Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.02.2005, Az.: 16 K 62/02
Voraussetzungen für die Gewährung von Eigenheimzulage; Grenze zur missbräuchlichen Rechtsgestaltung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 10.02.2005
- Aktenzeichen
- 16 K 62/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 18418
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2005:0210.16K62.02.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 10.05.2006 - AZ: IX B 51/05
Rechtsgrundlagen
- § 8 EigZulG
- § 9 Abs. 5 EigZulG
- § 42 AO
Fundstellen
- INF 2005, 723
- NWB direkt 2005, 8
Tatbestand
Durch notariellen Vertrag vom 2. Juli 1998 übertrug Herr H. K. auf den Kläger seinen landwirtschaftlichen Betrieb und die dazugehörigen Grundstücke unentgeltlich. Der Betrieb unterlag nicht der Höfeordnung. Ausgenommen hiervon war das auf dem Hof befindliche Wohnhaus mit einer darum befindlichen Teilfläche von 500 qm mit der Bezeichnung G.- 9. Hierzu war vereinbart, dass der Kläger einen Kaufpreis von 200.000 DM zu entrichten hatte. Weiter war vereinbart, dass der Kaufpreis bis zum 1. April 1999 gestundet war. Der Kläger räumte dem Veräußerer und dessen Ehefrau ein lebenslängliches und unentgeltliches Wohn- und Altenteilsrecht ein, welches auch die freie Wohnung in dem genannten Haus betraf. Auf Grund dieses Rechts nutzten der Veräußerer und seine Ehefrau Räume in dem Wohnhaus G.- 9 bis in das Jahr 1999. Der Kläger zahlte auf den Kaufpreis in drei Raten bis Januar 1999 insgesamt 110.000 DM. Außerdem übertrug der Kläger dem K. mit notariellem Vertrag vom 1. Juli 1998 das unbebaute Grundstück G.-7 mit einem vereinbarten Wert von 50.000 DM. Insoweit trägt der Kläger vor, dass eine gegenseitige Verrechnung der Kaufpreise stattgefunden habe. Nach einer schriftlichen Vereinbarung des Klägers mit dem Veräußerer K. vom 1. September 2004 ist auf die verbleibende Summe von 40.000 DM und die nach dem Kaufvertrag anfallenden Zinsen von K. deswegen verzichtet worden, weil der Kläger K. beim Bau seines Wohnhauses geholfen hat. Insoweit wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Vereinbarung verwiesen.
Der Kläger ist verheiratet und hat drei Kinder. Die Familie lebte seit 1998 und in der Folgezeit in den zum Hof gehörenden Gebäude G.-9. Er beantragte im September 1998 beim Beklagten für das Objekt die Eigenheimzulage. Dies lehnte der Beklagte mit Verwaltungsakt vom 25. Mai 2001 ab. Hiergegen richtet sich die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, die der Kläger im Wesentlichen wie folgt begründet: Werde ein Gebäude teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu eigenen und teils zu fremden Wohnzwecken genutzt, so sei jeder der vier unterschiedlich genutzten Gebäudeteile steuerlich als ein besonderes Wirtschaftsgut anzusehen. Bei einer Veräußerung seien diese Wirtschaftsgüter jeweils gesondert zu betrachten. Im Streitfall habe der Übergeber auf den Kläger viele verschiede Wirtschaftsgüterübertragen. Dabei seien die im Betriebsvermögen befindlichen Wirtschaftsgüter auf den Kläger unentgeltlich übertragen worden, während das im Privatvermögen sich befindende Wirtschaftsgut entgeltlich auf den Kläger übergegangen sei. Für die steuerliche Beurteilung müsse maßgebend sein, was die Vertragsparteien gewollt hätten. Für die Übertragung des Wohnhauses sei ein Kaufpreis vereinbart und gezahlt worden. Deshalb dürfe der gezahlte Kaufpreis nicht auf die gesamten Wirtschaftsgüter aufgeteilt werden, die auf den Kläger übergegangen seien. Der Kläger habe somit Anschaffungskosten für das Wohnhaus, wonach eine Grundförderung bei der Eigenheimzulage von 2.500 DM zu erfolgen habe. Für die drei zum Haushalt gehörenden Kinder ergebe sich des Weiteren eine Kinderzulage von 4.500 DM. Mithin habe der Kläger Anspruch, dass zu seinen Gunsten jährlich ab 1998 eine Eigenheimzulage von 7.000 DM festgesetzt werde.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beklagten zu verpflichten zu seinen Gunsten eine Eigenheimzulage von jährlich 7.000 DM ab 1998 festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es liege ein gemischter Kauf-, Hof- und Versorgungsvertrag vor. Dabei sei zu beachten, dass das auf der Hofstelle befindliche Wohnhaus nebst der im Vertrag genannten Grundstücksfläche kein grundbuchlich abgetrenntes Teilstück des entsprechenden Flurstückes gewesen sei. K. habe die Nutzungswertbesteuerung für dessen ehemalige Betriebsleiterwohnung bereits zum 01.01.1996 abgewählt. Das Wohngebäude sei deshalb bei K. im steuerrechtlichen Privatvermögen zum Zeitpunkt der Übertragung erfasst. Zweck der Vertragsgestaltung sei es ausschließlich gewesen, dem Kläger die Möglichkeit der Eigenheimzulage zu verschaffen. Diese könne jedoch allenfalls in einem geringfügigen Umfang gewährt werden. Anschaffungskosten für das Wohnhaus habe der Kläger nämlich nur in dem Umfang, der sich ergebe, wenn man die Gegenleistungen des Klägers auf die gesamten auf ihn durch den Vertrag übertragenen Wirtschaftsgüter aufteile. Dies habe im Verhältnis der Verkehrswerte zu erfolgen. Auf Textziffer 47 des BMF-Schreibens vom 13.01.1993 (BStBl I 1993, 80) sowie auf Textziffer 59 des BMF-Schreibens vom 10.02.1998 (BStBl I 1998, 190) werde verwiesen.
Dem Gericht haben die für den Kläger beim Beklagten geführten Ertragssteuerakten und der Vorgang über die Eigenheimzulage vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Dem Kläger steht Eigenheimzulage zu. Er hat in 1998 eine Wohnung entgeltlich angeschafft und nutzt diese Wohnung zu eigenen Wohnzwecken. Dies ist dem Grunde nach zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Nach§ 8 Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) sind die Anschaffungskosten der Wohnung zuzüglich derjenigen für den Grund und Boden die Bemessungsgrundlage für die Eigenheimzulage. Hierfür hat der Kläger im Streitfall mindestens 160.000 DM an Anschaffungskosten gehabt. Insoweit gehören zu den Anschaffungskosten neben den vom Kläger gezahlten Geldbeträgen im Umfang von 110.000 DM auch der Wert des vom Kläger auf K. übertragenen Grundstücks. Dieses hatte nach der Veräußerungsanzeige einen Wert von 50.000 DM. Der Wert ist vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr in Frage gestellt worden. Insoweit ist anzunehmen, dass der Kläger und K. mit der gegenseitigen Grundstücksübertragung einen Tausch vorgenommen haben und die entsprechenden Werte zu verrechnen waren.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der vom Kläger entrichtete Kaufpreis nicht auf alle Wirtschaftsgüter aufzuteilen, die ihm durch den Übertragungsvertrag vom 2. Juli 1998 zufielen. Es ist zu berücksichtigen, dass nach dem Willen der Vertragsbeteiligten dem Kläger das in Rede stehende Wohnhaus G.-9 mit dem dazu gehörenden Grund und Boden entgeltlich zufallen sollte. Insoweit war gerade nicht der Wille der Beteiligten darauf gerichtet, dass dem Kläger das Wohnhaus schenkweise übertragen werden sollte. Dem ist auch steuerlich zu folgen. Denn das Wohnhaus bildete steuerlich ein eigenständiges Wirtschaftsgut, welches sich im Privatvermögen des Veräußerers befand. Wird aber für dieses eigenständige Wirtschaftsgut die entgeltlicheÜbertragung auf den Erwerber vereinbart, so kann gerade nicht angenommen werden, dass ein Teil der vereinbarten Gegenleistung steuerlich auf andere Wirtschaftsgüter abzuspalten wäre, die nach dem Willen der Vertragsbeteiligten von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen unentgeltlich übertragen werden sollen. Der Senat ist insoweit der Auffassung, dass steuerlich dem zu folgen ist, was die Vertragsbeteiligten vereinbaren, wenn nicht die Grenze zur missbräuchlichen Rechtsgestaltung im Sinne von § 42 Abgabenordnung vorliegt. Hierfür ist im Streitfall nichts ersichtlich.
Mithin ist anzunehmen, dass der Kläger für das von ihm bewohnte Wohnhaus mindestens Anschaffungskosten von 160.000 DM hatte. Bei der Höhe dieser Anschaffungskosten bleibt unbeachtlich, dass in den Jahren 1998 und 1999 Teile des Wohnhauses nicht vom Kläger, sondern vom Onkel des Klägers auf Grund des gewährten Wohnrechts genutzt wurden. Denn tatsächlich nutzte der Kläger mit seiner Familie nach dem Auszug des Onkels in 1999 das Wohnhaus in vollem Umfang zu eigenen Wohnzwecken. Deshalb stand ihm ab 1998 die Eigenheimzulage mit dem Fördergrundbetrag aus§ 9 in Höhe von 2.500 DM jährlich zu. Daneben hatte der Kläger Anspruch auf Kinderzulagen nach § 9 Abs. 5 EigZulG in Höhe von 4.500 DM. Da der Kläger erkennbar alle anderen Voraussetzungen des Eigenheimzulagengesetzes erfüllt, war der Beklagte zu verpflichten zu Gunsten des Klägers die Eigenheimzulage in Höhe von 7.000 DM jährlich ab 1998 festzusetzen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151, 155 FGO i.V.m.§§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die vom Beklagten angeregte Zulassung einer Revision kam deshalb nicht in Betracht, weil Zulassungsgründe im Sinne von § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind. Insbesondere ist der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht deshalb gegeben, weil es erkennbar Verwaltungsanweisungen gibt, die der Rechtsauffassung des Gerichts widersprechen.