Sozialgericht Hildesheim
Beschl. v. 23.09.2009, Az.: S 26 AS 1577/09 ER
Geltendmachung der Kostenübernahme für die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung nach Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Wege des einstweiligen Rechtschutzes; Wirksamkeit der Vollziehung einer einstweiligen Anordnung nach Fristablauf
Bibliographie
- Gericht
- SG Hildesheim
- Datum
- 23.09.2009
- Aktenzeichen
- S 26 AS 1577/09 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 27509
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGHILDE:2009:0923.S26AS1577.09ER.0A
Rechtsgrundlagen
- § 9 SGB II
- § 16 Abs. 1 S. 2 SGB II i.d.F. v. 17.07.2009
- § 77 SGB III i.d.F. v. 16.07.2009
- § 79 Abs. 1 Nr. 1, 2 SGB III i.d.F. v. 16.07.2009
- § 80 SGB III i.d.F.v. 16.07.2009
- § 81 Abs. 1 Nr. 1 SGB III i.d.F. v. 16.07.2009
- § 85 SGB III
- § 929 Abs. 2 ZPO
Tenor:
- 1.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, vorläufig die vom 1. Oktober 2009 bis 30. September 2010, längstens jedoch bis zum Bestehen oder endgültigen Nichtbestehen der Abschlussprüfung, bis zur Beendigung des Ausbildungsvertrages oder bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren S 26 AS 737/09, entstehenden Lehrgangs- und Fahrkosten für die Weiterbildung des Antragstellers zum "Staatlich geprüften Informatiker - Schwerpunkt Medieninformatik" bei dem Bildungszentrum für informationsverarbeitende Berufe gGmbH, E. an deren Niederlassung in F. zu tragen; im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
- 2.
Dem Antragsteller wird ab Antragstellung Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin G. bewilligt.
- 3.
Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Weiterbildungskosten im Rahmen eines Leistungsverhältnisses nach dem SGB II.
Der 1976 geborene Antragsteller steht seit Juni 2008 im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II).
Auf Antrag stellte der Antragsgegner einen vom 25.07.2008 bis 25.10.2008 gültigen Bildungsgutschein mit dem Bildungsziel Informatiker/in Medieninformatik für eine Weiterbildungsdauer bis zu 24 Monaten aus. In dem Begleitschreiben zum Bildungsgutschein vom 25.07.2008 sowie auch auf dem Bildungsgutschein selbst wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass die Kosten für die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung übernommen werden, solange Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vorliege und die Weiterbildung für die Weiterbildungsförderung nach § 85 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zugelassen sei.
Der Antragsteller schloss mit dem Bildungszentrum für informationsverarbeitende Berufe gGmbH, Fürstenallee 3 - 5, 33102 Paderborn (Maßnahmeträger) einen Ausbildungsvertrag für eine Weiterbildung an deren Ausbildungsstandort in Hannover über den vom 01.10.2008 bis zum 30.09.2010 durchzuführenden Ausbildungsgang Staatlich geprüfter Informatiker mit Schwerpunkt Medieninformatik. Der Maßnahmeträger übersandte daraufhin eine ausgefüllte Ausfertigung des Bildungsgutscheins an den Antragsgegner.
Mit Bescheid vom 16.09.2008 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Förderung der Maßnahme ab. Zur Begründung führte er an, die Maßnahme überschreite die Höchstförderungsdauer. Die Verweildauer in der Maßnahme würde den Zulassungszeitraum überschreiten und es bestünde keine Möglichkeit den Zulassungszeitraum zu verlängern. Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 26.09.2008 Widerspruch.
Auf seinen Antrag vom 17.09.2008 verpflichtete das Sozialgericht Hildesheim den Antragsgegner mit Beschluss vom 30.09.2008 zur vorläufigen Übernahme der Weiterbildungs- und der Fahrtkosten ab 01.09.2008 (S 24 AS 1719/08 ER).
Mit Bescheid vom 06.10.2008 hob der Antragsgegner den Bescheid vom 16.09.2008 auf und bewilligte dem Antragsteller "unter dem Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache (zu Widerspruch 3229/08) sowie unter dem Vorbehalt der Rückforderung" Fahr- und Lehrgangskosten in Höhe von 10.955,24 EUR für den Zeitraum vom 01.10.2008 bis 30.09.2009. Den hiergegen unter dem 05.11.2008 erhobenen und mit der auf ein Jahr befristeten Bewilligung begründeten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2009 (W 3884/08) zurück. Gegen diese Entscheidung erhob der Antragsteller am 30.04.2009 Klage zum Sozialgericht Hildesheim (S 26 AS 737/09), über die noch nicht entschieden ist.
Am 26.08.2009 hat der Antragsteller erneut um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht, weil das zweite Ausbildungsjahr, für die der Antragsgegner die Kosten nicht übernehme, unmittelbar bevorstehe. Es reiche aus, dass sich der Ausbildungsort im Tagespendelbereich befinde und die Maßnahme zum Zeitpunkt der Bewilligung zugelassen sei.
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für den Antragsteller die weiteren Weiterbildungskosten einschließlich der Fahrtkosten für den Ausbildungsgang "Staatlich geprüfter Informatiker/Medieninformatik" am b. i. b. International College, H. ab 01.10.2009 sowie fortlaufend bis zum 30.09.2010 zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt er unter Verweis auf seinen Vortrag aus dem Verfahren S 24 AS 719/08 ER aus, die Maßnahme sei nur noch bis zum 12.03.2010 zugelassen und entspreche ab dem 13.03.2010 nicht mehr den Anforderungen nach§ 85 SGB III.
Das Gericht hat mit Verfügung vom 08.09.2009 eine schriftliche Auskunft der I. - im Folgenden: J. - eingeholt. Diese hat unter dem 15.09.2009 mitgeteilt, der Maßnahmeträger und der Ausbildungsgang zum Staatlich geprüften Informatiker mit Schwerpunkt Medieninformatik seien bis zum 18.02.2010 bzw. 12.03.2010 i.S.d. §§ 84, 85 SGB III i.V.m. der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung zugelassen. Am 17.05.2009 sei ein Zusatz in die Anlage zum Zertifikat aufgenommen worden, dass die Finanzierung des letzten Maßnahmedrittels bei Zulassung nicht vorgelegen habe. Aufgrund dieses Zusatzes sei die Förderung der Maßnahme durch Bildungsgutscheine bereits aktuell ausgeschlossen und stehe auch einer erneuten Zulassung entgegen. Der Maßnahmeträger habe für sich bislang keine weitergehende Zulassung beantragt. Die üblichen Bearbeitungszeiten für einen solchen Antrag betrügen ca. drei Wochen. Erkenntnisse, die einen Widerruf der erteilten Zulassung begründen bzw. einer erneuten Zulassung des Trägers entgegen stehen könnten, lägen ihr nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und im erkannten Umfang begründet.
1.
Der Zulässigkeit des Antrages steht nicht entgegen, dass das Gericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 30.09.2008 - S 24 AS 1719/08 ER - den Antragsgegner zur vorläufigen Übernahme der Weiterbildungs- und der Fahrtkosten ab 01.09.2008 verpflichtet hat. Vielmehr ist dieser Beschluss nicht mehr vollziehbar, denn er ist innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe nur teilweise vollzogen und hinsichtlich des verbleibenden Teils die Vollziehung nicht zumindest eingeleitet worden.
Dies folgt aus § 929 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), der gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf eine einstweilige Anordnung entsprechend anwendbar ist.
Nach § 929 Abs. 2 ZPO ist die Vollziehung eines Arrestbefehls - hier der einstweiligen Anordnung - unstatthaft, wenn seit dem Tage, an dem Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Daraus folgt, dass die Vollziehung einer einstweiligen Anordnung nach Ablauf der Frist unstatthaft ist und diese ihren Regelungsgehalt verliert. Deshalb ist die Anordnung nach Fristablauf wirkungslos und auf eventuellen Antrag aufzuheben (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 04.01.2007 - L 11 B 509/06 AS ER m.w.N.).
Der Beschluss des Sozialgerichts Hildesheim vom 30.09.2008 ist dem Antragsteller am 02.10.2008 zugestellt worden. Er hätte somit spätestens am Montag, den 03.11.2008 die Vollstreckung einleiten müssen. Das ist nicht erfolgt.
Ob anstelle der Zustellung des Beschlusses für den Beginn der Monatsfrist darauf abzustellen ist, wann der Vollstreckungsgläubiger feststellt, dass der öffentlich-rechtliche Vollstreckungsschuldner tatsächlich den Beschluss nicht befolgen will (zu § 123 Abs. 3 VwGO: Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 8. Dezember 1987 - 6 B 90/87 ) kann hier dahin stehen. Auch dann hätte der Antragsteller es versäumt, die Vollstreckung rechtzeitig zu beantragen. Er hatte mit Bekanntgabe des Bescheides vom 06.10.2009 Kenntnis davon, dass der Antragsgegner den Beschluss nicht befolgen würde (was ihn auch zum Widerspruch veranlasste). Unter Berücksichtigung der Zugangsvermutung des § 37 Abs. 1 S. 2 SGB X hätte die Vollstreckung also spätestens am Montag, den 10.11.2008 beantragt werden müssen.
2.
Der Antrag ist auch im erkannten Umfang begründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig ist. Das ist immer dann der Fall, wenn ohne den vorläufigen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache im Falle des Obsiegens nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19. Oktober 1977, Az.: 2 BvR 42/76, BvR 46, 166, 179, 184). Steht dem Antragsteller ein von ihm geltend gemachter Anspruch voraussichtlich zu und ist ihm nicht zuzumuten den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten, ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begründet. Eine aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gebotene Vorwegnahme der Hauptsache im einstweiligen Verfahren ist jedoch nur dann zulässig, wenn dem Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung unzumutbare Nachteile drohen und für die Hauptsache hohe Erfolgsaussichten prognostiziert werden können (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 08.09.2004 - L 7 AL 103/04 ER -).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Die Rechtsgrundlage für die begehrte Leistung ergibt sich aus § 16 Abs. 1 S. 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 17.07.2009 (BGBl. I S. 1990) in Verbindung mit§§ 77, 79 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 80, 81 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der Fassung des Gesetzes vom 16.07.2009 (BGBl. I S. 1959).
Nach § 77 Abs. 1 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn 1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, 2. vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und 3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.
Das Vorliegen der persönlichen Förderungsvoraussetzungen nach § 77 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III ist im Rahmen dieses Verfahrens nicht mehr zu prüfen. Durch den dem Antragsteller von dem Antragsgegner erteilten Bildungsgutschein kann - jedenfalls im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes - davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller diese persönlichen Fördervoraussetzungen erfüllt (siehe § 77 Abs. 4 S. 1 SGB III und LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 27.05.2008 - L 7 AS 253/08 ER ). Der Bildungsgutschein ist eine Leistungsbewilligung dem Grunde nach. Er dokumentiert als Verwaltungsakt nicht nur, dass die persönlichen Fördervoraussetzungen erfüllt sind, sondern auch, dass der Antragsgegner sein Ermessen dahin ausgeübt hat, die Teilnahme des Antragstellers an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung durch die gesetzlichen Leistungen zu fördern (Stratmann, in: Niesel, SGB III, 4. Aufl., § 77 Rn. 32).
Eine Beratung des Antragstellers (§ 77 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III) hat zumindest telefonisch am 14. Juli 2008 stattgefunden.
Der vom Hilfebedürftigen gewählte Träger und die Bildungsmaßnahme waren auch i.S.d. § 77 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III zugelassen.
Die Frage der Zulassung des Bildungsträgers und der Maßnahme ist trotz des erteilten Bildungsgutscheines zu prüfen. Im Rahmen der Vorgaben des Bildungsgutscheins kann der Arbeitslose selbst entscheiden, in welcher Maßnahme er sich fördern lassen möchte (vgl. Sächsisches LSG, Beschl. v. 31.01.2005 - L 2 B 192/04 AL-ER -; OVG Bremen, Beschl. v. 24.08.2007 - S 1 B 246/07 -). Damit scheidet es zwangsläufig aus, dass bereits bei Erteilung des Bildungsgutscheines festgestellt wird, ob die Maßnahme und der diese anbietende Bildungsträger zertifiziert sind.
Die Prüfung ist jedoch darauf beschränkt, ob der vom Antragsteller gewählte Träger und die gewünschte Maßnahme zum Maßnahmebeginn - hier der 01.10.2008 - zugelassen ist.
Zwar erstrebt der Antragsteller in der Hauptsache die Gewährung der gesamten Fahr- und Lehrgangskosten bis zum Abschluss seiner Bildungsmaßnahme, die planmäßig bis zum 30.09.2010 erfolgen soll. Es handelt sich also um ein (Anfechtungs- und) Leistungsbegehren, für das im Regelfall die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 54 Rn. 34). Allerdings kann ausnahmsweise Abweichendes gelten, wenn das Gesetz für das Entstehen eines Anspruch auf einen begünstigenden Verwaltungsakt auf einen bestimmten Zeitpunkt abstellt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 113 Rn. 221). Dies ist für den hier streitigen Anspruch auf Weiterbildungskosten zu bejahen. Die §§ 77, 79 ff. SGB III enthalten zwar keine ausdrückliche Regelung darüber, zu welchem Zeitpunkt die Förderungsvoraussetzungen vorliegen müssen. Es genügt jedoch auch, dass sich dem materiellen Recht durch Auslegung oder aus der Natur der Sache entnehmen lässt, dass der Anspruch auch bei einem späteren Wegfall seiner Voraussetzungen fortbestehen soll (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 223). Bei den Kosten einer Bildungsmaßnahme von zwei Jahren Dauer ist dies systemimmanent. Wegen der vom Teilnehmer einzugehenden vertraglichen Bindung und weiterer erheblicher Aufwendungen bedarf dieser einer bereits bei Beginn der Maßnahme vorliegenden und die gesamte Weiterbildungsmaßnahme erfassenden Dispositionsgrundlage. Dies dient nicht nur dem beiderseitigen Interesse an einer erfolgreichen Wiedereingliederung, sondern auch einer sparsamen Mittelverwendung. Letzteres zeigt sich in der Vorschrift des § 85 Abs. 2 S. 3 SGB III, nach der die Finanzierung des letzten Maßnahmedrittels bei Beginn der Maßnahme gesichert sein muss. Insgesamt verdeutlichen die maßgeblichen Rechtsvorschriften, dass die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen bei Beginn der Maßnahme umfassend geklärt sein sollen, damit ein hieraus bedingter Abbruch der Maßnahme und die daraus folgende "Fehlinvestition" vermieden wird.
Deshalb ist dem Antragsgegner (auch weiterhin) nicht darin zu folgen, dass eine erst nach Maßnahmebeginn auslaufende Träger- oder Maßnahmezulassung der Förderung entgegen stehen kann. Aufgrund der regelmäßigen Befristung der Zertifizierungen könnten längere Weiterbildungsmaßnahmen in vielen Fällen mit dem Argument abgelehnt werden, dass die weitere Zulassung des Trägers oder der Maßnahme nicht gesichert sei. Damit bestünde aufgrund der regelmäßigen Befristung des Bildungsgutscheines im Einzelfall zumindest faktisch die Möglichkeit, die Begünstigung eines erteilten Bildungsgutscheines nachträglich ohne Einhaltung der rechtlichen Schranken des § 45 SGB X zu beseitigen. Würde eine Kostenübernahme unter Hinweis auf die auslaufende Zulassung abgelehnt, wird es dem Hilfeempfänger in vielen Fällen nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten möglich sein, innerhalb der verbleibenden Zeit einen den Vorgaben des Bildungsgutscheines entsprechenden Bildungsträger mit freier Ausbildungskapazität zu finden.
Zudem erforderte eine Berücksichtigung eines zukünftigen Auslaufens zumindest in den meisten Fällen eine (prognostische!) Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen. Es kann hier offen bleiben, ob der Grundsicherungsträger hierzu überhaupt fachlich und organisatorisch in der Lage wäre. Jedenfalls ist er hierzu in dem Umfang nicht berechtigt, in dem eine Maßnahme oder ein Träger bei Beginn einer Maßnahme von einer fachkundigen Stelle zertifiziert ist. Ebenso wie der Träger der Arbeitslosenversicherung ist auch der Grundsicherungsträger an die Entscheidung der für die Zulassung berufenen fachkundigen Stelle i.S.d. §§ 84, 85, 87 SGB III i.V.m. §§ 1 - 3 der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung - Weiterbildung - AZWV vom 16.06.2004 gebunden und deshalb an der Kontrolle der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen gehindert. Bereits die Gesetzesbegründung zu § 85 SGB III bringt hinreichend zum Ausdruck, dass es sich um eine originäre Entscheidungskompetenz der fachkundigen Stellen handeln soll, die insoweit die Entscheidung durch den Leistungsträger ersetzt (BT-Drucks 15/25 S. 30 zu §§ 84, 85). Für eine Bindung spricht auch, dass nur im Einzelfall und über die Zulassung der fachkundigen Stellen hinausgehend weitere Maßnahmen zugelassen werden können (§ 12 AZWV). Schließlich würde § 86 Abs. 2 S. 2 SGB III ohne eine grundsätzlich gegebene Bindung an die Zulassung mangels eigenständigen Regelungsgehalts keinen Sinn ergeben (Hessisches LSG, Beschl. v. 28.04.2009 - L 7 AL 118/08 B ER - [[...] Rn. 44]).
Es kann hier dahin stehen, ob ausnahmsweise etwas anderes gilt, wenn bei Maßnahmebeginn Tatsachen vorliegen, die einen Widerruf der erteilten Zulassung rechtfertigen oder einer innerhalb weniger Wochen erforderlichen erneuten Zulassung des Trägers und/oder der Maßnahme zwingend entgegen stehen. Erkenntnisse, die einen Widerruf begründen könnten, liegen nach Auskunft der J. nicht vor. Auch steht die erneute Zulassung des Trägers und der Maßnahme nicht unmittelbar bevor. Vielmehr laufen die Zulassungen erst in mehr als vier bzw. fünf Monaten aus, so dass unter Berücksichtigung der üblichen Bearbeitungszeiten von rund drei Wochen ohnehin erst Anfang 2010 mit entsprechenden Anträgen zu rechnen wäre. Entsprechend kann unentschieden bleiben, ob die von der J. angeführte fehlende Sicherung der Finanzierung des letzten Maßnahmedrittels durch den Maßnahmeträger der Zertifizierung der Maßnahme durch die fachkundige Stelle entgegen stehen könnte, nachdem die Rechtsprechung hierfür bereits wiederholt die Sicherung der Finanzierung durch den Teilnehmer hat genügen lassen (Hessisches LSG, a.a.O. [Rn. 46 ff.] m.w.N.).
Aufgrund der Bindung an die bei Maßnahmebeginn vorliegende Zulassung durch die J. ist im Rahmen des § 77 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III auch nicht mehr zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 85 Abs. 2 S. 2 und 3 SGB III vorliegen.
Danach ist die Dauer einer Vollzeitmaßnahme, die zu einem Abschluss in einem allgemein anerkannten Ausbildungsberuf führt, angemessen, wenn sie gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung um mindestens ein Drittel der Ausbildungszeit verkürzt ist. Ist eine Verkürzung aufgrund bundes- oder landesgesetzlicher Vorschriften ausgeschlossen, so ist die Förderung eines Maßnahmeteils von bis zu zwei Dritteln der Maßnahme nicht ausgeschlossen, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme die Finanzierung für die gesamte Dauer der Maßnahme gesichert ist.
Die Ausbildung des Antragstellers zum anerkannten Abschluss des Staatlich geprüften Informatikers dauert zwei Jahre und kann nicht abgekürzt werden (§ 35 Abs. 1 der Niedersächsischen Verordnung über berufsbildende Schulen vom 10.06.2009 i.V.m. Anlage 4 zu § 36 der Niedersächsischen Verordnung über berufsbildende Schulen vom 24.07.2000 (Nds. GVBl. S. 178) i.d.F. der Verordnung vom 11.07.2008 (Nds. GVBl. S. 263)).
Da § 85 SGB III die Voraussetzungen für die Zulassung der Bildungsmaßnahme durch die fachkundige Stelle definiert, umfasst die Zertifizierung auch die Feststellung, dass die Finanzierung für das letzte Maßnahmedrittel durch den Maßnahmeträger gesichert ist.
Für dieses Ergebnis spricht auch, dass die Zulassung bei Fehlen einer institutionellen Fördermöglichkeit mit einem entsprechenden deklaratorischen Hinweis versehen werden darf (Hessisches LSG, a.a.O. [[...] Rn. 46]). Erst dieser Hinweis beseitigt die Bindung an die Entscheidung der fachkundigen Stelle und berechtigt den Grundsicherungsträger, die Sicherung der Finanzierung für das letzte Maßnahmedrittel selbst zu prüfen. Hieraus folgt aber im Umkehrschluss, dass eine solche Prüfung unzulässig ist, wenn es bei Beginn der Maßnahme an einem Hinweis in der Zulassung fehlt. Der im Mai 2009 aufgenommene Hinweis in die Zertifikatsanlage ist hier unerheblich, weil diese Änderung erst nach Maßnahmebeginn erfolgt ist.
Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Die im Hauptsacheverfahren angegriffene Entscheidung des Antragsgegners ist - wie ausgeführt - mit hoher Wahrscheinlichkeit aufzuheben. Dem Antragsteller ist nicht zumutbar, die bereits mit sichtbarem Erfolg begonnene Maßnahme abzubrechen. Zudem könnte - wie bereits im Verfahren S 24 AS 1719/08 festgestellt wurde - der Ausbildungsgang jeweils nur im Wintersemester begonnen werden, so dass der Antragsteller erst zum Oktober 2010 die Möglichkeit zu einem - ohnehin eher theoretisch möglichen - Wiedereinstieg hätte, folglich erst nach Ablauf eines Jahres.
Keinen Erfolg hat der Antrag, als er auf eine insbesondere vom Verlauf und Abschluss der Ausbildung unabhängige Verpflichtung des Antragsgegners abzielt, so dass der Ausspruch insoweit zu begrenzen ist.
3.
Aus den zuvor dargelegten Gründen ist dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu bewilligen und dem Kläger Rechtsanwältin G. beizuordnen.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dem Kläger mag auf den ersten Blick vorzuwerfen sein, dass er die bereits erstrittene vorläufige Regelung nicht hat vollstrecken lassen. Allerdings darf er grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Antragsgegner entsprechenden Verfügungen auch nachkommt. Es bleibt ihm daher in der Regel unbenommen, nochmals einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen, zumal er dadurch - insbesondere bei einer Änderung der Verhältnisse - einem höheren Unterliegensrisiko ausgesetzt sein kann. Gleichzeitig hat der Antragsgegner Veranlassung gegeben, erneut einen Antrag zu stellen. Er hat trotz erhobenen Widerspruchs ohne neue Argumente und unter Nichtbeachtung des gerichtlichen Beschlusses an seiner Ablehnung festgehalten. Eine Kostenbeteiligung des Antragstellers folgt auch nicht daraus, dass er mit seinem Klageantrag nicht in der gefassten Form durchgedrungen ist. Das Unterliegen beschränkt sich auf eine für den Antragsteller letztlich unwesentliche Beschränkung der Leistungsdauer bei Eintritt bestimmter Bedingungen. Dem kommt letztlich keine eigenständige Bedeutung zu (Rechtsgedanke des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).