Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 09.07.2013, Az.: 2 A 536/12

verkürzte Ausbildung; private Berufsfachschule; Berufsfachschule; Berufswahlfreiheit; Förderfähigkeit; allgemeiner Gleichheitssatz; Rettungsassistent; Rettungssanitäter; Stufenausbildung

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
09.07.2013
Aktenzeichen
2 A 536/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 64354
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Es besteht kein Anspruch auf Förderung nach dem BaföG für den ersten Teil einer Stufenausbildung zum Rettungsassistenten, der die Ausbildung zum Rettungssanitäter umfasst.

Gründe

Die beantragte Prozesskostenhilfe kann nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den in dem Bescheid des Antragsgegners vom 08.08.2012 genannten Gründen, denen die Kammer für das Prozesskostenhilfeverfahren folgt, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 S. 1 ZPO).

Zutreffend geht der Antragsgegner davon aus, dass der Antragsteller für die Zeit vom 15.10.2012 bis mindestens 19.01.2013 keinen Anspruch auf BaföG hat, weil der in diesem Zeitraum absolvierte Teil der „Stufenausbildung zum Rettungsassistenten“ an der staatlich anerkannten Lehranstalt für Rettungsassistenten an der MED-ECOLE in Kiel nicht förderfähig ist. Der Antragsteller wurde ausweislich des von ihm vorgelegten Ausbildungsplans vom 09.11.2012 in einer ersten Stufe (15.10.2012 bis 19.01.2013) zum Rettungssanitäter ausgebildet. Diese Ausbildung ist für sich genommen - was zwischen den Beteiligten dem Grunde nach unstreitig zu sein scheint - keine nach dem BaföG förderfähige Ausbildung, weil die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BaföG - anders als für den 2. Teil der Ausbildung, der zum Abschluss als Rettungsassistent führt (dazu Sächs. OVG, Urteil vom 03.02.2012 - 1 A 748/11 -, Rn. 18 ff., v.n.b., nachgehend BVerwG, Beschluss vom 08.10.2012 - 5 B 25/12 -, zit. nach juris Rn. 5) - insoweit nicht vorliegen (es fehlt an einem zumindest zweijährigen Bildungsgang) und diese Ausbildung auch nicht der staatlichen Aufsicht unterliegt (vgl. Erlass des Schleswig-Holsteinischen Wissenschaftsministeriums vom 27.09.2005, Az.: VII - 536 - 3711.23-008). Dies hat zur Folge, dass die vom Antragsteller gewählte Ausbildungsstätte insoweit nicht staatlich anerkannt ist (vgl. das Ausbildungsstättenverzeichnis des Landes Schleswig-Holstein, Stand: 23. August 2011, S. 191 mit Vorbemerkung 17 auf S. 13 f.).

Ein anderer Befund ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die vom Antragsteller ausgewählte Ausbildungsstätte die verkürzte Ausbildung zum Rettungsassistenten zwangsläufig nur in Kombination mit der als erster Stufe vorgeschalteten Ausbildung zum Rettungssanitäter in einem einheitlichen Lehrgang „RAS 04/12“ über die Dauer eines Jahres anbietet. Zu diesem Argument hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht in seinem, den Beteiligten zur Kenntnis gebrachten Beschluss vom 4. Juli 2006 - 2 O 104/05 -, v.n.b., ausgeführt:

„Mit ihrer Beschwerde macht die Klägerin geltend, dass es sich bei der vorgeschalteten Ausbildung zur Rettungssanitäterin nicht um eine isolierte Ausbildung gehandelt habe, sondern vielmehr um eine Ausbildung, die von Anfang an darauf gerichtet gewesen sei, den unstreitig staatlich geförderten Abschluss zum Rettungsassistenten zu erlangen. Da sie - die Klägerin - über keine einschlägige Vorbildung verfügt habe, sei sie darauf angewiesen gewesen, die durch die private Ausbildungsstätte nur einheitlich angebotene Ausbildungsform zu akzeptieren. Diese entspreche in vollem Umfang den Voraussetzungen des § 4 Rettungsassistentengesetz und stelle somit eine in vollem Umfang förderungswürdige und förderungsfähige Ausbildung zum Rettungsassistenten dar. Mit diesen Argumenten hat sich bereits das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss befasst und zutreffend ausgeführt, dass die Aufspaltung der Ausbildung allein auf die Gestaltung der von der Klägerin gewählten Ausbildungsstätte zurückgehe und sich nicht an der ausbildungsförderungsrechtlichen Anerkennungslage orientiere. Dem ist beizupflichten.“

Diesen Ausführungen folgt die erkennende Kammer. Sie lassen sich auf den vorliegenden Sachverhalt eins zu eins übertragen, weil das vor dem Schleswig-Holsteinischen OVG geführte Beschwerdeverfahren nach den Ermittlungen der Kammer ebenfalls die von der dortigen Beschwerdeführerin gewählte Ausbildungsstätte MED-ECOLE in Kiel und die von dieser angebotene „Stufenausbildung zum Rettungsassistenten“ betraf, die schon Gegenstand des vorstehend zitierten Erlasses des Schleswig-Holsteinischen Wissenschaftsministeriums vom 27.09.2005 war.

Auch dem Antragsteller ist die Wahl der e.g. Ausbildungsstätte in Kiel allein zuzuschreiben. Er kann durch diese Entscheidung indes förderungsrechtlich nicht besser stehen als Absolventen einer schulischen Ausbildung zum Rettungsassistenten an anderen anerkannten Berufsfachschulen im Bundesgebiet, die zu Beginn ihrer zweijährigen Ausbildung die Qualifikation als Rettungssanitäter bereits mitbringen (ggf. in Erfüllung einer Zugangsvoraussetzung für ihre Berufsfachschule), weil sie diese zuvor schon auf eigene Kosten oder aber kostenfrei (etwa im Rahmen ehrenamtlichen Engagements in einer Hilfsorganisation) erworben haben. Dem Antragsteller ist insbesondere nicht in der Annahme zu folgen, er habe „keine andere Wahlmöglichkeit“, weil - sinngemäß - sämtliche Berufsfachschulen im Bundesgebiet die Ausbildung zum Rettungsassistenten grundsätzlich nur in Kombination mit einer vorgeschalteten bzw. integrierten Ausbildung zum Rettungssanitäter anböten (vgl. nur das abweichende Angebot der Fachakademie Gesundheitswesen in Hannover zur 2-jährigen Ausbildung als Rettungsassistent, abrufbar unter

http://www.rettungsschule-hannover.de/index.php?id=360&MP=154-1477) bzw. die Lehrinhalte der Ausbildung zum Rettungssanitäter zwangsläufig von denen der Ausbildung zum Rettungsassistenten umfasst seien. Eine teilweise Überschneidung der Lehrinhalte rechtfertigt nicht die Annahme des Antragstellers, in die Ausbildung zum Rettungsassistenten sei zwingend, da gesetzlich vorgeschrieben, die Qualifizierung zum Rettungssanitäter integriert. Hierfür geben die Bestimmungen des RettAssG und der MedizinalfachberufeV nichts her.

Die Kammer vermag schließlich auch keine Verletzung der Berufswahlfreiheit nach Art. 12 GG oder des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG zu erkennen, denn es bestehen zwischen den einzelnen Arten der Ausbildung zum Rettungsassistenten - 3-jährige Ausbildung durch Anstellung bei einer Rettungsdienstorganisation unter Zahlung einer Ausbildungsvergütung einerseits und 2-jährige (schulische) Ausbildung an einer privaten Berufsfachschule mit Verpflichtung zur Schulgeldzahlung andererseits, ggf. in Kombination mit Möglichkeiten einer Verkürzung der Ausbildungsdauer - erhebliche Unterschiede, die die vom Antragsteller erstrebte förderungsrechtliche Gleichbehandlung aller Ausbildungswege sachlich nicht zu rechtfertigen vermögen. Hierbei allein auf die zu vermittelnden Lehrinhalte nach dem RettAssG abzustellen, greift schlichtweg zu kurz.

Aus den vorstehend dargelegten Gründen, insbesondere des freien Entschlusses des Antragstellers zur Aufnahme einer Ausbildung zum Rettungsassistenten an der MED-ECOLE in Kiel, ist nicht ersichtlich, dass zugunsten des Antragstellers ein Härtefall gegeben ist. Ein solcher könnte ohnehin nicht über die gesetzlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BaföG hinweghelfen.