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  • ab 13.04.2022 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 3 AufenthG§23aHFDRdErl - Ausnahmen von der Pflicht zur Belehrung

Bibliographie

Titel
Durchführung des Härtefallverfahrens nach § 23a AufenthG
Redaktionelle Abkürzung
AufenthG§23aHFDRdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
26100

3.1 Keine Belehrungspflicht besteht in folgenden Fällen:

  1. a)

    Bei Ausländerinnen oder Ausländern, die sich noch nicht 18 Monate im Bundesgebiet aufhalten. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 NHärteKVO wird eine Eingabe nicht zur Beratung angenommen, wenn die Ausländerin oder der Ausländer sich noch nicht 18 Monate im Bundesgebiet aufhält, da in diesen Fällen davon ausgegangen wird, dass die betroffenen Personen erst so kurze Zeit in Deutschland sind, dass ihnen eine Integration regelmäßig noch nicht möglich war. Dieser Nichtannahmegrund ist mit einem Sonderprüfungsrecht des vorsitzenden Mitglieds der Härtefallkommission verbunden, in besonders gelagerten Einzelfällen Ausnahmen zuzulassen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 NHärteKVO), sodass betroffenen Ausländerinnen und Ausländern, die sich noch keine 18 Monate im Bundesgebiet aufhalten, der Zugang zur Härtefallkommission nicht von vornherein verwehrt ist. Steht zum Zeitpunkt des Eingangs der Eingabe jedoch bereits ein Abschiebungstermin fest, kann die Eingabe auch ohne vorhergehende Belehrung bereits wegen des in § 5 Abs. 1 Satz 2 NHärteKVO geregelten Nichtannahmegrundes nicht zur Beratung angenommen werden, da für diese Fälle keine Belehrungspflicht besteht.

  2. b)

    Bei vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern, die bereits - ggf. im Rahmen eines früheren Aufenthalts - aktenkundig belehrt worden sind. Diesen Personen ist bereits bekannt, dass sie sich an die Härtefallkommission wenden können.

  3. c)

    Bei vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern, die selbst bereits ein Härtefallverfahren betrieben haben oder für die von dritter Seite bereits eine Härtefalleingabe eingereicht worden ist. Diesen Personen ist ebenfalls bereits bekannt, dass sie sich an die Härtefallkommission wenden können.

    Hinzuweisen ist darauf, dass in den Fällen des Buchstabens c ohne eine vorgenommene Belehrung ein Nichtannahmegrund nach § 5 Abs. 1 Satz 2 NHärteKVO nicht eintritt.

  4. d)

    Bei Personen aus Herkunftsstaaten, denen aufgrund der geltenden niedersächsischen Erlasslage oder Rückführungspraxis keine Rückführung dorthin droht.

Nummer 3.1 steht einer Belehrung durch die Ausländerbehörden in Einzelfällen nicht entgegen, z. B. in den Fällen, in denen die Ausreise oder ein früheres Härtefallverfahren längere Zeit zurückliegen oder besondere Integrationsleistungen vorliegen, die eine Behandlung durch die Härtefallkommission angebracht erscheinen lassen können.

Eingaben von vollziehbar ausreisepflichtigen Personen, die aufgrund der geltenden niedersächsischen Erlasslage oder Rückführungspraxis keine Aufenthaltsbeendigung zu befürchten haben, sich aber gleichwohl mit einer Eingabe an die Härtefallkommission wenden, werden in der Regel nicht mehr zur Beratung angenommen und die Verfahren beendet. Die Betroffenen werden gebeten, sich zum weiteren aufenthaltsrechtlichen Verfahren mit der für sie zuständigen Ausländerbehörde in Verbindung zu setzen. Bei Änderung der Erlasslage zum Rückführungsvollzug oder der Rückführungspraxis zum jeweiligen Herkunftsland haben Betroffene die Möglichkeit, sich erneut - unter Darlegung ihrer persönlichen oder humanitären Härte - mit einer Eingabe an die Härtefallkommission zu wenden. Um auch diesem Personenkreis den (erneuten) weiteren Zugang zum Härtefallverfahren zu ermöglichen, sind vollziehbar ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer, deren Härtefallverfahren aus o. g. Gründen beendet wurde, unverzüglich (ggf. erneut) über die Möglichkeit einer Härtefalleingabe zu belehren, sobald eine Rückführung in ihr jeweiliges Herkunftsland wieder möglich ist. Absatz 1 Buchst. b und c sind insoweit unbeachtlich. Die Ausführungen und Regelungen zur wiederholten Belehrung (siehe Nummer 5) bleiben hiervon unberührt.

Bei Änderung der niedersächsischen Erlasslage zum Rückführungsvollzug oder der Rückführungspraxis ist die Belehrung unverzüglich durchzuführen, nachzuholen oder zu wiederholen.

3.2 Eine Belehrung unterbleibt in folgenden Fällen:

  1. a)

    Bei Ausländerinnen und Ausländern, die nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. 6. 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. EU Nr. L 180 S. 31) - sog. Dublin-III-Verordnung -, in andere EU-Mitgliedstaaten überstellt werden sollen, da niedersächsische Behörden für diesen Personenkreis nicht zuständig sind. Die Überstellungsentscheidungen und die Absprachen über die Modalitäten der Überstellung trifft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Im Wege des zulässigen einstweiligen Rechtsschutzes kann dagegen eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden. Die niedersächsischen Behörden leisten lediglich Vollzugshilfe.

  2. b)

    Bei Personen, deren Asylverfahren in Deutschland mit einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a AsylG beendet worden sind, da niedersächsische Behörden auch für diesen Personenkreis nicht zuständig sind. Die Prüfungskompetenz für die bis zur Bescheiderteilung und die - wie durch das BVerfG klargestellt - auch im Zusammenhang mit einer Abschiebungsanordnung nachträglich auftretenden inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG liegen beim BAMF, sodass in diesen Fällen kein Raum für eine eigene Entscheidungskompetenz der niedersächsischen Ausländerbehörden zur Erteilung einer Duldung gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG bleibt. Die Ausländerbehörden sind an die Entscheidung des BAMF zu zielstaats- und inlandsbezogenen Abschiebungshindernissen gebunden.

  3. c)

    Bei Personen, die die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 NHärteKVO (Straftäterinnen und Straftäter) erfüllen. Grundsätzlich ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 NHärteKVO von Bedeutung, ob am Tag des Eingangs der Eingabe ein (besonders) schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 oder Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 AufenthG vorliegt. Von dieser Regelung gibt es jedoch die Ausnahmen des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a und b NHärteKVO. Für die Beantwortung der Frage, wann eine Ausländerin oder ein Ausländer von der Ausnahme umfasst wird, ist entscheidend, welcher Zeitpunkt für die Fristberechnung ausschlaggebend ist.

Eine Verbüßung i. S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a NHärteKVO ist der Vollzug einer Jugend- oder Freiheitsstrafe nach dem Strafvollzugsgesetz. Grundsätzlich ist damit Fristbeginn der Tag der Haftentlassung. Bewährungsstrafen sind unter § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b NHärteKVO zu prüfen.

Der maßgebliche Zeitpunkt für das Entstehen der Gründe für das (besondere) Schwerwiegen des Ausweisungsinteresses gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b NHärteKVO ergibt sich aus § 54 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 oder § 54 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 AufenthG. Im Falle von § 54 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG i. V. m. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist auf den Zeitpunkt der Tatbegehung abzustellen.

  1. d)

    Bei vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern, die eine Jugendstrafe oder Freiheitsstrafe verbüßen.

Der Hinweis unter Nummer 3.1 Buchst. c gilt entsprechend, soweit die Belehrung nicht auch bereits nach Buchstabe c unterbleibt.

  1. e)

    Bei Personen, die die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 NHärteKVO (Anordnung von Abschiebungshaft) erfüllen.

Außer Kraft am 1. Januar 2028 durch Nummer 8 des RdErl. vom 13. April 2022 (Nds. MBl. S. 726)