Sozialgericht Hannover
Urt. v. 08.08.2018, Az.: S 14 R 608/16

Beschäftigung; Einheitsgesellschaft; Gesamtabwägung; Gesellschafter-Geschäftsführer; selbständige Tätigkeit

Bibliographie

Gericht
SG Hannover
Datum
08.08.2018
Aktenzeichen
S 14 R 608/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 73978
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die selbständige Tätigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers in einer GmbH & Co. KG mit dem Typus der Einheitsgesellschaft setzt einen bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaften voraus.

2. Bei einer Bestellung als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, deren einzige Gesellschafterin die Kommanditgesellschaft ist, ist wegen § 47 Abs. 4 GmbHG ein bestimmender Einfluss nach den Gesellschaftsanteilen bei der Kommanditgesellschaft oder eine Sperrminorität zur Feststellung der Selbständigkeit erforderlich.

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der am I. geborene Kläger begehrt die Feststellung, als GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer eine selbständige Tätigkeit ausgeübt zu haben. Die Beigeladene beantragte am 19. Februar 2015 die Statusfeststellung. Der Kläger sei seit dem 1. September 2012 Geschäftsführer der Beigeladenen. Von der Beigeladenen erhalte er sein zu versteuerndes und zu verbeitragendes Entgelt. Die J. GmbH ist Komplementärin der Beigeladenen. Die Beigeladene beschäftige 168 Arbeitnehmer. Der Kläger sei mit den anderen Gesellschaftern verwandt. Er sei geschäftsführender Gesellschafter der Beigeladenen.

Der Kläger hat eine Ausbildung als Verlagskaufmann sowie ein Studium der Betriebswirtschaftslehre absolviert. An der Beigeladenen hat der Kläger einen Gesellschaftsanteil von 38 %. Weitere Gesellschaftsanteile besitzen K. (2 %), L. (29 %), M. (12,5 %) und N. (18,5 %). Bis heute entrichte der Kläger Lohnsteuer.

Im Formularantrag gab die Beigeladene an, dass sie im Zusammenhang mit der zu beurteilenden Tätigkeit eigene Arbeitnehmer unter einer Betriebsnummer beschäftige. Der Kläger übe keine weiteren Tätigkeiten aus. Mit seinen Einnahmen werde er voraussichtlich die Jahresarbeitsentgeltgrenze (53.550,00 €) überschreiten. Er sei von der Versicherungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung befreit. Einziger Auftraggeber sei die Beigeladene. Bevor der Kläger Kommanditist der Beigeladenen wurde, sei er bereits Geschäftsführer gewesen. Davor war er Leiter Audience Development im Bereich Lack bzw. Audience Development Manager. Die Beigeladene vertrat die Auffassung, dass eine Beschäftigung nicht vorläge. Gesellschafter sei der Kläger seit dem 13. November 2014. Vor der Einrichtung der GmbH habe bereits eine KG bestanden. Der Kläger hat eine Stammeinlage in Höhe von 1.900.000,00 € erbracht. Sein Vater K. hat eine Stammeinlage in Höhe von 100.000,00 €, L. in Höhe von 1.450.000,00 €, M. in Höhe von 625.000,00 € und N. in Höhe von 925.000,00 € getätigt. In der Vergangenheit habe K. über 40 % der Geschäftsanteile verfügt. Das Stimmrecht in der GmbH erfordert eine einfache Mehrheit. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist auch hier der Kläger. Er ist vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Die Tätigkeit erfolge aufgrund von familienhafter Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander der Gesellschafter. Die erforderlichen Branchenkenntnisse seien beim Kläger konzentriert. Die Mitarbeit in der Gesellschaft erfolge durch Dienst- bzw. Arbeitsvertrag. Die Arbeitszeit betrage 50 Stunden je Woche. Es existiere kein Direktionsrecht der Gesellschaft im Rechtsverhältnis zum Kläger. Dieser könne Personal frei einstellen bzw. entlassen. Der Kläger könne frei abberufen bzw. gekündigt werden zu jeder Zeit mit einer Frist von 6 Monaten zum Monatsende. Er beziehe eine gleichbleibende Vergütung unabhängig von der Ertragslage der Beigeladenen in Höhe von 12.000,00 € monatlich, die auch im Falle einer Arbeitsunfähigkeit weitergezahlt werde. Auf die Vergütung werde vom Kläger Lohnsteuer entrichtet. Die Verbuchung der Vergütung bei der Beigeladenen erfolge als Betriebsausgabe. Eine Gewinnbeteiligung des Klägers bestünde, dessen Bemessungsgrundlage die Umsatzrendite der Beigeladenen darstelle.

In der Akte befindet sich eine neue Fassung des Gesellschaftsvertrages vom 28. Juni 2014. Gemäß § 4 des Gesellschaftsvertrages ist persönlich haftende Gesellschafterin die O. GmbH ohne Einlage am Kapital der Gesellschaft und Beteiligung an selbiger sowie keinem Anteil am Liquidationserlös. Als Kommanditisten sind am Gesellschaftskapital von 5 Mio. Euro der Kläger mit 2 Mio. Euro, N. mit 925.000,00 €, L. mit 1.450.000,00 € und M. mit 625.000,00 € beteiligt. Gemäß § 6 des Vertrages obliegt die Vertretung der Gesellschaft und die Geschäftsführung deren persönlich haftender Gesellschafterin. Die persönlich haftende Gesellschafterin und ihre Organe sind im Rechtsverhältnis mit den Gesellschaftern und der Beigeladenen von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit. Gemäß § 8 werden Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung gefasst. Die Abstimmung erfolgt nach Kapitalanteilen der jeweiligen Gesellschafterstämme. Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefasst. Gemäß § 12 des Gesellschaftsvertrages erhält die persönlich haftende Gesellschafterin auch in Verlustjahren eine Risikoprämie in Höhe von 10 %. Der handelsrechtliche Gewinn verteilt sich im Verhältnis der festen Kapitalkonten zueinander. Aus dem Handelsregisterauszug ergibt sich eine Bestellung des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen am 19. September 2012.

In der Akte befindet sich ein Dienstvertrag des Klägers mit der Beigeladenen vom 23. Juni 2012 über eine Tätigkeit als Geschäftsführer der J. GmbH (Komplementärin). Gemäß § 2 des Dienstvertrages ist die Abberufung des Klägers jederzeit durch Beschluss der Gesellschafterversammlung möglich. Gemäß § 3 des Dienstvertrages bedarf der Geschäftsführer zur Vornahme von Rechtsgeschäften, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, der vorherigen Zustimmung des Beirates bzw. der Gesellschafterversammlung. Gemäß § 4 des Vertrages ist der Kläger vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Nach § 5 des Vertrages hat der Geschäftsführer seine gesamte Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. § 6 enthält ein Wettbewerbsverbot und § 7 eine Regelung zur Geheimhaltung. Gemäß § 8 des Dienstvertrages erhält der Kläger eine jährliche Vergütung in Höhe von 120.000,00 € brutto. Zusätzlich wird ein Bonus auf der Grundlage der Umsatzrendite gewährt. Der Kläger hat Anspruch auf Reisekostenerstattung. Gemäß § 9 des Dienstvertrages hat der Kläger Anspruch auf 6 Wochen Bezügefortzahlung bei unverschuldeter Dienstverhinderung. Zusätzlich hat er Anspruch auf längstens 3 weitere Monate Auszahlung der Differenz zwischen Krankengeld und dem monatlichen Nettobetrag. Gemäß § 10 des Dienstvertrages wird ihm ein Dienstwagen gestellt. Er hat Anspruch auf Dotierung der Altersversorgung in 3-facher Höhe des jährlichen Regelbetrages. Ferner hat der Kläger Anspruch auf Jahresurlaub im Umfang des tariflichen Urlaubsanspruchs.

Aus der Urkundenrolle Nr. P. Jahrgang 2014 des Notar Q. lässt sich ersehen, dass der Kläger im Namen der Beigeladenen handelnd erschienen ist und die Beigeladene als alleinige Gesellschafterin der persönlich haftenden Gesellschafterin – der O. GmbH – vertrat bei der Neufassung der Satzung der Komplementärin.

An der R. GmbH existierte laut Satzung vom1. Juli 2014 ein Stammkapital von 30.000,00 €. Gemäß § 8 der Satzung werden Gesellschaftsbeschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst.

Der Kläger wurde am 23. Juli 2015 angehört.

Der Kläger teilte daraufhin mit, die Selbständigkeit werde getragen von einer „faktischen Machtposition“ des Klägers. Die Beteiligung am Gesellschaftskapital mit 38 % belege, dass der Kläger nicht mit einem Fremdgeschäftsführer verglichen werden könne. Durch die Beteiligung habe der Kläger ein erhebliches unternehmerisches Interesse, das unabhängig vom Haftungsrisiko zu beurteilen sei. Auch die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot sei hier einzuordnen. Die gesellschaftsrechtliche Konstruktion belege typische Strukturen eines Familienunternehmens, wo faktische Machtpositionen unabhängig von nominellen Beteiligungen die Regel seien. Dies sei zu berücksichtigen.

Aus dem Bestehen des Dienstvertrages ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine unselbständige Tätigkeit.

Dennoch hat die Beklagte mit Bescheid vom 9. September 2015 die Tätigkeit als Geschäftsführer im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses eingeordnet. Es bestehe somit Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Komplementärin der Beigeladenen sei die J. GmbH. Hier sei der Kläger zum allvertretungsberechtigten und vom Selbstkontrahierungsverbot befreiten Geschäftsführer bestellt. An den Kommanditeinlagen der Beigeladenen sei der Kläger mit 38 % beteiligt. Am Stammkapital der Komplementärin sei der Kläger nicht beteiligt. Das Stammkapital werde von der Beigeladenen gehalten. Einen bestimmenden Einfluss auf die Komplementärin könne der Kläger nicht nehmen. Gesellschafter-Geschäftsführer seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur selbständig, wenn sie maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft hätten, also über eine Mehrheit der Gesellschaftsanteile oder eine Sperrminorität verfügen. Weiter sei das Gesamtbild der Tätigkeit zu beurteilen. Maßgebend sei die tatsächliche Rechtsmacht. Auf die Bezeichnung des Rechtsverhältnisses komme es nicht an. Merkmale einer Beschäftigung seien hier:

-Es bestehe ein Dienstvertrag, der die Mitarbeit in der Gesellschaft regele,
-Der Dienstvertrag enthalte typisch arbeitsvertragliche Regelungen,
-Es werde eine monatlich gleichbleibende Vergütung gezahlt,
-Der Kläger sei nicht am Stammkapital der J. GmbH beteiligt,
-Der Kläger habe Kraft seines Anteils an der Beigeladenen keinen bestimmenden Einfluss auf diese, weil er keine Stimmenmehrheit habe,
-Der Kläger unterliege dem Weisungsrecht der Beigeladenen.

Demgegenüber spräche für eine selbständige Tätigkeit allein die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot.

Im Zuge der vorzunehmenden Gesamtwürdigung sei zu berücksichtigen, dass die Komplementär-GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin rechtlich selbständig bleibe. Einen maßgeblichen Einfluss habe der Kläger nicht durch seine Kommanditistenstellung, da die Zustimmung der Kommanditisten nur für außergewöhnliche, die Grundlagen der Gesellschaft verändernde Vorgänge erforderlich sei (§ 161 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB)). Aufgrund eines Kapitaleinsatzes bei der Beigeladenen von 38 % und dem daraus resultierenden Stimmrechtsanteil könne der Kläger die Beigeladene nicht maßgeblich beeinflussen. Eine Sperrminorität läge ebenfalls nicht vor.

Angesichts fester Bezüge trage der Kläger kein typisch unternehmerisches Risiko, weil die Vergütung auch bei unternehmerischen Misserfolg gezahlt werde. Zwar habe der Kläger hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Ausübung der Tätigkeit eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Die Arbeitsleistung bleibe dennoch fremdbestimmt, da sie in eine von der Gesellschafterversammlung vorgegebene Ordnung eingegliedert sei. Der Kläger dürfe nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterbeschlüsse handeln, selbst wenn die Gesellschafter von ihrer Überwachungsbefugnis keinen Gebrauch machen würden.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 12. Oktober 2015 Widerspruch ein. Unberücksichtigt geblieben sei die „faktische Machtposition“ des Klägers. Die Befugnisse des Klägers würden über die Leitender Angestellten hinausgehen. Die Befugnisse seien eingegliedert in typische Strukturen eines Familienunternehmens.

Der Widerspruch wurde dennoch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2016 zurückgewiesen.

Der Kläger hat dagegen am 29. Juni 2016 Klage erhoben. Das zu beurteilende Rechtsverhältnis sei eingebettet in eine Einheitsgesellschaft. Die Geschäftsführung und Vertretung der Beigeladenen erfolge durch die Komplementärin (O. GmbH). Aufgrund der Konstruktion der Einheitsgesellschaft sowie der Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des Geschäftsführers läge die vom Bundessozialgericht geforderte „besondere Machtstellung des Geschäftsführers“ vor.

Zwar halte der Kläger lediglich einen Anteil von 38 % an der Beigeladenen. Zugleich sei er jedoch Geschäftsführer der Komplementärin, deren einzige Gesellschafterin die Beigeladene sei. Bereits angesichts seiner Bestellung als Geschäftsführer der Komplementärin habe der Kläger „eine besonders herausragende Stellung“. Denn nach dem Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen hat die Komplementärin und ihre Organe „ein außerordentlich weitreichendes Geschäftsführungsrecht“. Der Kläger sei damit nicht nur Geschäftsführer der Beigeladenen, sondern darüber hinaus mit umfassenden Rechten ausgestatteter Geschäftsführer der Komplementärin. Hieraus ergeben sich weitreichende Machtbefugnisse.

„Es wäre zu kurz gegriffen, … angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur auf die durch die Beteiligung begründeten Machtverhältnisse abzustellen.“ In Verbindung mit der Position des Geschäftsführers der Komplementärin und angesichts der Konstruktion als Einheitsgesellschaft wird die Minderheitsbeteiligung des Klägers erheblich aufgewertet und komme einer Beteiligung in Höhe von mehr als 50 % an der KG gleich. Maßgeblich sei die Vertrauens- und Machtposition, die dem Geschäftsführer eingeräumt wird. Die Familiengesellschaft „flankiert die Regelungsabsichten“. Die unternehmerische Verantwortung sollte auf den Geschäftsführer übertragen werden. Auch wenn dem Kläger lediglich eine Beteiligung von 38 % zustünde, sei ihm die Leitung der Geschicke der Gesellschaft angedient worden. Die Höhe der Beteiligung sei eine „Formalität“, sie sei offensichtlich „rein gesellschaftsstrategischen Zwecken vorbehalten“.

Bei Beschlüssen der Komplementärin, die den Geschäftsführer betreffen, werde die Kommanditgesellschaft als Gesellschafterin durch den Geschäftsführer vertreten. In der Literatur werde von einem „Willensbildungskreisel“ gesprochen. In der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH tritt der Geschäftsführer der Beigeladenen (als einziger Gesellschafterin) auf. Bei einer GmbH entscheidet über Abberufung des Geschäftsführers ein von der Person des Geschäftsführers unterschiedener Kreis von Gesellschaftern. Hier erhalte der Geschäftsführer der Komplementärin eine vielleicht nicht gewollte faktische Machtposition.

Der Kläger beantragt,

1. den Bescheid der Beklagten vom 9. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2016 aufzuheben und

2. festzustellen, dass der Kläger wegen einer selbständigen Tätigkeit nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Soweit in Gesellschafts- und Dienstverträgen arbeitsrechtliche Vereinbarungen getroffen werden, läge eine Beschäftigung vor, es sei denn, der Kommanditist habe einen bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft. Das Bundessozialgericht habe die alte „Kopf-und-Seele-Rechtsprechung“ ausdrücklich aufgegeben und die vertragliche Rechtsmacht in den Vordergrund gestellt.

Der Kläger könne aufgrund seines Anteils am Stammkapital der Gesellschaft keinen maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben, da die Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst werden und der Kläger keine Sperrminorität habe.

Der Entscheidungsfindung lagen neben den Gerichtsakten die Verwaltungsakten der Beklagten zugrunde. Auf deren Inhalt wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 9. September 2015 erweist sich als rechtmäßig.

Der Bescheid der Beklagten findet seine Rechtsgrundlage in § 7a Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Die Beteiligten können schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund. Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Der Begriff der Beschäftigung ist in § 7 SGB IV bestimmt. Beschäftigung ist nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 SGB IV). Die Nichtselbständigkeit ist hiernach das rechtlich entscheidende Merkmal, das die Arbeit zu einer Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung macht. Dieses Merkmal ist im Gesetz in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV durch die persönliche Abhängigkeit konkretisiert worden (Seewald, in Kassler Kommentar, § 7 SGB IV, RdNr. 45). Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geht bei der Prüfung der Frage der Nichtselbständigkeit methodologisch dergestalt vor, dass der Begriff durch eine Vielzahl weiterer Merkmale konkretisiert wird, wobei Hauptmerkmal die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber ist (Seewald a.a.O., RdNr. 46). Diese Merkmale sind untereinander von der Rechtsprechung nicht eindeutig und zuverlässig gewichtet worden. Sie wirken vielmehr wie Bestandteile eines Prüfungskatalogs, der grundsätzlich stets in seiner Gesamtheit angewendet werden muss. Das Ergebnis dieser Gesamtprüfung führt zu Teilergebnissen, die wie Indizien im Rahmen der nachfolgenden Gesamtbewertung zugetragen, situativ gewichtet werden und im Rahmen einer – unter Umständen sehr komplexen – Abwägung zu einer Entscheidung führen (Seewald a.a.O., RdNr. 47). Wenn eine Tätigkeit Merkmale aufweist, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, ist entscheidend, welche Merkmale überwiegend (Seewald a.a.O., RdNr. 47a).

Die Weisungsgebundenheit in einem Beschäftigungsverhältnis kam – vornehmlich bei Diensten höheren Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein.

Eine selbständige Tätigkeit ist vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (BSGE 111, 257 (259), RdNr. 15).

In Abweichung zur früheren Rechtsprechung (z.B. Urteil vom 24.06.1982, Az. 12 RK 45/80) stellt das Bundessozialgericht heute maßgeblich auf die vertraglichen Vereinbarungen ab. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogenen worden ist (BSGE 111, 257 (260), RdNr. 16). Die Nichtausübung eines Rechts ist unbeachtlich, soweit diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Maßgeblich ist die den Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, a.a.O.).

Diese Rechtsprechung wird in der Kommentarliteratur nachvollzogen. Seewald (Kassler Kommentar, § 7 SGB IV, RdNr. 91) hat zutreffend formuliert, dass bei fehlendem bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich ist. Hat der Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung die Rechtsmacht nicht, Weisungen zu vermindern, so liegt auch dann eine abhängige Beschäftigung vor, wenn er von seinen Rechten tatsächlich keinen Gebrauch macht. Sägebrecht in juris-Praxiskommentar, 2. Auflage, RdNr. 129 hat gemäß der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zutreffend formuliert, dass auch wenn drei Gesellschafter-Geschäftsführer zu jeweils einem Drittel an der GmbH beteiligt sind, es weiterer Umstände bedürfte, um den Schluss auf einen beherrschenden Einfluss eines jeweiligen Gesellschafter-Geschäftsführers auf die Gesellschaft ziehen zu können. Auch in diesem Fall sind die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich.

Zutreffend hat die Beklagte die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen, der gleichzeitig die Rolle des Geschäftsführers der Komplementärin hat, nicht als selbständige Tätigkeit gewürdigt. Denn der Kläger hat keinen bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Bei einem Gesellschaftsanteil von 38 % an der Beigeladenen und einer Beschlussfassung der Gesellschafter nach Kapitalanteilen mit einfacher Mehrheit (§ 8 der Neufassung des Gesellschaftsvertrages der Beigeladenen vom 28. Juni 2014) hat der Kläger keinen bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft. Etwas Anderes folgt auch nicht aus der gewählten Gestaltungsform der Einheitsgesellschaft. Dies folgt aus § 7 Abs. 3 der Satzung der Komplementärin vom 28. Juni 2014. Soweit sich die Geschäftsanteile im Gesamthandsvermögen der GmbH & Co. KG befinden, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Gesellschaft ist, werden die Rechte der Gesellschafterversammlung dieser Gesellschaft nach Maßgabe der Regelungen im Kommanditgesellschaftsvertrag wahrgenommen. Nähere Regelungen hierzu ergeben sich aus dem Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft. Die Abstimmung in der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen erfolgt gemäß § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Beigeladenen vom 28. Juni 2014 nach Kapitalanteilen. § 7 Abs. 3 der Satzung findet seinen Rechtsgrund offensichtlich in § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbH-Gesetz (GmbHG). Ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlussfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, hat hierbei kein Stimmrecht und darf ein solches auch nicht für andere ausüben. Dasselbe gilt von einer Beschlussfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber einem Gesellschafter betrifft. Soweit die Kommanditgesellschaft durch ihren Komplementär – also die GmbH – vertreten und diese wiederum durch ihren Geschäftsführer vertreten wird, steht dies im Widerspruch zu § 47 Abs. 4 GmbHG. Denn dieser ist nach § 47 Abs. 4 GmbHG von der Ausübung des Stimmrechts gerade ausgeschlossen. Diese Kollision mit Gesetzesrecht wird von Karsten Schmidt dergestalt aufgelöst (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Auflage, Berlin 2002, S. 1636 f), dass den Kommanditisten bei der Einheitsgesellschaft das Recht zur Stimmrechtsübung jedenfalls insoweit automatisch zuwächst, als der Geschäftsführer der GmbH nach § 47 Abs. 4 GmbHG von der Ausübung dieses Rechts im Namen der KG ausgeschlossen ist. In diesem Sinne ist § 7 Abs. 3 der Satzung der Komplementärin zu verstehen. Dies wiederum hat zur Folge, dass trotz Einheitsgesellschaft weiterhin die Gesellschafter der Kommanditgesellschaft bei Geschäften, die den Gesellschafter-Geschäftsführer betreffen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, durch die Mehrheiten in der Gesellschafterversammlung bestimmt werden. Im Schrifttum wird einvernehmlich von der Möglichkeit ausgegangen, den Kommanditisten eine entsprechende Kompetenz einzuräumen (Gummert, in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, München 2014, Seite 1217 Bd. II).

Bestätigt wird dieses Ergebnis durch den Dienstvertrag, den der Kläger mit der Beigeladenen abgeschlossen. Dieser Dienstvertrag ist arbeitsrechtlich orientiert und weist eindeutig auf eine Beschäftigung hin. Insoweit ist die Würdigung der Beklagten im Bescheid vom 9. September 2015 nicht zu beanstanden.

Nicht nur der Inhalt der Tätigkeit des Klägers wird durch die Gesellschafterversammlung bestimmt, sondern auch das Ende der Tätigkeit. Denn nach dem Dienstvertrag zwischen dem Kläger und der Beigeladenen erfolgt die Kündigung des Dienstvertrages durch schriftliche Mitteilung eines entsprechenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung. Auch insoweit hat nicht der Kläger, sondern die Gesellschafterversammlung einen bestimmenden Einfluss (vgl. § 2 Abs. 3 des Dienstvertrages). In der Rolle des Gesellschafter-Geschäftsführers ist zudem kein unternehmerisches Risiko des Klägers erkennbar. Das unternehmerische Risiko beschränkt sich auf die Haftung der Komplementärin. Zudem hat der Kläger eine garantierte monatliche Vergütung losgelöst vom unternehmerischen Erfolg. Auch dies weist eindeutig auf eine Beschäftigung hin.

Im Übrigen kann auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen werden (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.