Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 08.07.2013, Az.: 1 A 239/11

Fahrtenbuchauflage; Geschwindigkeitsmessung; Piezoelektrische Messfühler; TraffiPax TraffiPhot S

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
08.07.2013
Aktenzeichen
1 A 239/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64348
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Behörde hat den ausreichenden Nachweis erbracht, dass die Geschwindigkeitsmessung ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine vom Beklagten angeordnete Fahrtenbuchauflage.

Sie ist Halterin des Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen XXX-XX XXX. Nach den Feststellungen der Bußgeldbehörde des Landkreises Q. wurde mit diesem Fahrzeug am 25.06.2011 um 15.56 Uhr in R., Bundesstraße XXX, Q. Straße, km 20,500, die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften (50 km/h) um 22 km/h überschritten. In dem durch den Landkreis Q. als zuständiger Bußgeldbehörde eingeleiteten Bußgeldverfahren wurde der Klägerin unter dem 30.06.2011 ein Zeugenfragebogen übersandt. Am 27.07.2011 kam der Zeugenfragebogen unterschrieben von S. D. zurück. Dieser gab an, er könne den Fahrer des Fahrzeugs nicht nennen, da er ihm unbekannt sei bzw. sich anhand der Angaben im Anhörungsbogen nicht identifizieren lasse. Unter dem 01.08.2011 übersandte der Landkreis Q. der Klägerin erneut einen Zeugenfragebogen mit der Bitte, diesen innerhalb einer Woche ausgefüllt zurückzusenden. Falls sie von ihrem Zeugnis-/Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen wolle, werde ebenfalls um eine Rückmeldung gebeten. Hierauf reagierte die Klägerin nicht. Unter dem 30.08.2011 stellte der Landkreis Q. das Bußgeldverfahren ein, da der Fahrzeugführer nicht festgestellt werden konnte.

Mit Schreiben vom 05.09.2011 hörte der Beklagte die Klägerin zu der beabsichtigten Auflage eines Fahrtenbuchs an. Daraufhin teilte die Klägerin mit, dass es sich bei dem Tatfahrzeug um einen Dienstwagen handele, der ihrem Mitarbeiter Herrn S. D. zugeordnet sei. Die Dienstwagen dürften auch durch die Ehe- oder Lebenspartner der Mitarbeiter genutzt werden. Zum Tatzeitpunkt habe Herr D. gemeinsam mit seiner Ehefrau eine private Reise mit dem Fahrzeug gemacht. Nach seinen Angaben habe er sich beim Fahren mit seiner Ehefrau abgewechselt. Die Eheleute D. könnten sich nicht mehr daran erinnern, wer zum fraglichen Zeitpunkt das Fahrzeug geführt habe. Mit Bescheid vom 08.11.2011 ordnete der Beklagte gegenüber der Klägerin gemäß § 31 a StVZO die Führung eines Fahrtenbuchs für die Dauer von 6 Monaten für das Fahrzeug mit dem Kennzeichen XXX-XX XXX an. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lägen vor. Mit dem Fahrzeug sei ein Verkehrsverstoß begangen worden und der Fahrzeugführer habe nicht festgestellt werden können, obwohl die Bußgeldbehörde alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen habe.

Die Klägerin hat am 24.11.2011 Klage erhoben.

Sie zieht erstmals in Zweifel, dass der vom Landkreis Q. festgestellte Verkehrsverstoß tatsächlich mit ihrem Fahrzeug begangen worden sei. Auf dem Radarfoto des Zeugenfragebogens sei das Autokennzeichen des Fahrzeugs nicht erkennbar. Dem Verwaltungsvorgang des Beklagten sei nicht zu entnehmen, wie die Q. Straße in dem Bereich, in dem die Geschwindigkeitsmessung durchgeführt worden sei, ausgeschildert sei, insbesondere wie die Beschilderung vor und nach dem Ort der Geschwindigkeitsmessung ausgesehen habe und wie weit der Ort der Geschwindigkeitsmessung vom Ortsausgang entfernt gewesen sei. Es sei nicht ersichtlich, an welcher Stelle genau die Geschwindigkeitsmessung vorgenommen worden sei, die Fahrtrichtung sei nicht angegeben. Aus dem Verwaltungsvorgang gehe auch nicht hervor, ob das Geschwindigkeitsmessgerät ordnungsgemäß geeicht, vorschriftsmäßig ausgestattet gewesen und entsprechend der einschlägigen Bedienungsanleitung regelmäßig gewartet worden sei und ob es eine Kontrollmessung gegeben habe. Fraglich sei auch, ob der Beklagte die Anhörungsfrist von 2 Wochen gewahrt habe. Aus dem Verwaltungsvorgang gehe nicht hervor, wann der Anhörungsbogen bei der Klägerin eingegangen sei. Den Eheleuten D. könne nicht vorgeworfen werden, dass sie sich nicht daran erinnern könnten, wer zum fraglichen Zeitpunkt das Fahrzeug geführt habe. Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage sei auch unverhältnismäßig, da es um eine angebliche Geschwindigkeitsüberschreitung von lediglich 22 km/h gehe, die offenbar zu keiner Verkehrsgefährdung geführt habe.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten über die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs vom 08.11.2011 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält seinen Bescheid für rechtmäßig. Die Geschwindigkeitsmessung sei fehlerfrei durchgeführt worden und das Geschwindigkeitsmessgerät ordnungsgemäß geeicht gewesen, wie sich aus den im Klageverfahren übersandten Unterlagen ergebe. Der Landkreis Q. habe auch alle notwendigen Maßnahmen ergriffen, um den verantwortlichen Fahrzeugführer festzustellen. Hätte die Klägerin bereits im Bußgeldverfahren mitgeteilt, dass ausschließlich die Eheleute D. als mögliche Fahrzeugführer in Betracht kämen, hätte die Bußgeldbehörde damals weitere Ermittlungen gegenüber dem Ehepaar D. anstellen können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die angefochtene Fahrtenbuchauflage ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie hat ihre Rechtsgrundlage in § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Nach dieser Vorschrift kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge - auch Ersatzfahrzeuge - die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Die Klägerin ist Halterin des Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen NOM-HW 219. Eine Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften im Sinne von § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO liegt darin, dass die dieses Fahrzeug führende Person unter Verstoß gegen § 41 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 (Zeichen 274) StVO am 25.06.2011 um 15.56 Uhr in R., Bundesstraße XXX, Q. Straße, km 20, 500, die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h überschritt. Dass es sich bei dem in Rede stehenden Fahrzeug tatsächlich um das Fahrzeug der Klägerin mit dem Kennzeichen XXX-XX XXX handelt, ergibt sich aus der vom Landkreis Q. übersandten Vergrößerung des Radarfotos (Bl. 40 Gerichtsakte), wo das Kennzeichen XXX-XX XXX gut zu lesen ist.

Das Gericht hat keinen Anlass, an der Zuverlässigkeit des bei der Radarmessung gewonnenen und dokumentierten Ergebnisses zu zweifeln. Die Geschwindigkeitsmessung wurde in einem standardisierten Verfahren mit einem allgemein anerkannten Messgerät, der Geschwindigkeitsüberwachungsanlage „TraffiPax Traffi Phot S“ mit „Piezo-Vorverstärkern Robot IPV“ durchgeführt. Der Beklagte hat durch Vorlage der einschlägigen Eichscheine belegt, dass sowohl das Geschwindigkeitsmessgerät einschließlich der Digitalkamera „Robot Smartcamera IM“ als auch der Sensorbereich mit piezoelektrischen Messfühlern geeicht waren. Die Gültigkeit der Eichungen, die am 08.12.2010 bzw. 02.03.2010 vorgenommen wurden, bestanden bis zum 31.12.2011. Soweit die Klägerin geltend macht, die piezoelektrischen Messfühler seien nicht wie in der „Richtlinie zur Überprüfung des Sensorbereiches von Geschwindigkeitsüberwachungsgeräten mit piezoelektrischen und faseroptischen Drucksensoren (Piezorichtlinie)“ vorgesehen, halbjährlich gewartet worden, so gilt diese Richtlinie vorliegend nicht. Bei den in Rede stehenden Drucksensoren handelt es sich lt. schriftlicher Auskunft des Straßenverkehrsamtes des Landkreises Q. vom 08.05.2013 um sogen. „Intelligente Piezo-Vorverstärker“, die von der Piezorichtlinie nicht erfasst sind. Letzteres ergibt sich daraus, dass diese Drucksensoren in der Piezorichtlinie nicht mit aufgeführt sind, und aus einem vom Landkreis Q. übersandten Auszug aus einem T. -Gutachten vom 17.03.2009. Dort heißt es auf Seite 10, grundsätzlich müssten Messstellen mit verlegten Piezosensoren in einem halbjährlichen Abstand von dem Hersteller oder von einer von ihm aus autorisierten Servicestelle überprüft (gewartet) werden. Von dieser halbjährlichen Wartung seien Geräte der Bauart ausgenommen, die mit Sensoren des Typs „Roadtrax BL Traffic“ i.V.m. einem Intelligenten Piezo-Vorverstärker (IPV) ausgestattet seien; für diese gelte die „Richtlinie zur Eichung des Intelligenten Piezo-Vorverstärkers ROBOT IVP“.  Soweit die Klägerin anzweifelt, dass die in Rede stehende Messstelle mit „Sensoren des Typs Roadtrax BL Traffic“ ausgestattet ist, sind ihre Zweifel ebenfalls durch das Schreiben des Straßenverkehrsamtes vom Landkreis Q. vom 08.05.2013 ausgeräumt. Danach sind bei allen stationären Messorten im Landkreis Q. ausschließlich die Fahrbahnsensoren des Typs „ Roadtrax BL Traffic“ verbaut. Nach Auskunft der Firma Jenoptik-Robot sei dieser Fahrbahnsensor nach der PTB-Zulassung zwingend einzusetzen, wenn die Geschwindigkeitsmessanlage mit dem Intelligenten Piezo-Vorverstärker ausgerüstet sei. Bei TraffiPhot S - Messplätzen mit Intelligenten Vorverstärkern (IPV) entfällt somit die halbjährliche Wartung. Derartige Messplätze müssen nach der Eichordnung (§§ 12 und 14, Anhang B Nr. 18.3) lediglich einmal im Jahr geeicht werden.

Nach dem Messprotokoll wurde das Gerät auch entsprechend der Bedienungsanleitung des Herstellers durch qualifiziertes Personal eingesetzt. Aus dem Messprotokoll ergibt sich ferner die von der Klägerin vermisste Angabe des Abstands von Geschwindigkeitsmessgerät zum Ortseingang und Ortsausgang. Soweit in dem ihr übersandten Anhörungsbogenfragebogen nicht angegeben war, in welcher Fahrtrichtung der Geschwindigkeitsverstoß begangen wurde, wurde dies durch das Straßenverkehrsamt des Landkreises Q. nachgetragen. Insoweit wird auf den Gesprächsvermerk der Einzelrichterin vom 17.05.2013 (Bl. 67 Gerichtakte) Bezug genommen, der den Beteiligten bekannt ist. Danach fuhr das Fahrzeug, mit dem der Geschwindigkeitsverstoß begangen wurde, in Richtung Wischhafen. Soweit die Klägerin die Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung auch insoweit in Zweifel zieht, als sie eine Kontrollmessung vermisst, besteht kein Anlass zu weiteren Ermittlungen. Das Messprotokoll ist eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 98 VwGO i.V.m. § 418 ZPO und erbringt den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. Um diese gesetzliche Beweisregel zu erschüttern, hätte die Klägerin nach § 418 Abs. 2 ZPO substantiiert durch einen Beweisantritt, der den vollen Nachweis eines anderen Geschehensablaufes beinhalten müsste, dem Gericht zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen darlegen müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Die Klägerin hat lediglich quasi „ins Blaue hinein“ eine weitere Frage aufgeworfen, die auf eine Ausforschung des Sachverhaltes abzielt. Eine solche ist von dem Gericht aber nicht vorzunehmen.

Die Feststellung derjenigen Person, die das Kraftfahrzeug der Klägerin bei dem Verkehrsverstoß geführt hat, war auch im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich. Eine Unmöglichkeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen hierfür getroffen hat. Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit der Behörde können sich an dem Verhalten und der Erklärung des Fahrzeughalters ausrichten, der zur Mitwirkung verpflichtet ist. Vorliegend war der im Bußgeldverfahren betriebene Ermittlungsaufwand angemessen und ausreichend. Hält ein Betrieb ein Firmenfahrzeug, so hat der Betriebsinhaber nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer (vgl. z. B. Urteil vom 02.06.2010 - 1 A 61/08 -; Beschluss vom 23.11.2009 - 1 B 291/09 -), die derjenigen des Nds. Oberverwaltungsgerichts folgt (z. B. Beschluss vom 17.02.2011 - 12 LA 172/10 -; Beschluss vom 21.09.2009 - 12 ME 173/09 - m. w. N.), die Pflicht, die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen dafür zu treffen, dass (ggf. auch bei unscharfem oder gar nicht vorhandenem Foto) festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Betriebsfahrzeug benutzt hat, und diese Person auch zu benennen. Bei entsprechenden organisatorischen Vorkehrungen der Antragstellerin wäre die Identifizierung des verantwortlichen Fahrzeugführers im vorliegenden Fall völlig unproblematisch gewesen. Dem Unterlassen der Klägerin ist es daher maßgeblich zuzuschreiben, dass die Feststellung der Person, die den Verkehrsverstoß begangen hat, nicht möglich war.

Unerheblich ist der Einwand der Klägerin, es sei nicht nachgewiesen, dass sie innerhalb von 14 Tagen nach dem Verkehrsverstoß angehört worden sei. Hierauf kommt es vorliegend nicht an. Zwar gehört nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu dem als Voraussetzung für die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage zu fordernden angemessenen Ermittlungsaufwand grundsätzlich die unverzügliche, d. h. regelmäßig innerhalb von zwei Wochen erfolgende Benachrichtigung des Fahrzeughalters von der mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Zuwiderhandlung. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass ein konkreter Anstoß innerhalb dieser Frist ausreicht, um zu verhindern, dass etwa die Erinnerung entscheidend verblasst, so dass es dem Fahrzeughalter in dem sich an den Verkehrsverstoß anschließenden Bußgeldverfahren möglich bleibt, seine Verteidigung auf dieser Grundlage einzurichten. Die Zweiwochenfrist gilt aber für jene vom Regelfall abweichenden Gestaltungen nicht, in denen - bei typisierender Betrachtung - auch eine spätere Anhörung zur effektiven Rechtsverteidigung genügt oder erkennbar ist, dass die Rechtsverteidigung des Fahrzeughalters durch dessen spätere Anhörung nicht beeinträchtigt wurde. Verzögerte Ermittlungshandlungen der Behörde schließen deshalb die Fahrtenbuchanordnung nicht aus, wenn feststeht, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich war (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 25.06.1987 - 7 B 139.87 -, Buchholz 442.16, Nr. 17 zu § 31 a StVZO; Nds. OVG, Beschluss vom 31.10.2006 - 12 LA 463/05 -, juris). Die Kausalität zwischen der verzögerten Anhörung und der Nichtfeststellung des Kraftfahrzeugführers ist insbesondere dann zu verneinen, wenn sich der Fahrzeughalter nicht bereits im Ordnungswidrigkeitenverfahren, sondern erst in dem sich daran anschließenden Verwaltungsverfahren betreffend die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs auf eine fehlende Erinnerung an den Fahrzeugführer beruft oder wenn dem Halter ein zur Identifizierung des Fahrers ausreichendes Foto vorgelegt worden ist, weil es in einem solchen Fall in erster Linie nicht auf das Erinnerungsvermögen, sondern auf das Erkenntnisvermögen ankommt (vgl. ständige Rechtsprechung, Nds. OVG, s. nur Beschlüsse vom 08.11.2004 - 12 LA 72/04-, juris, und vom 14.10.2010 - 12 ME 143/10 -). So verhält es sich hier. Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin erst in dem Verfahren zur Anordnung des Fahrtenbuchs auf das fehlende Erinnerungsvermögen des Ehepaares D. berufen.

Der Beklagte hat bei Erlass der Fahrtenbuchauflage auch das ihm durch § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO eingeräumte Ermessen (§ 114 VwGO) ordnungsgemäß ausgeübt. Er hat dem öffentlichen Interesse daran, dass bei künftigen Verstößen der verantwortliche Fahrzeugführer ermittelt werden kann, beanstandungsfrei den Vorrang vor dem Interesse der Klägerin eingeräumt, von den mit der Führung des Fahrtenbuchs verbundenen Unannehmlichkeiten verschont zu bleiben. Insbesondere vermag das Gericht im Hinblick auf die Dauer der Fahrtenbuchauflage einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu erkennen. Durch die Fahrtenbuchauflage soll der Fahrzeughalter zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung und zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Fall eines erneuten Verkehrsverstoßes angehalten werden. Dazu ist bereits eine gewisse Dauer der Fahrtenbuchauflage erforderlich. Schon ein Verkehrsverstoß, der zu einer Eintragung von einem Punkt in das Verkehrszentralregister (vgl. § 4 StVG) führen würde, rechtfertigt eine Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs von sechs Monaten (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.05.1995 - 11 C 12.94 -, BVerwGE 98, 227; Nds. OVG, Beschlüsse vom 17.09.2007 - 12 ME 225/07 -, NJW 2008, 167 und vom 08.07.2005 - 12 ME 185/05 -; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 31a StVZO Rn. 8). Dies gilt regelmäßig auch dann, wenn es sich um einen erstmaligen Verstoß handelt (BVerwG, Urteil vom 17.07.1986 - 7 B 234/85 -, NJW 1987, 143; OVG Münster, Urteil vom 30.11.2005 - 8 A 280/05 -, NZV 2006, 223; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.10.1991 - 10 S 2544/91 -, NZV 1992, 167). Da bereits ein Geschwindigkeitsverstoß bis zu 25 km/h gemäß Nr. 7 der Anlage 13 (Punktebewertung nach dem Punktsystem) zu § 40 der Fahrerlaubnisverordnung zu einer Eintragung in das Verkehrszentralregister von einem Punkt führt, ist die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs von sechs Monaten hier nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.