Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 21.06.2000, Az.: 6 A 109/99

Beurteilungsspielraum; Bonus-malus-Regelung; Gleichheitssatz; juristische Staatsprüfung; mündliche Prüfung; Sozialpunkt; Streitwert; Zusatzpunkt

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
21.06.2000
Aktenzeichen
6 A 109/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 41857
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen für die Erteilung eines Zusatzpunktes (Bonus) im juristischen Prüfungsverfahren. Keine normativen Vorgaben für die Dauer und Intensität der Prüfung jedes Kandidaten in der mündlichen Prüfung.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann eine Vollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Vollstreckungsbetrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen die Benotung seiner Zweiten juristischen Staatsprüfung, die er am 24. November 1998 mit der Gesamtnote "ausreichend" bestand und deren Gesamtergebnis zunächst auf 6,39 Punkte festgesetzt wurde. Bei der Ermittlung des Prüfungsergebnisses wurden von dem Prüfungsausschuss, dem als Vorsitzender Generalstaatsanwalt Fi. sowie als weitere Mitglieder Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht E., Richter am Landgericht K. und Rechtsanwalt Dr. G. angehörten, folgende Einzelnoten berücksichtigt:

2

Aufsichtsarbeit Zivilrecht I.                                           mangelhaft (1 Punkt)

3

Aufsichtsarbeit Zivilrecht II.                                          ausreichend (4 Punkte)

4

Aufsichtsarbeit Strafrecht I.                                         mangelhaft (3 Punkte)

5

Aufsichtsarbeit Strafrecht II.                                        befriedigend (7 Punkte)

6

Aufsichtsarbeit Verwaltungsrecht I.                            ausreichend (5 Punkte)

7

Aufsichtsarbeit Verwaltungsrecht II.                           befriedigend (8 Punkte)

8

Aufsichtsarbeit Anwalt                                     vollbefriedigend (10 Punkte)

9

Aufsichtsarbeit Wahlfach                                            mangelhaft (1 Punkt)

10

Aktenvortrag                                                               befriedigend (9 Punkte)

11

Prüfungsgespräch Zivilrecht                                      befriedigend (9 Punkte)

12

Prüfungsgespräch Strafrecht                                     befriedigend (8 Punkte)

13

Prüfungsgespräch Verwaltungsrecht                   befriedigend (8 Punkte)

14

Prüfungsgespräch Anwalt                                          befriedigend (8 Punkte)

15

Im Vorbereitungsdienst hatte der Kläger in den Ausbildungsabschnitten am Arbeitsplatz sechsmal die Note "gut" erhalten; in den Arbeitsgemeinschaften waren seine Leistungen dreimal "gut" und zweimal "befriedigend".

16

Gegen die Prüfungsentscheidung erhob der Kläger am 04. Dezember 1998 Widerspruch und führte zur Begründung des Rechtsbehelfs aus: Im Hinblick auf die von ihm in den Ausbildungsstationen am Arbeitsplatz und in der Arbeitsgemeinschaft erzielten Leistungsbewertungen, die einen Notendurchschnitt von 12,5 Punkten aufwiesen, sowie aufgrund der in der mündlichen Prüfung erreichten durchweg befriedigenden Beurteilungen hätte ihm zur besseren Kennzeichnung seines Leistungsstandes gemäß § 8 Abs. 2 NJAVO ein zusätzlicher Punkt zuerkannt werden müssen. Die in den schriftlichen Arbeiten erreichten Noten kennzeichneten nicht seinen tatsächlichen Leistungsstand. Im Übrigen seien auch die von ihm gezeigten Leistungen beim Aktenvortrag und in den mündlichen Prüfungen nicht angemessen bewertet worden.

17

Mit einem weiteren Schriftsatz vom 16. Dezember 1998, auf den wegen der darin enthaltenen Ausführungen im Einzelnen verwiesen wird, beanstandete der Kläger außerdem die Bewertung seiner Leistungen in den Aufsichtsarbeiten als fehlerhaft.

18

In den daraufhin von dem Beklagten eingeholten Stellungnahmen der Prüfer sahen diese - mit Ausnahme des Zweitbeurteilers der Wahlklausur - keine Veranlassung, auf die vom Kläger erhobenen Einwendungen ihre Bewertungen zu ändern. Der Zweitbeurteiler der Wahlfachklausur änderte im Hinblick darauf, dass der Kläger bei der Prüfung der Verjährungseinrede entgegen einer ursprünglich anderen Annahme der Prüfer diese Untersuchung mit einem Ergebnis abgeschlossen habe, von "mangelhaft (1 Punkt)" auf "mangelhaft (2 Punkte)" ab. Der Erstbeurteiler blieb bei seiner ursprünglichen Benotung, weil nach seiner Auffassung die Arbeit im Übrigen unter derart erheblichen Mängeln leide, dass sie insgesamt für die Praxis nicht mehr brauchbar sei.

19

Der Beklagte setzte daraufhin die Klausurnote auf "mangelhaft (1,5 Punkte)" und das Gesamtergebnis der Zweiten juristischen Staatsprüfung - nachdem der Prüfungsausschuss eine Erhöhung der Prüfungsgesamtnote abgelehnt hatte - mit Widerspruchsbescheid vom 07. April 1999 - zugestellt am 13. April 1999 - auf "ausreichend (6,42 Punkte)" fest. Im Übrigen wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.

20

Am 10. Mai 1999 hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor:

21

Der Prüfungsausschuss habe es - wie seinen schriftlichen Stellungnahmen zu entnehmen sei - unterlassen, eine Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 2 NJAVO über die Vergabe eines zusätzlichen Bonuspunktes zu treffen. Aus der Stellungnahme des Prüfers Dr. G. vom 13. Januar 1999 ergebe sich, dass dieser Prüfer die Ergebnisse der Leistungen im Vorbereitungsdienst nicht gekannt habe, weil er - was nicht zutreffe - davon ausgegangen sei, die Zensuren der Arbeitsgemeinschaften hätten nicht über dem Gesamtergebnis "ausreichend" gelegen. Dies gelte auch für den Prüfer K., indem dieser angenommen habe, dass die Ergebnisse in den Arbeitsgemeinschaften nicht besonders positiv gewesen seien. Das Abstellen darauf, dass die schriftlichen Leistungen weitaus gewichtiger als die Bewertungen am Arbeitsplatz zu würdigen seien, sowie die irrtümliche Annahme dieses Prüfers, dass eine Notenverbesserung nur hätte vorgenommen werden können, wenn zumindest eine der mündlichen Prüfungsleistungen mit "vollbefriedigend" bewertet worden wäre, sei ermessensfehlerhaft. Der Sinn der Vorschrift werde von dem Prüfer verkannt. Die Regelung des § 8 Abs. 2 NJAVO sei eingeführt worden, um Prüflinge, die - wie es bei ihm der Fall sei - in den schriftlichen Arbeiten nicht hätten überzeugen können, nach ihrer eigentlichen Leistungsstärke zu bewerten. Er habe im Vorbereitungsdienst zu den Referendaren mit den höchsten Punktzahlen in den Ausbildungsstationen gehört. Seine Ausbilder hätten ihm mindestens überdurchschnittliche Leistungen bescheinigt. In Anbetracht dieser Sachlage sei eine Ermessensreduzierung dahingehend anzunehmen, dass das Prüfungsergebnis um einen Punkt zu erhöhen sei. Dies gebiete auch der Gleichheitssatz aus Art. 3 GG. Selbst Referendare mit schlechteren Ergebnissen sowohl bei den Klausuren als auch im Vorbereitungsdienst hätten das Examen mit der Note "befriedigend" bestanden. "Hilfsweise" sei zu berücksichtigen, dass die Klausurnoten sowie die Noten für die mündlichen Leistungen unter Verstoß gegen die Prüfungsgrundsätze festgesetzt worden seien. Die Bewertung der Aufsichtsarbeit Zivilrecht I. mit "mangelhaft (2 Punkte)" sei nicht nachvollziehbar. Die von dem Erstbeurteiler vermisste und als besonders gewichtig zu bewertende Prüfung einer anderen Variante der Zug-um-Zug-Verurteilung zur Abtretung des Surrogats (§ 281 BGB) habe er vorgenommen. Er sei lediglich zu einem anderen Ergebnis gekommen. Rubrum, Tenor und Tatbestand seien im Wesentlichen als richtig bezeichnet und bei der materiellen Prüfung keine groben Mängel festgestellt worden. Der Erstkorrektor habe zunächst die Prüfung des § 351 BGB als brauchbar bezeichnet. Seine Stellungnahme zu den gegen die Bewertung erhobenen Rügen zeige eine fehlende Objektivität bei der Überprüfung seiner Bewertung, wenn nunmehr dargelegt werde, er (Kläger) habe wesentliche Probleme der Anwendbarkeit des § 351 BGB und des Verschuldensmaßstabs nicht gesehen. Er sei jedoch nicht aus Unkenntnis auf das Problem der Anwendbarkeit dieser Vorschrift nicht eingegangen, sondern habe diese Frage für unproblematisch gehalten. Der Zweitprüfer gehe nicht konkret auf die Kritik an der Beurteilung ein. In der Bewertung der Aufsichtsarbeit Zivilrecht II. werde ihm von der Erstbeurteilerin zu Unrecht angelastet, dass die Bezeichnung "Vorsitzender Richter am Landgericht" für einen Richter am Landgericht, der die Funktion eines Vorsitzenden wahrnehme, praxisfremd sei. Diese Bezeichnung werde im Lehrbuch von Knöringer, "Die Assessorklausur", auf Seite 10 verwendet. Auch der Vorwurf, § 713 ZPO nicht gesehen zu haben, sei unberechtigt, weil nach dem von ihm ermittelten Ergebnis diese Vorschrift nicht anzuwenden gewesen sei. Insoweit habe die Erstbeurteilerin ihre Kritik später wieder zurückgezogen, ohne allerdings die Bewertung zu ändern. Obwohl seine Argumentation zur Aufrechenbarkeit nach Treu und Glauben und damit die von ihm gefundene Lösung für vertretbar gehalten worden sei, habe diese Prüferin einen Mangel darin gesehen, dass die Vorschrift des § 406 BGB nicht umfänglicher behandelt worden sei. Bei seinem Lösungsweg wären solche Ausführungen jedoch überflüssig gewesen, weil die Entscheidungsgründe nur die tragenden Erwägungen umfassen sollten. Die Ausführungen der Prüferin, eine über den Bereich des "ausreichend" hinausgehende Bewertung der Arbeit wäre nur bei solchen weiteren Ausführungen zu § 406 BGB gerechtfertigt gewesen, zeige, dass die Korrektorin die Bewertung mit 4 Punkten in der Annahme vorgenommen habe, damit einen Punktwert an dem Übergang zur Note "befriedigend" vergeben zu haben. Dieser ersichtliche Irrtum mache deutlich, dass die Erstbeurteilerin eigentlich die Klausur mit 6 Punkten habe bewerten wollen. Die pauschal gehaltene Stellungnahme des Zweitkorrektors, der sich mit den gegen die Bewertung erhobenen Rügen nicht auseinandersetze, genüge den Erfordernissen einer Überprüfung nicht. Dieser Prüfer verkenne zudem, dass in der Klausur nur die wesentlichen Gründe darzulegen seien und man sich nicht mit allen möglichen Argumenten auseinandersetzen könne. Die Aufsichtsarbeit Strafrecht I. müsse ebenfalls neu bewertet werden. Der praktische Teil der Bearbeitung als die Hauptleistung in einem Zweiten juristischen Staatsexamen sei als den Anforderungen der Praxis genügend eingestuft worden. Als misslungen sei die Irrtumsproblematik bezeichnet worden. Er habe jedoch verschiedene Irrtumsarten kurz behandelt und die Annahme eines Irrtums verneint. Infolgedessen habe er sich nach seiner Falllösung auch nicht mit der Glaubhaftigkeit der Angaben des Beschuldigten im Aktenfall zu befassen brauchen. Die von ihm vertretene Auffassung, dass für eine Anwendung des § 27 StGB (Beihilfe) eine psychische Beihilfe nicht genüge, werde in der Literatur von Samson (Festschrift für Karl Peters, 1974, Seite 189 f.; Kom. zum StGB, Bd. I., Allgemeiner Teil, 5. Aufl., § 27 Rn 14 f.), Stoffers (Jura 1993, 11), Hruschka (JR 1983, 177), Jescheck (Lehrbuch des Strafrechts All. Teil, 4. Aufl. 1988), Jakobs (Strafrecht Allg. Teil, 2. Aufl. 1991), Kühl (Strafrecht Allg. Teil, 2. Aufl. 1997) sowie einigen weiteren Fachjuristen geteilt und sei deshalb vertretbar. Dies sei ein Schwerpunkt bei der Bewertung der Klausur gewesen und in die Notengebung eingegangen. Ebenfalls vertretbar sei seine Annahme einer Realkonkurrenz bezüglich der einzelnen Handlungskomplexe, weil wegen der Entfernung vom ursprünglichen Tatort ein räumlicher und auch zeitlicher Zusammenhang nicht mehr gegeben sei und auch ein Gesamtvorsatz nicht vorliege. Schließlich sei auch die Rüge, dass er bei der Annahme einer Realkonkurrenz konsequenterweise § 154 StPO hätte prüfen müssen, verfehlt. Er habe die Handlungen als eine einheitliche prozessuale Tat eingestuft und deshalb folgerichtig § 154a StPO angewandt. Zu der Aufsichtsarbeit Verwaltungsrecht I. gehe die Hauptkritik der Prüfer dahin, dass statt eines Verwaltungsaktes ein Schreiben zu fertigen gewesen wäre. Nach Nr. 2 des Bearbeitungsvermerks, in dem auch die Möglichkeit eines Verwaltungsaktsentwurfs genannt worden sei, sei die von ihm gefertigte Bearbeitung vertretbar. Dies gelte auch für die Anwendung der sofortigen Vollziehung, mit der die Handlungsfähigkeit der Gemeinde möglichst schnell habe wiederhergestellt werden sollen. Die Beanstandung des Erstbeurteilers der Aufsichtsarbeit Verwaltungsrecht II., im Hinblick auf die Zulässigkeitsproblematik des Aktenfalles fehlten wesentliche Daten im Entwurf des Widerspruchsbescheids, sei ebenfalls nicht gerechtfertigt. Die Zulässigkeit des Widerspruchs habe er mit den entsprechenden Daten in einem Bearbeitungsvermerk vorab abgehandelt. Nachdem er darin zur Zulässigkeit des Widerspruchs gelangt sei, sei eine Mitteilung dieser Daten im Widerspruchsbescheid überflüssig, zumal die Frage der Zulässigkeit den Empfänger nicht interessieren werde. Unberechtigt sei auch die Beanstandung, dass er die nach Grund und Höhe zu trennende Kostenentscheidung nicht angesprochen habe. Ein Erstbescheid dürfe jedoch beide Elemente enthalten, wie sich aus Wüstenbecker, Die öffentlich-rechtliche Assessorklausur, 3. Aufl., 1996, S. 239/240 ergebe. Diesen Kritikpunkt hätten die beiden Beurteiler in ihrer Stellungnahme auch nicht mehr aufgegriffen. Schließlich sei der von ihm gewählte Lösungsweg eines Anspruchs auf Änderung des Vornamens aus Art. 3 GG i.V.m. den Verwaltungsvorschriften und einer Selbstbindung der Verwaltung geschickter gewesen. § 13 NamÄndG sei demgegenüber lediglich eine Ermächtigungsnorm, auf die er nicht abgestellt habe. Seinen Lösungsweg, der erheblich anspruchsvoller sei und zeige, dass er das erforderliche Verständnis im Umgang mit den Gesetzen habe, habe er ausführlich in einem Vermerk dargestellt. Diese Falllösung führe mit einer größtenteils gleichen Begründung zum selben Ergebnis. Aus diesen Gründen und weil die Korrektoren ihre den Bewertungen zugrunde liegenden Beanstandungen teilweise zurückgezogen hätten, müsse die Klausur neu beurteilt werden. Ebenfalls neu zu bewerten sei die Anwaltsklausur, für die er 10 Punkte erhalten habe. Zu dieser Leistung sei angemerkt worden, dass der positive Gesamteindruck der Arbeit durch die knappen Ausführungen am Ende der Arbeit nicht unerheblich beeinträchtigt worden sei. Dort habe er über eine halbe Seite lediglich zwei weitere Klagearten angesprochen, aber nach kurzer Prüfung abgelehnt, um in der vorgegebenen Bearbeitungszeit eine vollständige Prüfungsleistung abgeben zu können. Er halte eine höhere Punktzahl für angemessener. Die Kritik des Zweitgutachters der Wahlklausur, dass die von ihm vorgenommene Zulässigkeitsprüfung überflüssig sei, sei nicht berechtigt. Ein anzufertigendes Gutachten erfordere es im Gegensatz zu einer Urteilsklausur, sämtliche Gesichtspunkte abzuhandeln. Dies bedeute, dass selbst eine unproblematische Zulässigkeitsprüfung, die bei ihm aus drei Sätzen bestehe, durchzuführen sei. Diese Auffassung werde von Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 5. Aufl., Rn 85, vertreten. Die von den Prüfern geforderte Trennung von geltend gemachter Forderung und den Kosten der Rechtsverfolgung halte er ebenfalls für unzutreffend. Seines Erachtens brauche eine derartige Aufteilung nicht schon in der Klägerstation vorgenommen werden. Nicht ersichtlich sei für ihn, weshalb die Abgrenzung von Werkvertrag und Werklieferungsvertrag nicht gelungen sei. Der Erstbeurteiler habe zwar seine diesbezügliche Kritik zurückgezogen, indem er in seiner Stellungnahme zum Widerspruchsverfahren lediglich von "nicht recht gelungen" gesprochen; die Bewertung habe er aber nicht dementsprechend geändert. Als Mitwirkungspflicht im Aktenfall habe er (Kläger) bei der Prüfung der positiven Vertragsverletzung (pVV) den unentgeltlichen Zugang zum Mühlenturm bezeichnet, der entweder durch das Aufstellen eines Gerüstes oder durch das Bereitstellen eines Kranes hätte erfüllt werden können. Entgegen der Auffassung des Erstbeurteilers habe er damit die Mitwirkungspflicht benannt. Die einem Unternehmer in Rechnung gestellte Umsatzsteuer könnte nicht als Schaden gewertet werden, weil dieser Unternehmer die Steuer vom Finanzamt als Vorsteuer zurückverlangen könne. Die Kritik der Prüfer, dass er ein Vorsteuerabzugsproblem an Stelle der Ermittlung des Schadensumfangs behandelt habe, gehe deshalb fehl. Ebenso treffe die Kritik an den Ausführungen zur Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) nicht zu. Die von ihm gewählte Lösung werde auch von Schwark (JuS 1984, 321) sowie von Medicus (Bürgerl. Recht, 16. Aufl.) vertreten; danach sei ein Anspruch aus GoA ausgeschlossen, wenn die Geschäftsführung nicht ausschließlich im Fremdinteresse erfolgt sei. Schließlich halte er die Beanstandungen, dass seine kurz gehaltenen Ausführungen zu den §§ 812 und 823 BGB überflüssig seien, für unbegründet, weil in einem zu fertigenden Gutachten jede in Betracht kommende Anspruchsgrundlage zu prüfen sei (Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 5. Aufl., Rn 89). Da der Erstkorrektor in Unkenntnis des Aufbaus einer Relation im Zweiten juristischen Staatsexamen seine Bewertung vorgenommen habe, müsse dies zur Neubeurteilung führen. Seine Anmerkung, dass die Prüfung der Verjährung ohne Ergebnis geblieben sei, habe der Erstkorrektor in seiner Stellungnahme vom 05. Januar 1999 als nicht zutreffend eingeräumt. Infolgedessen hätte dieser Prüfer die ursprüngliche Bewertung ebenso nach oben abändern müssen, wie es der Zweitkorrektor getan habe. Die Kritik der Prüfer an seinem Aktenvortrag, der in der mündlichen Prüfung mit 9 Punkten bewertet worden sei, sei nicht berechtigt. Eine von den Prüfern geforderte Darstellung des Inhalts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) beim Sachvortrag sei bei der von ihm gewählten Falllösung überflüssig gewesen. Unberechtigt sei außerdem die Kritik, er habe ein Zustandekommen des Vertrages außerhalb der AGB nicht erkannt; er habe es jedenfalls zum Ausdruck gebracht, dass der Vertrag ohne Einbeziehung der AGB bereits geschlossen worden sei. Die weitere Kritik, dass er das Zulässigkeitsproblem der §§ 39 und 504 ZPO zu kurz behandelt habe, erscheine ihm ebenfalls als nicht gerechtfertigt, weil er das Problem angesprochen und zutreffend gelöst habe. Außerdem hätten die Prüfer jederzeit die Möglichkeit, im Nachgespräch ergänzende Fragen zu stellen, was auch geschehen sei. Weil er seinen eigenen Prüfungstext im Vorbereitungsraum habe liegen lassen und ihm ein weiteres Exemplar des Textes trotz einer entsprechenden Bitte nicht überlassen worden sei, habe er den darin enthaltenen Klageantrag des Aktenfalles aus dem Gedächtnis rekapitulieren müssen. Ihm vorzuhalten, er habe den Tenor seines Entscheidungsvorschlags nicht sofort vollständig angeben können, sei fehlerhaft. Die Begründung der für das zivilrechtliche Prüfungsgespräch erteilten Note, dass er sich erst im Verlauf der Prüfung gesteigert habe, treffe nicht uneingeschränkt zu, weil er zu Beginn der Prüfung keine Frage gestellt bekommen habe. Die bei der Befragung der Prüfungskandidaten gewählte Reihenfolge, die bis auf die zur Beantwortung durch die übrigen Kandidaten freigegebenen Fragestellungen eingehalten worden sei, sei in Bezug auf seine Person nicht gewahrt worden. So sei ihm die Möglichkeit genommen worden, eine Schwerpunktfrage Zug-um-Zug zur Verurteilung zu beantworten. Später habe er sämtliche von dem Prüfer freigegebenen Fragestellungen an sich gezogen und zutreffend beantwortet, insbesondere auch zu dem Prüfungsschwerpunkt, der Auslegungsmöglichkeit des § 767 Abs. 3 ZPO. Der von ihm den Prüfern vermittelte positive Eindruck hätte bei der Notenvergabe stärker berücksichtigt werden müssen. Schließlich hätten in den Klausurterminen für die Aufsichtsarbeiten Strafrecht I., Zivilrecht I. und Wahlgutachten nach dem bekannt gegebenen Ende der Anfertigungszeit einige Kandidaten einen weiteren Zeitraum von etwa 10 Minuten, innerhalb dessen die abzuliefernden Klausuren von den Aufsichtspersonen entgegengenommen und auf ihre Vollständigkeit hin überprüft worden seien, genutzt, um ihre Klausurbearbeitung fortzusetzen. Damit liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, in dem diesen Prüflingen im Verhältnis zu ihm eine längerer Bearbeitungszeitraum zur Verfügung gestanden habe.

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Der Kläger beantragt,

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1.         die Prüfungsentscheidung vom 24. November 1998 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 08. April 1999 aufzuheben sowie

24

2.         den Beklagten zu verpflichten,

25

die Prüfungsgesamtnote auf "befriedigend (7,42 Punkte)" festzusetzen.

26

hilfsweise;

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über die Prüfungsgesamtnote unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,

28

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er entgegnet:

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Nach der Regelung des § 8 Abs. 2 NJAVO stehe dem Prüfungsausschuss ein Ermessen für die Abweichung von der errechneten Punktzahl im Umfang bis zu einem Punkt erst dann zu, wenn eine solche Abweichung aufgrund des Gesamteindrucks aller Prüfungsleistungen den Leistungsstand des Prüflings besser kennzeichne, wobei in der Zweiten Staatsprüfung auch die Leistungen im Vorbereitungsdienst zu berücksichtigen seien. Den Stellungnahmen der Mitglieder des Prüfungsausschusses sei zu entnehmen, dass sie schon die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Ermessens, eine höhere Punktzahl zu gewähren, nicht als gegeben erachtet hätten. Hinsichtlich der Einwendungen des Klägers gegen die Bewertung der Aufsichtsarbeiten und seiner mündlichen Prüfungsleistungen werde auf die von den Prüfern eingeholten Stellungnahmen sowie auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 08. April 1999 verwiesen. Mit der erstmals im Klageverfahren erhobenen Verfahrensrüge, dass anderen Prüfungskandidaten bei der Anfertigung der Aufsichtsarbeiten Zivilrecht I., Strafrecht I. und Wahlfach eine bis zu zehn Minuten längere Bearbeitungszeit ermöglicht worden sei, sei der Kläger gemäß § 10 NJAVO ausgeschlossen, weil er nicht innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe der Schlussentscheidung diese Einwendungen erhoben habe.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die den Kläger betreffenden Prüfungsunterlagen für die Zweite juristische Staatsprüfung Bezug genommen. Diese Unterlagen waren ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die Klage, über die mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne eine weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) und durch den Vorsitzenden (§ 87a Abs. 2 VwGO) entschieden werden kann, hat keinen Erfolg.

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Hinsichtlich des Hauptantrages, mit dem eine Verpflichtung des Beklagten zur Festsetzung der Prüfungsgesamtnote auf "befriedigend (7,42 Punkte)" begehrt wird, ist die Klage schon deshalb abzuweisen, weil die vom Kläger mit diesem Begehren angestrebte Anhebung des rechnerischen Gesamtergebnisses von 6,42 Punkte um einen weiteren Punkt sowohl hinsichtlich der Frage, ob von der Entscheidungsmöglichkeit nach § 8 Abs. 2 NJAVO Gebrauch gemacht werden soll und in welchem Umfang innerhalb der Erhöhungsmöglichkeit von bis zu einem Punkt eine Veränderung des Gesamtergebnisses erfolgen soll, im Ermessen des Prüfungsausschusses steht. Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung ausschließlich auf die vom Kläger angestrebte Erhöhung sind nicht ersichtlich.

35

Die vom Kläger hilfsweise begehrte Verpflichtung des Beklagten zu einer erneuten Entscheidung über das Gesamtergebnis der Zweiten juristischen Staatsprüfung hat ebenfalls keinen Erfolg, weil sich die vom Kläger gegen die einzelnen Prüfungsleistungen erhobenen Rügen als nicht begründet erweisen.

36

Soweit der Kläger in Bezug auf die Aufsichtsarbeiten Strafrecht I, Zivilrecht I und das Wahlgutachten Verfahrensfehler wegen einer den Prüfungskandidaten unterschiedlich ermöglichten Bearbeitungszeit geltend macht, ist er mit einer solchen Einwendung gemäß § 10 NJAVO ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind Einwendungen gegen eine Bewertung oder das Verfahren innerhalb eines Monats nach schriftlicher Bekanntgabe der Schlussentscheidung zu erheben. Allerdings ist bei der Forderung einer zeitnahen Rüge zwischen Mängeln im Prüfungsverfahren einerseits und materiellen Beurteilungsfehlern andererseits zu unterscheiden. Mängel des Prüfungsverfahrens muss ein Prüfling grundsätzlich - selbst wenn dies nicht normativ bestimmt ist - unverzüglich rügen. Aufgrund seiner Mitwirkungspflicht hat der Prüfling dazu beizutragen, der Prüfungsbehörde eine zeitnahe Überprüfung des geltend gemachten Mangels mit dem Ziel einer schnellstmöglichen Aufklärung und Beseitigung eines festgestellten Mangels zu ermöglichen, damit die Chancengleichheit der Prüflinge gewahrt wird. Dagegen kann eine fachlich unrichtige und deshalb rechtswidrige Bewertung einer Prüfungsleistung vom Prüfling, der gegen den Prüfungsbescheid rechtzeitig Einwendungen (und Klage) erhoben hat, bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht geltend gemacht werden (vgl. hierzu: BVerwG, Urt. vom 27.04.1999, BayVBl 2000, 120 [BVerwG 27.04.1999 - BVerwG 2 C 30.98] m.w.N.). Der Kläger, der in Bezug auf die genannten Aufsichtsarbeiten den Verfahrensfehler erst im Verlauf des Klageverfahrens geltend gemacht hat, ist infolgedessen nach § 10 NJAVO mit diesem Vorbringen ausgeschlossen.

37

Überdies hätte die Verfahrensrüge unter dem vom Kläger geltend gemachten Gesichtspunkt einer Verletzung der Chancengleichheit keinen Erfolg haben können. Der Kläger hat vorgetragen, dass einige Kandidaten nach dem allgemein bekannt gegebenen Ablauf der Bearbeitungszeit (sanktionslos) ihre Bearbeitung der Aufsichtsarbeiten noch für einige Zeit fortgesetzt hätten. Ein solches Verhalten wäre, wenn der vom Kläger geschilderte Sachverhalt tatsächlich zutreffen sollte, verfahrensfehlerhaft und rechtswidrig. Ein Prüfling kann jedoch unter Berufung auf den Grundsatz der Chancengleichheit nicht mit Erfolg verlangen, dass Fehler in der Durchführung des Prüfungsverfahrens, die der Prüfungsbehörde bei anderen Kandidaten seiner Prüfungsgruppe unterlaufen sind, auch ihm zugute kommen. Dementsprechend führen derartige Verfahrensfehler, selbst wenn sie von der Prüfungsbehörde hätten verhindert werden können, in Bezug auf einen Prüfling, dessen eigenes Prüfungsverfahren korrekt verlaufen ist und dessen Leistungen ordnungsgemäß bewertet wurden, nicht zu einem Anspruch auf Gewährung eines gleichermaßen rechtswidrigen Vorteils (vgl. hierzu: BFH, Urt. vom 20.07.1999, NVwZ-RR 2000, 300 [BFH 20.07.1999 - VII R 111/98] m.w.N.).

38

Die vom Kläger gegen die Bewertung der einzelnen Prüfungsleistungen erhobenen Einwendungen haben aus den nachfolgenden Gründen ebenfalls keinen Erfolg.

39

Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen erstreckt sich in materiell-rechtlicher Hinsicht darauf, ob die von einem Prüfling entwickelten Lösungen und Antworten fachlich richtig oder zumindest vertretbar sind. Zutreffende Antworten oder brauchbare Lösungen dürfen nicht als falsch bewertet werden. Soweit die Richtigkeit der Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar sind, die Beurteilung vielmehr unterschiedlichen Ansichten Raum lässt, muss dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zugestanden werden. Fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Prüfer und dem Prüfling sind der gerichtlichen Kontrolle daher nicht entzogen. Das Gericht hat vielmehr aufgrund der Einwendungen des Prüflings darüber zu befinden, ob die vom Prüfer als falsch bewertete Lösung im Gegenteil richtig oder jedenfalls vertretbar ist (BVerfG, Beschl. vom 17.04.1991, BVerfGE, 84, 34; BVerwG, Urt. vom 24.02.1993, NVwZ 1993, 686). Soweit es um Fachfragen geht, sind hierunter alle Fragen zu begreifen, die einer fachwissenschaftlichen Erörterung zugängig sind. Hierunter fallen sowohl Fragen, die fachwissenschaftlich geklärt sind, als auch solche, die in der Fachwissenschaft kontrovers behandelt werden. In Bezug auf prüfungsspezifische Bewertungen findet dagegen eine so weitreichende gerichtliche Kontrolle nicht statt. Soweit den Prüfern ein Bewertungsspielraum verbleibt, geht die gerichtliche Überprüfung lediglich dahin, ob sie Verfahrensfehler begangen oder anzuwendendes Recht verkannt haben, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sind, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzt haben oder sich von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen (BVerfG, Beschl. vom 17.04.1991, aaO.; BVerwG, Beschl. vom 11.08.1998, DVBl 1998, 1351; Nds. OVG Lüneburg, Urt. vom 07.10.1999, 10 L 6651/96). Zu diesen prüfungsspezifischen Fragen, die der Letztentscheidungskompetenz der Prüfungsbehörde überlassen bleiben, gehören insbesondere die Benotung, die Gewichtung, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades und die Würdigung der Qualität der Darstellung (BVerwG, Beschl. vom 17.12.1997, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 385; Nds. OVG Lüneburg, Urt. vom 07.10.1999, aaO.). Die Art und Weise der Darstellung einer Prüfungsaufgabe hängt dermaßen vom konkreten Fall ab, dass es hier keine eindeutigen Antworten gibt. Darstellungsfragen sind infolgedessen keine Fachfragen, sondern dem prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraum zuzurechnen, so dass es insoweit keinen Antwortspielraum des Prüflings gibt.

40

Dem Recht des Prüflings, auf vermeintliche fachliche Irrtümer und daran anknüpfende Rechtsfehler wirkungsvoll hinweisen zu können, entspricht im Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit der Prüfungsentscheidung seine Mitwirkungspflicht. Diese besteht darin, derartige Fehler substantiiert und mit einer nachvollziehbaren Begründung darzulegen. Soll das Vorbringen des Prüfungskandidaten berücksichtigt werden können, hat er klarzustellen, in welchen konkreten Einzelpunkten die Korrektur bestimmter Prüfungsleistungen nach seiner Auffassung Fehler aufweist. In den Einwendungen ist dabei auf Inhalt und Zielrichtung einzelner Prüferbemerkungen und -wertungen einzugehen. Eine bloße Wiederholung des eigenen Standpunktes auf einer verbreiterten subjektiven Argumentationsbasis genügt nicht. Die fachwissenschaftliche Richtigkeit oder Vertretbarkeit einer Lösung muss vielmehr mit Hilfe objektiver und gewichtiger Kriterien einsichtig gemacht werden. Macht der Prüfling geltend, die Beurteiler hätten eine vom Prüfling vertretene Auffassung als falsch bewertet, obwohl diese Auffassung in Wahrheit vertretbar sei und auch so vertreten werde, so hat er den Gegensatz zwischen seinem Standpunkt und dem der Prüfer in qualifizierter Weise aufzuzeigen, d.h. zunächst anhand genau zu benennender Prüferbemerkungen klarstellen, dass und was genau die Prüfer seiner Meinung nach als falsch oder unvertretbar bezeichnet haben, und sodann die Vertretbarkeit des in der Prüfungsarbeit vertretenen gegenteiligen Standpunktes unter Hinweis auf entsprechende Fundstellen ausreichend qualifiziert erläutern. Wesentlich ist hierbei insbesondere, den unmittelbaren Gegensatz zur Auffassung der Prüfer darzulegen. Richtige und umfangreich belegte Ausführungen zu einem strittigen Rechtsproblem, das in der Prüfungsarbeit abgehandelt worden ist, können nicht als hinreichende Substantiierung angesehen werden, wenn die Prüfer lediglich kritisiert haben, dass der Weg zum richtigen Gesamtergebnis in überflüssiger Weise problematisiert und damit die Stringenz der Falllösung beeinträchtigt werde (BVerwG, Urt. vom 04.05.1999, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 395 m.w.N.).

41

Nach Maßgabe dieser Gesichtspunkte erweisen sich die vom Kläger gegen die einzelnen Prüfungsleistungen erhobenen Rügen als nicht begründet.

42

Hinsichtlich der Aufsichtsarbeit Zivilrecht I haben die Prüfer ihre Beurteilung der Leistung mit "mangelhaft (2 Punkte)" damit begründet, dass den wenigen positiven Ansätzen gravierende und zum Teil grundsätzliche Mängel gegenüberstünden, durch die die Arbeit insgesamt nicht mehr brauchbar sei. Für eine solche Leistung sehen die Prüfungsvorschriften die Bewertung mit "mangelhaft" bei einer Punktzahl zwischen 1 und 3 vor (§§ 12, 13 NJAG). Dass einzelne Teile der Arbeit als brauchbar bezeichnet worden sind, stellt keinen Widerspruch zu der Begründung der Note dar, weil es auf das Gewicht dieser Teile der Arbeit im Verhältnis zu den außerdem festgestellten Mängeln ankommt. Diese Mängel wurden ausführlich in den Beurteilungen der Prüfer dargestellt. Schon darin hatte der Erstbeurteiler die Prüfung des § 351 BGB nicht ohne Einschränkung als brauchbar bezeichnet. Hinsichtlich des § 281 BGB wurde nicht beanstandet, diese Vorschrift nicht geprüft zu haben; es wurde vielmehr die Art und Weise dieser Prüfung und die Argumentation als unzulänglich und als nicht nachvollziehbar bezeichnet.

43

Die gegen die Beurteilung der Aufsichtsarbeit Zivilrecht II erhobenen Rügen des Klägers sind ebenfalls unbegründet. Die Bezeichnung eines den Kammervorsitz in der mündlichen Verhandlung führenden Richters am Landgericht mit dem Titel "Vorsitzender Richter am Landgericht" als praxisfremd ist nicht zu beanstanden. Den vom Kläger für seine gegenteilige Auffassung dem Gericht überreichten Kopien der Seiten 10 und 11 aus dem Lehrbuch "Die Assessorklausur im Zivilrecht" von Knöringer lässt sich nicht entnehmen, dass der dort im Urteilsrubrum aufgeführte "Vorsitzende Richter am Landgericht Dr. Kern" lediglich die Dienstbezeichnung Richter am Landgericht führt. Selbst wenn in dem vom Kläger genannten Lehrbuch an anderer Stelle eine solche Titulierung gebraucht sein sollte, würde mit dieser einen Zitatstelle die Prüferanmerkung, dass dies nicht üblich sei und nicht der Praxis entspreche, nicht entkräftet. Die Rüge der Erstbeurteilerin, dass die Vorschrift des § 406 BGB ausführlicher hätte geprüft werden müssen, als der Kläger dies getan habe, ist ein Kriterium, das sich innerhalb des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums bewegt und einer gerichtlichen Prüfung unter den vom Kläger hervorgehobenen Gesichtspunkten nicht zugänglich ist. Diese Prüferin hat ihre zunächst gemachte Anmerkung, dass der Kläger bei den Nebenentscheidungen die Vorschrift des § 713 ZPO übersehen habe, später korrigiert, ohne allerdings die Benotung abzuändern. Die Prüferin hat hierzu dargelegt, dass dieser Kritikpunkt im Hinblick auf das Gesamtergebnis nur eine untergeordnete Bedeutung gehabt habe. Die Spekulation des Klägers, dass die Korrektorin ausschließlich deshalb bei ihrer Beurteilung geblieben sei, weil sie bereits bei der von ihr vergebenen Punktzahl (4 Punkte) den oberen Rahmen eines Übergangs zur Note "befriedigend" angenommen habe, ist spekulativ. Die Prüferin hat ihrer Beurteilung die jeweiligen Notendefinitionen vorangestellt; es finden sich deshalb keine Anhaltspunkte dafür, dass die Prüferin den Wertungsrahmen für die von ihr gewählte Note "ausreichend" verkannt haben könnte.

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Ebenfalls unbegründet sind die gegen die Beurteilung der Aufsichtsarbeit Strafrecht I gerichteten Einwendungen des Klägers. Der von den Prüfern beanstandete unzureichende Umfang der Auseinandersetzung mit der Irrtumsproblematik ist einer gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich. Soweit der Kläger für die von ihm vertretene Auffassung, dass für eine Anwendung des § 27 StGB (Beihilfe) eine psychische Unterstützungshandlung nicht genüge, Zitatstellen aus der juristischen Fachliteratur benennt und hierzu Kopien vorgelegt hat, stellt dies keinen Beleg für die Vertretbarkeit seiner Auffassung und damit für die Haltlosigkeit der Prüferanmerkung in diesem Punkte dar. Diese Unterlagen aus der Fachliteratur stützen bereits nicht die vom Kläger vertretene Auffassung. Darin findet sich lediglich eine Kritik an der sehr weitreichenden Annahme von psychischen Beihilfeleistungen im Sinne des § 27 StGB in der strafgerichtlichen Rechtsprechung. Die Möglichkeit psychischer Beihilfeleistungen wird durchaus gesehen, jedoch solche Konstellationen auf eine weitaus geringere Anzahl denkbarer Fälle begrenzt. Der Erstbeurteiler der Aufsichtsarbeit hat zudem dargelegt, dass zum Einen der Tatbeitrag des im Aktenfall Beihilfe Leistenden nicht allein in einem psychischen Tatbeitrag gelegen habe und zum Anderen der Kläger eine Auseinandersetzung mit den Gründen habe vermissen lassen, aus denen er sich für die von ihm gewählte Lösung entschieden habe. Auch soweit der Kläger die Kritik der Beurteiler an der Prüfung des § 154a StPO für unberechtigt hält, lässt sich ein Beurteilungsfehler nicht erkennen. Die Prüfer haben zutreffend dargelegt, dass die Ausführungen des Klägers in der Klausur die Würdigung der geprüften strafrechtlichen Handlungen als eine einheitliche prozessuale Tat als Voraussetzungen für eine folgerichtige Prüfung des § 154a StPO nicht erkennen lassen. Die Beurteiler sind dem Kläger in der Annahme einer Realkonkurrenz bezüglich der Taten der Aktenpersonen W. und G. nicht gefolgt und haben bei diesem vom Kläger gefundenen Ergebnis eine Verfahrensbeschränkung nach § 154a StPO als inkonsequent bezeichnet. Es ist nicht ersichtlich, dass die Kritik der Prüfer in diesem Punkt auf einem falschen Verständnis von den Ausführungen des Klägers beruht, denn der Kläger hat solche, die eine Prüfung des § 154a StPO anstelle des § 154 StPO erläuternde Ausführungen nicht gemacht. Infolgedessen stellt dieser Kritikpunkt des Klägers eine unzulässige Ergänzung seiner Klausurbearbeitung dar.

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Die die Aufsichtsarbeiten Verwaltungsrecht I und II betreffenden Rügen des Klägers sind ebenfalls nicht begründet. Diese Einwendungen, mit denen sich der Kläger gegen die Kritik der Prüfer an dem von ihm gewählten Lösungsweg und den Umfang sowie die Qualität der Argumentation wendet, betreffen den prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum und sind daher einer inhaltlichen Prüfung auf ihre Richtigkeit nicht zugänglich. Das Vorbringen des Klägers stellt sich im Wesentlichen als eine bloße Wiederholung des eigenen Standpunktes dar. Dies gilt insbesondere für das Vorbringen des Klägers zu der Qualität seines Lösungsweges und hinsichtlich des Umfangs der Sachverhaltsdarstellung in einem Widerspruchsbescheid. Mit seinem Hinweis auf eine die Kostenentscheidung in einem Ausgangsbescheid betreffende Zitatstelle verkennt der Kläger die Bedeutung der diesbezüglichen Prüferkritik. Die Anmerkung der Prüfer wendet sich nicht dagegen, dass in einem Ausgangsbescheid mit einer Kostenentscheidung über die Kostentragungspflicht sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach befunden werden kann, sondern hebt hervor, dass eine Entscheidung über die Kostentragungspflicht dem Grunde nach in dem Bescheid der Landeshauptstadt Hannover vom 27. August 1997 gefehlt hat und dies in der Klausurverfügung ebenso hätte aufgegriffen werden sollen wie die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung. In der ergänzenden Stellungnahme der Prüfer wird außerdem darauf hingewiesen, dass auch in dem vom Kläger gefertigten Widerspruchsbescheid eine Kostengrundentscheidung fehlt.

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Schließlich betreffen auch die vom Kläger gegen die Anwaltsklausur und die Wahlklausur gerichteten Rügen im Wesentlichen die Art und Weise der Darstellung der Klausurbearbeitung und damit den prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraum. Soweit sich der Kläger bei der Wahlklausur für die von ihm vertretene Auffassung, dass für die Annahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag das Vorliegen eines ausschließlichen Fremdgeschäftsführungswillens erforderlich sei, auf Zitatstellen aus der Fachliteratur bezieht, verkennt er, dass die die GoA betreffende Kritik der Prüfer im Wesentlichen die fehlende "rechtliche Vertiefung und Substanz" hierzu betrifft. Die Kritik zielt in diesem Punkte im Wesentlichen darauf, dass der Kläger infolge einer mangelhaften Arbeit am Sachverhalt verkannt habe, dass die Aktenklägerin zumindest auch im fremden Interesse gehandelt habe, was für die Annahme einer GoA ausreiche. Die vom Kläger beigebrachten Nachweise aus der Fachliteratur zu diesem Problembereich stützen übrigens nicht die von ihm vertretene Auffassung, dass in den Fällen auch fremder Geschäfte eine GoA nicht anzunehmen sei; die diesbezügliche Fachliteratur hält lediglich die hierzu ergangene Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichtshofs für zu weitgehend und fordert eine Verschärfung der Anforderungen für die Annahme eines Fremdgeschäftsführungswillens bei Fällen auch fremder Geschäfte.

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Der Erstbeurteiler hatte schon in seiner ersten Bewertung zur Wahlklausur ausgeführt, dass die Gesamtleistung des Klägers wegen der völlig misslungenen Entscheidungsgründe allenfalls mit "mangelhaft (1 Punkt)" beurteilt werden könne; auf die vom Kläger hiergegen erhobenen Einwendungen hat dieser Prüfer herausgestellt, dass seine ursprüngliche (unzutreffende) Annahme, der Kläger sei hinsichtlich der Verjährungseinrede zu keinem Ergebnis gekommen, ein die Abänderung der ursprünglichen Benotung erforderndes Gewicht nicht gehabt habe. Ein Begründungsmangel ist darin nicht zu erkennen.

48

Soweit der Kläger schließlich auch den Aktenvortrag und die Prüfungsgespräche in der mündlichen Prüfung angreift, betreffen die gegen die Beurteilungskriterien gerichteten Rügen des Klägers wiederum lediglich den prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum. Dies gilt vor Allem hinsichtlich des von den Prüfern geforderten Umfangs der Sachverhaltsdarstellung und der rechtlichen Vertiefung von Zulässigkeits- und Begründetheitsproblemen. Die Reihenfolge der Befragung in der mündlichen Prüfung bleibt den Prüfern überlassen und gibt unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit keine Veranlassung zur Beanstandung, solange die Prüflinge ausreichend am Prüfungsgespräch beteiligt worden sind. Nach § 39 Abs. 4 Satz 2 NJAVO dienen die Prüfungsgespräche der Feststellung, ob der Prüfling in der Lage ist, Aufgaben und Probleme der juristischen Praxis rasch zu erfassen, die maßgebenden Gesichtspunkte zutreffend zu erkennen und durch überzeugende Erwägungen zu einer Lösung beizutragen. Eine zeitliche Vorgabe für den Umfang der mündlichen Prüfung jedes einzelnen Kandidaten enthalten die prüfungsrechtlichen Bestimmungen nicht. In § 39 Abs. 3 Satz 1 NJAVO ist lediglich festgelegt, dass das Prüfungsgespräch insgesamt drei Stunden dauern soll. Die danach auf die einzelnen Fachbereiche des Prüfungsgesprächs und jeden Prüfling rechnerisch entfallenden Zeitanteile treffen ebenfalls noch keine Aussage über die Intensität der Prüfung und die Bedeutung von Fragestellungen und Antworten in Bezug auf die Leistungsbeurteilung der einzelnen Kandidaten. Die Prüfer haben vielmehr die Prüflinge so lange zu prüfen, bis sie sich ein hinreichend sicheres Bild von ihren Leistungen und der Befähigung in dem in § 39 Abs. 4 Satz 3 NJAVO umschriebenen Sinn machen können. Da häufig die in einem Prüfungstermin geprüften Kandidaten einen unterschiedlichen Leistungsstand haben, ist naturgemäß der zeitliche Aufwand in Bezug auf jeden Prüfling sowie dessen Wortanteil nicht durchweg gleich groß. Allein aus einer unterschiedlichen Anzahl von Fragestellungen sowie aus unterschiedlichen zeitlichen Anteilen an einem Prüfungsgespräch kann deshalb nicht mit Erfolg ein Prüfungsmangel hergeleitet werden.

49

Allerdings erfordert der sich aus § 39 Abs. 4 Satz 3 NJAVO ergebende Prüfungszweck ein Mindestmaß an Beteiligung eines jeden Prüflings an dem Prüfungsgespräch. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in den Prüfungsgesprächen unzureichend beteiligt worden ist, so dass es ihm verwehrt worden ist, seine eigentliche Befähigung darzustellen, sind nicht ersichtlich.

50

Schließlich ist die Entscheidung des Prüfungsausschusses, das rechnerische Gesamtergebnis der Zweiten juristischen Staatsprüfung des Klägers nicht gemäß § 8 Abs. 2 NJAVO zu erhöhen, rechtlich nicht zu beanstanden.

51

Nach § 8 Abs. 2 NJAVO kann der Prüfungsausschuss von der errechneten Punktzahl bis zu einem Punkt abweichen, wenn dies aufgrund des Gesamteindrucks den Leistungsstand des Kandidaten besser kennzeichnet und wenn die Abweichung auf das Bestehen der Prüfung keinen Einfluss hat; hierbei sind in der Zweiten juristischen Staatsprüfung auch die Leistungen im Vorbereitungsdienst zu berücksichtigen. An diese Voraussetzungen einer Abweichung ist der Prüfungsausschuss strikt gebunden. Die Ermächtigung zu einer Ermessensentscheidung betrifft ausschließlich die Rechtsfolgeseite. Sie setzt voraus, dass auf der Tatbestandsseite alle dort aufgeführten Merkmale erfüllt sind, ehe von der Ermächtigung zur Abweichung Gebrauch gemacht werden darf (vgl. hierzu: BVerwG, Urt. vom 12.07.1995, BVerwGE 99, 74 m.w.N.). Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine typische Härtefallklausel, die Unbilligkeiten und ungewollten Härten einer schematischen Rechtsanwendung im Einzelfall begegnen und ggf. auch dem Gesamteindruck des Prüfungsorgans ausnahmsweise innerhalb der normativen Korrekturmöglichkeit bis zu einem Punkt Geltung verschaffen will. Allerdings liegt allein darin, dass der Punktwert für eine bessere Note nur knapp verfehlt wird, noch keine ungewollte Härte. Der Prüfungsausschuss verfügt demnach nur über eine eingeschränkte Beurteilungsermächtigung. Er darf von ihr erst dann Gebrauch machen, wenn die näheren Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 NJAVO erfüllt sind. Hierzu gehört, dass er bei seiner Entscheidung sämtliche Leistungen des Kandidaten in der mündlichen Prüfung und im Vorbereitungsdienst berücksichtigt. Außerdem ist ein besonderer Grund erforderlich, der es ausnahmsweise rechtfertigt, von dem errechneten Mittelwert abzuweichen. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist gerichtlich voll überprüfbar (BVerwG, Urt. vom 12.07.1995, aaO.; Nds. OVG Lüneburg, Urt. vom 15.07.1988, DVBl 1989, 112 [OVG Niedersachsen 15.09.1988 - 10 A 31/88] m.w.N.).

52

Für die Anwendung des § 8 Abs. 2 NJAVO sind die Gründe maßgeblich, mit denen der Prüfungsausschuss den von ihm gewonnenen Gesamteindruck des Prüflings kennzeichnet. Für eine Änderung des errechneten Prüfungsergebnisses können ausschließlich leistungsbezogene Erwägungen Bedeutung erlangen. Ein von der rechnerisch ermittelten Gesamtnote abweichender Gesamteindruck ist allerdings nicht schon dann gerechtfertigt, wenn der Prüfling im Vergleich mit den von ihm geschriebenen Aufsichtsarbeiten wesentliche bessere Leistungen im Prüfungsgespräch gezeigt hat und der Prüfungsausschuss deshalb die nach der Prüfungsordnung vorgegebenen Gewichtungsanteile für korrekturbedürftig ansieht. Ein sicheres Auftreten und gute Leistungen eines Prüflings in der mündlichen Prüfung bedingen noch nicht einen Korrekturbedarf hinsichtlich seiner schlechter benoteten Aufsichtsarbeiten (BVerwG, Urt. vom 12.07.1995, aaO.). Dementsprechend dürfen die Prüfer auch gute Noten für Aufsichtsarbeiten nicht allein deshalb für korrekturbedürftig erachten, weil der Referendar in der mündlichen Prüfung durch eine starke Zurückhaltung, zögerliches Reagieren oder geringe gedankliche Beweglichkeit aufgefallen ist. Denn die in der jeweiligen Prüfungsordnung festgelegte konkrete Gewichtung der verschiedenen Prüfungsleistungen in den unterschiedlichen Prüfungsbereichen dient dazu, im Hinblick auf die vielfältigen beruflichen Anforderungen allen Prüflingen mit unterschiedlichen Neigungen, Begabungen, Stärken und Schwächen möglichst gleiche Chancen für eine erfolgreiche Prüfung einzuräumen. Die mündliche Prüfung bietet allerdings gerade auch die Möglichkeit, etwa bestehenden Zweifeln hinsichtlich des wahren Leistungsbildes eines Prüflings, die sich dem Prüfungsausschuss im Hinblick auf die bei den schriftlichen Prüfungsleistungen erzielten Noten aufgedrängt haben, nachzugehen und sie durch eine entsprechende Gestaltung der mündlichen Prüfung abzuklären.

53

Nach Maßgabe dieser Grundsätze erweist sich die Entscheidung des Prüfungsausschusses, das rechnerische Ergebnis der Prüfung nicht zu verändern, als rechtmäßig. Der Prüfungsausschuss hat in den vom Beklagten eingeholten Stellungnahmen dargelegt, dass er sich gerade im Hinblick auf den geringen Abstand der rechnerisch ermittelten Gesamtpunktzahl zu der Gesamtnote "befriedigend" eingehend mit der Frage befasst habe, ob in Anbetracht des Leistungsbildes, das der Kläger sowohl im Vorbereitungsdienst als auch während der Zweiten juristischen Staatsprüfung gezeigt habe, eine Anhebung der Gesamtpunktzahl geboten sei. Der Prüfungsausschuss hat mit der Begründung, dass der Kläger mit den in der mündlichen Prüfung erzielten Benotungen bereits eine wohlwollende Bewertung in diesen Leistungsbereichen erfahren habe, eine Veränderung der rechnerisch ermittelten Gesamtpunktzahl abgelehnt. Der Kläger hat zudem bei den Aufsichtsarbeiten in fünf Klausuren Ergebnisse erreicht, die unterhalb der rechnerischen Gesamtpunktzahl liegen. Von den drei mit mangelhaft benoteten Klausuren entfallen zwei Klausuren auf den Bereich des Zivilrechts. Von einem atypischen Zufallsergebnis mit einem extrem abweichenden Leistungsbild kann deshalb nicht gesprochen werden. In diesem Sinne ist die zu der Einbeziehung der während des Vorbereitungsdienstes erzielten Fachnoten gemachte Anmerkung der Prüfer zu begreifen, dass der Kläger auch in den Arbeitsgemeinschaften nicht durchweg die guten Noten erhalten habe, wie sie ihm während der Ausbildung am Arbeitsplatz erteilt worden waren.

54

Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Nebenentscheidungen im Übrigen beruhen auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Sonstiger Langtext

55

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.000,-- DM festgesetzt.

56

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG. In Verfahren, in denen es lediglich um die Verbesserung einer Prüfungsnote geht, nimmt die Kammer in Übereinstimmung mit dem Nds. Oberverwaltungsgericht Lüneburg einen Wert in Höhe von 8.000,-- DM an (Nds. OVG Lüneburg, Urt. vom 07.10.1999, 10 L 6651/96).