Staatsgerichtshof Niedersachsen
Urt. v. 02.05.2024, Az.: StGH 1/23
Organstreitverfahren um die Frage der ausreichenden Gelegenheit zur Stellungnahme im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens; Fehlende Parteifähigkeit eines kommunalen Spitzenverbandes; Fehlende Beteiligtenfähigkeit des Niedersächsischen Landkreistags e.V.
Bibliographie
- Gericht
- StGH Niedersachsen
- Datum
- 02.05.2024
- Aktenzeichen
- StGH 1/23
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2024, 14477
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Der Niedersächsischer Landkreistag e.V. ist kein "anderer Beteiligter" i.S.v. Art. 54 Nr. 1 NV i.V.m. § 8 Nr. 6 NStGHG, der durch die Niedersächsische Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder der Landesregierung mit eigenen Rechten ausgestattet ist. Er ist deshalb in einem Organstreitverfahren nicht parteifähig.
- 2.
Art. 57 Abs. 6 NV begründet kein subjektiv-verfassungsrechtliches "Recht" des Niedersächsischen Landkreistags e.V. auf Anhörung in einem Gesetzgebungs- und Verordnungsverfahren; die Norm hat einen objektiv-rechtlichen Charakter im Sinne einer formellen Anforderung an ein rechtmäßiges Gesetzgebungs- und Verordnungsverfahren.3. Der Niedersächsische Landkreistag e.V ist auch deshalb kein anderer Beteiligter i.S.v. Art 54 Nr. 1 NV, § 8 Nr. 6 NStGHG, weil er nicht über die erforderliche mit den obersten Landesorganen vergleichbare organschaftliche Stellung verfügt.
- Zu 1.:
"Rechte" i.S.d. Art. 54 Nr. 1 NV, § 8 Nr. 6 NStGHG können nur subjektiv-öffentliche Rechte aus der Verfassung oder den Geschäftsordnungen des Landtags oder der Landesregierung sein, die dem Inhaber "zur ausschließlichen Wahrnehmung oder Mitwirkung übertragen worden sind oder deren Beachtung erforderlich ist, um die Wahrnehmung seiner Kompetenzen und die Gültigkeit seiner Akte zu gewährleisten" (NdsStGH, Urt. v. 15.1.2019 - StGH 1/18 -, LVerfGE 30, 297 (309), NdsVBl. 2019, 115 (117), juris Rn. 34; ebenso BVerfG, Beschl. v. 4.5.2010 - 2 BvE 5/07 -, BVerfGE 126, 55 (68), juris Rn. 45; Smollich, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2. Aufl. 2021, Art. 54 Rn. 10).
- Zu 2.:
Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte des Art. 57 Abs. 6 NV sprechen dagegen, aus dieser Norm ein subjektiv-verfassungsrechtliches "Recht" des Niedersächsischen Landkreistages e.V herzuleiten; insbesondere die teleologische Auslegung spricht eindeutig für eine nur objektiv-rechtliche Qualität des Art. 57 Abs. 6 NV. Der Sinn und Zweck des Anhörungsrechts liegt darin, als Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltung "die Rechte und Interessen der Gemeinden und Landkreise bzw. der beteiligten Verbände bei der Normsetzung zu berücksichtigen." Die Vorschrift entfaltet eine prozedurale Schutzwirkung für das kommunale Selbstverwaltungsrecht (NdsStGH, Urt. v. 16.5.2000 - StGH 6/99 u.a. -, Nds. StGHE 4, 31 (49), juris Rn. 106; Urt. v. 27.2.2008 - StGH 2/05 -, Nds. StGHE 4, 202 (223), NdsVBl. 2008, 152 (157), juris Rn. 70; Urt. v. 4.6.2010 - StGH 1/08 -, Nds. StGHE 5, 1 (14), juris Rn. 60 f.; Urt. v. 29.4.2013 - StGH 2/12 -, Nds. StGHE 5, 137 (149), juris Rn. 54; Urt. v. 9.3.2021 - StGH 3/20 -, NVwZ-RR 2021, 601 (606) [StGH Niedersachsen 09.03.2021 - StGH 3/20], juris Rn. 62; siehe auch Urt. v. 2.5.2024 - StGH 4/23 -).
- Zu 3a.:
Die Stellung als im landesverfassungsrechtlichen Organstreitverfahren parteifähiger "anderer Beteiligter" setzt über das Bestehen einer eigenen subjektiven Verfassungsrechtsposition hinaus eine Vergleichbarkeit mit den obersten Landesorganen in Rang und Funktion voraus. Diese Begrenzung des für einen Organstreit denkbaren Teilnehmerkreises gebietet insbesondere der Charakter des Organstreitverfahrens als kontradiktorischer organisationsrechtlich geprägter Verfassungsstreit
- 3b.:
Der Niedersächsische Landkreistag e.V ist weder durch die Verfassung in Existenz, Status und wesentlichen Kompetenzen konstituiert, noch prägt er durch seine Existenz und Funktion die spezifische Gestalt des Staates oder hat er an der Staatsleitung Anteil. Eine Ausweitung des verfahrensrechtlichen Parteibegriffs im Organstreitverfahren auf die kommunalen Spitzenverbände ist auch nicht aus anderen Gründen geboten.
In dem Organstreitverfahren
Niedersächsischer Landkreistag e.V.,
vertreten durch den Präsidenten und das Geschäftsführende Präsidialmitglied,
Am Mittelfelde 169, 30519 Hannover
- Antragsteller -
Prozessbevollmächtigter:
Prof. Dr. Thomas Mann,
Im Torfveen 19, 46147 Oberhausen
gegen
Niedersächsischer Landtag,
vertreten durch die Präsidentin,
Hannah-Arendt-Platz 1, 30159 Hannover
- Antragsgegner -
wegen Verletzung von Art. 57 Abs. 6 NV
hat der Niedersächsische Staatsgerichtshof auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2024 unter Mitwirkung
des Präsidenten Mestwerdt
sowie der Richterinnen und Richter van Hove,
Kaiser,
Butzer,
Veen,
Huss,
Bornemann,
Otte,
Berghaus
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe
A.
Gegenstand des Organstreitverfahrens ist die Frage, ob der Antragsgegner verfassungsmäßige Rechte des Antragstellers dadurch verletzt hat, dass er ihm im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens nicht ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat. Das Verfahren knüpft an dasselbe Geschehen an wie das parallel von acht niedersächsischen Landkreisen geführte kommunale Verfassungsbeschwerdeverfahren (vgl. NdsStGH, Urt. v. 2.5.2024 - StGH 4/23 -).
I.
1. Am 22. August 2022 gab der Niedersächsische Städtetag eine Presseinformation (Nr. 22 / 2022) heraus, in der er dafür warb, zur Bewältigung der finanziellen Folgen des Ukraine-Krieges im Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) vom 17. Dezember 2010 (Nds. GVBl. S. 576), damals i.d.F. vom 23. März 2022 (Nds. GVBl. S. 191), Erleichterungen für die kommunale Haushaltswirtschaft zu schaffen. Konkret wurde vorgeschlagen, die durch Art. 10 des Gesetzes zur Änderung niedersächsischer Rechtsvorschriften aus Anlass der COVID-19-Pandemie vom 15. Juli 2020 (Nds. GVBl. S. 244) in § 182 Abs. 4 NKomVG, damals i.d.F. des Änderungsgesetzes v. 23. März 2022 (Nds. GVBl. S. 191), geschaffenen Erleichterungen für die kommunale Haushaltswirtschaft im Falle einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite auf die Folgen des Ukraine-Krieges auszuweiten. § 182 Abs. 4 NKomVG ermöglicht u.a. eine gesonderte Ausweisung von Fehlbeträgen (§ 182 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 NKomVG), eine erweiterte Verschuldungsoption über den Wert des Vermögens der Kommune hinaus (§ 182 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NKomVG) und die Möglichkeit, auf die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes zu verzichten (§ 182 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 NKomVG). Mit der Ausweitung des Anwendungsbereichs von § 182 Abs. 4 NKomVG auf die Folgen des Ukraine-Krieges sollten aus Sicht des Niedersächsischen Städtetages finanzielle Mehrbelastungen der Kommunen "durch die Flüchtlingsunterbringung, durch gestiegene Energiekosten, durch erhöhte Aufwendungen für Betriebsstoffe sowie durch massiv steigende Baupreise in allen Sektoren", unter Umständen auch Mehrbelastungen durch lokale Härtefallfonds oder Rettungsmaßnahmen zu Gunsten kommunaler Stadtwerke, abgefedert und Steuer- und Beitragserhöhungen für die Bürgerinnen und Bürger vermieden werden.
2. Die Niedersächsische Landesregierung griff diesen Vorschlag des Niedersächsischen Städtetages auf und beschloss in ihrer Sitzung am 30. August 2022 einen im Niedersächsischen Innenministerium kurzfristig erarbeiteten Entwurf, wonach die haushaltsrechtlichen Regelungen in § 182 Abs. 4 NKomVG gemäß eines neu einzufügenden Absatzes 5 auch für die Bewältigung der finanziellen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine zur Anwendung kommen sollten. Um noch den letzten Plenarabschnitt vor der Landtagswahl am 9. Oktober 2022 erreichen zu können, wurde dieser Entwurf am Donnerstag, dem 1. September 2022, durch einen Abgeordneten der SPD-Fraktion unmittelbar in die 149. Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport des Niedersächsischen Landtages eingebracht (Vorlage 1 zu LT-Drs. 18/11618 v. 23.8.2022). Der Entwurf wurde dabei mit der in diesem Ausschuss ohnehin anstehenden Beratung eines Änderungsvorschlags zu dem hier nicht streitgegenständlichen § 121 Abs. 4 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes (NPersVG) verbunden. Der Abgeordnete gab an, dass es das Ziel der Koalitionsfraktionen sei, die Beratung zu dem nunmehr inhaltlich erweiterten Entwurf des "Gesetz(es) zur Änderung des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes und des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes" in der für den 8. September 2022 geplanten Sitzung des Ausschusses abzuschließen.
3. Mit Blick auf Art. 57 Abs. 6 der Niedersächsischen Verfassung (NV) beschloss der Ausschuss für Inneres und Sport, die drei kommunalen Spitzenverbände (neben dem Antragsteller der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund und der Niedersächsische Städtetag) um eine kurzfristige Stellungnahme zu dem Änderungsvorschlag zu bitten. Diese Bitte wurde unmittelbar nach Ende der Ausschusssitzung noch am Donnerstag, dem 1. September 2022, um 20:10 Uhr durch die Landtagsverwaltung per E-Mail an die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens versandt. Der E-Mail war neben dem Schreiben mit der Bitte um schriftliche Stellungnahme der Änderungsvorschlag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU nebst kurzer Begründung und die Ankündigung beigefügt, dass der Entwurf bereits am kommenden Donnerstag, dem 8. September 2022, abschließend im Ausschuss für Inneres und Sport beraten werden solle, um für die Beschlussfassung des Landtages noch das September-Plenum erreichen zu können. Einer Stellungnahme per E-Mail werde möglichst zeitnah, spätestens aber bis zum Dienstag, dem 6. September 2022, um 16:00 Uhr entgegengesehen. Konkret bestand der Antwortzeitraum damit nach dem Vortrag des Antragstellers aus drei Werktagen (Freitag, Montag, Dienstag) und zwei Wochenendtagen.
4. Die drei kommunalen Spitzenverbände reagierten auf diese E-Mail der Landtagsverwaltung vom 1. September 2022 an den letzten beiden Tagen der gesetzten Frist.
a) Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund nahm Stellung mit E-Mail-Schreiben vom Montag, dem 5. September 2022 (Vorlage 2 zu LT-Drs. 18/11618). Angesichts der Kürze der gesetzten Frist habe keine Positionierung der Mitglieder eingeholt werden können. Bei der geplanten Änderung handele es sich bloß um eine "Symptombekämpfung", mit der eine Verschiebung finanzieller Belastungen in die Zukunft erfolge. Geboten sei vielmehr eine krisenfeste finanzielle Ausstattung der kommunalen Körperschaften.
b) Der Niedersächsische Städtetag gab am letzten Tag der gesetzten Frist mit E-Mail-Schreiben seine Stellungnahme ab (Vorlage 3 zu LT-Drs. 18/11618). Die Änderung des § 182 NKomVG werde begrüßt; sie sei mit Blick auf die Folgen der Energiekrise und der wirtschaftlichen Verwerfungen im Zuge des Ukraine-Krieges zwingend erforderlich. Die Gefahr ungebremster Verschuldung bestehe nicht. Schon im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie seien die Kommunen mit der Ausnahmeregelung zurückhaltend umgegangen. Auch in Nordrhein-Westfalen würden vergleichbare, zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie eingeführte Regelungen des kommunalen Haushaltsrechts nunmehr auch hinsichtlich der Folgen des Ukraine-Kriegs angewandt.
c) Ebenfalls am Dienstag, dem 6. September 2022, wandte sich das Geschäftsführende Präsidialmitglied des Antragstellers mit einem E-Mail-Schreiben an die Landtagsverwaltung (Vorlage 4 zu LT-Drs. 18/11618). In Bezug auf die Änderung des § 182 NKomVG sei die Beteiligung seiner Mitglieder erforderlich, die in der Kürze der Zeit nicht darstellbar sei. Der Ausschuss werde gebeten, im Lichte der Regelung in Art. 57 Abs. 6 NV eine Anhörungsfrist von wenigstens vier Wochen einzuräumen. Bislang sei der Vorschlag des Präsidiums des Niedersächsischen Städtetages vom 22. August 2022 mit dem Antragsteller nicht erörtert worden. Zum Zeitpunkt dieses E-Mail-Schreibens hatte das Geschäftsführende Präsidialmitglied den verbandsinternen Willensbildungsprozess bereits eingeleitet und in einem Mitglieder-Rundschreiben, über das im Rundblick - Politikjournal für Niedersachsen (Nr. 145 vom 6. September 2022, S. 1 f.) berichtet worden war, eine das Gesetzesvorhaben ablehnende politische Ersteinschätzung abgegeben.
5. Die noch am Dienstag, dem 6. September 2022, ergangene Einladung zur 150. Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport am 8. September 2022 sah unter Tagesordnungspunkt 3 zunächst die Fortsetzung und den Abschluss der Beratungen zu dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen SPD und CDU über die Änderung des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes, nicht aber die Beratung über die Vorlage zur Änderung des § 182 NKomVG vor. Am Folgetag wies die Landtagsverwaltung mit E-Mail vom 7. September 2022 um 14:45 Uhr die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens unter Bezugnahme auf den Vorsitzenden des Ausschusses für Inneres und Sport darauf hin, dass in der Ausschusssitzung die Möglichkeit einer mündlichen Stellungnahme per Videokonferenzzuschaltung eröffnet werde. Hierauf bezugnehmend antwortete der Antragsteller erneut durch sein Geschäftsführendes Präsidialmitglied mit E-Mail vom 7. September 2022 um 16:41 Uhr. Er bedanke sich für die "überraschend und äußert kurzfristig eröffnete Möglichkeit, zu dem genannten Gesetzentwurf auch mündlich vortragen zu können". Eine Teilnahme an der Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport, die ausweislich der Einladung am 8. September 2022 um 10:15 Uhr beginnen sollte, sei ihm "aus terminlichen Gründen" nicht möglich. Zudem sei eine Meinungsbildung zu der komplexen Fragestellung innerhalb des Verbandes "in der eingeräumten Frist über das letzte Wochenende" nicht möglich gewesen.
6. In der 150. Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport am 8. September 2022 hörten die Mitglieder zunächst Vertreter des Niedersächsischen Städtetages und des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes an. Der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages wies dabei in seiner Stellungnahme auf die bereits erfolgte Stützung mehrerer Stadtwerke durch ihre kommunalen Anteilseigner mit hohen Millionenbeträgen hin. Die vorgeschlagene Änderung des § 182 NKomVG sei für die Kommunen im Vergleich zu einer finanziell deutlich besseren Ausstattung nur die "zweitbeste Lösung", aber gegenwärtig die einzige Möglichkeit, um die Haushaltswirtschaft der Kommunen zu entlasten. Es sei wichtig, zeitnah zu beschließen. Der Vertreter des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes führte aus, die vorgeschlagene Regelung sei "eigentlich nur Symptombekämpfung", sie sei "ein buchhalterischer Trick, um auflaufende Belastungen in die Zukunft zu verschieben". Insofern sei die geplante Gesetzesänderung "wirklich nur die zweitbeste Lösung", aber insbesondere hinsichtlich der Erleichterung administrativer Prozesse hilfreich.
7. Der Ausschuss für Inneres und Sport empfahl dem Niedersächsischen Landtag in LT-Drs. 18/11735 bei einer Enthaltung, den Gesetzentwurf anzunehmen. Auch der mitberatende Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen (§ 24 Abs. 2 GO-LT) stimmte bei einer Stimmenthaltung zu.
8. Nachdem die Landtagsverwaltung im Auftrag des Vorsitzenden des Ausschusses für Inneres und Sport mitgeteilt hatte, dass die für den 15. September 2022 vorgesehene 151. Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport entfalle und der Ältestenrat die Tagesordnung für den 58. Tagungsabschnitt der 18. Wahlperiode des Niedersächsischen Landtages vom 21. bis 23. September 2022 aufgestellt hatte, wandte sich das Geschäftsführende Präsidialmitglied des Antragstellers mit Schreiben vom 14. September 2022 erneut an die Präsidentin des Landtages sowie nachrichtlich an die Fraktionsvorsitzenden und den Niedersächsischen Ministerpräsidenten. Er bat darum, die in der nächsten Plenarwoche vorgesehene Änderung des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes ohne die vorgeschlagene Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes zu beschließen, da hierzu bislang keine ordnungsgemäße Anhörung i.S.v. Art. 57 Abs. 6 NV stattgefunden habe. In ihrem Antwortschreiben vom 20. September 2022 teilte die Landtagspräsidentin mit, dass sie auf den weiteren Beratungsverlauf nicht im erbetenen Sinne Einfluss nehmen könne.
9. Der Gesetzentwurf samt Änderungsvorschlag wurde im Rahmen der 142. Sitzung des Landtages am 21. September 2022 behandelt und in der Schlussabstimmung bei Enthaltung der FDP-Fraktion mehrheitlich angenommen (LT-PlPr. 18/142 v. 21.9.2022, S. 13356 ff.). Der zum 1. Oktober 2022 in Kraft getretene § 182 Abs. 5 NKomVG lautet wie folgt (Nds. GVBl. S. 588): "Zur Bewältigung der Folgen des Krieges in der Ukraine für die kommunale Haushaltswirtschaft ist Absatz 4 bis zum 30. Juni 2024 entsprechend anzuwenden."
II.
Der Antragsteller ist der Auffassung, dass er als "anderer Beteiligter" i.S.v. Art. 54 Nr. 1 NV im Organstreitverfahren parteifähig sei. Art. 57 Abs. 6 NV gewähre ihm als einem der drei kommunalen Spitzenverbände ein eigenes verfassungsmäßiges Recht auf eine Anhörung im Gesetzgebungsverfahren, soweit in Gesetzes- oder Verordnungsvorhaben allgemeine Fragen geregelt werden sollen, welche die Gemeinden oder die Landkreise unmittelbar berühren. Dieses Recht habe der Niedersächsische Landtag ihm gegenüber verletzt.
Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass der Antragsgegner ihn in seinem Recht aus Art. 57 Abs. 6 NV dadurch verletzt hat, dass er ihm keine ausreichende Gelegenheit zur Anhörung hinsichtlich der Einfügung des § 182 Abs. 5 NKomVG in dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes eingeräumt hat.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise ihn als unbegründet zurückzuweisen.
Er ist ausweislich seines Beschlusses in der 13. Sitzung der 19. Wahlperiode des Landtages am 3. Mai 2023 (LT-Drucks. 19/1308 neu) der Ansicht, dass der Antragsteller im Organstreitverfahren schon nicht als "anderer Beteiligter" i.S.v. Art. 54 Nr. 1 NV parteifähig ist. Ihm stehe kein subjektives verfassungsmäßiges Recht aus Art. 57 Abs. 6 NV zu; die Vorschrift sei rein objektiv-rechtlicher Natur. Dies ergebe sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Zudem sei der Antragsteller als privatrechtlich organisierter Verband trotz § 2 seiner Satzung, der ihn als Vereinigung sowie als Interessenvertretung der niedersächsischen Landkreise und der Region Hannover auf Landesebene ausweise, nicht dem unmittelbar-öffentlichen Bereich zuzuordnen und stehe auch nicht nach Rang und Funktion obersten Landesorganen gleich, was bei Übertragung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Parteifähigkeit "anderer Beteiligter" weitere Voraussetzung einer Parteifähigkeit des Antragstellers im landesverfassungsrechtlichen Organstreitverfahren sei.
In materiell-rechtlicher Hinsicht sei ein Anhörungsrecht des Antragstellers jedenfalls - soweit man die Existenz eines solchen in Korrespondenz mit der Anhörungspflicht aus Art. 57 Abs. 6 NV zugunsten des Antragstellers unterstellen wolle - im streitgegenständlichen Gesetzgebungsverfahren durch die zweifach eröffnete Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme gewahrt worden. Es gebe kein Recht der kommunalen Spitzenverbände, stets ausreichend Zeit für die Herbeiführung einer Willensbildung ihrer Mitglieder verlangen zu können. Dem Antragsgegner stehe als Gesetzgeber ein verfassungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu dem Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens und der Bestimmung des Zeitraums zu, der bei Eilbedürftigkeit den kommunalen Spitzenverbänden zur Abgabe einer Stellungnahme zur Verfügung gestellt werden könne.
III.
Der Niedersächsischen Landesregierung ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Sie hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
B.
Der Antrag auf Durchführung des Organstreitverfahrens nach Art. 54 Nr. 1 NV und § 8 Nr. 6 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof - NStGHG - wegen fehlerhafter Anhörung gemäß Art. 57 Abs. 6 NV im Gesetzgebungsverfahren zu § 182 Abs. 5 NKomVG, eingefügt durch das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes und des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes vom 22. September 2022 (Nds. GVBl. S. 588), hat keinen Erfolg, da er bereits unzulässig ist. Der Antragsteller besitzt nicht die für ein zulässiges Organstreitverfahren erforderliche Parteifähigkeit.
I.
1. Zwar ist der Antrag nach Art. 54 Nr. 1 NV i.V.m. § 8 Nr. 6 NStGHG statthaft. Zudem liegt mit der vom Antragsteller behaupteten Verletzung seines möglichen Anhörungsrechts aus Art. 57 Abs. 6 NV durch ein Unterlassen des Antragsgegners ein grundsätzlich tauglicher Antragsgegenstand i.S.v. Art. 54 Nr. 1 NV, § 30 NStGHG i.V.m. § 64 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht - Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) - in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1724), vor.
II.
Anders als der Antragsgegner, bei dem es sich um ein oberstes Landesorgan handelt, ist der Antragsteller jedoch im Organstreitverfahren nicht parteifähig. Er ist kein "anderer Beteiligter" i.S.v. Art. 54 Nr. 1 NV i.V.m. § 8 Nr. 6 NStGHG, der durch die Niedersächsische Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder der Landesregierung mit eigenen Rechten ausgestattet ist.
1. Der Antragsteller verfügt als eingetragener Verein (§ 21 BGB) und damit als juristische Person zwar über eine feste, satzungsmäßig konkretisierte Organisationsstruktur und kann einen eigenständigen Willen bilden. Rechte i.S.d. Art. 54 Nr. 1 NV, § 8 Nr. 6 NStGHG, wie sie dem Antragsteller zustehen müssten, um im Organstreitverfahren parteifähig zu sein, können nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs aber nur subjektiv-öffentliche Rechte aus der Verfassung oder den Geschäftsordnungen des Landtags oder der Landesregierung sein, die dem Inhaber "zur ausschließlichen Wahrnehmung oder Mitwirkung übertragen worden sind oder deren Beachtung erforderlich ist, um die Wahrnehmung seiner Kompetenzen und die Gültigkeit seiner Akte zu gewährleisten" (NdsStGH, Urt. v. 15.1.2019 - StGH 1/18 -, LVerfGE 30, 297 (309), NdsVBl. 2019, 115 (117), juris Rn. 34; ebenso BVerfG, Beschl. v. 4.5.2010 - 2 BvE 5/07 -, BVerfGE 126, 55 (68), juris Rn. 45; Smollich, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2. Aufl. 2021, Art. 54 Rn. 10). Es kommen nur Rechte in Betracht, die "dem Betreffenden [...] über die jedermann zustehenden Rechte und verfassungsgerichtlichen Gewährleistungen hinaus zustehen" (NdsStGH, Beschl. v. 27.1.2006 - StGH 3/05 -, Nds. StGHE 4, 131 (132), juris Rn. 10). Grundrechte und objektive Staatsstrukturprinzipien, die jedermann berechtigen, können daher keine eigenen Rechte in diesem Sinne sein; sie vermitteln folglich auch keine Parteifähigkeit im Organstreitverfahren (NdsStGH, Urt. v. 15.1.2019 - StGH 1/18 -, LVerfGE 30, 297 (309 ff.), NdsVBl. 2019, 115 (117 ff.), juris Rn. 36 ff.; BVerfG, Beschl. v. 4.5.2010 - 2 BvE 5/07 -, BVerfGE 126, 55 (68), juris Rn. 45).
2. Unter diesen Maßgaben kommt zunächst § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Landesregierung und der Ministerien in Niedersachsen (GGO) vom 30. März 2004 (Nds. GVBl. S. 107), zuletzt geändert durch Beschluss vom 12. März 2024 (Nds. GVBl. Nr. 19), als "eigenes Recht" des Antragstellers nicht in Betracht. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GGO (nichtamtliche Gesetzesüberschrift "Beteiligung von Verbänden und sonstigen Stellen") findet sich in Teil C. ("Ministerien") der GGO und hier im IV. Teil ("Zusammenarbeit mit anderen Behörden und sonstigen Stellen"). Dieser Teil C. ist nicht als die von Art. 54 Nr. 1 NV, § 8 Nr. 6 NStGHG gemeinte "Geschäftsordnung ... der Landesregierung" (das ist nur Teil B.; §§ 1 bis 12 GGO) anzusehen und kann folglich dem Antragsteller von vornherein kein "eigenes Recht" vermitteln, das ihn im Organstreitverfahren parteifähig machen könnte.
3. Auch aus Art. 57 Abs. 6 NV ergibt sich kein "eigenes Recht" des Antragstellers, das durch eine unterbliebene Anhörung in einem Gesetzgebungsverfahren verletzt werden kann.
a) Der Antragsteller gehört zwar zum Kreis derjenigen, die an der in Art. 57 Abs. 6 NV verfassungsrechtlich eingeräumten Beteiligungsmöglichkeit partizipieren. Er ist vor dem Hintergrund der historischen Begriffsetablierung "kommunaler Spitzenverband" als einer von aktuell drei niedersächsischen kommunalen Spitzenverbänden neben dem Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund (NStGB) und dem Niedersächsischer Städtetag (NST) allgemein als Zusammenschluss der niedersächsischen Landkreise, zu dessen traditionellen Aufgaben unter anderem die Interessenvertretung gegenüber den Gesetzgebungsorganen gehört, anerkannt (Waechter, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2. Aufl. 2021, Art. 57 Rn. 130; Hagebölling, Niedersächsische Verfassung, 2. Aufl. 2011, Art. 57 Anm. 8; vgl. auch NdsStGH, Urt. v. 9.3.2021 - StGH 3/20 -, LVerfGE 32, 309 (320 ff.), juris Rn. 62; Urt. v. 16.5.2001 - StGH 6/99 u.a. -, Nds. StGHE 4, 31 (49), juris Rn. 106).
b) Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte des Art. 57 Abs. 6 NV sprechen dagegen, dass aus dieser Norm ein subjektiv-verfassungsrechtliches "Recht" des Antragstellers herzuleiten ist. Vielmehr ergibt die Anwendung der vorgenannten Auslegungsgrundsätze, dass Art. 57 Abs. 6 NV objektiv-rechtlichen Charakter im Sinne einer formellen Anforderung an ein rechtmäßiges Gesetzgebungs- und Verordnungsverfahren aufweist.
aa) Der Wortlaut des Art. 57 Abs. 6 NV zeigt den objektiv-rechtlichen Charakter der Vorschrift. Es ist hier von einer zwingenden Anforderung ("sind ... zu hören") die Rede. Die Vorschrift ist nicht als "Soll"-Vorschrift gefasst, und sie enthält auch keine anderweitige Öffnung ihres zwingenden Charakters, etwa durch eine "grundsätzlich"-Formulierung. Nicht eindeutig ist dem Wortlaut nach aber, ob die Norm auch eine subjektive Berechtigung vermittelt. Dagegen lässt sich ins Feld führen, dass Art. 57 Abs. 6 NV nicht von einem "Recht" der kommunalen Spitzenverbände auf Anhörung spricht, sondern diese lediglich als Zuordnungsobjekt der Anhörung benennt ("sind ... zu hören"). Allerdings kann aus der Nichtwahl eines Wortlauts, der die subjektiv-öffentliche Rechtsqualität des Art. 57 Abs. 6 NV unzweifelhaft hätte erscheinen lassen, nicht geschlossen werden, dass die vom Niedersächsischen Verfassungsgeber gewählte schwächere Formulierung die Annahme einer subjektiv-verfassungsrechtlichen Rechtsqualität des Art. 57 Abs. 6 NV ausschließt. Denn auch eine (nur) objektiv formulierte Vorschrift steht nicht zwingend der Anerkennung eines aus dieser Norm folgenden subjektiven Rechts entgegen, wie etwa die Norminterpretationen von Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG (dazu BVerfG, Urt. v. 19.6.2012 - 2 BvE 4/11 -, BVerfGE 131, 152 (154), juris Rn. 95) oder auch von § 28 VwVfG, § 90 NBG oder § 25 Abs. 4 NKomVG erweisen.
bb) Die systematische Auslegung gibt hinsichtlich einer durch Art. 57 Abs. 6 NV vermittelten subjektiven Berechtigung wenig her. Der Verfassungsgeber hat in Art. 57 NV selbst und auch in den umliegenden Vorschriften Art. 56 NV, Art. 58 und Art. 59 NV inhaltlich recht unterschiedliche Normen versammelt, deren gemeinsamer Nenner nur der Kommunalbezug ist. Aus Art. 57 NV selbst und dessen Absätzen 1 und 3, die in Entsprechung zu Art. 28 Abs. 2 GG die subjektive verfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung regeln und diese in beiden Absätzen sowie in Art. 57 Abs. 2, 4, 5 und 7 NV näher ausgestalten, erscheint der Rückschluss auf einen rein objektiv-rechtlichen Charakter der Norm ebenso möglich wie der Rückschluss auch auf einen subjektiv-öffentlichen Charakter. Die Platzierung des Art. 57 Abs. 6 NV im Siebten Abschnitt der Niedersächsischen Verfassung (Art. 56 bis Art. 62 NV) spricht eher für einen subjektiv-verfassungsrechtlichen Charakter der Norm (so etwa Hederich, NdsVBl. 2005, S. 33 (36); Th. Mann, Festschrift für Hans-Günter Henneke, 2022, S. 559 (568 f.); Schünemann, DÖV 2023, 619 (626)). Hätte der verfassungsändernde Gesetzgeber bei der Einfügung des Art. 57 Abs. 6 NV allein die Begründung eines schlichten Erfordernisses im Gesetzgebungsverfahren (ohne subjektivrechtliche Position) bezweckt, wäre nämlich eine Platzierung der Vorschrift im Vierten Abschnitt (Art. 41 bis Art. 46 NV) näherliegend gewesen. Allerdings - das relativiert diesen Befund wiederum - ist bei keiner der Parallel- und Vorbild-Landesverfassungsregelungen (Art. 71 Abs. 4 Verf BW, Art. 97 Abs. 4 Verf Bbg., Art. 84 Abs. 2 SächsVerf und Art. 91 Abs. 4 ThürVerf), die alle bereits existierten, als Art. 57 Abs. 6 NV im Jahre 1997 in die Niedersächsische Verfassung eingefügt worden ist, eine Einordnung in den Verfassungsabschnitt zum Gesetzgebungsverfahren erfolgt. Alle diese "Vorgänger"-Regelungen finden sich vielmehr genauso wie Art. 57 Abs. 6 NV in den jeweiligen Verfassungsabschnitten über die Verwaltung. Deshalb erscheint es plausibel, dass sich der niedersächsische Verfassungsgeber bei seiner Platzierungsentscheidung an denjenigen Landesverfassungen orientiert hat, die 1997 bereits eine Anhörungsregelung enthielten, sodass auch aus dieser Platzierungsentscheidung kein eindeutiger Hinweis zu einer Auslegung des Art. 57 Abs. 6 NV im Sinne einer subjektiven Berechtigung zu gewinnen ist.
cc) Die teleologische Auslegung spricht eindeutig für eine nur objektiv-rechtliche Qualität des Art. 57 Abs. 6 NV. Hinsichtlich des Sinns und Zwecks des Anhörungsrechts hat der Niedersächsische Staatsgerichtshof bereits mehrfach festgestellt, dieser liege darin, als Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltung "die Rechte und Interessen der Gemeinden und Landkreise bzw. der beteiligten Verbände bei der Normsetzung zu berücksichtigen." Das ist dahingehend zu verstehen, dass die Vorschrift eine prozedurale Schutzwirkung für das kommunale Selbstverwaltungsrecht entfaltet (NdsStGH, Urt. v. 16.5.2000 - StGH 6/99 u.a. -, Nds. StGHE 4, 31 (49), juris Rn. 106; Urt. v. 27.2.2008 - StGH 2/05 -, Nds. StGHE 4, 202 (223), NdsVBl. 2008, 152 (157), juris Rn. 70; Urt. v. 4.6.2010 - StGH 1/08 -, Nds. StGHE 5, 1 (14), juris Rn. 60 f.; Urt. v. 29.4.2013 - StGH 2/12 -, Nds. StGHE 5, 137 (149), juris Rn. 54; Urt. v. 9.3.2021 - StGH 3/20 -, NVwZ-RR 2021, 601 (606) [StGH Niedersachsen 09.03.2021 - StGH 3/20], juris Rn. 62; siehe auch Urt. v. 2.5.2024 - StGH 4/23 -). Diese Schutzwirkung kann wiederum nur bestehen, wenn die verfassungsrechtlich vorgesehene Verfahrensbeteiligung der kommunalen Spitzenverbände als Sachverwalter der Gemeinden und Landkreise nicht nur eine rein formelle Ordnungsvorschrift ist, deren Missachtung ohne Rechtsfolgen bleibt. Sinn und Zweck des Art. 57 Abs. 6 NV verlangen deshalb im Hinblick auf die bestmögliche Verwirklichung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts, dass eine fehlerhafte oder ganz fehlende Anhörung im Verfassungsprozess gerügt werden und zur Nichtigkeit der gesetzlichen oder verordnungsrechtlichen Norm führen kann. Allerdings bedeutet die Sachwalterrolle der kommunalen Spitzenverbände für ihre Mitglieder auch, dass die Anhörungsregelung des Art. 57 Abs. 6 NV nur den regelungsbetroffenen Landkreisen ein subjektiv-verfassungsrechtliches Recht gewährt, nicht von fehlerhaft zustande gekommenen Gesetzes- oder Verordnungsregelungen betroffen zu werden, die in ihr kommunales Selbstverwaltungsrecht eingreifen. Ein Rückschluss auf die Berechtigung gerade der kommunalen Spitzenverbände, einen Verstoß gegen Art. 57 Abs. 6 NV - zudem unabhängig von einem Eingriff in das Recht auf kommunale Selbstverwaltung - verfassungsgerichtlich geltend zu machen, lässt sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift hingegen nicht ziehen.
dd) Dieses Ergebnis der teleologischen Auslegung wird durch die entstehungsgeschichtliche Auslegung des Art. 57 Abs. 6 NV nicht widerlegt. Die Materialien zum Ablauf des Verfassungsgebungsprozesses sprechen - ohne dass ihr Ergebnis zum Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers eindeutig wäre - vielmehr eher gegen eine subjektiv-verfassungsrechtliche Position des Antragstellers aus Art. 57 Abs. 6 NV.
(a) Art. 57 Abs. 6 NV ist im Jahre 1997 anlässlich einer mehrere Ergänzungen der Niedersächsischen Verfassung betreffenden Verfassungsreform in Art. 57 NV eingefügt worden. Die ursprünglichen Gesetzentwürfe auf LT-Drs. 13/2725 (mit Änderungsantrag in LT-Drs. 13/2755, LT-Drs. 13/2845 und LT-Drs. 13/3071) enthielten den Vorschlag zur Aufnahme eines kommunalen Anhörungsrechts in die Niedersächsische Verfassung dabei noch nicht. Erst in der 106. Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen des Niedersächsischen Landtags am 25. September 1997 kam es zu der Anregung, das vorher nur in § 27 GGO (heute § 31 Abs. 1 Nr. 2 GGO) vorgesehene Anhörungsrecht der kommunalen Spitzenverbände bei der Rechtsetzung nach den Vorbildern des Art. 71 Abs. 4 Verf BW (seit 1953), Art. 97 Abs. 4 Verf Bbg. (seit 1992), Art. 84 Abs. 2 SächsVerf (seit 1992) und Art. 91 Abs. 4 ThürVerf (seit 1993) auch landesverfassungsrechtlich abzusichern.
(b) Nachdem der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst (GBD) daraufhin einen Textvorschlag (ohne Begründung) vorgelegt hatte, wurde dieser in der 108. Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen vom 16. Oktober 1997 erstmals erörtert (13. WP/Protokoll der 108. Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen am 16.10.1997/S. 16-19 (Archiv des Niedersächsischen Landtages - ArchNL - PA-U - 2014/13/RV/108)). Von den insgesamt 13 Ausschussmitgliedern ist dabei zwar nicht explizit die Frage der Schaffung eines subjektiv-verfassungsrechtlichen Rechts angesprochen worden, wohl aber wurde von den Abgeordneten Thomas Oppermann (SPD) und Thomas Schröder (Bündnis 90/Die Grünen) einerseits, vom Abgeordneten Albert Heinemann (CDU) und von MDrg. Rainald Wiechert (GBD) andererseits klar herausgearbeitet, dass eine unterbliebene oder fehlerhafte Anhörung der kommunalen Spitzenverbände im Gesetzgebungsverfahren die formelle Verfassungswidrigkeit des Gesetzes und damit die Nichtigkeit des gesamten Gesetzes, und zwar unabhängig von einer bestehenden materiellen Verfassungsmäßigkeit, nach sich ziehen könnte.
Heinemann hatte zu Oppermanns Vorstellung, es handele sich um ein "formales, aber kein materielles Beteiligungsrecht" (Niederschrift, S. 16), und er neige dazu, "daß ein Verstoß gegen die Anhörungspflicht nicht die Ungültigkeit des Gesetzes zur Folge haben könne" (Niederschrift, S. 19), seine gegenteilige Rechtsansicht verdeutlicht, dass es das eine (Einführung einer Anhörungspflicht) ohne das andere (Nichtigkeit der beschlossenen Norm bei Verletzung dieser Anhörungspflicht und gerichtlicher Rüge dieser Verletzung) seines Erachtens nicht geben könne. Wiechert hatte der Niederschrift zufolge bemerkt, "in der Tat sei davon auszugehen, daß eine Verfassungsbestimmung nicht lex imperfecta sein solle ... Auch seines Erachtens liege die Auslegung nahe, dass ein Gesetz, bei dem die Anhörungspflicht nicht erfüllt worden sei, nichtig sei" (Niederschrift, S. 18 f.). Am Ende der Aussprache hatte Oppermann unter dem Eindruck der Meinungsäußerungen Heinemanns und Wiecherts deshalb als Prüfauftrag formuliert, "ob in diesem Zusammenhang durch eine Präzisierung ausgeschlossen werden könne, daß Gesetze, bei denen keine Anhörung durchgeführt worden sei, wegen Verstoßes gegen Artikel 57 Abs. 6 nichtig seien" (Niederschrift, S. 19).
(c) Eines der Ziele der folgenden 109. Ausschusssitzung musste folglich sein zu klären, ob man bei Einführung einer Anhörungsvorschrift auf Verfassungsebene und bei Geltendmachung dieses Rechts vor dem Staatsgerichtshof von der Möglichkeit der Nichtigkeit einer unter Verletzung der Anhörungspflicht beschlossenen Norm auszugehen hatte. In der Sitzung, in der zu Beginn Vertreter der kommunalen Spitzenverbände angehört wurden, galt die Beratung dann allerdings ausschließlich einem "Teilaspekt" dieser Frage, nämlich derjenigen, ob die Aufnahme der Zeitbestimmung "rechtzeitig" in den Entwurf des Art. 57 Abs. 6 NV im Verletzungsfall die formelle Verfassungswidrigkeit der beschlossenen Norm zur Folge haben könne. Über die Frage, ob die zur Beratung anstehende Entwurfsfassung neben der objektiv-rechtlichen Wirkung auch eine subjektive Berechtigung beinhalten könnte, wurde dagegen ausweislich der Niederschrift nicht explizit beraten.
Ausweislich ihrer in der Niederschrift der Ausschusssitzung wiedergegebenen Redebeiträge (13. WP/Protokoll der 109. Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen am 22.10.1997/S. 3-13 (Archiv des Niedersächsischen Landtages - ArchNL - PA-U - 2014/13/RV/109)) bestand bei den Abg. Schröder und Oppermann und den Vertretern der beiden in der Sitzung vertretenen kommunalen Spitzenverbände (Landesgeschäftsführer Dr. XXX und Beigeordneter XXX (beide NStGB); Geschäftsführer Dr. XXX (NST)) die Vorstellung, der Einbezug oder Nichteinbezug der Zeitbestimmung "rechtzeitig" würde für die Rechtsqualität der Anhörungsregelung entscheidend sein. Ohne die Zeitbestimmung bleibe Art. 57 Abs. 6 NV - so glaubten die Abgeordneten - eine bloße Ordnungsvorschrift ohne Rechtsqualität und im Verletzungsfall damit ohne Folgen für die formelle Verfassungsmäßigkeit der Norm; bei dieser Annahme stellte sich dann auch nicht mehr die Folgefrage einer subjektiven Berechtigung und damit einer Rügemöglichkeit einer nicht rechtzeitigen Anhörung in einem möglichen Verfassungsprozess. Ganz kurz von Seiten des Abgeordneten Schröder angesprochen, aber in der Folge nicht wirklich mitbedacht wurde hingegen der Fall, dass die Anhörung nicht nur nicht "rechtzeitig" stattfinden, sondern ganz unterbleiben würde, oder der Fall, dass nur ein oder zwei, aber nicht alle drei Spitzenverbände angehört werden würden. Weder Schröder noch Oppermann noch andere Mitglieder des Ausschusses machten sich zudem ausweislich der Niederschrift Gedanken dazu, ob ihr Ziel, bei Anhörungsfehlern die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung zu vermeiden, mit dem gewählten Wortlaut zu erreichen war oder ob nicht statt der Formulierung "sind anzuhören" die Formulierung "sollen angehört werden" oder "sind ,grundsätzlich' anzuhören" hätte gewählt werden müssen. Allerdings stand im Jahre 1997 für eine solche Präzisierung des Gewollten noch kein Vorbild zur Verfügung, denn die Regelung in Art. 124 SaarlVerf wurde erst 1999 und diejenige in Art. 93 Abs. 7 Satz 1 BayVerf erst 2003 eingeführt.
Ebenso hat kein Ausschussmitglied und keine Anhörungsperson in die Debatte eingebracht, wie die im Jahre 1997 bereits vorhandenen länderverfassungsrechtlichen Parallelregelungen ausgelegt wurden. Zumindest zu dem seit 1953 in der Baden-Württembergischen Verfassung enthaltenen Art. 71 Abs. 4 waren damals unmissverständliche Aussagen in Hinsicht eines objektiv-rechtlichen Charakters und damit einer formellen Anforderung an ein verfassungsrechtmäßiges Gesetzgebungsverfahren zu finden (vgl. etwa Feuchte/Sander, in: Feuchte (Hrsg.), Verfassung des Landes Baden-Württemberg. Kommentar, 1987, Art. 71 Rn. 16; ähnlich Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Rn. 73). Unterblieben ist ausweislich der Niederschrift auch ein Querblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; hier war zum Zeitpunkt der Verfassungsberatungen zu Art. 57 Abs. 6 NV anerkannt, dass Verstöße gegen Art. 76 Abs. 2 Satz 1 GG oder Art. 77 Abs. 1 Satz 2 GG anders als Verstöße gegen die Geschäftsordnung des Bundestages zur Nichtigkeit führen, wenn es sich bei der grundgesetzlichen Verfahrensvorschrift um zwingendes Recht handelt, der Gesetzesbeschluss auf dem verfahrensrechtlichen Verstoß beruht (so etwa BVerfG, Beschl. v. 10.5.1977 - 2 BvR 705/75 -, BVerfGE 44, 308 (313), juris Rn. 22, 24; in der heutigen Literatur s. etwa Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2015, Art. 76 Rn. 101; Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 76 Rn. 117, Stand: Januar 2019; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 18. Aufl. 2024, Art. 76 Rn. 1a) und der Verstoß "grob" (BVerfG, Beschl. v. 28.4.1971 - 2 BvL 14/70 u.a. -, BVerfGE 31, 47 (53) [BVerfG 28.04.1971 - 2 BvL 27/71], juris Rn. 30) bzw. "evident" ist (so BVerfG, Beschl. v. 11.10.1994 - 1 BvR 337/92 -, BVerfGE 91, 148 (175), juris Rn. 131; später noch Beschl. v. 15.1.2008 - 2 BvL 12/01 -, BVerfGE 120, 56 (79), juris Rn. 72; Beschl. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, BVerfGE 125, 104 (132), juris Rn. 78; BVerwG, Urt. v. 22.3.2018 - 7 C 30/15 -, NVwZ 2018, S. 1401 (1403), juris Rn. 27). Von da aus betrachtet hätte dann wieder die Idee einer Soll-Regelung oder die Einfügung eines "grundsätzlich" nahegelegen, um zwingendes Recht zu vermeiden. Unterblieben ist schließlich, eben weil es in der Aussprache ausschließlich um die Frage der Rechtsfolge bei nicht rechtzeitiger Anhörung ging, auch jegliche Differenzierung zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und deren möglicher subjektiv-verfassungsrechtlicher Berechtigung aus Art. 57 Abs. 6 NV und den Mitgliedern dieser kommunalen Spitzenverbände und deren subjektiv-verfassungsrechtlicher Berechtigung aus Art. 57 Abs. 6 NV i.V.m. Art. 57 Abs. 1 NV, Art. 28 Abs. 2 GG.
(d) Bei der Plenarberatung zu der Anhörungsregelung und bei der Beschlussfassung darüber hat der Landtag kein eigenes Verständnis zu Art. 57 Abs. 6 NV herausgestellt, sondern nur ohne Detailkenntnis der Abgeordnetenmehrheit mit einer Abstimmungsroutine den Sinn akzeptiert, den die eigentlichen Gesetzesverfasser - hier die Mitglieder des federführenden Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - dem Text in der Berichterstattung und der nachfolgenden Aussprache beigemessen haben. Diese bloße Übernahme verbietet jedoch nicht die Annahme, dass sich der Landtag den erklärten Willen der Ausschussmitglieder zu eigen gemacht hat und ihn sich als seinen Willen zurechnen lassen wollte. Diese Zurechenbarkeit ist eine notwendige Fiktion (sog. Paktentheorie), deren Notwendigkeit sich schon daraus ergibt, dass arbeitsteilige Interessenfokussierungen und Spezialisierungen von Abgeordneten der Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Parlaments dienlich sind.
Die Erklärungen der Gesetzesverfasser im Plenum sind indes nicht so eindeutig gewesen, dass der Staatsgerichtshof aufgrund dieser Äußerungen den dem historischen Gesetzgeber zuzurechnenden Willen über die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens subjektiv-verfassungsrechtlicher Rechte aus Art. 57 Abs. 6 NV feststellen kann. So hat etwa der zum Berichterstatter bestimmte Abgeordnete Albert Heinemann (CDU) im Landtag zu Beginn der Zweiten Beratung der Gesetzentwürfe berichtet, unter anderem sei im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen erörtert worden, "welche Rechtsfolgen eine unterbliebene Anhörung haben solle" (LT-Prot. 13/96 vom 12.11.1997, S. 9405). Diese Beschreibung des Inhalts der Ausschussberatungen gab indessen nicht das Beratungsergebnis wieder, denn die Ausschussmitglieder und die angehörten Verbandsvertreter hatten eigentlich nur erörtert, ob die Aufnahme der Zeitbestimmung "rechtzeitig" Folgen im Rahmen einer verfassungsgerichtlichen Prüfung haben könnte. Der Fall einer (ganz oder teilweise) unterbliebenen Anhörung, zu dem Heinemann vor dem Plenum mitteilte, er sei erörtert worden, hatte ausweislich der Niederschrift in der Beratung keine Rolle gespielt. Ebenso ist die von Heinemann verwendete Charakterisierung des Art. 57 Abs. 6 NV als "Ordnungsvorschrift" (LT-Prot. 13/96 vom 12.11.1997, S. 9405: "formelle Ordnungsvorschrift") ausweislich des Protokolls in den Ausschussberatungen zuvor nur beiläufig einmal vom Abg. Schröder (ersichtlich aus Niederschrift zur 109. Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen am 22.10.1997, S. 8: "verfahrensrechtliche Ordnungsvorschrift"), sonst aber von niemandem benutzt und erst recht nicht in den Ausschussberatungen inhaltlich gewürdigt worden.
Entgegen der Behauptung des Antragsgegners, dass der Abgeordnete Oppermann schon in der 108. Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen "dezidiert darauf <hingewiesen habe>, dass kein subjektives Recht der Spitzenverbände geschaffen werden solle" (LT-Drs. 19/1308 v. 3.5.2023, S. 4), kann dieser als Beleg für einen diesbezüglichen Willen des Verfassungsgebers nicht in Anspruch genommen werden. Oppermann hat vielmehr weder in einer Sitzung des Ausschusses noch in seiner Plenarrede von einer "Ordnungsvorschrift" und erst recht nicht von einem (seines Erachtens nicht bestehenden) subjektiven Recht gesprochen, sondern immer nur von einem "formalen" (so ausweislich der Niederschrift zur 108. Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen am 22.10.1997, S. 16) bzw. von einem "formellen Anhörungsrecht" (so ausweislich der Niederschrift zur 109. Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen am 22.10.1997, S. 3) bzw. von einem "formellen Beteiligungsrecht" (vgl. LT-Prot. 13/96 vom 12.11.1997, S. 9408). Das von ihm Gemeinte grenzte Oppermann dann ab gegenüber einem "materiellen Mitwirkungsrecht an der Gesetzgebung" und von einem "Einstieg in eine zweite kommunale Kammer auf Landesebene" (Niederschrift zur 109. Sitzung des Ausschusses, S. 9; LT-Prot. 13/96 vom 12.11.1997, S. 9408). Die Absicht, ein materielles Mitwirkungsrecht der kommunalen Spitzenverbände einzuführen, hat aber unter den Mitgliedern des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen ohnehin nie bestanden, zumal keine andere Länderverfassung ein solches Recht einräumte. "Formelles Beteiligungsrecht" war bei Oppermann insoweit ein Synonym zu einem "formellen Mitwirkungsrecht" (im Gegensatz zu dem von ihm abgelehnten materiellen Mitwirkungsrecht), hat aber keinen Erklärungswert hinsichtlich der Frage, ob es sich um eine bloße Ordnungs- oder um eine zwingende, in einem Verfassungsprozess rügefähige Verfahrensbestimmung handeln sollte, und erst recht nicht für die Frage, ob Art. 57 Abs. 6 NV eine subjektiv-rechtliche Komponente haben und den kommunalen Spitzenverbänden oder ihren Mitgliedern ein subjektives-verfassungsrechtliches Recht gewähren sollte.
Die bis zur Schlussabstimmung anhaltende Unsicherheit darüber, welchen Rechtscharakter Art. 57 Abs. 6 NV besitzen sollte, kommt ferner darin zum Ausdruck, dass alle Redner von einem "Anhörrecht" bzw. "Anhörungsrecht" sprachen, während die Begriffe "Anhörungspflicht" oder "Anhörungsgebot", die klar ein Normverständnis angezeigt hätten, dass Art. 57 Abs. 6 NV kein wehrfähiges subjektives Recht hätte gewähren sollen, in der Plenardebatte nicht gefallen sind (vgl. Abg. Heinemann (CDU), LT-Prot. 13/96 v. 12.11.1997, S. 9403, 9405: "Anhörrecht"; Abg. Wulff (CDU), LT-Prot. 13/96 v. 12.11.1997, S. 9405, 9406: "Anhörungsrecht", Abg. Oppermann (SPD), LT-Prot. 13/96 v. 12.11.1997, S. 9407, 9408: "Anhörungsrecht"; Abg. Schröder (Bündnis 90/Die Grünen), LT-Prot. 13/96 v. 12.11.1997, S. 9408, 9409: "Anhörungsrecht"). Allerdings kann umgekehrt aus der Verwendung des Wortes "Anhörungsrecht" in der Plenardebatte auch nicht der Schluss gezogen werden, dass den Verwendern dabei die Gegenüberstellung von "Rechten" (als das von einer Norm einem Rechtssubjekt gewährte Recht) und "Pflichten" bzw. "Geboten" (als die von einer Norm einem Rechtssubjekt auferlegte Pflicht zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen) bewusst war, dass das Wort "Anhörungsrecht" also mit Bedacht gewählt war und eine juristisch valide Einschätzung beinhalten sollte. Es dürfte sich vielmehr um eine umgangssprachliche Verwendung im Rahmen einer politischen Debatte gehandelt haben.
(e) Insgesamt zeigen alle Äußerungen von Abgeordneten während der Landtagsberatungen zu Art. 57 Abs. 6 NV, dass selbst dann, wenn der subjektiven Theorie zur genetisch-historischen Auslegung gefolgt und somit der Sinn als entscheidend angesehen würde, den der Verfassungsgeber mit den von ihm gebrauchten Worten verbunden hat, dieser Wille hinsichtlich der Rechtsqualität des Art. 57 Abs. 6 NV sowie einer durch die Vorschrift vermittelten oder nicht vermittelten subjektiv-verfassungsrechtlichen Position nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann. Die mit der Erarbeitung des Entwurfs befassten Abgeordneten haben die Problematik der Rechtsfolgen einer nicht rechtzeitigen, sonst fehlerhaften oder (ganz oder teilweise) unterbleibenden Anhörung zwar anfänglich gesehen, dann aber in den folgenden Beratungen nicht textlich, etwa durch Formulierung einer "Soll"-Vorschrift, Vorsorge gegen das von ihnen für möglich, teils sogar für zwingend gehaltene andere Normverständnis getroffen. Vielmehr haben sie allein darauf vertraut, dass ihre im Ausschuss und vor dem Landtagsplenum geäußerten Vorstellungen von den Wirkungen der Norm von den zukünftigen Interpreten des Art. 57 Abs. 6 NV beachtet werden würden. Entscheidet sich ein Verfassungsgeber aber "sehenden Auges" für die Nichtregelung einer Rechtsfrage im Normtext, obwohl seine Sichtweise im Widerspruch steht zu anderen Meinungen in Literatur und Rechtsprechung zu Parallelregelungen, belässt er es also bei Bekundungen seiner Vorstellung von dem, was der Normtext regeln soll, kann der geäußerte Wille des Gesetzgebers nicht als zentraler Maßstab für die Auslegung der Norm herangezogen werden. Vielmehr kann dann nur nach der auch vom Bundesverfassungsgericht vertretenen objektiven Theorie verfahren werden, die sich an dem Sinn orientiert, welchen ein typischer, sorgfältiger Normadressat unter den heutigen Umständen der gesetzlichen Regel entnehmen kann und muss, und die überdies der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift für deren Auslegung nur insofern Bedeutung beimisst, als sie die Richtigkeit einer nach den anderen Auslegungsmethoden erhaltenen Auslegung bestätigt, oder Zweifel behebt, die nach den anderen Auslegungsmethoden allein nicht ausgeräumt werden können (vgl. BVerfG, Urt. v. 21.5.1952 - 2 BvH 2/52 -, BVerfGE 1, 299 (312), juris Rn. 53; Beschl. v. 17.5.1960 - 2 BvL 11/59 u.a. -, BVerfGE 11, 126 (130), juris Rn. 17 ff., st. Rspr.). Zu Art. 57 Abs. 6 NV bedeutet das, dass die entstehungsgeschichtliche Auslegung den nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Vorschrift eindeutig bestehenden objektiv-rechtlichen Charakter der Norm nicht entkräften kann. Für die Auslegung als subjektiv berechtigende Norm ergibt die Entstehungsgeschichte dagegen keine Anhaltspunkte, so dass sie die vornehmlich von telelogischen Argumenten getragene Interpretation nicht in Frage stellt, dass Art. 57 Abs. 6 NV als prozedurale Schutznorm für das kommunale Selbstverwaltungsrecht dem Antragsteller kein subjektiv-öffentliches Recht gewährt und auch den Kommunen nur in dem Fall, dass die anhörungsfehlerbehaftete Gesetz- oder Verordnungsgebung in das kommunale Selbstverwaltungsrecht eingreift.
4. Dem Antragsteller fehlt es aber nicht nur an einer subjektiv-verfassungsrechtlichen Berechtigung aus Art. 57 Abs. 6 GG. Er ist auch deshalb kein anderer Beteiligter i.S.v. Art 54 Nr. 1 NV, § 8 Nr. 6 NStGHG, weil er nicht über die mit den obersten Landesorganen vergleichbare organschaftliche Stellung verfügt.
a) Nach Art. 54 Nr. 1 NV und § 8 Nr. 6 NStGHG, der den Wortlaut der Landesverfassung wiederholt, sind neben den obersten Landesorganen auch "andere Beteiligte", die durch die Niedersächsische Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder der Landesregierung mit eigenen Rechten ausgestattet sind, berechtigt, im Wege des Organstreitverfahrens eine verfassungsgerichtliche Auslegung der Niedersächsischen Verfassung aus Anlass von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Landesorgans oder eines "anderen Beteiligten" durch den Staatsgerichtshof herbeizuführen. Zweck des Organstreitverfahrens ist damit die objektive Klärung des Inhalts des (Landes-)Verfassungsrechts in einem konkreten Fall, nämlich im Rahmen der Durchsetzung subjektiver Rechte in einem Verfassungsrechtsverhältnis (vgl. NdsStGH, Urt. v. 22.10.2012 - StGH 1/12 -, Nds. StGHE 5, 123 (129), juris Rn. 50; Urt. v. 29.1.2016 - StGH 1/15 u.a. -, Nds. StGHE 5, 210 (219), juris Rn. 39).
aa) Bei der prozessualen Ausgestaltung des Organstreitverfahrens orientiert sich das niedersächsische Landesrecht an dem korrespondierenden Rechtsbehelf auf Bundesebene. So entspricht Art. 54 Nr. 1 NV sinngemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, der das Organstreitverfahren auf Bundesebene dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung zuweist. Gleiches gilt einfachrechtlich für § 8 Nr. 6 NStGHG und § 13 Nr. 5 BVerfGG. Hinsichtlich der Durchführung des Organstreitverfahrens auf Landesebene bestimmt § 30 NStGHG zudem eine entsprechende Anwendung von § 64 Abs. 1 bis Abs. 3 und §§ 65, 66, 67 BVerfGG. § 30 NStGHG verweist allerdings nicht auf § 63 BVerfGG, der auf Bundesebene als "Konkretisierungsnorm" eine nähere Eingrenzung möglicher Antragsteller und Antragsgegner für das Bundes-Organstreitverfahren enthält. Auf niedersächsischer Landesebene richtet sich die Bestimmung des Kreises "anderer Beteiligter", die in einem Organstreitverfahren parteifähig sind, daher allein nach Art. 54 Nr. 1 NV i.V.m. § 8 Nr. 6 NStGHG. Bei deren Auslegung ist aber der Vorbildcharakter von Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG sowie § 13 Nr. 5 BVerfGG zu berücksichtigen.
bb) Oberste Landesorgane i.S.v. Art. 54 Nr. 1 NV i.V.m. § 8 Nr. 6 NStGHG sind der Niedersächsische Landtag und die Niedersächsische Landesregierung. Der Antragsteller als kommunaler Spitzenverband kann daher nur als "anderer Beteiligter" im Organstreitverfahren parteifähig sein.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Parallelregelungen in Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG sowie § 13 Nr. 5 BVerfGG ist als "anderer Beteiligter" im Organstreitverfahren nach Bundesrecht parteifähig nur ein Antragsteller, der - erstens - mit eigenen verfassungs- oder geschäftsordnungsrechtlichen Rechten ausgestattet ist und der - zweitens - in Rang und Funktion mit den obersten Bundesorganen vergleichbar ist und wie diese als ein dem Verfassungsrechtskreis zuordenbarer Akteur im Prozess der staatlichen Willensbildung und Entscheidungsfindung anzusehen ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvE 1/59 u.a. -, BVerfGE 13, 54 (95 f.), juris Rn. 67; Beschl. v. 2.12.1969 - 2 BvK 1/69 -, BVerfGE 27, 240 (246 f.), juris Rn. 22; Beschl. v. 24.3.1982 - 2 BvH 1/82 u.a. -, BVerfGE 60, 175 (199 f.), juris Rn. 96, 105; Beschl. v. 20.9.2016 - 2 BvE 5/15 -, BVerfGE 143, 1 (9, 15 ff.), juris Rn. 31, 47 ff.; vgl. im Anschluss ferner ThürVerfGH, Urt. v. 20.11.2019 - 28/18 -, NVwZ 2020, 382 (382) [BVerwG 13.12.2019 - BVerwG 6 B 30.19], juris Rn. 43). Über die erforderliche, mit den obersten Landesorganen vergleichbare organschaftliche Stellung verfügt dieser Betrachtungsweise zufolge nur ein Akteur, der integraler Bestandteil des Verfassungsaufbaus und des verfassungsrechtlich geordneten politischen Lebens, also eine verfassungsrechtlich notwendige Institution, ist. Eine solche verfassungsrechtliche Zentralstellung ist nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts insbesondere dann anzunehmen, wenn der betreffende Akteur von der Verfassung in Existenz, Status und wesentlichen Kompetenzen konstituiert ist, durch seine Existenz und Funktion die spezifische Gestalt des Staates mitprägt und durch seine Tätigkeit an der Staatsleitung Anteil hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.9.2016 - 2 BvE 5/15 -, BVerfGE 143, 1 (9), juris Rn. 31; vgl. auch LVerfG LSA, Urt. v. 23.11.2015 - LVG 8/13 -, juris Rn. 51).
(2) Der Staatsgerichtshof schließt sich diesem Verständnis an. Die Stellung als im landesverfassungsrechtlichen Organstreitverfahren parteifähiger "anderer Beteiligter" setzt über das Bestehen einer eigenen subjektiven Verfassungsrechtsposition hinaus eine Vergleichbarkeit mit den obersten Landesorganen in Rang und Funktion voraus. Diese Begrenzung des für einen Organstreit denkbaren Teilnehmerkreises gebietet insbesondere der Charakter des Organstreitverfahrens als kontradiktorischer organisationsrechtlich geprägter Verfassungsstreit (a). Auch der Wortlaut von Art. 54 Nr. 1 NV und § 8 Nr. 6 NStGHG (b) und die Entstehungsgeschichte der in das niedersächsische Landesrecht übernommenen Bezeichnung "andere Beteiligte" (c) sowie die Existenz des auf Landesebene keine Parallele findenden § 63 BVerfGG (d) sprechen für die Hinzunahme dieses Zusatzkriteriums.
(a) Das Organstreitverfahren ist als kontradiktorische Parteistreitigkeit ausgestaltet, die maßgeblich der gegenseitigen Abgrenzung der staatsorganisatorischen Kompetenzen von Verfassungsorganen oder ihren Teilen dient, nicht aber der hiervon losgelösten rein objektiven Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit eines bestimmten rechtserheblichen Handelns oder Unterlassens des Organs oder Organteils (stRspr., etwa BVerfG, Beschl. v. 20.9.2015 - 2 BvE 5/15 -, BVerfGE 143, 1 (8), juris Rn. 29 m.w.N.). Das Organstreitverfahren verfolgt so dem Grunde nach das Ziel, die Verfassungsordnung auch in ihrer organisationsrechtlichen Dimension wehrhaft auszugestalten. Ihm geht es um die Klärung des Inhalts des Verfassungsrechts anhand eines konkreten Einzelfalls, in dem die Durchsetzung subjektiv-verfassungsrechtlicher Rechte im Streit steht. Vor diesem Hintergrund ist es nur konsequent zu verlangen, dass beide Parteien eines Organstreits - der Antragsteller genauso wie der Antragsgegner - in einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis zueinander stehen müssen, aus dem sich Rechte und Pflichten ergeben, die sie gegenseitig achten müssen und die zwischen ihnen streitig geworden sind (BVerfG, Beschl. v. 20.9.2016 - 2 BvE 5/15 -, BVerfGE 143, 1 (9), juris Rn. 30). Parteifähig sein können folglich nicht beliebige "am Verfassungsleben Beteiligte", die den Inhalt eines Verfassungsartikels verfassungsgerichtlich bestimmt haben möchten, sondern nur Verfassungsorgane, Teile von Verfassungsorganen und eben "andere Beteiligte", wenn diese ebenfalls zueinander in einem Verfassungsrechtsverhältnis stehen.
Zeichnet sich der Organstreit demnach als staatsorganisatorischer Rechtsbehelf aus, mit dem verfassungsrechtliche Kompetenzen im engsten Verfassungsrechtskreis geltend gemacht und verteidigt werden können, liefe es diesem Charakter zuwider, wenn bereits allein die Inhaberschaft eines subjektiv-verfassungsrechtlichen Rechts für die Parteifähigkeit ausreichte. Es bedarf vielmehr einer weiteren materiellen Voraussetzung, welche den Organstreit als Kompetenzabgrenzungsverfahren vor allem gegenüber der Verfassungsbeschwerde, die zum Schutz individueller Verfassungsrechte (= Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte bzw. kommunale Selbstverwaltungsgarantie) bestimmt ist, unterscheidbar macht.
Hinge dagegen die Parteifähigkeit im Organstreitverfahren - wie in der Literatur vereinzelt gefordert wird (vgl. Schünemann, DÖV 2023, 619 (620 ff.)) - einzig und allein von der Inhaberschaft der Beteiligten über ein eigenes subjektiv-verfassungsrechtliches Recht ab, liefe dies dem Zweck des Organstreits als einem rein staatsorganisationsrechtlich geprägten Verfassungsstreitverfahren zur Beilegung von Konflikten über die Reichweite von verfassungsrechtlichen Rechten und Pflichten im staatlichen Binnenbereich zuwider. Dies gilt selbst dann, wenn man - wie weiter vorgeschlagen wird (Schünemann, DÖV 2023, 619 (622 ff.)) - die Anforderungen an das Vorliegen eines subjektiv-verfassungsrechtlichen Rechts dahingehend verschärfte, dass ein solches nur eine binnenstaatliche bzw. staatsorganisatorische Rechtsposition sein könnte. Denn ein taugliches (materielles) Abgrenzungskriterium zur Unterscheidung von im Organstreitverfahren parteifähigen und nicht parteifähigen Verfassungsrechtssubjekten und im (kommunalen) Verfassungsbeschwerdeverfahren parteifähigen und nicht parteifähigen Verfassungsrechtssubjekten wäre damit noch nicht aufgestellt. Sofern man dagegen - noch weitergehend - nur ein "eigenes Recht" ausreichen lassen wollte, das einen "verfassungsunmittelbaren Status im Prozess demokratischer Willensbildung und staatlicher Entscheidungsfindung" verleiht, "dessen Beachtung im Organstreitverfahren geltend gemacht werden kann" (Schünemann, DÖV 2023, 619 (623)), entspricht dies im Wesentlichen dem Kriterium der Rang- und Funktionsgleichheit des "anderen Beteiligten" mit Verfassungsorganen oder deren Teilen.
(b) Auch der Wortlaut des Art. 54 Nr. 1 NV und des gleichlautenden § 8 Nr. 6 NStGHG steht einer Übertragung des vom Bundesverfassungsgericht verlangten zusätzlichen, zum Vorhandensein eines subjektiv-verfassungsrechtlichen Rechts hinzutretenden Erfordernisses der Vergleichbarkeit des "anderen Beteiligten" mit den obersten Landesorganen in Rang und Funktion in das niedersächsische Landesrecht nicht entgegen. Soweit der Antragsteller in seiner Antragsschrift alternativ-hypothetisch dem Adjektiv "'anderer' (Beteiligter)" das Adjektiv "'sonstiger' (Beteiligter)" gegenüberstellen will und meint, aus der Verwendung des Adjektivs "anderer" folge, "dass die obersten Landesorgane nicht einen spezifischen Regelfall darstellten, an dem die Parteifähigkeit der sonstigen Beteiligten auszurichten wäre", ist dem zu widersprechen. Das Adjektiv "andere" wird bei der Klassifizierung verwendet, wenn verschiedene Konfigurationen einer Person oder Sache gemeint sind, die aber ein und derselben Kategorie angehören. Dagegen wird das Adjektiv "sonstiges" herangezogen, wenn bezweckt ist zu bezeichnen, dass etwas nicht in die normalen Kategorien eines Kategorienschemas passt. Wollte man die Akteursgruppe "andere Beteiligte" so verstehen wie der Antragsteller, nämlich in ihren Parteifähigkeitsvoraussetzungen inhaltlich nicht an der Akteursgruppe "oberste Landesorgane" orientiert, müsste es daher in Art. 54 Nr. 1 NV, § 8 Nr. 6 NStGHG nicht "andere", sondern "sonstige Beteiligte" heißen. Stellt man auf die vorangestellte nebenordnende Konjunktion "'und' (andere Beteiligte)" ab, so stützt dies sogar die Ansicht, dass die beiden unter den Oberbegriffen "oberste Landesorgane" und "andere Beteiligte, die ..." zusammengefassten Akteursgruppen verfassungsrechtlich gleichwertig sein bzw. auf einer zumindest vergleichbaren Ebene stehen müssen. Denn die Konjunktion "und", die die syntaktische Verbindung zwischen den beiden im Organstreitverfahren parteifähigen Akteursgruppen herstellt, drückt auch eine logische Beziehung aus. Die "Und"-Verknüpfung zeigt an, dass an die mit "und" verbundenen Akteursgruppen identische Anforderungen zu richten sind. Hätte der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen wollen, dass die beiden in Art. 54 Nr. 1 NV, § 8 Nr. 6 NStGHG genannten Akteursgruppen nicht additiv, sondern disjunktiv zu verstehen sein und an sie unterschiedliche Kriterien anzulegen sein sollen, hätte er eine "Oder"-Verknüpfung wählen müssen.
(c) Auch die Entstehungsgeschichte des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG liefert keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Parteifähigkeit allein von der Inhaberschaft über ein eigenes subjektiv-verfassungsrechtliches Recht abhängig gemacht werden müsste. In den Beratungen auf Herrenchiemsee und im Parlamentarischen Rat (zu ihnen Bundestag/Bundesarchiv (Hrsg.), Der Parlamentarische Rat - Akten und Protokolle, Bd. 2: Der Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee, 1981, S. 599, S. 620 f.; Bd. 9: Plenum, 1996, S. 474, S. 617; Bd. 13: Ausschuß für Organisation des Bundes/Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, Teilb. 2, 2002, S. 1358 ff.; Bd. 14: Hauptausschuß, Teilb. 1, 2009, S. 688 ff., S. 691) lässt sich klar das Bestreben des Verfassungsgebers nachweisen, den Kreis der im Organstreitverfahren Parteifähigen gegenüber der Weimarer Zuständigkeitsregelung für den Staatsgerichtshof des Deutschen Reichs einzugrenzen. In Art. 19 Abs. 1 WRV war nämlich nur von "Verfassungsstreitigkeiten innerhalb eines Landes" die Rede (ob auch Reichsverfassungsstreitigkeiten erfasst sein sollten, war streitig, wurde aber zunehmend und zuletzt auch mehrheitlich bejaht; dazu G. Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 19. August 1919. Kommentar, 14. Aufl. 1933, Art. 19 Anm. 2, 8), ohne dass über die mögliche Betroffenheit subjektiv-verfassungsrechtlicher Rechte hinaus irgendwelche Einschränkungen hinsichtlich des Kreises der potentiell Parteifähigen existierten. Das hatte etwa zur Annahme einer Parteifähigkeit nicht nur von Parteien und Fraktionen, sondern auch von Gemeinden, Religionsgesellschaften, Betreibern von Volksentscheiden oder von ehemals reichsritterschaftlichen Familien geführt, die in Organstreitverfahren um landesverfassungsrechtlich gewährleistete Rechte stritten (Nachweise bei G. Anschütz Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 19. August 1919. Kommentar, 14. Aufl. 1933, Art. 19 Anm. 8).
Auf Herrenchiemsee und im Parlamentarischen Rat war deshalb beabsichtigt, in der neuen Verfassung die Kriterien für eine Parteifähigkeit in Organstreitverfahren näher festzulegen, um eine so "uferlose Ausweitung", wie sie unter der Weimarer Verfassungslage möglich gewesen war und auch stattfand, auszuschließen. Der Herrenchiemseer Entwurf hatte insofern eine sehr enge Regelung vorgesehen, der zufolge im Organstreitverfahren nur "oberste Bundesorgane oder Teile von solchen, die in diesem Grundgesetz mit eigenen Rechten ausgestattet sind" (Art. 98 Nr. 2 HChE), parteifähig sein sollten. Diesen Vorschlag übernahm der Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege des Parlamentarischen Rates aber nicht und sah stattdessen nach eingehender Diskussion - streitig war insoweit vor allem die Parteifähigkeit der Fraktionen - zunächst die Parteifähigkeit "oberster Bundesorgane oder eines anderen Beteiligten" (Art. 128b Nr. 1) vor. Diese recht weite Fassung wurde nach wiederum längerer Diskussion vom Hauptausschuß aber auch nicht übernommen. Dieser entschied sich für eine Fassung, die später so in das Grundgesetz eingegangen ist, nämlich für eine Regelung, nach der "Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind", in die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts fallen sollten. Zwischenzeitlich war im Ausschuß für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege ebenso wie im Hauptausschuß kompromissweise sehr ernsthaft noch im Gespräch, die Regelung der Frage dem einfachen Gesetzgeber zu überlassen (Entwurf eines Art. 137a), doch entschied sich der Hauptausschuß für eine Fassung, die zwischen Art. 98 Nr. 2 HChE und Art. 128b Nr. 1 Entwurf des Ausschusses für Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege quasi vermittelte: Sie ging über die Parteifähigkeit allein von Bundesorganen und ihren Organteilen hinaus (so Art. 98 Nr. 2 HChE), grenzte aber die Parteifähigkeit von "anderen Beteiligten" (Art. 128b Nr. 1) wiederum dadurch ein, dass diese "anderen Beteiligten" "durch dieses Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet" sein müssen. Dieser Fassung stimmte das Plenum des Parlamentarischen Rates am 6. Mai 1949 in der zweiten und am 8. Mai 1949 in der dritten Lesung zu. Aus diesem Beratungsgang ist ersichtlich, dass es nach dem Willen des Verfassungsgebers in Organstreitverfahren weniger parteifähige Antragsteller als in der Weimarer Zeit geben sollte und dass deshalb der Wortlaut des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG im Vergleich zu Art. 19 Abs. 1 WRV viel enger (geblieben) ist.
Es ist zuzugeben, dass aus diesem Beratungsverlauf nicht schlusszufolgern ist, dass der Kreis der "anderen Beteiligten" grundsätzlich eng zu verstehen ist (so Schünemann, DÖV 2023, 619 (621)). Die durchgängig während der Verfassungsberatungen feststellbare Intention, die Parteifähigkeit in Organstreitverfahren im Vergleich zu Art. 19 Abs. 1 WRV einzuengen, führte mit Art. 98 Abs. 2 HChE zu Beginn der Verfassungsberatungen zwar zu einer sehr engen Fassung (die eine Parteifähigkeit kommunaler Spitzenverbände definitiv ausgeschlossen hätte), wurde dann aber sukzessive wieder erweitert. Klar ist, dass der Verfassungsgeber nicht auf den Stand der Weimarer Regelung zurückfallen wollte, die für die Parteifähigkeit im Organstreitverfahren letztlich nur auf das Erfordernis einer subjektiv-(landes-)verfassungsrechtlichen Rechtsposition abgestellt hat und daher den Kreis der Parteifähigen nicht einengen konnte. Von daher kann es jedenfalls mit Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG und Art. 54 Nr. 1 NV nicht vereinbar sein, das Erfordernis der Parteifähigkeit "anderer Beteiligter" so zu interpretieren, dass der Kreis der Parteifähigen sogar weiter ausfällt als der seinerzeit von Art. 19 Abs. 1 WRV erfasste Kreis. Ohne das zusätzliche Kriterium der Rang und Funktionsgleichheit mit den obersten Bundes- bzw. Landesorganen würden aber, mithin entgegen der Intention des Verfassungsgebers, zusätzlich zu den obersten Verfassungsorganen und "anderen Beteiligten", die sich auf Rechte aus der Verfassung berufen können, auch noch weitere "andere Beteiligte" parteifähig sein, die - was unter der Geltung von Art. 19 Abs. 1 WRV, die auf "Verfassungsstreitigkeiten innerhalb eines Landes" abgehoben hatte, nicht der Fall gewesen wäre - bloß durch die Geschäftsordnung eines Verfassungsorgans mit Rechten ausgestattet worden sind. Der sonst möglichen Verkehrung des Willens des historischen Verfassungsgebers, den sich der niedersächsische Verfassungsgeber mit der wortgleichen Übernahme der bundesrechtlichen Regelung in Art. 54 Nr. 1 NV zu eigen gemacht hat, in sein Gegenteil wird mit dem Zusatzkriterium der Rang- und Funktionsgleichheit mit obersten Verfassungsorganen wirksam begegnet.
(d) Auch die Tatsache, dass im niedersächsischen Recht in Ermangelung einer Verweisung des § 30 NStGHG auf § 63 BVerfGG kein einfachgesetzliches "Gegenstück" zu Art. 54 Nr. 1 NV vorhanden ist, gibt keinen Anlass dazu, das Erfordernis der Vergleichbarkeit mit obersten Landesorganen in Rang und Funktion nicht heranzuziehen. Zwar fehlt in § 63 BVerfGG nach dem Vorbild von Art. 98 Abs. 2 HCHE die Nennung "anderer Beteiligter"; neben den obersten Bundesorganen Bundespräsident, Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung (Variante 1) ist nach dieser Regelung "nur" parteifähig, wer als "Teil dieser Organe" im Grundgesetz oder in den Geschäftsordnungen des Bundestages oder des Bundesrates mit eigenen Rechten ausgestattet ist (Variante 2). Aus der Nichtgeltung des § 63 BVerfGG auf Landesebene kann aber nicht abgeleitet werden, dass Art. 54 Nr. 1 NV, § 8 Nr. 6 NStGHG ohne das Zusatzkriterium zu interpretieren wären. Denn der eng gefasste § 63 BVerfGG als Norm des einfachen Rechts sperrt nicht den Rückgriff auf den höherrangigen und weiter gefassten Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG. Ebenso wenig gibt die Gesetzgebungsermächtigung in Art. 94 Abs. 2 Satz 2 GG die Befugnis zur Einschränkung von verfassungsunmittelbar gewährten Verfahrensrechten. Entscheidend ist daher - ohne dass es auf § 63 BVerfGG ankäme, dessen Beschränkungen vom Bundesverfassungsgericht seit jeher ignoriert werden und der wegen des Widerspruchs zu Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG teils sogar als verfassungswidrig und teilnichtig eingestuft wird (so etwa von Voßkuhle, in: Huber/Voßkuhle (Hrsg.), GG, 8. Aufl. 2024, Art. 93 Rn. 101) - allein der aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG bestimmbare Kreis von Parteifähigen. Mithin kann § 30 NStGHG mit seiner fehlenden Verweisung auf § 63 BVerfGG nicht für ein Verständnis in Stellung gebracht werden, wie es der Antragsteller vertritt, der für die Parteifähigkeit im Organstreitverfahren allein auf das Bestehen einer subjektiv-verfassungsrechtlichen Rechtsposition abstellen will. Vielmehr hat der Gesetzgeber des Gesetzes über den Staatsgerichtshof in § 30 NStGHG durch Aussparung eines Verweises auf § 63 BVerfGG richtigerweise zum Ausdruck gebracht, dass der Kreis der im Organstreitverfahren Parteifähigen genauso wie auf Bundesebene allein durch das Verfassungsrecht bestimmt wird.
(3) Das Kriterium, dass "andere Beteiligte", um im Organstreitverfahren parteifähig zu sein, den mit eigenen Rechten ausgestatteten Teilen dieser (Verfassungs-)Organe nach Rang und Funktion vergleichbar sein müssen, erfüllen - wie der Staatsgerichtshof bereits entschieden hat - die wesentlichen Teile bzw. Untergliederungen des Landtages, insbesondere die Fraktionen (vgl. NdsStGH, Urt. v. 15.1.2019 - StGH 1/18 -, NVwZ-RR 2019, 578 (579) [BVerfG 03.04.2019 - 2 BvR 328/16], juris Rn. 30 m.w.N.), ferner sog. Einsetzungsminderheiten (vgl. NdsStGH, Urt. v. 16.1.1986 - StGH 1/85 -, Nds. StGHE 3, 70 (76), juris Rn. 20; Urt. v. 10.2.2017 - StGH 1/16, Nds. StGHE 5, 230 (240), juris Rn. 71 ff.; vgl. ferner NdsStGH, Urt. v. 24.10.2014 - StGH 7/13 -, Nds. StGHE 5, 181 (188), juris Rn. 43 ff.), aber auch die Untergliederungen der Landesregierung, also der Ministerpräsident (NdsStGH, Urt. v. 24.11.2020 - StGH 6/19 -, NdsVBl. 2021, 76 (78), juris Rn. 40) und einzelne Minister (vgl. NdsStGH, Beschl. v. 28.9.2023 - StGH 2/23 -, NdsVBl. 2024, 9 (10), juris Rn. 5 ff.).
Darüber hinaus hat der Staatsgerichtshof in seiner Rechtsprechung eine Erweiterung des verfahrensrechtlichen Parteibegriffs im Hinblick auf einzelne Abgeordnete vorgenommen (vgl. NdsStGH, Urt. v. 14.9.2022 - StGH 1/22 -, NJW 2022, 3176 (3176) [BFH 30.06.2022 - IV R 19/18], juris Rn. 13), wenn und soweit sie um Rechte kämpfen, die sich aus ihrem besonderen verfassungsrechtlichen Status ergeben, und sie diese Rechte gegenüber einem anderen Verfassungsorgan geltend machen. Maßgeblich ist hierfür die Erwägung, dass Art. 12 bis Art. 16 und Art. 24 NV Abgeordneten einen herausgehobenen Verfassungsstatus verleiht, zugleich aber in Niedersachsen einzelnen Abgeordneten die Parteifähigkeit im Organstreitverfahren nur als "anderen Beteiligten" i.S.v. Art. 54 Nr. 1 NV, § 8 Nr. 6 NStGHG zugebilligt werden kann. Diese Einordnung von Abgeordneten als "anderen Beteiligten" entspricht auch der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (stRspr. seit BVerfG, Urt. v. 7.3.1953 - 2 BvE 4/52 -, BVerfGE 2, 143 (164), juris Rn. 74, 78 f.; Urt. v. 14.7.1959 - 2 BvE 2/58 u.a. -, BVerfGE 10, 4 (10 f.), juris Rn. 30; vgl. i.Ü. statt vieler BVerfG, Urt. v. 22.3.2022 - 2 BvE 2/20 -, BVerfGE 160, 368 (377), juris Rn. 27. Nachw. zur insofern ebenfalls h.M. in der Literatur bei Voßkuhle, in: Huber/Voßkuhle (Hrsg.), GG, 8. Aufl. 2024, Art. 93 Rn. 106; Walter, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 93 Rn. 213, Stand: Juni 2017).
Schließlich hat der Staatsgerichtshof auch den politischen Parteien Parteifähigkeit zugebilligt, wenn und soweit sie um Rechte kämpfen, die sich aus ihrem verfassungsrechtlichen Status ergeben (NdsStGH, Urt. v. 26.5.1961 - StGH 2/60 -, NStGHE 1, 62 (66); Urt. v. 6.9.2005 - StGH 4/04 -, NStGHE 4, 112 (119), juris Rn. 51; NdsStGH, Urt. v. 24.11.2020 - StGH 6/19 -, NdsVBl. 2021, 76 (77 f.), juris Rn. 37 ff. m.w.N.; vgl. auf Bundesebene auch BVerfG, Urt. v. 5.4.1952 - 2 BvH 1/52 -, BVerfGE 1, 208 (223 ff.), juris Rn. 52 ff.; Urt. v. 11.7.1961 - 2 BvE 1/59 u.a. -, BVerfGE 13, 54 (95 f.), juris Rn. 67; zuletzt etwa BVerfG, Urt. v. 9.6.2020 - 2 BvE 1/19 -, BVerfGE 154, 320 (330 f.), juris Rn. 36). Die bedeutende Aufgabe der Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes, die den Parteien zukommt, ist in Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsrechtlich verbrieft, und sie sind - trotz ihrer privatrechtlichen Organisation - integrierende Bestandteile des Verfassungsaufbaus und des verfassungsrechtlich geordneten politischen Lebens in der Massendemokratie, also aus verfassungsrechtlicher Sicht notwendige Institutionen. Zwar werden hinsichtlich dieser Rechtsprechung Zweifel angemeldet (vgl. für alle Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 12. Aufl. 2021, Rn. 92 m.w.N.; Voßkuhle, in: Huber/Voßkuhle (Hrsg.), GG, 8. Aufl. 2024, Art. 93 Rn. 106). Zumindest für das Land Niedersachsen können die erhobenen Einwände aber schon deshalb nicht durchgreifen, da in Niedersachsen weiterhin keine Individualverfassungsbeschwerdemöglichkeit besteht und sich die politischen Parteien daher gegen mögliche Beeinträchtigungen ihres durch Art. 21 GG gewährleisteten Status, wenn diese durch ein Verfassungsorgan des Landes Niedersachsen oder einen Teils desselben erfolgen, nicht anders zur Wehr setzen können als durch Einleitung eines Organstreitverfahrens vor dem Staatsgerichtshof.
b) Nach diesen Maßstäben und gemessen an diesen Beispielsfällen ist eine Einbeziehung des Antragstellers in den Kreis der im Organstreitverfahren parteifähigen "anderen Beteiligten" i.S.v. Art. 54 Nr. 1 NV, § 8 Nr. 6 NStGHG ausgeschlossen.
aa) Der Antragsteller ist neben dem Niedersächsischen Städtetag und dem Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund der dritte allgemein anerkannte kommunale Spitzenverband in Niedersachsen. Er ist privatrechtlich als eingetragener Verein (§ 21 BGB) organisiert (§ 1 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Niedersächsischen Landkreistages i.d.F. der Eintragung durch das Amtsgericht Hannover v. 17.6.2020) und versteht sich - gemäß einer schon vor der Gründung des Landes Niedersachsen verfolgten Tradition - als Vereinigung sowie als Interessenvertretung der niedersächsischen Landkreise und der Region Hannover auf Landesebene (vgl. § 2 der Satzung). Die Niedersächsische Verfassung setzt die Existenz kommunaler Spitzenverbände voraus, indem Art. 57 Abs. 6 NV bestimmt, dass "die kommunalen Spitzenverbände" anzuhören sind, bevor durch Gesetz oder Verordnung allgemeine Fragen geregelt werden, welche die Gemeinden oder die Landkreise unmittelbar berühren. Sie konstituiert diese Verbände indes nicht und enthält auch keine Regelung dahingehend, dass die kommunalen Gebietskörperschaften verpflichtet sind, sich zu Spitzenverbänden zusammenzuschließen. Ihre Gründung vollzieht sich allein nach den Maßgaben des einfachen Rechts nach dem Prinzip der Freiwilligkeit.
bb) Der Antragsteller ist mit den obersten Landesorganen nicht in Rang und Funktion vergleichbar; er ist kein dem Verfassungsrechtskreis zuzuordnender Akteur im Prozess der staatlichen Willensbildung und Entscheidungsfindung. Dies folgt daraus, dass er kein integraler Bestandteil des Verfassungsaufbaus und des verfassungsrechtlich geordneten politischen Lebens, d.h. keine verfassungsrechtlich notwendige Institution, ist. Denn der Antragsteller ist weder durch die Verfassung in Existenz, Status und wesentlichen Kompetenzen konstituiert, noch prägt er durch seine Existenz und Funktion die spezifische Gestalt des Staates oder hat an der Staatsleitung Anteil. Eine Ausweitung des verfahrensrechtlichen Parteibegriffs im Organstreitverfahren auf die kommunalen Spitzenverbände ist auch nicht aus anderen Gründen geboten.
(1) Die Existenz des Antragstellers ist zwar - wie diejenige der beiden anderen kommunalen Spitzenverbände - in Art. 57 Abs. 6 NV verfassungsrechtlich vorausgesetzt. Es fehlt aber an einer weitergehenden Konstituierung durch die Verfassung.
(a) In der Niedersächsischen Verfassung sind allein die kommunalen Spitzenverbände, zu denen der Antragsteller gehört, und auch nur in Art. 57 Abs. 6 NV erwähnt. Insbesondere ist der Antragsteller nicht Träger des in Art. 57 Abs. 1 NV, Art. 28 Abs. 2 GG statuierten kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Trotz ihrer bis in Zeiten des Deutschen Kaiserreiches zurückreichenden Tradition und ihrer hohen Bedeutung als Interessenvertreter der Gemeinden und Gemeindeverbände haben die kommunalen Spitzenverbände eine nähere verfassungsrechtliche Konstituierung nicht erfahren. Die Bezugnahme in Art. 57 Abs. 6 NV ist lediglich punktuell, abgesehen von der dort erwähnten Anhörungspflicht ist dieser Norm keine - noch nicht einmal eine "schwache" - Ausgestaltung der wesentlichen Aufgaben, Funktionen oder Kompetenzen des Antragstellers zu entnehmen, die sich - wie § 2 der Satzung des Antragstellers verdeutlicht - gerade nicht in der Abgabe von Stellungnahmen zu Gesetzes- oder Verordnungsvorhaben erschöpfen. Vielmehr sind die wesentlichen Aufgaben und Kompetenzen des Antragstellers rein satzungsmäßig und damit allesamt außerverfassungsrechtlich begründet. Mit Art. 57 Abs. 6 NV ist folglich nicht die Herausbildung eines verfassungsrechtlichen Status verbunden, wie er etwa an Abgeordnete in Art. 12 NV, Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG oder an politische Parteien in Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG verliehen ist. Auch Wehrbeauftragter, Bundesbank und Bundesrechnungshof, zu deren Parteifähigkeit im Organstreitverfahren das Bundesverfassungsgericht noch nicht Stellung nehmen konnte, verfügen mit Art. 45b GG, Art. 88 GG und Art. 114 Abs. 2 GG über stärkere verfassungsrechtliche Fundierungen, als sie zugunsten der kommunalen Spitzenverbände im niedersächsischen Verfassungsrecht bestehen. Ebensolches gilt für den Niedersächsischen Landesrechnungshof (Art. 70 NV) und auch für den Landesbeauftragten für den Datenschutz (Art. 62 NV); beide Institutionen sind jedenfalls im Vergleich verfassungsrechtlich in ihrer Existenz und in ihren Kompetenzen mehr abgesichert als der Antragsteller. Art. 57 Abs. 6 NV sieht nach alledem keine Existenz-, Status- und Kompetenzbegründung des Antragstellers vor, die es ihm erlaubte, eigene originär verfassungsmäßige Rechte im Organstreitverfahren geltend zu machen (vgl. VerfGH NRW, Urt. v. 13.12.2011 - 11/10 -, NVwZ 2012, 631 (631 f.), juris Rn. 86 zu Art. 86 Abs. 2 Satz 1 und Art. 87 Verf NRW).
(b) Vielmehr hat Art. 57 Abs. 6 NV - wie schon seine systematische Position im Zusammenhang mit Art. 57 NV und Art. 58 NV und nicht etwa bei den Vorschriften des Vierten Abschnitts der Niedersächsischen Verfassung über das Gesetzgebungsverfahren nahelegt - eine dienende Funktion für das kommunale Selbstverwaltungsrecht. Die in Art. 57 Abs. 6 NV an den Gesetz- und Verordnungsgeber gerichtete Pflicht, die kommunalen Spitzenverbände anzuhören, bevor allgemeine Fragen geregelt werden, welche die Landkreise oder die Gemeinden unmittelbar berühren, sichert prozedural die verfassungsrechtlich verbürgte Rechtsposition der Kommunen im Gesetz- und Verordnungsgebungsverfahren ab (NdsStGH, Urt. v. 16.5.2001 - StGH 6/99 u.a. -, Nds. StGHE 4, 31 (49), juris Rn. 106; Urt. v. 7.3.2008 - StGH 2/05 -, Nds. StGHE 4, 202 (223), juris Rn. 70; Urt. v. 4.6.2010 - StGH 1/08 -, Nds. StGHE 5, 1 (15 f.), juris Rn. 60; Urt. v. 9.3.2021 - StGH 3/20 -, NVwZ-RR 2021, 601 (606) [StGH Niedersachsen 09.03.2021 - StGH 3/20], juris Rn. 62). Diese verfassungsrechtliche Privilegierung der Anhörung der kommunalen Spitzenverbände gegenüber sonstigen Formen der Verbandsbeteiligung, etwa derjenigen nach § 31 GGO, rechtfertigt sich aus deren besonderer Stellung nicht nur als lediglich private Institution, sondern als Interessenvertreter der kommunalen Gebietskörperschaften, mithin als Sprachrohr kommunaler Gemeinwohlbelange (vgl. dazu Ipsen, NV, 2011, Art. 57 Rn. 53; Waechter, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2. Aufl. 2021, Art. 57 Rn. 121). Der Zweck der Anhörung liegt maßgeblich darin, dem Gesetz- und Verordnungsgeber die kommunale Perspektive auf ein konkretes Normsetzungsvorhaben zu vermitteln (vgl. zu Art. 83 Abs. 7 Satz 1 BayVerf ähnlich BayVerfGH, Entsch. v. 21.4.2021 - Vf. 85-VII-20 -, juris Rn. 35). Die Anhörung nach Art. 57 Abs. 6 NV erfüllt damit eine Informationsfunktion für das Gesetz- bzw. Verordnungsgebungsverfahren und stärkt zugleich die verfassungsrechtliche Stellung der Kommunen als "dritter Säule" im Staatsaufbau.
Die kommunalen Spitzenverbände treten bei der Gesetz- bzw. Verordnungsgebung mit allgemein-kommunalem Bezug aus Gründen der Anhörungseffizienz insofern als Funktionswalter auf. Ihnen kommt insoweit die Aufgabe zu, die unterschiedlichen Auffassungen ihrer Mitglieder zu ermitteln, sie zusammenzuführen, zu gewichten und gegebenenfalls auch entgegen der Auffassung einzelner Mitglieder eine aggregierte kommunale Position zu erarbeiten und zu vertreten (vgl. Th. Mann, Festschrift für Hans-Günter Henneke, 2022, S. 559 (571 f.)). Durch ihre Stellungnahmen können die gebündelten Interessen der durch sie vertretenen Kommunen artikuliert und so Einfluss auf die Ergebnisse von Normsetzungsprozessen genommen werden. Aus der bloßen Informationsfunktion der Anhörung folgt, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber zu einer Umsetzung der in der Anhörung geltend gemachten kommunalen Belange in keiner Weise verpflichtet ist, jedenfalls abseits der zu wahrenden Grenzen des Selbstverwaltungsrechts, das im Übrigen auch individuelle Anhörungsrechte einzelner Kommunen wegen konkreter Eingriffe in deren Selbstverwaltungsrecht unmittelbar aus Art. 57 Abs. 1 NV ermöglicht (so auch Waechter, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2. Aufl. 2021, Art. 57 Rn. 120). Auch für diese hat das Bundesverfassungsgericht indes bereits in einer Entscheidung aus dem Jahr 1969 (BVerfG, Beschl. v. 2.12.1969 - 2 BvK 1/69 -, BVerfGE 27, 240 (244 f.), juris Rn. 22) die Parteifähigkeit im Organstreitverfahren mit der Begründung verneint, dass sie als Teil der Landesexekutive und Träger der mittelbaren Staatsverwaltung nicht im inneren Verfassungsrechtskreis wirkten und folglich ihr Selbstverwaltungsrecht gegenüber dem Staat als Abwehrrecht durchsetzen müssten, wozu ihnen - in Ausformung einer subjektiven Rechtsstellungsgarantie - in Niedersachsen die Kommunalverfassungsbeschwerde (Art. 54 Nr. 5 NV, § 8 Nr. 10 NStGHG) offensteht (vgl. Hartmann, in: Hartmann/Mann/Mehde, Landesrecht Niedersachsen, 4. Aufl. 2023, § 6 Rn. 27).
(c) Genau in dieser bloßen Sprachrohrfunktion im Anhörungsverfahren liegt im Übrigen auch der Unterschied zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und den Parlamentsfraktionen, auf die der Antragsteller verweist und an deren Beispiel er vorträgt, dass eine "Kollektivierung" von Einzel-Rechtspositionen dem Staatsorganisationsrecht nicht fremd sei, was sich daran zeige, dass die Fraktionen neben den Abgeordneten selbst als Inhaber selbstständiger, eigener und wehrfähiger kollektiver Rechte angesehen werden (vgl. Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 38 Rn. 279, 296 f., Stand: Januar 2021, m. umfang. Nachw.). Die kommunalen Spitzenverbände mögen im Anhörungsverfahren zwar genauso wie die Fraktionen für ihre Mitglieder tätig werden, aber eben nur als Sprachrohr ihrer Mitglieder mit aufklärender, informierender und beratender Zielrichtung. Innerparlamentarische Mitwirkungs- und Koordinationsaufgaben bei der Wahrnehmung der Repräsentations-, Gesetzgebungs-, Wahl- und Kontrollfunktion des Parlaments nehmen sie, das unterscheidet sie von Fraktionen, jedoch nicht wahr. Anders als Fraktionen sind kommunale Spitzenverbände daher nicht als "notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens" (BVerfG, Urt. v. 14.7.1959 - 2 BvE 2/58 u.a. -, BVerfGE 10, 4 (14), juris Rn. 38) mit der Funktion eines "Scharniers" zwischen Gesellschaft und Gesamtparlament (Mahrenholz, Sondervotum zu BVerfG, Urt. v. 14.1.1986 - 2 BvE 14/83 u.a. -, BVerfGE 70, 324 (374), juris Rn. 186) anzusehen. Insofern können kommunale Spitzenverbände hinsichtlich ihrer verfassungsprozessualen Möglichkeiten nicht den Fraktionen gleichgestellt werden.
(2) Außer an einer verfassungskräftigen Existenz-, Status- und Kompetenzbegründung ermangelt es dem Antragsteller auch am Charakter als verfassungsrechtlich notwendiger Institution und damit integralem Bestandteil des Verfassungsaufbaus und des verfassungsrechtlich geordneten politischen Lebens in Niedersachsen. Insbesondere besitzt er nicht einen gewissen Mitanteil an der Staatsleitung und der spezifischen Prägung der Staatsgestalt und verfügt - selbst gesetzt den Fall, dass sich hieraus für ihn ein subjektiv-verfassungsrechtliches Recht ergäbe - über keinen Zugang zur eigentlichen Verfassungsrechtssphäre.
Zwar ist nicht Voraussetzung, dass der Antragsteller "wie" ein oberstes Landesorgan Anteil an der Staatsleitung haben müsste, denn auch Abgeordnete oder politische Parteien (oder der Vermittlungsausschuss auf Bundesebene), für die die Eigenschaft als im Organstreitverfahren parteifähiger "anderer Beteiligter" anerkannt ist, sind nicht, wie etwa der Landtag in seiner Gesamtheit oder die Landesregierung, unmittelbar staatsleitend tätig. Es wird vielmehr ausreichen können und müssen, wenn sich aus der organschaftlichen Stellung des betreffenden Akteurs im inneren Verfassungsrechtskreis ein gewisser Anteil an der Staatsleitung ergibt. Dieser Anteil kann "kleiner" und politisch-gestalterisch unbedeutender sein als derjenige des Landtags oder der Landesregierung im Ganzen, ohne dass dies die Parteifähigkeit im Landesorganstreitverfahren ausschließen würde.
Der Antragsteller besitzt allerdings - und das unterscheidet ihn etwa von einzelnen Abgeordneten - noch nicht einmal einen Mitanteil an der Staatsleitung. Entgegen der Auffassung des Antragstellers gewährt ihm Art. 57 Abs. 6 NV, und zwar auch nicht bei Annahme eines daraus fließenden subjektiv-verfassungsrechtlichen Rechts, keinen Zugang zur "eigentlichen Verfassungsrechtssphäre". Dagegen spricht schon der Zweck der Anhörung, die dem souverän agierenden Gesetzgeber bzw. dem Verordnungsgeber eine im Hinblick auf berührte kommunale Belange informierte Entscheidung ermöglichen und insofern die Schutzwirkungen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts prozedural absichern soll, indes aber keine Teilhabe der Anhörungsberechtigten an der Entscheidung über Gesetzes- oder Rechtsverordnungsinhalte selbst gewährt. Der Landtag ist frei, ob er in der Anhörung gegebene Hinweise oder Wünsche eines kommunalen Spitzenverbandes aufgreift oder sie ignoriert. Art. 57 Abs. 6 NV sichert allein das Informiertsein des Landtages bzw. der Abgeordneten bei der Gesetzgebung oder der Regierung bzw. der Ministerinnen und Minister bei der Verordnungsgebung über etwaige Kommunalbelange bzw. die kommunalen Wünsche, gewährt aber nicht ein inhaltliches Mitbestimmungsrecht. Die kommunalen Spitzenverbände sind gerade keine Beteiligten des Rechtsetzungsverfahrens, sondern stehen außerhalb dessen. Sie tragen als Externe zu einer informierten Normsetzungsentscheidung bei. Für diese Auslegung streitet auch der objektiv formulierte Wortlaut des Art. 57 Abs. 6 NV, der sich an den Anhörungsverpflichteten und nicht an die Anhörungsberechtigten richtet (vgl. andeutungsweise schon Hederich, NdsVBl. 2005, 33 (36 f.); a.A. Schünemann, DÖV 2023, 619 (627)).
(3) Eine Ausweitung des verfahrensrechtlichen Parteibegriffs im Organstreitverfahren auf den Antragsteller und die anderen kommunalen Spitzenverbände ist auch nicht vor dem Hintergrund des Zwecks des Organstreitverfahrens und der Wehrhaftigkeit des Art. 57 Abs. 6 NV geboten.
Ein verfassungsrechtliches Interesse daran, dass die kommunalen Spitzenverbände im Hinblick auf eine etwaige Verletzung der Anhörungspflicht aus Art. 57 Abs. 6 NV rügefähig sind, ist nicht erkennbar, und zwar auch nicht in einer politischen Konstellation, in der aufgrund der Mehrheitsverhältnisse für ein bestimmtes Gesetzgebungsvorhaben unter den Mitgliedern des Landtags das Quorum für ein abstraktes Normenkontrollverfahren nach Art. 54 Nr. 3 NV nicht erreicht wird. Die Anhörung erfüllt allein eine Informationsfunktion für das Gesetz- und Verordnungsgebungsverfahren und sichert in diesem Rahmen das kommunale Selbstverwaltungsrecht verfahrensrechtlich ab. Die Anhörung der Spitzenverbände soll das Verfahren in zweckmäßiger Weise erleichtern, indem gerade bei allgemein die Kommunen betreffenden Fragestellungen nicht jede Gemeinde und jeder Gemeindeverband einzeln angehört werden muss. Der expliziten verfassungsgerichtlichen Rügemöglichkeit etwaiger Verletzungen der sich aus Art. 57 Abs. 6 NV für den Gesetz- bzw. den Verordnungsgeber ergebenden Pflicht zur Anhörung bedarf es darüber hinaus nicht.
Wenn der Antragsteller insoweit in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, ein Verweis auf die den einzelnen Kommunen offen stehende Verfassungsbeschwerde trüge nicht, weil eine Verletzung des Art. 57 Abs. 6 NV nur durchschlage, wenn das unter fehlerhafter Anhörung zustande gekommene Gesetz oder die Rechtsverordnung zugleich einen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht beinhalte, mit der Folge, dass die kommunalen Spitzenverbände ohne Anerkennung ihrer Parteifähigkeit im Organstreitverfahren keine Möglichkeit hätten, Verletzungen des Art. 57 Abs. 6 NV zu rügen, so überzeugt das nicht. Hiergegen spricht die gerade erwähnte dienende Funktion der Anhörung für das kommunale Selbstverwaltungsrecht. Wird in dieses nicht eingegriffen, sondern mit einer Gesetz- und Verordnungsgebung nur ein kommunales Interesse betroffen, bedarf es keiner weitergehenden rechtlichen Absicherung.
Die Kommunen selbst sind demgegenüber nicht schutzlos gestellt - ihnen steht zur Geltendmachung der abwehrrechtlichen Dimension des kommunalen Selbstverwaltungsrechts insbesondere die Erhebung einer Kommunalverfassungsbeschwerde nach Art. 54 Nr. 5 NV, § 8 Nr. 10 NStGHG offen. Hinsichtlich solcher Gesetze, die in den Schutzbereich der Selbstverwaltungsgarantie und ihrer konturierenden Rechte gemäß Art. 57 Abs. 1, Art. 28 Abs. 2 GG eingreifen, können die Kommunen auch die Fehlerhaftigkeit des Gesetzgebungsverfahrens und hierbei eine mangelnde Umsetzung der Anforderungen des Art. 57 Abs. 6 NV und damit die formelle Verfassungswidrigkeit des beschlossenen Gesetzes rügen (vgl. nunmehr ausdrücklich NdsStGH, Urt. v. 2.5.2024 - StGH 4/23 -; vgl. zuvor bereits NdsStGH, Urt. v. 16.5.2001 - StGH 6/99 u.a. -, Nds. StGHE 4, 31 (47), juris Rn. 105 f.; Urt. v. 4.6.2010 - StGH 1/08 -, Nds. StGHE 5, 1 (15 f.), juris Rn. 59 ff.; Urt. v. 29.4.2013 - StGH 2/12 -, Nds. StGHE 5, 137 (149), juris Rn. 53 f.). Entsprechendes muss auch für die Anhörung vor einer Verordnungsgebung und eine hierauf bezogene Rüge im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 75 NJG) gelten.
(4) Die vorliegende Konstellation ist insoweit mit einem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall vergleichbar, in dem es die Parteifähigkeit der G10-Kommission im Organstreitverfahren verneint hat (BVerfG, Beschl. v. 20.9.2016 - 2 BvE 5/15 -, BVerfGE 143, 1 (9, 15 ff.), juris Rn. 48 ff.). Die G10-Kommission sei weder durch das Grundgesetz noch durch die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages mit eigenen Rechten ausgestattet, sei kein Teil des Bundestages und übe keine parlamentarische Kontrollfunktion aus. Sie sei funktionell vielmehr dem Bereich der Exekutive zuzuordnen. Dazu hat das Gericht ausgeführt, dass die Kontrolltätigkeit der G10-Kommission der prozeduralen Absicherung der Rechtmäßigkeit heimlicher staatlicher Überwachungsmaßnahmen, mithin dem Grundrechtsschutz, dient. Die Durchsetzung der grundrechtlichen Schutzwirkungen sei hingegen dem Verfassungsbeschwerdeverfahren etwaiger Überwachungsbetroffener vorbehalten, sodass es keiner Parteifähigkeit der G10-Kommission im Organstreitverfahren bedürfe (BVerfG, Beschl. v. 20.9.2016 - 2 BvE 5/15 -, BVerfGE 143, 1 (9, 15 ff.), juris Rn. 31, 47 ff.). Entsprechend liegt es hier: Die kommunalen Spitzenverbände und deren durch Art. 57 Abs. 6 NV vorgesehene Anhörung zur Information des Gesetz- und Verordnungsgebers haben eine dienende Funktion für das kommunale Selbstverwaltungsrecht, das in seinem abwehrrechtlichen Charakter vergleichbar mit den Grundrechten ist. Zur Geltendmachung dieser Schutzdimension des Selbstverwaltungsrechts hat der Verfassungsgeber den Kommunen ein eigenes Verfassungsbeschwerdeverfahren eröffnet (Art. 54 Nr. 5 NV, § 8 Nr. 10 NStGHG). Die Durchsetzung der Anhörungsverpflichtung durch die kommunalen Spitzenverbände im Wege des Organstreits ist daher nicht - auch nicht aus rechtsstaatlichen Gründen - erforderlich (vgl. auch Waechter, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2. Aufl. 2021, Art. 57 Rn. 29 ff.).
C.
Das Verfahren vor dem Staatsgerichtshof ist gemäß § 21 Abs. 1 NStGHG kostenfrei. Auslagen werden gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 NStGHG nicht erstattet.