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Abschnitt 46 VV-BBauG - Sozialplan (§ 13a Abs. 2 bis 4)

Bibliographie

Titel
Verwaltungsvorschriften zum Bundesbaugesetz (VV-BBauG)
Amtliche Abkürzung
VV-BBauG
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21074000000001

46.1
Ein Sozialplan ist von der Gemeinde aufzustellen, wenn sie durch eigene Maßnahmen einen Bebauungsplan verwirklichen will, der sich für die von der Verwirklichung unmittelbar Betroffenen erheblich nachteilig auswirkt. Dagegen ist nicht entscheidend, ob von der Gemeinde zuvor Grundsätze für soziale Maßnahmen erarbeitet worden sind oder nicht. Ob und in welchem Umfang ein Sozialplan erforderlich ist, richtet sich nach Art und Bedeutung der nachteiligen Auswirkungen im Einzelfall.

46.2
Mit der Verwirklichung eines Bebauungsplanes kann in den Fällen des § 33 bereits vor Rechtsverbindlichkeit begonnen werden. Dieser Fall ist in § 13a nicht ausdrücklich geregelt. Nach Sinn und Zweck des § 13a ist jedoch auch in diesem Fall ein Sozialplan aufzustellen.

Maßnahmen der Modernisierung und Instandsetzung, durch die Mißstände oder Mängel im Sinne von § 39 e i.V.m. § 39a Abs. 2 beseitigt werden, gehören ebenfalls zur Verwirklichung des Bebauungsplanes.

46.3
Ob die nachteiligen Auswirkungen einer Verwirklichung des Bebauungsplanes erheblich sind, läßt sich nur an Hand der konkreten Gegebenheiten durch Abwägung aller bedeutsamen Umstände feststellen. Dabei ist mit zu berücksichtigen, ob und in welchem Umfang von einem Betroffenen eigene Anstrengungen zur Beseitigung oder Milderung der Nachteile erwartet werden können.

46.4
Der Sozialplan ist ausgerichtet auf den einzelnen Betroffenen, hat also nicht die Form einer alle in Frage kommenden Betroffenen umfassenden Gesamtplanung. Er ist das schriftlich niederzulegende Ergebnis der mit dem einzelnen Betroffenen auf der Grundlage seiner persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse geführten Erörterungen über mögliche erheblich nachteilige Auswirkungen der Verwirklichung des Bebauungsplanes sowie über die in Betracht kommenden Hilfen und Maßnahmen und die Möglichkeiten ihrer Verwirklichung. Die Gemeinde braucht dabei die Vorstellungen des Betroffenen nicht zu übernehmen. Der Sozialplan ist bei Bedarf zu ergänzen und fortzuschreiben.

46.5
Der Sozialplan soll grundsätzlich zunächst dazu dienen, dem Betroffenen bei seinen eigenen Bemühungen zu helfen, nachteilige Auswirkungen zu vermeiden oder zu mildern. Er soll diese Bemühungen also nur unterstützen, nicht aber ersetzen. Hierauf sollen die Betroffenen in geeigneter Weise hingewiesen werden.

46.6
Im Sozialplan sind - soweit erforderlich - neben entschädigungsrechtlichen Hinweisen vor allem die Möglichkeiten des Sozialrechts darzustellen (z.B. Wohngeld, Arbeitslosenunterstützung, Umschulung nach dem Arbeitsförderungsgesetz).

Die Vorschrift des § 13a verpflichtet die Gemeinde nicht dazu, Leistungen zu gewähren, auf die der Betroffene keinen Anspruch hat. Geldleistungen im Billigkeitswege können daher im Sozialplan nur nach Maßgabe des Härteausgleichs gemäß §§ 122a und 122b vorgesehen werden. § 13a schließt aber nicht aus, daß die Gemeinde freiwillige Leistungen erbringt und dies im Sozialplan zusagt.

46.7
Ist ein Betroffener auf Grund seiner persönlichen Lebensverhältnisse nicht in der Lage, sich der Hinweise und Hilfen der Gemeinde zu bedienen, so soll diese weitere, auf die Verhältnisse des einzelnen Bedürftigen individuell abgestimmte Hilfsmaßnahmen aufzeigen. In Betracht kommen beispielsweise Hilfen bei der Wohnraumbeschaffung, spezielle Maßnahmen der Familien- und Jugendhilfe, Hilfe beim Verkehr mit Behörden und öffentlichen Dienststellen sowie - falls unabweisbar notwendig - Maßnahmen der Nachsorge.

46.8
Soll der Bebauungsplan nicht durch die Gemeinde, sondern durch einen anderen verwirklicht werden, so kann die Gemeinde, wenn die Voraussetzungen für die Aufstellung eines Sozialplanes im übrigen gegeben sind, verlangen, daß der andere im Einvernehmen mit ihr den Sozialplan aufstellt und durchführt. Sie kann statt dessen die Aufgaben aber auch ganz oder teilweise auf Kosten des anderen selbst übernehmen. Im übrigen gilt Nr. 46.1.

Die Gemeinde muß zwischen diesen beiden Alternativen wählen; sie darf also nicht untätig bleiben. Die erste Alternative kommt dann in Betracht, wenn der andere ein Unternehmen im Sinne von § 34 Abs. 1 StBauFG ist oder über besondere Erfahrungen im Bereich sozialer Planung verfügt oder besondere Möglichkeiten der Hilfe anbietet. Anderer im Sinne von § 13a Abs. 4 kann auch eine Behörde sein, die mit der Verwirklichung des Bebauungsplanes ihr zustehende Kompetenzen wahrnimmt (Beispiel: Bau der Ortsdurchfahrt einer Bundesfernstraße durch den von der Gemeinde verschiedenen Träger der Straßenbaulast).

Die Gemeinde kann dem anderen die ihm nach § 13a Abs. 4 Satz 1 übertragenen Aufgaben nachträglich ganz oder teilweise wieder entziehen und selbst übernehmen, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. Dies kommt vor allem in Betracht, wenn sich zeigt, daß der andere den mit der Übertragung verbundenen Pflichten nicht nachkommt.

Verlangt die Gemeinde von dem anderen die Aufstellung und Durchführung des Sozialplanes, so soll sie ihn bei der Erfüllung dieser Aufgabe nach Möglichkeit unterstützen: sie soll ihm nahelegen, ihr so frühzeitig wie möglich seine eigenen Vorstellungen über den Sozialplan bekanntzugeben. Da der andere nur im Einvernehmen mit ihr handeln kann, hat sie einen weitgehenden Einfluß auf den Inhalt des Sozialplanes.

Die Gemeinde kann von dem anderen nur solche Maßnahmen verlangen, zu denen sie nach § 13a Abs. 2 und 3 bei eigener Verwirklichung des Bebauungsplanes ebenfalls verpflichtet wäre. Hierzu gehören auch die besonderen individuellen Hilfen gemäß Nr. 46.7, nicht jedoch die Zahlung eines Härteausgleichs. Die Worte "und durchgeführt" in § 13a Abs. 4 Satz 1 erweitern nicht den Pflichtenkreis des anderen. Sie stellen nur klar, daß die Verwirklichung des Bebauungsplanes nicht unabhängig vom Inhalt des Sozialplanes erfolgen kann und daher durch geeignete Regelungen sicherzustellen ist, daß insoweit bestehende Abhängigkeiten zeitlicher oder sachlicher Art von anderen beachtet werden. Es ist jedoch zulässig, daß der andere durch öffentlich-rechtlichen Vertrag (vgl. § 54 VwVfG) mit der Gemeinde weitere über § 13a Abs. 4 hinausgehende zusätzliche Maßnahmen der Hilfe und Milderung für einen Betroffenen übernimmt.

Wird die Genehmigung eines Vorhabens beantragt und verursacht seine Verwirklichung voraussichtlich erhebliche Nachteile zu Lasten einzelner, hat die Gemeinde anläßlich ihrer Stellungnahme nach § 73 Abs. 1 NBauO zu prüfen, ob und in welchem Umfang ein Sozialplan erforderlich ist und wer ihn durchführt. Mit ihrer Stellungnahme unterrichtet die Gemeinde die Baugenehmigungsbehörde über ihre im Zusammenhang mit dem Sozialplan getroffenen oder beabsichtigten Maßnahmen. Die Baugenehmigungsbehörde hat zu prüfen, ob und inwieweit die Durchführung des Sozialplanes durch Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung wirksam abgesichert werden kann.

Auf die Notwendigkeit eines Sozialplanes soll die Gemeinde aus Anlaß eines Bodenverkehrsgenehmigungsverfahrens oder einer Bauvoranfrage aufmerksam machen.

Ist der andere auf Grund einer Anordnung nach den §§ 39b bis e zur Verwirklichung des Bebauungsplanes verpflichtet und kommt er dem Verlangen der Gemeinde nach Aufstellung eines Sozialplanes nicht oder nicht in ausreichendem Maße nach, so muß die Gemeinde den Sozialplan aufstellen.

46.9
Unabhängig von der allgemeinen Pflicht zur Aufstellung eines Sozialplanes hat die Gemeinde gemäß § 39a Abs. 1 in dem Fall, daß sie beabsichtigt, ein Bau- oder Pflanzgebot (§ 39b), ein Nutzungsgebot (§ 39c), ein Abbruchgebot (§ 39d) oder ein Modernisierungs- oder Instandsetzungsgebot (§ 39e) zu erlassen, die Maßnahmen mit den unmittelbar Betroffenen zu erörtern. In diesen Fällen muß die Gemeinde zuvor auch mit den Mietern oder Pächtern erneut die Möglichkeit einer anderweitigen Unterstützung erörtern (§ 39g i.V.m. § 27 Abs. 3 StBauFG).

46.10
Die Gemeinde kann zur Verwirklichung des Sozialplanes gemäß § 39g i.V.m. § 31 StBauFG auf Antrag ein Miet- oder Pachtverhältnis über Wohn- oder Geschäftsraum verlängern. Sie kann ferner in einem Gebiet, für das der Genehmigungsvorbehalt des § 39h Abs. 1 gilt, die erforderliche Genehmigung zum Abbruch, zum Umbau oder zur Änderung einer baulichen Anlage versagen, um die Durchführung des Sozialplanes zu sichern. Diese Befugnisse stehen der Gemeinde auch dann zu, wenn ein anderer den Sozialplan aufgestellt hat und durchführt.

46.11
§ 13a Abs. 2 bis 4 findet keine Anwendung für Bebauungspläne innerhalb förmlich festgelegter Sanierungsgebiete (§ 86 Abs. 1 Satz 3 StBauFG).