Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 10.07.2015, Az.: 2 VAs 5/15

Kein Recht des Anzeigeerstatters auf Substitution des Staatsanwalts im Ermittlungsverfahren

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
10.07.2015
Aktenzeichen
2 VAs 5/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 41035
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2015:0710.2VAS5.15.0A

Amtlicher Leitsatz

Für den Anzeigeerstatter besteht kein Rechtsanspruch auf die Substitution des ermittelnden Staatsanwalts. Für den Anzeigeerstatter ist daher die Ablehnung der Substitution des Staatsanwalts (§ 145 GVG) nicht mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG anfechtbar.

Tenor:

1. Der Ablehnungsantrag des Antragstellers gegen "den gesamten Senat" wird als unzulässig verworfen.

2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unzulässig verworfen.

3. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

4. Der Geschäftswert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der gegen "den gesamten Senat" gerichtete Ablehnungsantrag des Antragstellers war gemäß § 26 a StPO entsprechend als unzulässig zu verwerfen. Der Antragsteller hat in seinem Ablehnungsgesuch lediglich ausgeführt, er halte den gesamten Senat für befangen, weil dieser - aus seiner Sicht unzulässigerweise - die Generalstaatsanwaltschaft Celle zu dem Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung angehört hat. § 24 StPO gestattet jedoch nur die Ablehnung einzelner Richter oder einzelner Mitglieder eines Gerichts, nicht die Ablehnung des Gerichts im Ganzen, ohne Rücksicht auf das persönliche Verhältnis seiner Mitglieder zu der zu entscheidenden Strafsache (Scheuten in KK-StPO, 7. Aufl., § 26 a Rdnr. 2; BGH, Urteil vom 01.02.1955 - 1 StR 702/54 -; BVerfGE 46, 200 f.). Mangels näherer Individualisierung kann der Antrag auch nicht als zusammenfassende Formulierung von mehreren gegen einzelne Richter gerichteten Anträge ausgelegt werden. Der Antragsteller hat eine solche auf einzelne Richter des Senats bezogene Begründung seines Ablehnungsantrages auch nach erfolgter Akteneinsicht nicht nachgeholt.

II.

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist prozessual überholt. Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung des Justizministeriums zur Entscheidung über seinen am 15.01.2015 gestellten Antrag, für das Ermittlungsverfahren gegen den Rechtspfleger K. sowie die Beamten des Hauptzollamtes B., J. und Ko. eine Staatsanwaltschaft außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Generalstaatsanwaltschaft Celle zu bestimmen. Unabhängig von der Frage, ob eine solche Verpflichtungsklage im Wege der Untätigkeitsklage zulässig wäre, ist das Begehren des Antragstellers überholt, denn das Justizministerium hat mit einen dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 21.05.2015 zugegangenen undatierten Bescheid die Benennung einer nicht im Zuständigkeitsbereich der Generalstaatsanwaltschaft Celle liegenden Staatsanwaltschaft als zuständige Behörde zur Bearbeitung der von dem Antragsteller erstatteten Strafanzeige abgelehnt. Der Antragsteller hat seinen Verpflichtungsantrag auch nach Eingang des Bescheides des Justizministeriums bei ihm und nach erfolgter Akteneinsicht in das hiesige Justizverwaltungsstreitverfahren nicht umgestellt, sodass sein Begehren, das Justizministerium zur Bescheidung seines Antrages zu verpflichten, prozessual überholt ist.

2. Der Antrag erweist sich zudem auch im Übrigen als unzulässig.

Nach § 24 EGGVG ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

a) Die bloße Behauptung einer Rechtsverletzung genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr eine die Schlüssigkeitsprüfung ermöglichende Sachdarstellung, also der Vortrag von Tatsachen, die im Fall ihres Zutreffens ergeben, dass dem Verurteilten zumindest unter einem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt die beanspruchten Rechte zustehen und die Behörde diese verletzt (vgl. ständige Rechtsprechung des Senats, Beschlüsse vom 22.05.2009 - 2 VAs 6/09 -, vom 13.01.2009 - 2 VAs 21/08 -, vom 09.12.2008 - 2 VAs 20/08 und vom 21.07.2008 - 2 VAs 12/08 -). Eine solche Sachverhaltsschilderung enthält der Antrag auf gerichtliche Entscheidung jedoch nicht. Der Antragsteller teilt bereits den Inhalt des gegen ihn geführten Strafverfahrens und die darin von dem Rechtspfleger K. entfalteten Tätigkeiten nicht mit, welche offenbar der Anlass der zu der von dem Antragssteller erstatteten Strafanzeige waren. Zudem trägt der Antrag auch den Inhalt der von dem Antragsteller gegen den Rechtspfleger K. sowie die Beamten des Hauptzollamts B., J. und Ko. erstatteten Strafanzeige und den Inhalt der Einstellungsentscheidung nicht vor, sondern teilt lediglich den Inhalt seiner gegen die Einstellungsentscheidung gerichteten Beschwerde mit.

b) Der Antragsteller hat überdies nicht dargetan, dass er durch eine unterlassene oder abgelehnte Bestimmung einer anderen Staatsanwaltschaft außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Generalstaatsanwaltschaft Celle in seinen Rechten verletzt wäre. Nach ganz herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, besteht für den Beschuldigten im Rahmen eines Strafverfahrens kein Rechtsanspruch auf Substituierung des ermittelnden Staatsanwaltes (vgl. Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. vor § 22 GVG Rdnr. 9, 11 m. w. N.). In einem solchen Fall kann der Beschuldigte auch die Verfügung des vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft, mit der die Substitution des Staatsanwalts nach § 145 GVG abgelehnt worden ist, nicht mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG anfechten (vgl. Löwe-Rosenberg a. a. O. Rdnr. 11 und Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. § 23 EGGVG Rdnr. 125). Dass dem Antragsteller in dem von ihm angestrengten Ermittlungsverfahren weitergehende Rechte als einem Beschuldigten im Strafverfahren zustehen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen.

III.

Nach Wegfall von § 30 Abs. 1 EGGVG a. F. mit Wirkung vom 1. August 2013 durch das 2. KostRMoG v. 23. 7. 2013 (BGBl. I S. 2586) folgt die Kostengrundentscheidung nun aus § 1 Abs. 2 Nr. 19, § 22 GNotKG, i. V. m. Teil 1, Hauptabschnitt 5, Abschnitt 3, Nr. 15301 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG (vgl. hierzu die Stellungnahme des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf, BR-Drs. 517/12 S. 445).

Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG. Danach ist in Ermangelung genügender Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Wertes ein Geschäftswert von 5.000 € anzusetzen.