitraum geleistet (16. bis 31.01.1984 = 109,75 Stunden; Februar 1984 = 170,70 Stunden; 01. bis 11.03.1984 = 71,00 Stunden). Hiervon waren 1,20 Stunden abzuziehen, die die Klägerin zu 4) für "Nachtbereitschaft" in Form "umgerechneter" Nachtbereitschaftszuschläge aufgeschrieben hat (s. oben 2.3.4.).

109

2.4.3.

Für die Berechnungsperiode vom 12.03. bis 06.05.1984 hat die Klägerin zu 4) weitere 51,75 Überstunden bezahlt zu erhalten. Ihre Sollarbeitszeit hat genau so wie bei der Klägerin zu 2) 200 Stunden betragen. Die Klägerin zu 4) hat jedoch 251,75 Stunden in jenem Zeitraum geleistet (12. bis 31.03.1984 = 136,20 Stunden; April 1984 = 77,10 Stunden; 01. bis 06.05.1984 = 40,85 Stunden). Von diesen aufgeschriebenen Stundenzahlen waren jedoch aus demselben Grund wie zuvor 2,40 Stunden für in Arbeitszeit umgerechnete "Nachtarbeitszuschläge" abzuziehen.

110

2.4.4.

Auch aus dem Berechnungszeitraum vom 07.05. bis 01.07.1984 stehen der Klägerin zu 4) Ansprüche auf Bezahlung von Überstunden zu. Bei einer Sollarbeitszeit von 296 Stunden (vgl. 2.2.4.) hat sie 335,75 Stunden gearbeitet (07.05. bis 31.05.1984 = 134,10 Stunden; Juni 1984 = 200,45 Stunden; 01.07.1984 = 3,00 Stunden). Von diesen aufgeschriebenen Stundenzahlen waren jedoch wiederum in Stunden "umgerechnete" Nachtarbeitszuschläge abzuziehen, nämlich 1,80 Stunden, so daß sich insgesamt 39,75 Überstunden ergeben.

111

2.4.5.

In der Berechnungsperiode vom 02.07. bis 31.07.1984 sind für die Klägerin zu 4) keine Überstunden angefallen. Einer Sollarbeitszeit von 112 Stunden (vgl. 2.2.5.) stehen nur 72 geleistete (aufgeschriebene) Stunden gegenüber.

112

2.4.6.

Auch in dem Berechnungszeitraum vom 01.08. bis 25.09.1984 sind für die Klägerin zu 4) Überstunden nicht angefallen. Die Sollarbeitszeit hat für sie mindestens 288 Stunden betragen. Ihr Urlaubsanspruch kann mangels Angabe ihres Lebensalters nicht genau festgestellt werden. Zu ihren Gunsten wird jedoch unterstellt, ihr Jahresurlaubsanspruch habe nicht weniger als 30 Arbeitstage (vgl. § 3 Abs. 1 1 it. c der Anlage 14 zu den AVR) betragen. Von 30 Arbeitstagen Urlaubsanspruch sind jedoch bereits 26 Tage durch arbeitsfreie Arbeitstage in den Schulferien bis 31.07.1984 erfüllt (vgl. 2.2.6.). Um die restlichen 4 Tage (= 32 Stunden) ist die Sollarbeitszeit in der Berechnungsperiode ab 01.08.1984 zu kürzen, so daß eine regelmäßige Sollarbeitszeit von 288 Stunden verbleibt. In jenem Berechnungszeitraum hat die Klägerin zu 4) aber nur 200,50 Stunden gearbeitet.

113

2.4.7.

Dagegen sind im Berechnungszeitraum vom 26.09. bis 20.11.1984 für die Klägerin zu 4) 11,75 zu bezahlende Überstunden angefallen. Einer regelmäßigen Sollarbeitszeit von 320 Stunden stehen 331,75 geleistete Stunden gegenüber (26.09. bis 30.09.1984 = 32,00 Stunden; Oktober 1984 = 179,25 Stunden; 01.11. bis 20.11.1984 = 120,75 Stunden).

114

3.

Auch die weiteren, hilfsweise vorgebrachten Begründungen sind nicht geeignet, der Klage zum Erfolg zu verhelfen.

115

3.1.

Zu Unrecht meint die Klage, der Beklagte habe Überstunden teilweise anerkannt (vgl. §§ 780, 781 BGB). Dies ist nicht der Fall. Der Beklagte hat eine angebliche Verpflichtung, Überstunden bezahlen zu müssen, gerade abgestritten. Seine weitere Einlassung zum Rechenwerk der Klage steht unter diesem ausdrücklichen Vorbehalt. Bereits dies schließt es aus, in der vorprozessualen oder prozessualen Einlassung des Beklagten auch nur ansatzweise ein Schuldanerkenntnis zu sehen.

116

3.2.

Die Klage kann auch nicht auf (nicht abgefeierte) Überstunden aus 1983 und auf Überstundenzuschläge für Überstunden aus 1983 gestützt werden. Insoweit haben die Klägerinnen der ihnen jeweils obliegenden Darlegungslast nicht genügt. Vielmehr wäre erforderlich gewesen, auch für 1983 im einzelnen darzulegen, an welchen Tagen zu welcher Zeit wieviele Stunden gearbeitet worden sein sollen oder sind. Denn erst dies ermöglicht überhaupt, erkennen zu können, ob, wann und welche Überstunden jeweils angefallen sein sollen.

117

Für die Klägerinnen zu 1) und 3) kommt hinzu, daß sämtliche Überstundenansprüche für Stunden aus 1983 gemäß § 23 Abs. 1 AVR mangels rechtzeitiger schriftlicher Geltendmachung verfallen sind (vgl. 1.3.2.).

118

Für die Klägerinnen zu 2) und 4) ist jene Ausschlußfrist zwar noch für solche Ansprüche gewahrt, die nach dem 28.09.1983 fällig geworden sind. Es ist aber nicht erkennbar, inwieweit Ansprüche auf Bezahlung von Überstunden und/oder Überstundenzuschlägen für Stunden aus 1983 erst innerhalb oder schon vor dem 28.09.1983 fällig geworden sind. Auch insoweit fehlt es an einer substantiierten Darlegung. Auch dies mußte zu Lasten der Klägerinnen zu 2) und 4) gehen.

119

4.

Die Entscheidung über die Zinsen folgt aus den §§ 284 Abs. 2 S. 1, 288 Abs. 1 S. 1 BGB.

120

5.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsrechtszugs beruht auf dem § 97 Abs. 1, 2 i. V. m. § 100 Abs. 2 ZPO. Soweit die Klägerinnen obgesiegt haben, beruht dies ausschließlich auf neuem, im ersten Rechtszug nicht angebrachtem Vorbringen. Erst die substantiierte Darlegung der tatsächlichen Arbeitsstunden (durch Vorlage der Arbeitszeitkarten) war geeignet, das Klagebegehren - soweit ihm stattgegeben worden ist - zu begründen. Diese Substantiierung war auch bereits im ersten Rechtszug möglich und nötig. Soweit die Klägerinnen unterlegen sind, mußten ihnen die Kosten der Berufung nach § 97 Abs. 1 ZPO auferlegt werden. Die Verteilung der Kosten der Berufung auf die Klägerinnen hatte angesichts ihrer unterschiedlichen Beteiligungen nicht nach Kopfteilen, sondern nach Wertteilen zu erfolgen.

121

Die neu zu treffende Entscheidung über die Kosten des ersten Rechtszugs beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 100 Abs. 2 ZPO, hinsichtlich der durch die Säumnis der Klägerinnen entstandenen Mehrkosten auf § 344 ZPO.

122

6.

Der Streitwert war für den Berufungsrechtszug nach § 69 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 61 Abs. 2 ArbGG, § 3 ZPO neu festzusetzen. Dagegen hatte es für den ersten Rechtszug beim dort festgesetzten Streitwert zu verbleiben.

123

7.

Die Zulassung der Revision ist gemäß § 72 ArbGG erfolgt.

Streitwertbeschluss:

Landesarbeitsgericht

Niedersachsen

2 (11) Sa 1207/86

1 Ca 1391/85 (Oldenburg)

3000 Hannover 1, den 13. Januar 1987

Siemensstraße 10

Tel.: 0511/80708-22

Beschluß

in Sachen

Klägerinnen und Berufungsklägerinnen

gegen

Beklagten und Berufungsbeklagten

Die Zahlenangabe in 2) c) des Tenors des Urteils vom 24.09.1986 wird von DM 2.505,38 in DM 2.493,13 berichtigt.

Gründe

Die Entscheidung beruht auf § 319 ZPO. Das Urteil war wegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit im Sinne jener Vorschrift zu berichtigen. Die Kammer hat der Klägerin das im Rahmen ihres Antrags Höchstmögliche (vgl. § 308 ZPO) zuerkannt; bei der Bezifferung jenes Betrags (vgl. Antrag aus dem Berufungsbegründungsschriftsatz vom 30.07.1986) ist ein offenbarer Übertragungsfehler unterlaufen.

Gegen diesen Beschluß ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.