Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 02.11.2006, Az.: 6 K 502/02

Fortbestehen eines Wahlrechts zum Ansatz von Zwischenwerten nach Maßgabe des § 20 Abs. 2 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) oder "Verbrauch" dieses Rechts ; Bindung einer Körperschaft an die sich aus der beim Finanzamt eingereichten Steuererklärung nebst Bilanz ergebenden Wertansätze in Bezug auf die Wahlrechtsausübung nach § 20 Abs. 2 UmwStG; Ausübung des Wahlrechts allein durch einen entsprechenden Ansatz in der Steuerbilanz; Pflicht des Finanzamtes auf ein Abwarten auf eine nicht endgültig abgeschlossene Meinungsbildung zur Ausübung des Wahlrechts auf Gesellschafterebene; Ansatz von Zwischenwerten für übergegangenes Betriebsvermögen unter dem Gesichtspunkt einer Bilanzänderung bzw. Bilanzberichtigung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
02.11.2006
Aktenzeichen
6 K 502/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 29444
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2006:1102.6K502.02.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 28.05.2008 - AZ: I R 98/06

Fundstellen

  • DStR 2007, VIII Heft 25 (Kurzinformation)
  • DStRE 2007, 1164-1167 (Volltext mit amtl. LS)
  • DStZ 2007, 227 (Kurzinformation)
  • EFG 2007, 472-474 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
  • Konzern 2007, 381-384
  • NWB direkt 2007, 7
  • Jurion-Abstract 2006, 228641 (Zusammenfassung)

Verfahrensgegenstand

Körperschaftsteuer 1996
ges. Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 KStG zum 31.12.1996
Gewerbesteuermessbetrag 1996
ges. Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1996

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Klägerin noch ein Wahlrecht zum Ansatz von Zwischenwerten nach Maßgabe des § 20 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) zusteht oder dieses bereits "verbraucht" ist.

2

Die Klägerin, die M GmbH - vormals O GmbH - (im Folgenden: GmbH), war die Komplementärin der M KG (kurz: KG). Kommanditisten der KG waren A mit einem Anteil von ... DM sowie B mit einem Anteil im Umfang von ... DM.

3

Mit notarieller Urkunde vom 27. September 1996 wurde das Stammkapital der GmbH durch die Ausgabe neuer Geschäftsanteile zum Nennwert um ... DM auf ... DM erhöht. Die Übernahme der neuen Geschäftsanteile erfolgte durch A mit ... DM und B mit ... DM, die im Wege der Sacheinlage ihre Kommanditbeteiligungen an der KG per 1. Oktober 1996 einbrachten. In der vorbezeichneten notariellen Urkunde heißt es weiter, dass die GmbH die Buchwerte des aktiven und passiven Gesellschaftsvermögens der KG zu Buchwerten fortführt. Soweit die Buchwerte die Nennwerte der übernommenen neuen Geschäftsanteile überstiegen, sollten die übersteigenden Beträge noch zu bildenden Darlehenskonten ihrer Gesellschafter gutgebracht werden. Im Übrigen sollte das Unternehmen der KG mit Wirkung ab 1. Oktober 1996 für Rechnung der GmbH weiter geführt werden (vgl. Anlage 1 zum Anhang zur Gerichtsakte).

4

Die Steuererklärungen der GmbH und Klägerin für das Streitjahr 1996 wurden am 8. August 1997 beim beklagten Finanzamt X eingereicht. Ihnen beigefügt war unter anderem ein "Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 1996", in dem darauf hingewiesen wurde, dass das aktive und passive Gesellschaftsvermögen der KG in der Aufnahmebilanz der GmbH zum 1. Oktober 1996 zu Buchwerten angesetzt worden sei. Dem entsprach auch die als Anlage 1 diesem Bericht beigefügte Bilanz der Klägerin zum 31. Dezember 1996. In den für das Streitjahr ergangenen Steuerbescheiden, die gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen, folgte das beklagte Finanzamt den Angaben in den Steuererklärungen.

5

Im Verlaufe einer bei der Klägerin unter anderem für das Streitjahr durchgeführten Außenprüfung beantragte diese im Juni und Dezember 1998 im Wege einer Bilanzänderung bzw. -berichtigung von ihrem sich aus § 20 Abs. 2 UmwStG ergebenden Wahlrecht in der Weise Gebrauch zu machen, dass das im Rahmen ihrer Verschmelzung mit der KG zum 1. Oktober 1996 eingebrachte Betriebsvermögen nicht mit dem Buchwert, sondern mit einem Zwischenwert - nämlich um ... DM erhöht - angesetzt wird. Die Klägerin wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der dem beklagten Finanzamt zusammen mit den Steuererklärungen eingereichte Jahresabschluss zum 31. Dezember 1996 nicht von der Gesellschafterversammlung festgestellt worden sei und es sich demzufolge insoweit lediglich um einen vorläufigen Jahresabschluss gehandelt habe, der noch jederzeit habe geändert werden können. Ausweislich des insoweit vorliegenden "Gedächtnisprotokolls zur Gesellschafterversammlung ... vom 12. März 1997" war als Grund für die nicht erfolgte Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung angegeben, dass zunächst mögliche Änderungen im Rahmen einer Außenprüfung abgewartet werden sollten. Denn es sei gegebenenfalls die Korrektur des vorliegenden Jahresabschlusses durch Aufstockung der Buchwerte auf Zwischenwerte, maximal Teilwerte erforderlich. Nach den Protokollen zu den Gesellschafterversammlungen vom 22. September und 22. Dezember 1998 wurde beschlossen, die Werte des von der KG übernommenen Anlagevermögens um ... DM aufzustocken. Im Übrigen wurde der sich auf diese Weise ergebende geänderte Jahresabschluss zum 31. Dezember 1996 festgestellt.

6

Der Prüfer und ihm folgend das beklagte Finanzamt vertraten in den für das Streitjahr im Anschluss an die Außenprüfung ergangenen und gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Steuerbescheiden jedoch die Auffassung, dass eine Korrektur des gewählten Buchwertansatzes steuerlich ausgeschlossen sei.

7

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer nach erfolglos gebliebenen Einspruchsverfahren unter dem 15. August 2002 erhobenen Klage. Sie ist der Ansicht, dass der von ihr im August 1997 zusammen mit den Steuererklärungen eingereichte Jahresabschluss per 31. Dezember 1996 nicht dem nunmehr von ihr ausgeübten Bewertungswahlrecht gemäß § 20 Abs. 2 UmwStG entgegengehalten werden könne. Denn der Jahresabschluss habe bis zu dem Zeitpunkt seiner Feststellung durch die Gesellschafterversammlung lediglich einen Entwurf der Geschäftsführung dargestellt. Aufgrund dessen fehle es dem im August 1997 dem Finanzamt vorgelegten Jahresabschluss an der Verbindlichkeitserklärung. Damit habe aber auch kein Jahresabschluss vorgelegen, mit dem das Wahlrecht nach § 20 Abs. 2 UmwStG ausgeübt worden sei. Erst mit dem dem beklagten Finanzamt im Dezember 1998 übersandten Jahresabschluss, der von der Gesellschafterversammlung im September 1998 festgestellt worden sei, sei das Wahlrecht nach § 20 Abs. 2 UmwStG erstmalig und damit auch gegenüber dem beklagten Finanzamt ausgeübt worden.

8

Soweit sich das Finanzamt für seine gegenteilige Auffassung auf ein Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) aus März 1998 berufe, sei dem bereits entgegen zu halten, dass die Steuererklärungen mit dem ursprünglichen Jahresabschluss bereits vor dessen Veröffentlichung, nämlich im August 1997, eingereicht worden seien. In dem vorangehenden BMF-Schreiben vom 16. Juni 1978 habe die Finanzverwaltung demgegenüber noch die Auffassung vertreten, dass das Wahlrecht gemäß § 20 Abs. 2 UmwStG als ausgeübt anzusehen sei, wenn die Handelsbilanz der Kapitalgesellschaft für das Wirtschaftsjahr, in dem die Einbringung stattgefunden habe, von den dafür zuständigen Organen der Gesellschaft festgestellt worden sei.

9

Aber auch das im März 1998 ergangene BMF-Schreiben sei so zu verstehen, dass das Wahlrecht gemäß § 20 Abs. 2 UmwStG erst dann ausgeübt werde, wenn der Jahresabschluss durch die Gesellschafterversammlung festgestellt worden seiund dieser mit der dazugehörigen Steuererklärung dem Finanzamt eingereicht werde. Folge man dagegen der Auffassung des beklagten Finanzamts, so führte dies dazu, dass das Wahlrecht nicht von den Gesellschaftern, sondern von der Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft ausgeübt würde, da die aufgrund des nicht festgestellten Jahresabschlusses also lediglich aufgrund des Vorschlages der Geschäftsführung erstellte Steuererklärung bereits zur Ausübung des Wahlrechts führte.

10

Die Klägerin hat ihren Vortrag im Termin zur mündlichen Verhandlung unter anderem durch Überreichung eines Schriftsatzes vom 1. November 2006 dahingehend konkretisiert, dass zwischen ihr und ihrer steuerlichen Beraterin abgesprochen gewesen sei, die noch nicht von der Gesellschafterversammlung festgestellte Bilanz auf den 31. Dezember 1996 zur Grundlage der Steuererklärung des Streitjahres 1996 zu machen und beide beim beklagten FA einzureichen, damit die vorgesehene Betriebsprüfung auch das Wirtschaftsjahr 1996 umfassen könne. Danach sollte ggf. ein neuer Bilanzentwurf der Gesellschafterversammlung zur Feststellung vorgelegt werden. Nachdem der Prüfungsbeginn zunächst telefonisch festgelegt worden sei und die schriftliche Prüfungsanordnung unter dem 4. August 1997 ergangen sei, habe der damalige Gesellschafter-Geschäftsführer P. die Steuererklärungen zusammen mit dem noch nicht festgestellten Jahresabschluss für 1996 an das beklagte FA übersandt. Die Klägerin behauptet in diesem Zusammenhang insbesondere, dass der als Zeuge benannte bei ihrer steuerlichen Beraterin tätige Steuerberater Y den Betriebsprüfer Z vor Einreichung der Steuererklärungen und der Bilanz mündlich darauf hingewiesen habe, dass es sich lediglich um eine vorläufige Bilanz handele. Der Betriebsprüfer habe seinerzeit geäußert, dass dann der Entwurf der Bilanz eingereicht werden solle. Wegen der weitergehenden Einzelheiten des klägerischen Schriftsatzes vom 1. November 2006 wird auf Bl. 84 ff der Gerichtsakte Bezug genommen.

11

Die Klägerin stellt den Antrag aus Bl. 5 der Klagebegründungsschrift vom 10. Juli 2003 (Bl. 38 ff. [42] der Gerichtsakte) und beantragt für den Fall ihres Unterliegens sinngemäß,

die Revision zuzulassen.

12

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen,

13

im Fall des Unterliegens,

die Revision zuzulassen.

14

Es bleibt bei seiner Auffassung, dass für die Ausübung des sich aus § 20 Abs. 2 UmwStG ergebenden Wahlrechts allein die Einreichung der Steuererklärung nebst zugehöriger Bilanz entscheidend sei. Dies sei vorliegend für das Streitjahr am 8. August 1997 geschehen. In der insoweit zusammen mit den Steuererklärungen für 1996 eingereichten Bilanz zum 31. Dezember 1996 sei bindend der Buchwertansatz für das eingebrachte Betriebsvermögen gewählt worden. Der erst im Nachhinein von der Klägerin begehrte Ansatz der Zwischenwerte stelle demgegenüber eine rückwirkende Sachverhaltsgestaltung dar, die steuerlich nicht anerkannt werden könne.

15

Im Übrigen lägen im Streitfall auch die Voraussetzungen für eine Bilanzberichtigung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht vor. Denn insoweit fehle es bereits am Vorliegen eines fehlerhaften Bilanzansatzes, da der Ansatz der Buchwerte in der im August 1997 eingereichten Bilanz nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG zulässig sei.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage hat keinen Erfolg.

17

Denn das beklagte Finanzamt X hat in den im Anschluss an die bei der Klägerin durchgeführte Außenprüfung für das Streitjahr 1996 ergangenen und mit dieser Klage angefochtenen Änderungsbescheiden den von der Klägerin im Zusammenhang mit der Einbringung der Kommanditanteile an der M KG in ihrer geänderten Bilanz auf den 31. Dezember 1996 gewählten Ansatz eines Zwischen- statt des Buchwerts für das ihr anwachsende Gesellschaftsvermögen der KG zu Recht unberücksichtigt gelassen.

18

I.

1.

Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG hat in Fällen der Einbringung eines Mitunternehmeranteils in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft im Wege der Sacheinlage die aufnehmende Kapitalgesellschaft - hier: die Klägerin - das Wahlrecht, das eingebrachte Betriebsvermögen entgegen den allgemeinen Gewinnrealisierungstatbeständen der §§ 14, 16 und 18 Abs. 3 EStG mit dem Buchwert, dem Teilwert oder einem beliebigen dazwischenliegenden Wert (Zwischenwert) anzusetzen.

19

Die aufnehmende Kapitalgesellschaft hat ihr Bewertungswahlrecht ausgeübt, wenn sie die Steuererklärung einschließlich der dazugehörigen Bilanz für das Wirtschaftsjahr der Einbringung beim Finanzamt eingereicht hat (Frotscher/Maas-Herrmann, Körperschaftsteuergesetz und Umwandlungsteuergesetz, Rz. 101 zu § 20 UmwStG; Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Rz. 679 zu § 20 UmwStG; Tz. 20.31 des Umwandlungssteuererlasses 1998, BMF-Schreiben vom 25. März 1998, BStBl. I 1998, 268).

20

Die einmal getroffene Wahl der aufnehmenden Kapitalgesellschaft ist endgültig. Dementsprechend ist eine Änderung der Bilanz der Übernehmerin nach Abgabe der entsprechenden Steuererklärungen für den Veranlagungszeitraum der Einbringung im Hinblick auf eine andere Wahlrechtsausübung unzulässig. Mit Ausübung des Wahlrechts ist die Bewertungsmöglichkeit des § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG verwirkt. Insbesondere sind die Vorschriften der Bilanzänderung (vgl. § 4 Abs. 2 EStG) nicht anwendbar. Denn die nachträgliche Erhöhung der Wertansätze eines zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft eingebrachten Betriebsvermögens und damit die Änderung des Einbringungsvorgangs in eine gewinnrealisierende Betriebsveräußerung stellt keine Bilanzänderung, sondern eine (unzulässige) rückwirkende Sachverhaltsgestaltung dar. Aus diesem Grund kann die Änderung solcher Wertansätze selbst dann steuerlich nicht anerkannt werden, wenn beim Einbringenden der Steuerbescheid für den fraglichen Veranlagungszeitraum noch nicht bestandskräftig ist, die bei einer Neubewertung aufgedeckten stillen Reserven also noch erfasst werden könnten (BFH-Beschluss vom 5. Dezember 2005 X B 101/05, BFH/NV 2006, 545; BFH-Urteil vom 26. Januar 1994 III R 39/91, BStBl. II 1994, 458 (461 f.); BFH-Urteil vom 9. April 1981 I R 191/77, BStBl. II 1981, 620; Schmitt/Hörtnagel/Stratz-Schmitt, Umwandlungsgesetz - UmwStG, 4. Auflage (2006), Rz. 305 zu § 20 UmwStG; Dötsch/Eversberg/Jost/Witt-Patt, Kommentar zum KStG und UmwStG, Rz. 170 zu § 20 UmwStG n.F.; vgl. auch BFH-Urteil vom 25. April 2006 VIII R 52/04, BFH/NV 2006, 1772, das zur Wahlrechtsausübung nach § 24 UmwStG ergangen ist).

21

2.

a)

Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall gelangt der Senat zu der Auffassung, dass die Klägerin das ihr nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG zustehende Wahlrecht mit Einreichung der Steuererklärungen für 1996 nebst Jahresabschluss zum 31. Dezember 1996 beim beklagten Finanzamt am 8. August 1997 dergestalt verbindlich ausgeübt hat, dass sie das eingebrachte Betriebsvermögen zu Buchwerten angesetzt und fortgeführt hat.

22

Soweit sie demgegenüber nunmehr den in einer geänderten Bilanz auf den 31. Dezember 1996 enthaltenen Ansatz eines Zwischenwertes begehrt, ist dies wegen der von der ursprünglichen Wahlrechtsausübung ausgehenden Bindungswirkung unzulässig.

23

b)

Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es sich bei dem zunächst dem Finanzamt eingereichten Jahresabschluss auf den 31. Dezember 1996 lediglich um einen Entwurf der Geschäftsführung gehandelt habe, der von den Gesellschaftern nicht festgestellt worden sei, es mithin im Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärungen nebst Bilanz im August 1997 an einem festgestellten Jahresabschlusses gefehlt habe und somit auch kein Wahlrecht ausgeübt worden sei.

24

Das Gericht unterstellt bei seiner Beurteilung des Streitfalles in diesem Zusammenhang die Behauptung der Klägerin als wahr, dass im Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung für 1996 nebst Bilanz beim beklagten FA Anfang August 1997 der Jahresabschluss auf den 31. Dezember 1996 noch nicht von der Gesellschafterversammlung festgestellt worden war. Dies ist für den Ausgang des Rechtsstreits jedoch ohne Bedeutung.

25

Denn das Wahlrecht nach § 20 Abs. 2 UmwStG wird allein durch einen entsprechenden Ansatz in der Steuerbilanz ausgeübt, sobald diese zusammen mit den Steuererklärungen den Finanzbehörden zugeht. Dies war vorliegend beim beklagten FA X am 8. August 1997 der Fall. Maßgebend ist allein die tatsächlich vorgenommene Bilanzierung, ohne dass es insoweit entscheidend auf einen hiermit übereinstimmenden oder aber entgegenstehenden Willen der Gesellschafter bzw. die (wirksame) Feststellung des entsprechenden Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung ankäme. Ob etwas anderes dann zu gelten hätte, wenn in diesem Zusammenhang das beklagte FA auf eine noch nicht endgültig abgeschlossene Meinungsbildung zur Ausübung des Wahlrechts nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG auf Gesellschafterebene und hiermit korrespondierend auf die noch nicht erfolgte Feststellung des Jahresabschlusses hingewiesen worden wäre (Stichwort: lediglich vorläufige Bilanzerstellung), bedarf im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung.

26

Denn aus Sicht des beklagten Finanzamts ließen sich weder dem Übersendungsschreiben der steuerlichen Beraterin der Klägerin vom 25. April 1997 (Bl. 1 der Körperschaftssteuerakte 1996) noch den Steuererklärungen für 1996, noch der Bilanz zum 31. Dezember 1996, noch dem "Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 1996" der Klägerin auch nur ansatzweise Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass das Wahlrecht nicht im Sinne einer Fortführung des im Wege einer Sacheinlage eingebrachten Betriebsvermögens zu Buchwerten ausgeübt werden sollte beziehungsweise, dass dies überhaupt zweifelhaft sein könnte (vgl. ausdrücklich auch Tz. 10 des vorerwähnten Berichts). Hieran muss sich die Klägerin messen lassen.

27

Das von der Klägerin unter Hinweis auf die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften im GmbH-Gesetz (GmbH-G) vorgebrachte Argument, eine (bindende) Ausübung des Wahlrechts könne nur und erst dann angenommen werden, wenn dies in einem von der Gesellschafterversammlung festgestellten Jahresabschluss zum Ausdruck komme, weil bis zu diesem Zeitpunkt stets nur ein Bilanzentwurf und keine Bilanz vorliege, vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Ob und unter welchen konkreten Voraussetzungen die Gesellschafter bzw. die Gesellschafterversammlung an den Entscheidungsprozessen einer GmbH zu beteiligen sind (vgl. § 46 GmbH-G) berührt grundsätzlich lediglich die gesellschaftsrechtliche Ebene, d.h. das Verhältnis der Gesellschafter untereinander oder auch das zur Geschäftsführung. Von dem insoweit maßgeblichen rechtlichen Dürfenstrikt zu trennen sind indes die Aspekte des tatsächlichen und Rechtswirkungen auslösendenKönnensder Geschäftsführer. Wenn diese etwa in Überschreitung des ihnen nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften bzw. den Bestimmungen des Geschäftsführervertrages vorgegebenen Rahmens nach außen hin tätig werden, so wirkt sich das grundsätzlich nicht auf die Wirksamkeit ihrer Handlungen aus, sondern betrifft allenfalls ihre Rechtsbeziehungen zur Gesellschaft bzw. den Gesellschaftern im Innenverhältnis (vgl. §§ 35, 36, 37 GmbH-G).

28

Dementsprechend konnte und durfte das FA davon ausgehen, dass die Klägerin mit der Einreichung ihrer Steuererklärung für das Streitjahr 1996 nebst Bilanz von dem ihr nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG zustehenden Wahlrecht in der Weise Gebrauch machte, dass sie sich für die Buchwertfortführung entscheide.

29

Gegen die Auffassung der Klägerin spricht auch, dass dies zur Konsequenz hätte, dass die Finanzbehörden in vergleichbaren Fällen - wenn sie denn hinsichtlich der Bindungswirkung einer Wahlrechtsausübung durch eine GmbH sichergehen wollten - die Steuerpflichtige anschreiben und von dieser Auskunft darüber verlangen müssten, ob der mit der Steuererklärung eingereichte Jahresabschluss von der Gesellschafterversammlung festgestellt worden ist. Dies führte vor allem in den Fällen zu weiteren praktischen Schwierigkeiten, in denen keine oder keine eindeutigen Rückäußerungen erfolgten. Hinzu kommt, dass auf diese Wiese die Steuerpflichtige die Ausübung ihres Wahlrechts mehr oder weniger beliebig zeitlich hinausschieben könnte. Zudem wäre bei konsequenter Handhabung der klägerischen Ansicht eine erneute/erstmalige Wahlrechtsausübung sogar dann noch - ggf. erst nach Jahren - möglich, wenn sich im nachhinein die gesellschaftsrechtliche Unwirksamkeit der Feststellung des Jahresabschlusses herausstellte und dieser deshalb nachgeholt werden müsste. Die sich hiernach ergebenden Unwägbarkeiten bestehen jedoch nicht, wenn man - wie der Senat im vorliegenden Streitfall - für die (wirksame) Wahlrechtsausübung nach § 20 Abs. 2 UmwStG allein auf die ohne jedwede Einschränkung erfolgte Einreichung der Steuererklärung nebst Bilanz abstellte.

30

Es ist in diesem Zusammenhang von der Klägerin des Weiteren auch nicht einmal behauptet worden, die Steuererklärungen für 1996 nebst Gewinnermittlungen seien etwa entgegen den Weisungen der Gesellschafter an das Finanzamt übersandt worden, so dass es ebenfalls dahinstehen kann, ob im Falle einer solchen Konstellation etwas anderes zu gelten hätte. Aus diesem Grund geht auch der Einwand ins Leere, dass das Wahlrecht auf diese Weise nicht von den Gesellschaftern, sondern von der Geschäftsführung ausgeübt werde, zumal zumindest drei der Gesellschafter auch Geschäftsführer waren, nämlich die Herren ... .

31

Nichts anderes folgt im Übrigen aus der notariellen Urkunde vom 27. September 1996, mit der unter Anderem die Kommanditbeteiligungen an der vormaligen KG im Wege der Sacheinlage in die Klägerin eingebracht worden sind: Hiernach führt die GmbH die Buchwerte des ihr durch die Einbringung der Kommanditanteile anwachsenden aktiven und passiven Gesellschaftsvermögens der GmbH & Co. KG fort und weist dementsprechend das auf sie übergehende Gesellschaftsvermögen in der Aufnahmebilanz mit den Buchwerten aus, mit dem das Gesellschaftsvermögen in der Bilanz der GmbH & Co. KG per 30. September 1996 ausgewiesen wird (vgl. III 7 der notariellen Urkunde). Auch wenn sich hieraus keine Verpflichtung zu einer entsprechenden steuerrechtlichen Handhabung (Ausübung des Wahlrechts lediglich im Sinne einer Buchwertfortführung) ableiten lassen dürfte, so wird mit diesem Gesellschafterbeschluss jedoch gleichwohl deutlich, dass die in dem dem Finanzamt zunächst eingereichten Jahresabschluss auf den 31. Dezember 1996 tatsächlich erfolgte Buchwertfortführung jedenfalls nicht auf einem von vornherein nicht beabsichtigten Versehen im Sinne einer fälschlicher-/irrtümlicherweise erfolgten Wahlrechtsausübung beruhen kann. Wie in einem solchen Fall zu verfahren wäre, kann daher ebenfalls unentschieden bleiben.

32

Die Klägerin kann sich schließlich nicht mit Erfolg auf ihre Behauptung stützen, von Seiten ihrer steuerlichen Beraterin gegenüber dem Betriebsprüfer Herrn Z noch vor Einreichung der Steuererklärungen nebst Bilanz Ende Juli bzw. Anfang August 1997 mündlich darauf hingewiesen zu haben, dass es sich lediglich um eine vorläufige Bilanz handelte, worauf dieser entgegnet haben soll: "Dann reichen Sie halt den Entwurf der Bilanz ein." Selbst wenn man - wie das erkennende Gericht - den entsprechenden Sachvortrag als wahr unterstellt, führt dies zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis.

33

Dies folgt schon daraus, dass die entsprechenden Äußerungen lediglich gegenüber dem Betriebsprüfer Herrn Z und damit einem Angehörigen des FA für Großbetriebsprüfung H nicht aber gegenüber dem beklagten FA X - konkret: gegenüber den zur Steuerfestsetzung berufenen Personen - erfolgten. Dieses muss sich aber etwaige Kenntnisse eines anderen FA nicht als eigene zurechnen lassen, zumal die Steuererklärungen nebst Bilanz dann wiederum anschließend ohne jeden weitergehenden Hinweis unmittelbar beim FA X eingereicht worden sind. Insoweit finden die Grundsätze entsprechende Anwendung, die die Rechtsprechung zur Kenntnis der Finanzbehörden in Fällen der Änderung nach § 173 Abs. 1 AO aufgestellt hat (vgl. BFH-Beschluss vom 28. April 2006 VI B 131/05, BFH/NV 2006, 1445; BFH-Urteile vom 7. Juli 2004 VI R 93/01, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2005, 90 sowie vom 28. April 1998 IX R 49/96, BStBl II 1998, 458). Wie zu entscheiden gewesen wäre, wenn auch die Steuererklärungen nebst Bilanz dem Betriebsprüfer des FA für Großbetriebsprüfung H mit der Bitte um Weiterleitung an das zuständige FA X übergeben worden wären, ist unerheblich, da dies einen ersichtlich anders gelagerten Sachverhalt beträfe.

34

Im Übrigen erschiene es ohnehin fraglich, ob nicht die Klägerin auch in einem solchen Fall verpflichtet gewesen wäre, zumindest in dem den Steuererklärungen nebst Bilanz beigefügten Anschreiben auf den Charakter der Bilanz als bloßen Entwurf hinzuweisen.

35

3.

Der Ansatz von Zwischenwerten für das auf die Klägerin übergegangene Betriebsvermögen kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Bilanzänderung bzw. -berichtigung in Betracht.

36

a)

Letztere ist - worauf das beklagte Finanzamt zutreffend hingewiesen hat - bereits deshalb ausgeschlossen, weil es im Streitfall am Vorliegen eines fehlerhaften Bilanzansatzes fehlt. Denn die Fortführung der Buchwerte für das auf die Klägerin übergegangene Betriebsvermögen in der im August 1997 beim beklagten Finanzamt eingereichten Bilanz ist nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG ausdrücklich zugelassen.

37

b)

Die Ausübung eines Wahlrechts stellt zwar eine grundsätzlich bis zum Eintritt der Bestandskraft der auf einer Bilanz beruhenden Steuerfestsetzung zulässige Verfahrenshandlung dar. Die Ausübung des Wahlrechts durfte ein Steuerpflichtiger in den Grenzen des § 4 Abs. 2 EStG a.F. bis einschließlich des Veranlagungszeitraumes 1998 auch im Wege einer Bilanzänderung ausüben. Eine nachträgliche Erhöhung der Wertansätze eines zu Buchwerten eingebrachten Betriebsvermögens und damit die Änderung in einen gewinnrealisierenden Veräußerungsvorgang beinhaltet indes eine steuerrechtlich unzulässige rückwirkende Sachverhaltsgestaltung und stellt damit eine nicht zulässige Bilanzänderung dar (vgl. BFH-Urteil vom 25. April 2006 VIII R 52/04, BFH/NV 2006, 1772 (1777); BFH-Beschluss vom 5. Dezember 2005 X B 101/05, BFH/NV 2006, 545 sowie BFH-Urteil vom 9. April 1981 I R 191/77, BStBl II 1981, 620).

38

Um eine derartige rückwirkende Sachverhaltsgestaltung handelt es sich aber, wenn die Klägerin begehrt, die seinerzeitige Einbringung des Betriebsvermögens der KG in sie zu Buchwerten in eine Einbringung zu höheren (Zwischen-)Werten und damit in eine gewinnrealisierende Betriebsveräußerung umzuändern.

39

II.

1.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

40

2.

Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da - soweit ersichtlich - die Rechtsfrage, ob die Ausübung des Wahlrechts nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG die Einreichung eines von der Gesellschafterversammlung festgestellten Jahresabschlusses nebst Steuererklärung beim Finanzamt zur Voraussetzung hat, höchstrichterlich noch nicht entschieden ist.