Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 14.10.2014, Az.: 1 Ws 404/14 (StrVollz)

Gutschrift der einem Strafgefangenen nach Obsiegen in einem gerichtlichen Verfahren erstatteten Portokosten auf dem Eigengeldkonto

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.10.2014
Aktenzeichen
1 Ws 404/14 (StrVollz)
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 24847
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2014:1014.1WS404.14STRVOLLZ.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hildesheim - AZ: 23 StVK 533/14

Amtlicher Leitsatz

Werden einem Strafgefangenen nach Obsiegen in einem gerichtlichen Verfahren von der Landeskasse notwendige Auslagen (konkret: Portokosten) erstattet, sind diese auch dann dem Eigengeldkonto gutzuschreiben, wenn die entsprechenden Aufwendungen zuvor vom Hausgeldkonto bestritten worden waren.

In der Strafvollzugssache
des C. V.,
geb. am xxxxx 1969 in E.,
zurzeit in der JVA S.,
- Antragstellers und Beschwerdeführers -
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. aus C.,
gegen die Justizvollzugsanstalt S.,
vertreten durch die Anstaltsleiterin,
- Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin -
wegen Erstattung von Portokosten
hat der 1.Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Strafkammer 12 - Strafvollstreckungskammer - vom 20. August 2014 nach Anhörung des Zentralen Juristischen Dienstes für den Niedersächsischen Justizvollzug durch den Richter am Oberlandesgericht xxxxxx, den Richter am Oberlandesgericht xxxxxx und den Richter am Oberlandesgericht xxxxxx am 14. Oktober 2014
beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Antragstellers als unbegründet verworfen.

Der Streitwert wird auf 5,72 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich mit seiner Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss der Strafvollstreckungskammer, mit welchem sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet verworfen worden war. Gegenstand der Entscheidung war die Rückbuchung von Portokosten, die der Antragsteller für gerichtliche Verfahren durch den Kauf von Briefmarken von seinem Hauskonto aufgewandt hatte, die ihm nach Obsiegen in den Verfahren als notwendige Auslagen von der Landeskasse erstattet wurden, und die die Antragsgegnerin nicht wieder dem Hauskonto, sondern dem Eigengeldkonto des Antragstellers gutgeschrieben hatte. Der Antragsteller ist der Auffassung, die ihm erstatteten Gelder seien wieder seinem Hauskonto gutzuschreiben. Demgegenüber vertritt die Antragsgegnerin die Auffassung, die erstatteten Portokosten seien der gesetzlichen Systematik der §§ 45 ff NJVollzG zufolge dem Eigengeldkonto gutzuschreiben, weil die für Gutschriften auf das Hausgeldkonto anzuwendenden Voraussetzungen des § 46 NJVollzG nicht erfüllt seien.

Mit seiner Rechtbeschwerde rügt der Antragsteller die Verletzung sachlichen und formellen Rechts und erhebt daneben die Verfahrensrüge. Der Zentrale Juristische Dienst für den Niedersächsischen Justizvollzug wurde beteiligt.

II.

Das Rechtsmittel ist letztlich zulässig.

1. Zwar bestehen Bedenken im Hinblick auf die Zulässigkeit hinsichtlich der Voraussetzungen des § 118 Abs. 3 StVollzG. Hiernach kann der Antragsteller die Rechtsbeschwerde nur zu Protokoll der Geschäftsstelle oder durch einen von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schriftsatz einlegen. Dies setzt zum einen eine wirksame Bevollmächtigung des Rechtsanwalts für das konkrete Verfahren (vgl. ThürOLG vom 27.11.2003 [1 Ws 359/03]; Callies/Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz, 11. Aufl., § 118 Rn. 7) sowie voraus, dass dieser die Rechtsbeschwerde eigenverantwortlich verfasst. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass Oberlandesgerichte nicht mit unzulässigem Vorbringen befasst werden (Callies/Müller-Dietz Rn. 6). Die in vorliegendem Verfahren für die Rechtsbeschwerde vorgelegte Vollmacht, die auch keinen Streitgegenstand bezeichnet, datiert vom 18. August 2014. Zu diesem Zeitpunkt war der hier angefochtene Beschluss vom 20. August 2014 noch gar nicht erlassen, geschweige denn dem Antragsteller bekannt. Im Übrigen legen sowohl Inhalt als auch Diktion der Rechtsbeschwerdebegründung den Verdacht nahe, dass diese vom Antragsteller, der dem Senat aus einer Vielzahl auch selbst verfasster Rechtsbeschwerden bekannt ist, zumindest zu Teilen selbst verfertigt wurde:

2. Soweit mit der Rechtsbeschwerde neben der Verletzung formellen Rechts auch die Verfahrensrüge erhoben wurde, ist dies in unzulässiger Weise erfolgt. Zum einen ist dem Strafprozessrecht eine neben der Verletzung formellen Rechts eigenständig zu erhebende Verfahrensrüge fremd, da es sich bei beidem um dasselbe Rechtsmittel handelt. Zum anderen sind beide nicht in der nach §§ 118 Abs. 2 StVollzG, 344 Abs. 2 StPO erforderlichen Form eingelegt worden. Allein die vom Antragsteller erhobene Sachrüge ist hiernach geeignet, eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung durch den Senat zu rechtfertigen.

3. Schließlich sind die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG erfüllt. Denn es ist geboten, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu ermöglichen.

III.

In der Sache musste das Rechtsmittel aber ohne Erfolg bleiben. Die vom Antragsteller angefochtene Entscheidung ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

Sowohl die Antragsgegnerin als auch die Strafvollstreckungskammer haben zutreffend darauf abgestellt, dass das Buchen der maßgeblichen Gelder auf dem Eigengeldkonto der gesetzlichen Systematik der §§ 45 ff NJVollzG entspricht, weil die in § 46 NJVollzG aufgezählten Voraussetzungen für das Gutschreiben auf dem Hausgeldkonto nicht erfüllt sind. Die gesetzliche Regelung ist eindeutig und abschließend.

Zwar hat der Senat in anderer Sache entschieden, dass im Falle einer Rückabwicklung von dem Hausgeldkonto entnommener Beträge diese gesetzliche Systematik nicht greift, wenn und soweit es nicht um das originäre Bilden von Hausgeld geht, sondern um das Rückführen dem Hausgeldkonto entnommener Beträge, hinsichtlich derer die Grundlage für die Entnahme entfallen ist (Senatsbeschluss vom 25. März 2013, 1 Ws 57/13, StraFo 2103, 304; Rpfleger 2013, 475 [OLG Celle 25.03.2013 - 1 Ws 57/13 (StrVollz)] für die Rückbuchung zu viel abgebuchter Beträge). So liegen die Dinge hier aber nicht. Denn bei den dem Eigengeldkonto hier gutgeschriebenen Beträgen handelt es sich schon in der Sache nicht um denselben Leistungsgegenstand, dessen Rechtsgrund für die Abbuchung entfallen ist. Vielmehr hat der Antragsteller das entsprechende Hausgeld zum Kauf von Briefmarken und zum Führen gerichtlicher Verfahren verwendet. Dieser Zweck wurde auch erreicht, und das hierfür aufgewendete Geld wurde demzufolge zweckentsprechend verbraucht. Dass dem Antragsteller schließlich infolge der gerichtlichen Kostenscheidung und der nachfolgenden -festsetzung die entsprechenden Beträge als notwendige Auslagen erstattet wurden, ändert hieran nichts. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die dem Eigengeldkonto gutgeschriebenen Beträge - anders als das Hausgeldkonto - der Pfändung unterliegen und zum Bilden des Überbrückungsgeldes verwendet werden können. Die Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG wird hierdurch nicht unterlaufen.

Eine andere Sichtweise würde zudem auch zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung des Antragstellers führen. Insoweit war auch hier der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz des § 2 Abs. 1 NJVollzG zu beachten. Denn auch außerhalb des Strafvollzugs würden infolge einer gerichtlichen Kostenerstattung gezahlte Beträge, die zuvor unpfändbarem Vermögen entnommen worden waren, nicht grundsätzlich dem Pfändungsschutz unterliegen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. Abs. 2 StVollzG.

V.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 1 Abs. 1 Nr. 8, 63 Abs. 3 und 65 GKG.