Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 20.06.2000, Az.: 6 A 74/00

Aramäer; Asylantragstellung; Beweisantrag, Substantiierung des; CPPB; Reiseweg; syr.-orthod. Christen; Syrien

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
20.06.2000
Aktenzeichen
6 A 74/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 41228
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Mitgliedschaft in CPPB nicht glaubhaft. Zurückweisen des Vorbringens als verspätet. Keine politische Verfolgung aramäischer Christen in Syrien. (bestätigt: OVG Lüneburg, Beschl. vom 14.08.2000, 2 L 2874/00)

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

1

Der im Jahre 1971 in Al Mansoura (Kreis Malkie, Distrikt Hasake) geborene ledige Kläger ist syrischer Staatsangehörigkeit aramäischer Volks- und syrisch-orthodoxer Religionszugehörigkeit. Er reiste angeblich mit dem Flugzeug am 05.06.1998 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Seinen mit Schriftsatz seines früheren Prozessbevollmächtigten vom 10.05.1998, unter Beifügung von Unterlagen zur Begründung des Begehren, auf die besonders Bezug genommen wird, gestellten Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter begründete er bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) am 17.06.1998 im Wesentlichen wie folgt:

2

Er habe insgesamt drei Brüder in Deutschland: Sein 38 Jahre alter Bruder Youssuf sei seit acht Jahren hier und anerkannter Asylbewerber. Sei 1972 geborener Bruder Ghassan sei mit einer Deutschen verheiratet, ebenso wie sein 1974 geborener Bruder Majid, auch diese beiden hätten Asylantrag gestellt. In Syrien habe er noch drei verheiratete Schwestern, von zweien wisse er nicht, wo sie leben würden. Seine Eltern und sein etwa 20-jähriger Bruder A. seien auf der Flucht; von ihnen habe er seit sieben Jahren nichts gehört.

3

Schon während seiner Militärdienstzeit, die er vom 09.07.1990 bis zum 16.04.1993 abgeleistet habe, sei er (am 05.05.1991) vom syrischen Militärgeheimdienst wegen seiner Eltern vernommen und auch geschlagen worden. Seinen Eltern, die geflüchtet seien, hätten sich in einer verbotenen politischen Partei, die er allerdings nicht kenne, betätigt. Im Anschluss daran sei er nochmals in seiner Einheit befragt und für 16 Tage arrestiert worden. Im Anschluss daran habe er die von ihm beantragten zehn Tage Urlaub bekommen und am 10.06.1991 die Gelegenheit genutzt, nach Hause zu fahren. Er habe sein Haus jedoch verschlossen und vernagelt vorgefunden und sich dann mit seiner behinderten Schwester, die zwischenzeitlich bei der verheirateten Schwester im Heimatort gewesen sei, nach Damaskus begeben, wo er ein Zimmer gemietet habe. Von der verheirateten Schwester habe er erfahren, dass der Geheimdienst am 27.04.1991 in ihrem Haus gewesen sei, jedoch niemanden angetroffen habe, da sich auch seine Brüder Ghassan und Majid, die einer anderen Partei angehört hätten, außer Hauses aufgehalten hätten. Am 13.06.1991 habe der Militärgeheimdienst ihn in Malikie drei Tage lang festgehalten und erneut nach seinen Eltern befragt. Dabei sei er viel geschlagen worden. Am 23.04.1993, kurz nach der Beendigung seines Militärdienstes, hätten sie ihn wegen seiner Eltern erneut mitgenommen, zehn Tage lang festgehalten und dabei auch gefoltert. Danach sei er alle paar Monate abgeholt und bei den Vernehmungen immer wieder auch geschlagen worden. Von der Tatsache, dass er seit dem 25.06.1989 Mitglied der CPPB (Syrische Kommunistische Partei - Das Politbüro) gewesen sei, hätten sie bis dahin jedoch nichts gewusst. Am 05.05.1998 habe er Flugblätter verteilt. In der Nacht vom 05. auf den 06.05.1998 habe ein Parteifreund ihn informiert, dass der syrische Militärgeheimdienst von seiner Mitgliedschaft erfahren habe, was er, der Informant, wiederum von einem Parteifreund erfahren habe, der beim Geheimdienst tätig sei. Er sei daraufhin zunächst mit seiner behinderten Schwester nach Mazre gegangen. Von dort aus habe er seine und seiner Schwester Ausreise organisiert, nachdem er von dem erstgenannten Parteifreund erfahren habe, dass ihr Haus durchsucht worden sei.

4

Mit Bescheid vom 01.06.1999 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Antrag als unbegründet ab und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG nicht gegeben seien. Außerdem forderte die Behörde den Kläger zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Unanfechtbarkeit der ablehnenden Entscheidung auf und drohte für den Fall, dass dieser Anordnung nicht fristgerecht nachgekommen werde, die Abschiebung nach Syrien oder in ein aufnahmebereites sonstiges Land an.

5

Gegen den am 09.06.1999 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 11.06.1999 Klage erhoben. Zu deren Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Seine Tätigkeit in der CPPB sei nicht ideologisch, sondern durch die Gegnerschaft zum syrischen Regime begründet, so dass es unerheblich sei, ob er sich mit Marx und Engels beschäftigt habe. Der frühere Bezirksvorsitzende der kommunistischen Partei, K.N., könne als Augenzeuge bestätigen, dass er der Partei angehört habe.

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 Der Kläger beantragt,

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den Bescheid des Bundesamtes vom 01.06.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen der §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG hinsichtlich Syrien vorliegen.

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Die Beklagte beantragt (schriftlich),

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die Klage abzuweisen.

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In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzende Ausführungen gemacht. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 20.06.2000 verwiesen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie auf die den Beteiligten bekannte Liste der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage, über die das Gericht trotz Ausbleibens von Beteiligten verhandeln und entscheiden konnte, da es in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen hat (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG noch auf die Feststellung durch die Beklagte, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 oder des § 53 AuslG vorliegen.

13

Der Anerkennung als Asylberechtigter steht Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a AsylVfG entgegen, wonach ein Ausländer, der aus einem sog. sicheren Drittstaat eingereist ist, nicht als Asylberechtigter anerkannt wird. 

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Vorbehaltlich insbesondere der hier nicht einschlägigen gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen (§ 26a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG) kann sich gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a AsylVfG nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen und wird nicht als Asylberechtigter anerkannt, wer aus einem sicheren Drittstaat eingereist ist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Drittstaatenregelung greift immer dann ein, wenn feststeht, dass der Ausländer nur über (irgend-) einen der durch die Verfassung oder durch Gesetz bestimmten sicheren Drittstaaten in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sein kann; es muss nicht geklärt werden, um welchen sicheren Drittstaat es sich dabei handelt (BVerfG, Urt. vom 14.05.1996, NVwZ 1996, S. 700, 704; BVerwG, Urt. vom 07.11.1995, NVwZ 1996, S. 197 [BVerwG 07.11.1995 - BVerwG 9 C 73/95]). Auch die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für den Asylprozess entwickelte Nachweiserleichterung für Vorgänge im Verfolgerland ist nicht anzuwenden, soweit der Asylantragsteller behauptet, nicht durch einen sicheren Drittstaat, sondern auf dem Luftwege in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Denn die Einreise in das Bundesgebiet ist kein Vorgang, der sich im Verfolgerland abspielt und deshalb mit denjenigen Beweisschwierigkeiten verbunden wäre, die für dort entstandene Ausreisegründe typisch sind. Für den Nachweis einer Einreise auf dem Luftweg ist der Asylantragsteller nämlich im Allgemeinen nicht ausschließlich auf den eigenen Sachvortrag angewiesen, sondern er kann selbst dann, wenn er nicht mehr Besitz von Reisedokumenten sein sollte, durch grenzschutzbehördliche Unterlagen, Passagierlisten, gegebenenfalls Zeugen, auch nachträglich noch den Beweis für seine Angaben führen. Nach den §§ 15 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG ist der Asylbewerber ohnehin gehalten, die erforderlichen Angaben über seinen Reiseweg zu machen und seinen Pass vorzulegen (§ 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylVfG). Bei einer Einreise auf dem Luftweg hat er seinen Flugschein und etwaige sonstige Unterlagen über seinen Reiseweg nach Deutschland vorzulegen (§ 15 Abs. 2 Nr. 5, Abs. 3 Nr. 3 und 3 AsylVfG). Sofern der Ausländer nicht im Besitz der erforderlichen Reisepapiere ist, hat er an der Grenze oder bei der Grenzbehörde auf dem Flughafen um Asyl nachzusuchen (§§ 13 Abs. 3 Satz 1, 18 f. AsylVfG).

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Kommt der Asylbewerber diesen Mitwirkungspflichten nicht oder nur teilweise nach und steht die behauptete Einreise auf dem Luftweg deshalb nicht eindeutig fest, ist es Sache des Gerichts, erforderlichenfalls den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufzuklären und im Rahmen seiner Überzeugungsbildung alle Umstände zu würdigen (§§ 86 Abs. 1, 108 Abs. 1 VwGO). Dabei hat das Gericht auch zu berücksichtigen, dass und aus welchen Gründen die gesetzlich vorgesehene Mitwirkung des Asylbewerbers bei der Feststellung seines Reisewegs unterblieben ist (vgl. hierzu: BVerwG, Urt. vom 29.06.1999, AuAS 1999, 260). Die gerichtliche Aufklärungspflicht findet dort ihre Grenze, wo das Vorbringen des Ausländers keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Sachaufklärung bietet. Dies ist generell dann der Fall, wenn der Asylbewerber unter Verletzung der ihn treffenden Mitwirkungspflichten seine Gründe für eine ihm drohende politische Verfolgung nicht unter Angabe genauer Einzelheiten schlüssig schildert. Ob bei einer vom Asylbewerber behaupteten, aber nicht belegten Einreise auf dem Luftweg weitere Ermittlung durch das Gericht anzustellen sind, ist eine Frage der Ausübung tatrichterlichen Ermessens im Einzelfall. Ein Anlass zu weiterer Aufklärung ist beispielsweise dann zu verneinen, wenn der Asylbewerber keine nachprüfbaren Angaben zu seiner Einreise gemacht hat und es damit an einem Ansatzpunkt für weitere Ermittlungen fehlt. Macht der Asylbewerber dagegen hierzu einzelne Angaben, so hat das Gericht diese zu berücksichtigen. Es kann in diesem Zusammenhang frei würdigen, dass und aus welchen Gründen der Asylbewerber mit falschen Papieren nach Deutschland eingereist ist, dass und warum er Reiseunterlagen, die für die Feststellung seines Reisewegs bedeutsam sind, nach seiner Ankunft in Deutschland aus der Hand gegeben hat und schließlich, dass und weshalb er den Asylantrag nicht bei seiner Einreise an der Grenze, sondern Tage oder Wochen später an einem anderen Ort gestellt hat (BVerwG, Urt. vom 29.06.1999, aaO.).

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Im Rahmen der Überzeugungsbildung ist das Gericht aus Rechtsgründen nicht daran gehindert, die Angaben des Asylbewerbers auch ohne Beweisaufnahme als wahr anzusehen. In den Fällen, in denen der Asylbewerber die Weggabe wichtiger Beweismittel behauptet und damit ein Fall einer selbst geschaffenen Beweisnot vorliegt, ist das Vorbringen allerdings besonders kritisch und sorgfältig zu prüfen. Den Asylsuchenden trifft insoweit zwar keine Beweisführungspflicht; das Gericht kann jedoch bei der Feststellung des Reisewegs die behauptete Weggabe von Beweismitteln wie bei einer Beweisvereitelung zu Lasten des Asylbewerbers würdigen. Eine solche Würdigung liegt umso näher, je weniger plausibel die Gründe erscheinen, die für das beweiserschwerende Verhalten angeführt werden. Insbesondere der pauschale Vortrag der Weggabe von Flugunterlagen kann danach ebenso wie eine Weigerung oder das Unvermögen, mit der Flugreise in Zusammenhang stehende Fragen (z.B. nach den Namen in den benutzten gefälschten Pässen) zu beantworten, den Schluss rechtfertigen, dass die Einreise über einen Flughafen nur vorgespiegelt wird. Bei nicht ausräumbaren Zweifeln an der behaupteten Einreise auf dem Luftweg scheidet eine Anerkennung als Asylberechtigter aufgrund der Drittstaatenregelung aus. Ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Asylbewerber auf dem Luftweg eingereist ist, kann es gleichzeitig aber auch nicht die Überzeugung von einer Einreise auf dem Landweg gewinnen, ist die Nichterweislichkeit der behaupteten Einreise auf dem Luftweg festzustellen und eine Beweislastentscheidung zu treffen. Bleibt in einem solchen Fall der Einreiseweg unaufklärbar, trägt der Asylbewerber die materielle Beweislast für seine Behauptung, ohne Berührung eines sicheren Drittstaats nach Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a AsylVfG auf dem Luft- oder Seeweg nach Deutschland eingereist zu sein (BVerwG, Urt. vom 29.06.1999, aaO., m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 13.01.1998 - 25 A 5687/97.A -; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 08.10.1997 - 11 A 12193/97.OVG - m.w.N. <auch der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts> AuAS 1998, S. 23 f.).

17

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Gericht nicht die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger auf dem Luftweg von Ankara in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Die vom Kläger bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt gemachten Angaben (er hat außer dem Namen des Flughafens, Hannover, keinerlei nachprüfbare Angaben zur benutzten Fluggesellschaft und der im mitgeführten angeblichen türkischen Reisepass genannten Identitätsangaben gemacht und sonstige Nachweisunterlagen nicht vorgelegt) bieten keine Anhaltpunkte für weitere Ermittlungen des Gerichts, zumal das Gericht schließlich zu der Überzeugung gelangt ist, dass dem Kläger die angegebenen Ausreisegründe nicht geglaubt werden können. Auch die Tatsache, dass der Kläger mit seiner behinderten Schwester Hannah eingereist ist, spricht nicht entscheidend dafür, dass der genannte Reiseweg gewählt worden ist. Die Behinderung der Schwester, die nach den eigenen Angaben des Klägers auch bei der Überquerung des Grenzflusses auf Schläuchen dabei gewesen sein soll, schränkt diese in ihrer Reisefähigkeit ersichtlich nicht so ein, dass eine Einreise auf dem Landweg als ausgeschlossen erachtet werden müsste.

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Es besteht auch kein Abschiebungshindernis gemäß § 51 Abs. 1 AuslG.

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Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sind denen des Art. 16a Abs. 1 GG gleich, soweit es die Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale betrifft; insoweit kann auf die entsprechende Rechtsprechung Bezug genommen werden. Das Individualgrundrecht des Art. 16a Abs. 1 GG begründet einen Anspruch auf Anerkennung als politisch Verfolgter für den, der selbst politische Verfolgung erlitten oder zu befürchten hat. Voraussetzung ist, dass dem Asylbewerber in seinem Heimatland gezielt Rechtsverletzungen von beachtlicher Intensität in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale zugefügt wurden oder solche ihm drohten, d.h. aus Gründen, die in seiner politischen oder religiösen Grundüberzeugung, seiner Volkszugehörigkeit oder in anderen Merkmalen liegen, welche sein Anderssein prägen (BVerfG, Beschl. vom 10.07.89, BVerfGE 80, 315, 335). Ergibt sich die Gefahr eigener politischer Verfolgung des Asylbewerbers nicht aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen des Verfolgerstaates, so kann sie sich auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, oder wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet. Die Gefahr einer Gruppenverfolgung setzt eine bestimmte Verfolgungsdichte voraus. Hierfür muss eine so große Vielzahl von Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter festgestellt sein, dass sich daraus für jeden Gruppenangehörigen ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit ableiten lässt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. vom 24.09.92 - NVwZ 1993, 192; Urt. vom 05.07.94 -BVerwGE 96, 200; Urt. vom 30.04.96 - 9 C 171.95 -, BVerwGE 101, 134; vom 09.09.97 - 9 C 43.96 -, DVBl. 1998, 274; Nds. OVG, Urt. vom 29.06.98 - 11 L 5510/97 -; Urt. vom 18.01.2000 - 11 L 3404/99 -). Asyl steht darüber hinaus grundsätzlich auch demjenigen zu, der sein Heimatland unverfolgt verlassen hat, wenn er sich auf einen Nachfluchtgrund berufen kann. Ein Anspruch auf Asyl scheidet allerdings aus, soweit dem Betreffenden in seinem Heimatland eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung steht (vgl. BVerfG, Beschl. vom 10.07.89, aaO, 343 u. vom 10.11.89, BVerfGE 81, 58; BVerwG, Urt. vom 10.05.94, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr.170).

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Das Gericht hat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der Kläger in Syrien einer individuellen Verfolgung ausgesetzt war oder ihm eine solche droht.

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Es ist Sache des Asylbewerbers, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Dazu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich, bei Wahrunterstellung, ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (st. Rspr. des BVerwG, vgl. etwa Beschl. vom 18.09.89,- InfoAusIR 1988, 350). Hierzu gehört, dass der Asylbewerber zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen. Ein im Laufe des Asylverfahrens sich widersprechendes oder sich steigerndes Vorbringen kann die Glaubwürdigkeit des Asylsuchenden in Frage stellen. Ändert der Asylsuchende in seinem späteren Vortrag sein früheres Vorbringen, so muss er überzeugende Gründe darlegen, weshalb sein früheres Vorbringen falsch gewesen ist, will er nicht den Eindruck der Unglaubwürdigkeit erwecken (vgl. BVerwG, Beschl. vom 26.10.98 - 9 B 405.89 - InfoAusIR 1990, 38; Beschl. vom 21.07.89 - 9 B 239/89 -, Buchholz 402.24 § 1 AsylVfG Nr. 113). Zwar spricht nicht jede Widersprüchlichkeit im Vortrag eines Asylbewerbers zugleich auch gegen seine Glaubwürdigkeit. Vielmehr ist bei der Wertung seiner Aussage zu berücksichtigen, dass sich Missverständnisse aus Verständigungsproblemen ergeben haben können und dass zwischen Asylantragstellung, der Anhörung im Verwaltungsverfahren, der schriftlichen Klagebegründung sowie ggf. der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor Gericht jeweils größere Zeiträume liegen können. Auch dürfen die besonderen Schwierigkeiten, denen Asylbewerber aus anderen Kulturkreisen bei der Darstellung ihrer Verfolgungsgründe besonders dann ausgesetzt sind, wenn sie über einen geringen Bildungsstand verfügen, nicht außer Acht gelassen werden. Grundlegende, für das Verlassen des Heimatlandes und den Asylantrag maßgebende Umstände im individuellen Lebensweg des Asylbewerbers bleiben jedoch im Normalfall zumindest in ihren wesentlichen Einzelheiten in Erinnerung. Widersprüche und Ungereimtheiten, die sich hierauf beziehen, machen das Vorbringen des Asylbewerbers zu seinem persönlichen Verfolgungsschicksal in der Regel insgesamt unglaubwürdig. Vor allem für diejenigen Umstände, die den eigenen Lebensbereich des Asylbewerbers betreffen, ist ein substantiierter, im Wesentlichen widerspruchsfreier Tatsachenvortrag zu fordern. Dabei ist die wahrheitsgemäße Schilderung einer realen Verfolgung erfahrungsgemäß gekennzeichnet durch Konkretheit, Anschaulichkeit und Detailreichtum.

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Nach diesen Kriterien hat der Kläger eine individuelle Vorverfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht ist vielmehr zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger unglaubwürdig ist und seinen Behauptungen zu seinem Verfolgungsschicksal nicht geglaubt werden kann. Seine Angaben zur Mitgliedschaft und zu seinen Aktivitäten in der CPPB (nach der englischen Bezeichnung für Communist Party Political Bureau) wirken zumindest hinsichtlich seiner Ausreisegründe konstruiert und erfunden. Das Gericht folgt dem Bundesamt mit der Einschätzung, dass die bei seiner Anhörung am 17.06.1998 zu Tage getretene Unkenntnis des Klägers zu Zielen und Begründern der kommunistischen Idee ein deutliches Indiz dafür ist, dass der Kläger kein Mitglied der genannten Partei bzw. dort politisch engagiert gewesen ist. Die von ihm eingereichten deutschsprachigen Schriftstücke (Überblick über die SKP - Das Politbüro und Lebenslauf, vgl. Bl. 5 bis 8 der Bundesamtsakte) lassen einen gegenteiligen Rückschluss nicht zu, da sie zum einen eher allgemeiner Natur sind und von jedermann in Erfahrung gebracht werden könnten und zum zweiten nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie zumindest überwiegend vom Kläger selbst stammen. Nach dem Inhalt seiner Äußerungen vor dem Bundesamt, bei dem der Kläger immerhin selbst angegeben hat, dass sein Bruder ihm bei der Erstellung der eingereichten Texte geholfen hat, spricht viel dafür, dass diese Texte nicht von dem Kläger verfasst worden sind, da er bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt nur einen Bruchteil der ihm angeblich eigenen Kenntnisse von der Partei mitgeteilt hat bzw. mitteilen konnte (und z. B. auch zu seiner im schriftlichen Lebenslauf erwähnten Degradierung später kein Wort mehr verloren hat). Selbst wenn der Kläger aber tatsächlich am 25.06.1989 Mitglied dieser Partei geworden ist, ergäbe sich etwas anderes nicht. Nach seinen eigenen Schilderungen ist er ohne Weiteres Mitglied dieser Partei geworden, nachdem er dies gegenüber seinem Nachbarn und Freund A.R. erklärt hatte. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung ferner bekundet, dass er außer mit dem besagten A.R. zu keinem anderen Parteimitglied Kontakt gehabt und immer nur mit diesem zu tun gehabt habe. Damit hat der Kläger sich zwar selbst widersprochen, da er zuvor angeben hatte, er sei durch den A.R. in "eine Gruppe von drei bis fünf Personen" gekommen. Nachdem er jedoch auf die Nachfrage des Gerichts zur genaueren Gruppengröße erklärt hat, seit der Parteispaltung habe es keine Gruppen mehr gegeben und seine Kontakte hätten sich auf A.R. beschränkt, muss er sich auch daran festhalten lassen. Dann aber kann nicht im Ansatz nachvollzogen werden, wie der Geheimdienst (außer durch Verrat seitens A.R.) erfahren haben will, dass er tatsächlich Mitglied der Partei gewesen sei. Auch der Kläger hat nicht nachvollziehbar erklären können, wie dies geschehen sein könnte, zumal der exponierter arbeitende A.R. gerade nicht entdeckt worden ist; sein Hinweis darauf, dass die gesamte Familie in den Karteien des Geheimdienstes verzeichnet sei und unter Beobachtung gestanden habe, erklärt insbesondere nicht, dass der Kläger - obgleich nach eigenen Angaben vielfach zum Geheimdienst vorgeladen - nicht schon früher konkret der Mitgliedschaft in der CPPB verdächtigt worden ist. Denn insoweit hat der Kläger schon bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt selbst angegeben, der Geheimdienst habe von seiner Mitgliedschaft (und seinen politischen Aktivitäten) in der CPPB nichts gewusst, was wiederum erstaunt, wäre der Angabe im "Lebenslauf" (Bl. 7 des Verwaltungsvorgangs) zu folgen, wonach bereits bei der angeblichen Hausdurchsuchung am 27.04.1991 parteiinterne Dokumente und Berichte gefunden worden seien, die der Kläger über die Korruption des Staates verfasst habe. In weitere entscheidende Widersprüche hat der Kläger sich bei der Schilderung des angeblichen konkreten Fluchtanlasses verstrickt. Abgesehen davon, dass nicht im Ansatz nachvollzogen werden kann, weshalb er - trotz der behaupteten angeblichen Dauerbeobachtung - es am 05.05.1998 auf sich genommen hat, die genannten vierzehn Flugblätter zu verteilen, hat er noch zu Beginn seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung angegeben, er "habe diese Arbeit zusammen mit anderen Parteifreunden verrichtet". Dies widerspricht seiner späteren Angabe, er habe persönlich immer nur mit dem Gruppenleiter A.R. zu tun gehabt und kennen niemanden sonst aus der Partei persönlich. Im Widerspruch dazu steht ferner seine Behauptung, nach der Warnung (durch A.R.) habe "ein anderer Genosse" ihn und seine Schwester nach Mazre gebracht (S. 3 der Niederschrift des Bundesamtes). Auch aus diesem Grunde (unauflösliche Widersprüchlichkeit, vgl. dazu BVerwG Beschl. vom 26.10.89 - 9 B 405.89 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 212) brauchte der als Zeuge benannte Herr K.N. nicht vernommen zu werden. Abgesehen von den im Termin zur mündlichen Verhandlung genannten Gründen für die Ablehnung des Beweisantrages ergäbe sich im Übrigen eine andere Beurteilung zugunsten des Klägers nicht, wenn als wahr unterstellt würde, dass er - in Form seines Kontaktes zu A.R. - der CPPB angehört hätte; daraus wäre noch nicht auf eine Gefährdung des Klägers bzw. auf die Glaubhaftigkeit seiner sonstigen Angaben zu schließen. Das Gericht vertritt im Übrigen nach wie vor die Auffassung, dass der entsprechende Beweisantritt (nicht nur nicht hinreichend substantiiert, sondern insbesondere auch) verspätet war und deshalb gemäß § 74 Abs. 2 AsylVfG i.V.m. § 87 b Abs. 3 VwGO zurückgewiesen werden konnte, nachdem der über diese Möglichkeit durch die Rechtsbehelfsbelehrung des angegriffenen Bescheides belehrte und anwaltlich vertretene Kläger ihn nicht bereits innerhalb der Frist zur Klagebegründung vorgebracht hat. Dies wäre ihm möglich und zumutbar gewesen, da er bereits bei seiner Einreise über die Adresse dieses Mannes (den er beim Bundesamt im Übrigen namentlich nicht genannt hat) verfügt hat. Das Gericht hält die im Termin zur mündlichen Verhandlung gegebene Einlassung des Klägers, die entsprechende Passage in der Niederschrift des Bundesamtes sei unzutreffend, tatsächlich habe er (lediglich) die Telefonnummer und den Namen des besagten Zeugen gekannt, ebenso für eine Schutzbehauptung wie die Angabe des Klägers, er habe erst etwa vier bis fünf Monate nach seiner Einreise mit dem Zeugen telefoniert. Das erscheint lebensfremd, zumal der Kläger in Deutschland - wie bereits die Asylantragstellung zeigt - durchaus über die Unterstützung zumindest eines Bruders verfügen konnte. Dass solches dem Kläger wie auch dessen Angaben zum Ausreiseanlass nicht geglaubt werden kann, folgert das Gericht schließlich auch aus der Tatsache, dass der Kläger versucht hat, das Gericht über das Vorhandensein von Geschwistern seines Vaters zu täuschen. Der Umstand, dass dem Kläger mit Schreiben des Gerichts vom 26.05.2000 eine (weitere) Frist nach § 87 b VwGO gesetzt worden ist, berührt die Zurückweisung des verspäteten Vorbringens nicht, da die weitere Fristsetzung sich ausdrücklich allein auf neue Tatsachen und Beweismittel bezogen hat, die nach Ablauf bisheriger Darlegungsfristen bekannt geworden sind.

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Auch im Übrigen ist nicht erkennbar, dass der Kläger, der Probleme wegen seiner Religions- oder seiner aramäischen Volkszugehörigkeit weder selbst vorgetragen noch sonst zu befürchten hat, bei einer Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politischer Verfolgung zu rechnen hätte. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des erkennenden Gerichts, dass weder allein der Auslandsaufenthalt noch die Asylantragstellung zu einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung bei einer Rückkehr nach Syrien führen, sofern der Betroffene - wie hier - sich nicht exponiert politisch betätigt hat. Aus den Lageberichten des Auswärtigen Amtes (z. B. vom 24.01.2000) ergibt sich, dass die Einreise abgeschobener Antragsteller ohne Anhaltspunkte für eine beachtliche politische Betätigung weitgehend unbehelligt verläuft und die Asylantragstellung als solche oder längerer Auslandsaufenthalt für sich in der Regel keine Anknüpfungspunkte für ein erhöhtes Interesse der Geheimdienste sind. Aus den der Kammer vorliegenden Auskünften von amnesty international (z.B. vom 20.06.1996 an das VG Koblenz und vom 09.12.1998 an das VG Sigmaringen) ergibt sich im Ergebnis nichts anderes. Darin wird nämlich insoweit übereinstimmend mit den Angaben des Auswärtigen Amtes ausgeführt, dass mit zielgerichteter politischer Verfolgung in der Regel dann gerechnet werden muss, wenn jemand aktiv politisch oppositionell oder anderweitig regimekritisch aufgefallen oder zumindest in diesen Verdacht geraten ist. Darüber hinaus wird zwar auch angeführt, dass syrische Asylantragsteller bei der Abschiebung gefährdet seien, von staatlichen Stellen verfolgt zu werden, da sie einem eingehenden Verhör durch die Einwanderungs- und Sicherheitsbehörden unterzogen werden. Andererseits wird dargelegt, dass die abgeschobenen Asylantragsteller dann in ein Haft- und Verhörzentrum in Damaskus gebracht werden, wo sie spätestens gefährdet sind, gefoltert zu werden, wenn sich bei der Überprüfung der Verdacht auf eine regimekritische Haltung oder frühere oppositionelle Betätigung ergibt. Bei der Befragung am Flughafen sei es hingegen lediglich nicht ausgeschlossen, dass es zu Misshandlungen durch Schläge oder zu anderen Maßnahmen komme. Aus dieser Stellungnahme kann daher nicht die erforderliche beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine politisch motivierte Verfolgung bei einer Rückkehr nach Syrien für diejenigen Personen entnommen werden, die nicht in dem Verdacht einer regimekritischen Haltung stehen. Übereinstimmend hiermit gibt das Deutsche Orient Institut (z. B. Auskunft an das Verwaltungsgerichts Ansbach vom 08.05.1995) an, dass selbst staatenlose Kurden aus Syrien allein wegen ihrer Asylantragstellung keine Bestrafung zu erwarten hätten, da die staatlichen Organe Syriens die Bedeutung eines Asylverfahrens durchaus realistisch einschätzen könnten und das Asylverfahren in den Augen der syrischen Staatsorgane für nicht bereits in ihrem Heimatland politisch Verfolgte eben dieselbe Bedeutung habe wie in den Augen der Asylbewerber, nämlich die einer Formalie. Eine andere Beurteilung ist auch im Falle des Klägers nicht anzunehmen. Namentlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger etwa unter dem Gesichtspunkt Sippenhaft ähnlicher Maßnahmen einer beachtlichen Gefährdung ausgesetzt wäre. Das Gericht hat schon nicht die Überzeugung gewinnen können, dass andere Familienmitglieder des Klägers, wie von diesem behauptet, in Syrien gesucht würden. Dies ergibt sich schließlich auch aus der Detailarmut seines Vortrags zu den angeblich seit seiner Entlassung aus dem Militärdienst im Jahre 1993 wiederholten Vorladungen.

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Schließlich liegen auch Abschiebungshindernisse im Sinne des § 53 AuslG nicht vor. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dem Kläger drohten die in § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK genannten Gefahren. Nach diesen Vorschriften darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter (§ 53 Abs. 1 AuslG) oder einer unmenschlichen bzw. erniedrigenden Strafe oder Behandlung (§ 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK) unterworfen zu werden. Voraussetzung für die Annahme eines Abschiebungshindernisses ist, dass konkrete und ernsthafte Gründe bzw. begründete Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, der konkrete Betroffene werde mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit im Zielstaat der Abschiebung unmenschlich behandelt werden. Die theoretische Möglichkeit genügt hierfür allein nicht (EGMR, Urt. vom 30.10.1991, NVwZ 1992, 869; BVerwG, Urt. vom 05.07.1994, 9 C 1.94; Urt. vom 05.11.1991, BVerwGE 89, 162). Hinreichende Anhaltspunkte für eine solchermaßen beachtliche Gefährdung sind nicht ersichtlich.

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Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG setzt das Bestehen individueller Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit voraus. Beruft sich ein Ausländer lediglich auf allgemeine Gefahren i.S.d. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, die nicht nur ihm persönlich, sondern zugleich der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe drohen, wird Abschiebungsschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG gewährt. Einen Anspruch auf eine Ermessensbetätigung der obersten Landesbehörde hat der Ausländer allerdings nicht.

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§ 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erfasst allgemeine Gefahren i.S.d. § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG auch dann nicht, wenn sie den einzelnen Ausländer konkret und in individualisierbarer Weise betreffen. Lediglich dann, wenn dem einzelnen Ausländer kein Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG zusteht, er aber gleichwohl nicht abgeschoben werden darf, weil die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 Satz 1 GG wegen einer extremen Gefahrenlage die Gewährung von Abschiebungsschutz unabhängig von einer Ermessensentscheidung nach den §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG gebieten, ist § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG verfassungskonform einschränkend dahin auszulegen, dass eine Entscheidung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht ausgeschlossen ist (BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, NVwZ 1996, 199 [BVerwG 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9/95]). Es ist jedoch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger sich bei einer Rückkehr nach Syrien in einer solchen extremen Gefahrenlage befinden würde.

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Da das Bundesamt den Kläger zu Recht nicht als Asylberechtigten anerkannt hat und er keine Aufenthaltsgenehmigung besitzt, musste die Behörde ihn gemäß §§ 34 f. AsylVfG zur Ausreise auffordern und die Abschiebung androhen.

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Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b Abs. 1

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AsylVfG abzuweisen. Die Nebenentscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.