Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 30.07.2013, Az.: 2 A 611/12

Ööffentliches Interesse an der erneuten Ausweisung eines Ausländers wegen eines neuen Ausweisungsgrundes bei fortwirkender erstmaliger Ausweisung

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
30.07.2013
Aktenzeichen
2 A 611/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 47808
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGGOETT:2013:0730.2A611.12.0A

Fundstellen

  • AUAS 2013, 198-201
  • NdsVBl 2013, 4

Tatbestand

1

Der am xxx geborene Kläger ist indischer Staatsangehöriger. Nachdem er zuvor einmal an der Grenze zurückgeschoben worden war, reiste er erstmals im September 2001 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er hielt sich im Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörde des Werra-Meißner Kreises auf. Seinerzeit gab er vor, E. B. F. zu heißen und am 18. Juli 1978 geboren zu sein. Am 19. September 2002 wurde er in einer Gaststätte in G. aufgegriffen; er arbeitete dort ohne Erlaubnis als Küchenhilfe. Mit Bescheid vom 20. September 2002 wies der Werra-Meißner Kreis den Kläger daraufhin aus der Bundesrepublik Deutschland aus; eine Befristungsentscheidung traf der Werra-Meißner Kreis nicht. Dieser Bescheid ist bestandskräftig.

2

Einen in der Folge gestellten Asylantrag lehnte das vormalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als offensichtlich unbegründet ab. Da der Kläger über keinerlei Personaldokumente verfügte, wurde er weiterhin geduldet. Im Dezember 2007 wurde er in der genannten Gaststätte erneut aufgegriffen; er arbeitete erneut ohne Erlaubnis und legte den kontrollierenden Zollbeamten zum Teil gefälschte, zum Teil gestohlene Dokumente vor. Durch Urteil des Amtsgerichts Eschwege vom 2. Dezember 2008 wurde er daraufhin zu einer Gesamtstrafe von 80 Tagessätzen á 5,00 € wegen Urkundenfälschung verurteilt. Mit Bußgeldbescheid vom 9. Juni 2010 verhängte das Hauptzollamt Gießen gegen den Kläger wegen unerlaubter Beschäftigung eine Geldbuße in Höhe von 50,00 Euro; zu der nach seinem Einspruch hiergegen für den 9. Dezember 2010 terminierten Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Gießen erschien der Kläger nicht. Offenbar war er zu diesem Zeitpunkt bereits ausgereist; genaueres zum Ausreisedatum und -ziel lässt sich den Akten nicht entnehmen; jedenfalls wurde er von Amts wegen zum 8. März 2010 aus der Wohnung seiner vormaligen Lebensgefährtin abgemeldet.

3

Während seines gesamten Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland war es nicht möglich, für den Kläger Personaldokumente zu erlangen. Nach Auskunft der indischen Behörden konnten die angegebenen Personaldetails nicht verifiziert werden. Zuletzt erhielt der Kläger unter dem 17. Dezember 2009 eine bis zum 19. März 2010 befristete Duldung.

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Ausgestellt am 29. Dezember 2009 erhielt der Kläger von der indischen Botschaft in Mailand unter seinen jetzigen Personaldaten einen indischen Pass. In diesem Pass ist als Ausstellungsgrund vermerkt, dass der Kläger seinen vorherigen Pass, ausgestellt am 22. September 1999, verloren habe. Aus dem Pass ergibt sich ferner, dass sich der Kläger von März bis Mai 2011 in Indien aufgehalten hat. Der Kläger verfügt über eine in Fondi am 7. Juli 2011 ausgestellte Aufenthaltserlaubnis für Italien.

5

Am 10. Oktober 2012 reiste der Kläger erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 17. Oktober 2012 wurde er anlässlich einer Vorortkontrolle durch Mitarbeiter des Hauptzollamtes Braunschweig in dem Restaurant H. in I. aufgegriffen. Er war hier als Kellner tätig.

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Mit Bescheid vom 31. Oktober 2012 wies daraufhin der Beklagte den Kläger erneut aus der Bundesrepublik Deutschland aus, ohne die Wirkungen der Ausweisung zu befristen. Gleichzeitig forderte er den Kläger zur Ausreise auf und drohte für den Fall der nicht rechtzeitigen Befolgung dessen Abschiebung nach Italien an. Zur Begründung dieses Bescheides führte der Beklagte im Wesentlichen an, der italienische Aufenthaltstitel des Klägers berechtige diesen nur zu einem dreimonatigen Besuchs-, nicht aber zu einem Erwerbsaufenthalt. Da der Kläger bereits 2002 durch den Werra-Meißner Kreis ausgewiesen worden sei, sei seine Einreise illegal wie auch seine Arbeit. Der Kläger erfülle daher den Straftatbestand des § 95 Abs.1 Nr. 2 AufenthG, so dass die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 AufenthG vorlägen. Der Beklagte stellte umfangreiche Ermessenserwägungen an; wegen deren Einzelheiten wird auf den angegriffenen Bescheid des Beklagten vom 31. Oktober 2012 Bezug genommen.

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Hiergegen hat der Kläger am 27. November 2012 Klage erhoben.

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Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er sei in dem Restaurant nicht erwerbstätig gewesen, sondern habe sich lediglich zu Besuch bei einem Verwandten aufgehalten. Diesem habe er in dessen Restaurant ausgeholfen. Eine Vergütung habe er nicht erhalten. Er habe die Absicht gehabt, am 15. November 2012 mit diesem Verwandten zu einem Familienfest nach Indien zu fliegen. Zum Beleg hierfür legte der Kläger entsprechende Flugunterlagen vor. Schließlich macht der Kläger geltend, der angefochtenen Ausweisungsentscheidung des Beklagten fehle eine Befristung.

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Der Kläger beantragt sinngemäß,

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den Bescheid des Beklagten vom 31. Oktober 2012 aufzuheben,

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hilfsweise,

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die Wirkungen der Ausweisung angemessen zu befristen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf seine Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid vom 31. Oktober 2012 und er hält den Vortrag des Klägers, in der H. als Familienangehöriger ohne Vergütung ausgeholfen zu haben, für unglaubhaft. Er meint ferner, die vom Kläger gewünschte Befristungsentscheidung nach Bekanntgabe des Ausreisetermins des Klägers unverzüglich nachholen zu wollen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet. Die Ausweisungsentscheidung des Beklagten vom 31. Oktober 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

18

Gemäß § 55 Abs. 1 AufenthG kann ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt. Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer nach Absatz 1 insbesondere ausgewiesen werden, wenn er einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtlicher oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen hat. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger vor.

19

Zunächst steht dem Erlass einer (erneuten) Ausweisungsverfügung nicht entgegen, dass der Werra-Meißner Kreis den Kläger mit bestandskräftigem Ausweisungsbescheid vom 20. September 2002, dem eine Befristung ebenfalls nicht beigefügt war, bereits aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen hat.

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Zwar wirkt damit das durch § 11 Abs. 1 S. 1 AufenthG als Folge einer Ausweisung geregelte Einreise- und Aufenthaltsverbot gegenüber dem Kläger auch im Zeitpunkt des Erlasses des hier angefochtenen Bescheides fort; jedoch war der Beklagte rechtlich nicht gehindert, eine erneute Ausweisungsverfügung gegen den Kläger - nunmehr aufgrund der neu eingetretenen Tatsachen - auszusprechen. Wird ein ausgewiesener Ausländer aufgrund eines neuen Sachverhalts erneut ausgewiesen, so wird dadurch die frühere Ausweisung nicht berührt. Die neue Ausweisung läuft der alten nicht zuwider, sie wirkt vielmehr in dieselbe Richtung. Insbesondere greift die für die neue Ausweisung verantwortliche Behörde, hier der Beklagte, nicht in die Befristungskompetenz der für die frühere Ausweisung verantwortlichen Ausländerbehörde - hier des Werra-Meißner Kreises - ein. Dieser wird in seiner Befugnis, die Wirkungen der von ihm verfügten Ausweisung gem. § 11 Abs. 1 S. 3 AufenthG zu befristen, nicht beeinträchtigt, wenn eine andere Behörde aufgrund eines anderen, ihre Zuständigkeit begründenden Sachverhalts ebenfalls eine Ausweisungsverfügung gegen den Ausländer erlässt.

21

Es fehlt auch nicht das öffentliche Interesse daran, den Ausländer wegen eines neuen Ausweisungsgrundes nochmals auszuweisen. Zwar kann der Ausländer ohne weiteres aufgrund der wirksamen Erstausweisung abgeschoben und solange vom Bundesgebiet ferngehalten werden, als die Sperrwirkung der Erstausweisung anhält. Ein öffentliches Interesse an einer Zweitausweisung besteht aber zumindest dann, wenn zu befürchten ist, die Sperrwirkung der ersten Ausweisung werde ohne Rücksicht auf den neuen Ausweisungsgrund und das dadurch ausgelöste Schutzbedürfnis der Allgemeinheit entfallen. So verhält es sich etwa, wenn gegen die erste Ausweisungsverfügung Anfechtungsklage erhoben oder wenn zu besorgen ist, dass die Erstausweisung trotz Bestandskraft wegen ursprünglicher Rechtswidrigkeit von der Behörde zurückgenommen wird. Es entspräche nicht dem öffentlichen Interesse, die für die Zweitausweisung zuständige Behörde in derartigen Fällen dazu zu zwingen, ihre Entscheidung zurückzustellen, bis das rechtliche Schicksal der ersten Ausweisung feststeht (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 05.11.1985 - 1 C 40/82 -; Urteil vom 31.03.1989 - 1 C 28/97 -, jeweils zitiert nach [...]).

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Zwar besteht hier nicht die Besorgnis, dass die bestandskräftig gewordene Ausweisungsverfügung des Werra-Meißner Kreises vom 20. September 2002 aufgehoben oder zurückgenommen wird. Indes ist insoweit von Bedeutung, dass der Kläger hinsichtlich dieses Bescheides am 10. Januar 2013 ebenfalls - wie hier mit dem Hilfsantrag - einen Antrag auf Befristung der Wirkungen dieser Ausweisung gestellt hat, über den nach Aktenlage bisher nicht befunden worden ist. Sollte der Werra-Meißner Kreis die Wirkungen seiner Ausweisung antragsgemäß befristen, so begänne die Frist gem. § 11 Abs. 1 S. 6 AufenthG mit der Ausreise. Damit ist die Ausreise gemeint, die auf diese Ausweisung hin erfolgt ist. Ohne genaue Kenntnis von diesem Ausreisedatum zu haben, kann davon ausgegangen werden, dass der Kläger irgendwann im Laufe des Jahres 2010 aus der Bundesrepublik Deutschland ausgereist ist. Wäre es rechtswidrig, aufgrund neuer Tatsachen eine weitere Ausweisungsverfügung zu erlassen, solange eine vorangegangene noch Rechtswirkungen entfaltet, würde dies zu einer ungerechtfertigten Begünstigung des auszuweisenden Ausländers führen. Ggf. könnte ein Ausländer trotz der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG unerlaubt in die Bundesrepublik Deutschland wieder einreisen und weitere Ausweisungsgründe erfüllen, ohne dass dies (durch eine weitere Ausweisung mit entsprechend verlängerter Befristung) sanktioniert werden könnte. Dies ist nicht im öffentlichen Interesse.

23

Der Kläger hat den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG erfüllt. Denn er hat einen nicht geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen.

24

Es spricht, wovon der Beklagte ausgeht, schon viel dafür, dass der Kläger den Straftatbestand des § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erfüllt hat. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ist er ohne den erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Abs. 1 S. 1 AufenthG nach Deutschland eingereist und hat sich hier aufgehalten. Eine vorsätzlich verübte Straftat ist regelmäßig nicht als geringfügiger Rechtsverstoß zu bewerten (BVerwG, Urteil vom 24.09.1996 - 1 C 9/94, zitiert nach [...]).

25

Die italienische Aufenthaltsbefugnis des Klägers berechtigte diesen nicht zu einem Erwerbsaufenthalt. Für einen solchen Aufenthalt hätte der Kläger gem. § 18 AufenthG i.V.m. Artikel 5 Abs. 1 b der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (ABl. Nr. L105, S. 1) i.V.m. Artikel 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumspflicht befreit sind (ABl. Nr. L 81, S. 1) i.V.m. Artikel 21 Abs. 1 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen -SDÜ- (ABl. 2000 Nr. L 239, S. 19) eines Visums bedurft, das gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthVO und § 1 der Verordnung über das Verfahren und die Zulassung von im Inland lebenden Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung (BeschäftigungsverfahrensVO) der vorherigen Zustimmung der zuständigen Ausländerbehörde und der Bundesagentur für Arbeit bedurft hätte. Über ein derartiges Visum verfügte der Kläger nicht. Sein Vorbringen, er sei nicht erwerbstätig gewesen, sondern habe lediglich einem Verwandten ausgeholfen, dürfte eine unglaubhafte Schutzbehauptung sein.

26

Gemäß § 2 Abs. 2 AufenthG ist Erwerbstätigkeit die selbständige Tätigkeit und die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - SGB IV -. Gemäß § 7 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung gilt als Beschäftigung auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung. Bei der konkreten Abgrenzung derartiger Beschäftigungsverhältnisse von der familiären Mithilfe mag es insbesondere hinsichtlich des Entgeltkriteriums Probleme geben (vgl. Heilbronner, Aufenthaltsgesetz, § 55 Rn. 50 a.E.). Ein wesentliches Kriterium, ob die dem mitarbeitenden Verwandten gewährten Leistungen Entgelt - d. h. einen Gegenwert - für die geleistete Arbeit darstellen, ist insbesondere die Höhe der gewährten Leistungen sowie ihr Verhältnis zu Umfang und Art der im Betrieb verrichteten Tätigkeit (vgl. Heilbronner, Aufenthaltsgesetz, § 2 Rn. 20). Zwar fehlen konkrete Anhaltspunkte zur Höhe des Entgeltes und behauptet der Kläger ein solches gar nicht erhalten zu haben; in Anbetracht der in der Vergangenheit liegenden mehrfachen Verstöße gegen das Beschäftigungsverbot durch den Kläger, kann dies jedoch nur als Schutzbehauptung bezeichnet werden. Der Kläger dürfte ein Entgelt in üblicher Höhe erhalten haben. Zudem ist völlig unklar geblieben, ob und ggf. in welchem Verwandtschaftsverhältnis der Kläger zum Inhaber der Gaststätte H. stand. Allein die Namensgleichheit sagt hierzu nichts aus. Der Name B. wird, wie gerichtsbekannt ist, von allen männlichen Sikhs getragen, wovon es in Indien schätzungsweise 10 Millionen gibt.

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Die verbleibenden Restzweifel daran, ob der Kläger den Straftatbestand des § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erfüllt hat, kann das Gericht offen lassen. Denn auf jeden Fall hat der Kläger den Straftatbestand des § 95 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG erfüllt, danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer entgegen § 11 Abs. 1 S. 1 in das Bundesgebiet einreist oder sich darin aufhält. Dies hat der Kläger, gegenüber dem die bestandskräftige Ausweisungsverfügung des Werra-Meißner Kreises vom 20. September 2002 im Zeitpunkt seiner Einreise noch wirkte, getan. Allein dadurch hat der Kläger einen nicht geringfügigen Rechtsverstoß in der Form einer vorsätzlichen Straftat begangen.

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Der Beklagte hat das ihm durch § 55 Abs. 1 AufenthG eröffnete Ermessen rechtmäßig ausgeübt. Er hat weder die Grenzen des Ermessens überschritten noch hat er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (§ 114 S. 1 VwGO). Die vom Beklagten in dem angegriffenen Bescheid angestellten Ermessenserwägungen sind zutreffend, willkürfrei und am Zweck des § 55 Abs. 1 AufenthG orientiert. Das Gericht nimmt auf diese Ausführungen deshalb gemäß § 117 Abs. 5 VwGO Bezug und stellt fest, dass es ihnen folgt. Ergänzend bleibt hinzuzufügen, dass zu Lasten des Klägers insbesondere dessen permanente Missachtung der Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland während seiner Aufenthaltszeit hier spricht. Zum einen hat er über einen Zeitraum von mindestens acht Jahren über seine Identität getäuscht und hat, obwohl er, wie sich aus seinem neuen Reisepass ergibt, über ein Personaldokument verfügte, falsche Personalien angegeben, um sich ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik zu erschleichen. Zudem ist er durch unerlaubtes Nachgehen einer Beschäftigung sowie Urkundenfälschung mehrfach straffällig geworden.

29

Mit dem Hilfsantrag ist die Klage hingegen im tenorierten Umfang erfolgreich.

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Auf den Hilfsantrag des Klägers sind die Wirkungen der Ausweisung gem. § 11 Abs. 1 S. 3 AufenthG auf fünf Jahre zu befristen. Die fehlende Befristung durch den Beklagten in dem angegriffenen Bescheid vom 31. Oktober 2012 führt nicht zur Rechtswidrigkeit der im Übrigen rechtmäßigen Ausweisung. Fehlt jedoch, wie hier, eine Befristung der Ausweisungsentscheidung, kann der Ausländer zugleich mit der Anfechtung der Ausweisung seinen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisungen gerichtlich durchsetzen. In seinem Anfechtungsantrag ist deshalb zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung ihrer Rechtmäßigkeit ein Hilfsantrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung zu sehen, sofern eine solche, wie hier, nicht bereits von der Ausländerbehörde verfügt worden ist. Diese Befristung hat das Gericht auszusprechen und kann, entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten, nicht bis zur Mitteilung eines Ausreisetermins warten. Unabhängig davon, ist der Kläger bereits ausgereist, so dass fraglich ist, was der Beklagte mit seiner entsprechenden Formulierung in der Klageerwiderung meint (BVerwG, Urteile vom 10.07.2012 -1 C 19/11 - Rn. 37; vom 13.12.2012 - 1 C 20/11 - Rn. 36 ff.; Beschluss vom 14.03.2013 - 1 B 17/12 -, Asylmagazin 2013, S. 214).

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Die allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzende Frist ist gem. § 11 Abs. 1 S. 4 AufenthG unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen und darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht. Bei der Bemessung der Frist sind in einem ersten Schritt das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Zunächst bedarf es der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, dass der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. In der Regel sind zehn Jahre der Zeithorizont, für den eine derartige Prognose realistischer Weise noch gestellt werden kann. Zu beachten sind ferner die verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen des Artikel 2 Abs. 2 und 6 GG sowie die Vorgaben aus Artikel 7 der Grundrechtecharta und Artikel 8 EMRK. Die Abwägung die danach vorzunehmen ist, ist nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles und unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des Ausländers, wie sie in § 55 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AufenthG genannt sind, vorzunehmen.

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Gemessen an diesen Vorgaben hält das Gericht eine Befristung der Ausweisungswirkungen auf fünf Jahre für angemessen. Der Kläger hielt sich zu keinem Zeitpunkt rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland auf und lebt in Deutschland mit niemandem in familiärer oder häuslicher Gemeinschaft. Zu seinen Lasten wirkt sich der durch ihn begangene erhebliche und dauerhafte Verstoß gegen Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland aus. Das Gericht hält es in Anbetracht dessen für angemessen, die Wirkungen der Ausweisung auf fünf Jahre zu befristen, eine Frist die das obere Ende dessen darstellt, was ohne eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung vom Gesetz in § 11 Abs. 1 für vertretbar erachtet wird.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Den Wert der Befristung nimmt das Gericht, dem Bundesverwaltungsgericht folgend (vgl. Urteil vom 10.7.2012, a.a.O.), mit 1/5 des Wertes der Hauptsache an. Da der Kläger eine "angemessene" Befristung begehrt, liegt ein weiteres Unterliegen nicht vor, da die tenorierte Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf fünf Jahre angemessen in diesem Sinne ist.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.