Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 10.12.2004, Az.: 6 C 407/04
Aufnahmekapazität; Ausschlussfrist; Hochschulzugangsberechtigung; Hochschulzulassung; Juniorprofessur; Psychologie; Regellehrverpflichtung; Schwundberechnung; Streitwert; vorläufige Zulassung zum Hochschulstudium
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 10.12.2004
- Aktenzeichen
- 6 C 407/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 50819
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 52 Abs 2 GKG
- § 53 Abs 3 GKG
- § 2 Abs 1 VergabeVO ND
- § 2 Abs 4 VergabeVO ND
- § 8 Abs 1 KapVO ND
- § 8 Abs 3 KapVO ND
- § 14 Abs 3 KapVO ND
- § 16 KapVO ND
- § 4 Abs 3 LVerpflV ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Zur Antragsfrist bei der Hochschule für die Zuteilung eines in der ZulassungszahlenVO nicht ausgewiesenen Studienplatzes.
2. Zur Lehrverpflichtung von Juniorprofessorinnen und -professoren (6 LVS).
3. Zur Höhe des Übergangskoeffizienten von mehr als 1, 0 in der Schwundberechnung.
4. Streitwert bei Antrag auf Teilnahme an einem Losverfahren.
Tenor:
A. Der Antrag des Antragstellers zu 9) wird abgelehnt.
Dieser Antragsteller trägt die Kosten seines Verfahrens.
B. I. Die Antragsgegnerin wird im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet,
innerhalb einer Woche nach Zustellung dieses Beschlusses an sie unter den Antragstellern zu 1) bis 8) und zu 10) eine Rangliste auszulosen und ihnen das Ergebnis der Auslosung unverzüglich bekannt zu geben;
den Antragsteller oder die Antragstellerin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2004/05 vorläufig zum Studium der Psychologie im 1. Fachsemester zuzulassen,
a) auf den oder die bei der Auslosung der Rang- platz 1 entfällt und
b) der oder die innerhalb einer Woche, nachdem die Zuweisung eines Studienplatzes durch Postzustellungsurkunde bekannt gegeben worden ist, bei der Antragsgegnerin die vorläufige Immatrikulation beantragt und hierbei an Eides Statt versichert hat, dass er oder sie an keiner Hochschule im Bundesgebiet vorläufig oder endgültig zum Studium der Psychologie zugelassen worden ist;
die übrigen Antragsteller unter den in B I. 2, b) der Beschlussformel genannten Voraussetzungen unverzüglich entsprechend ihrem jeweiligen Rang nachrücken zu lassen, wenn ein vorrangiger Antragsteller oder eine vorrangige Antragstellerin die vorläufige Immatrikulation nicht gemäß den in B I. 2. b) der Beschlussformel genannten Voraussetzungen beantragt hat.
II. Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.
III. In den von B I. 1. erfassten Verfahren tragen die Antragsteller zu 8/9 und die Antragsgegnerin zu 1/9 die jeweiligen Verfahrenskosten.
C. Der Wert des Streitgegenstandes wird für jedes Verfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller begehren ihre vorläufige Zulassung zum Studium der Psychologie bei der Antragsgegnerin ab dem Wintersemester 2004/05. Die Anträge sind auf eine Zulassung zum 1. Fachsemester gerichtet. Zur Begründung ihrer Anträge tragen die Antragsteller im Wesentlichen vor, die Antragsgegnerin schöpfe ihre Aufnahmekapazität nicht aus und sei in der Lage, über die durch Verordnung festgesetzten Zulassungszahlen hinaus weitere Studienbewerber aufzunehmen. Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf die Antragsbegründungen verwiesen.
Die Zahl der im Studiengang Psychologie (Diplom) zu vergebenden Studienplätze ist gemäß § 1 i.V.m. Anlage 1 Abschn. I A der Verordnung über Zulassungszahlen für Studienplätze zum Wintersemester 2004/05 und zum Sommersemester 2005 - ZZ-VO - vom 2. Juli 2004 (Nds. GVBl. 2004, 237) auf 53 festgesetzt worden. Infolge der Einführung des Studienjahrbetriebes werden nur noch jeweils zum Wintersemester Studienanfänger an der Hochschule in diesem Studiengang aufgenommen. Über die festgesetzte Zahl von Studienanfängern hinaus hat die Antragsgegnerin einen weiteren Studienanfänger im Studiengang Psychologie aufgenommen, der ihr im Wege einer Überbuchung von der ZVS zugewiesen worden war.
Die Antragsgegnerin tritt den Anträgen entgegen. Sie hält an der Zahl von 54 verteilten Studienplätzen für Studienanfänger im Wintersemester fest. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere wegen der Berechnungen der Antragsgegnerin, wird auf die Generalakte "Psychologie/WS 2004/05" Bezug genommen.
II. Die Anträge der Antragsteller zu 1) bis 8) und zu 10) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben lediglich in dem aus der Beschlussformel zu ersehenden Umfang Erfolg. Der Antrag des Antragstellers zu 9) ist in vollem Umfang abzulehnen.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um von dem Rechtsuchenden wesentliche Nachteile abzuwenden. Sowohl die Dringlichkeit der begehrten gerichtlichen Entscheidung als auch der Anspruch auf Zulassung zum Studium wegen nicht vollständig ausgeschöpfter Aufnahmekapazität der Antragsgegnerin in diesem Studiengang sind glaubhaft zu machen (§§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2, 294 ZPO).
Der auf eine einstweilige Zulassung zum Studium der Psychologie im 1. Fachsemester an der Antragsgegnerin gerichtete Antrag des Antragstellers zu 9) kann ungeachtet der Frage unausgeschöpfter Aufnahmekapazitäten bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil dieser Antragsteller bei der Antragsgegnerin keinen ordnungsgemäßen Zulassungsantrag gestellt hat. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 der Nds. Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen durch die Hochschulen - HochschulvergabeVO - i.d.F. vom 29. August 2002 (Nds. GVBl 2002, 374) muss der Studienbewerber, wenn er die Zulassung zum Studium innerhalb oder außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl beantragt, die Hochschulzugangsberechtigung für den gewählten Studiengang spätestens bis zum Ablauf der jeweiligen Bewerbungsfrist nachweisen. Der Antragsteller hat die Hochschulzugangsberechtigung bis zum 15. Oktober 2004, dem Ende der für ihn geltenden Bewerbungsfrist (§ 2 Abs. 2 Nr. 2b Hochschul-VergabeVO) nicht bei der Antragsgegnerin vorgelegt. Die Bewerbungsfrist ist eine Ausschlussfrist (§ 2 Abs. 1 Hochschul-VergabeVO). Eine Nachfrist konnte die Antragsgegnerin nicht setzen, da eine § 2 Abs. 1 Satz 3 Hochschul-VergabeVO entsprechende Regelung für das Zulassungsverfahren außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl fehlt. Ebenso scheidet eine entsprechende Anwendung dieser Regelung aus, da der im Interesse der Studienbewerber vorgesehene späte Ablauf der Bewerbungsfrist es nicht zulässt, den Beginn des Vergabeverfahrens außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl weiter hinauszuschieben. Nicht ausreichend ist, wenn die Antragsteller die Hochschulzugangsberechtigung dem bei Gericht gestellten Antrag auf Zulassung zum Studium beigefügt haben. Der gerichtliche Zulassungsantrag unterscheidet sich von dem an die Hochschule gerichteten Antrag nach Form und Inhalt und ist deshalb nicht geeignet, diesen auch nur teilweise zu ersetzen oder ihn zu ergänzen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. vom 23.04.1992 - 10 N 5675/91 u.a. -; VG Braunschweig, Beschl. vom 08.12.1999 - 6 C 2607/99 -; VG Göttingen, Beschl. vom 15.11.2004 - 8 C 2133/04 -).
Der Antrag des Antragstellers zu 9) scheitert außerdem daran, dass dieser Antragsteller eine aktuelle eidesstattliche Versicherung nicht vorgelegt hat, obgleich er vom Gericht hierzu aufgefordert worden ist. Denn eine die Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren ausnahmsweise rechtfertigende Dringlichkeit ist nicht gegeben, wenn der Antragsteller bereits an einer anderen Hochschule endgültig oder auch nur vorläufig zum angestrebten Studiengang zugelassen worden ist. Aus diesem Grund fordert die Kammer von den Rechtsuchenden regelmäßig eine eidesstattliche Versicherung, dass dies nicht der Fall ist. Der Antragsteller zu 9) hat einen solchen Nachweis bis zur Entscheidung der Kammer nicht geführt. Die von ihm vorgelegte Erklärung stammt bereits vom Juli 2004 und ist nicht geeignet, den für das Wintersemester 2004/05 maßgeblichen Sachstand glaubhaft zu machen.
Die Anträge der übrigen Antragstellerinnen und Antragsteller haben teilweise Erfolg.
Maßstab für die Überprüfung der von der Antragsgegnerin ermittelten Zulassungszahl ist die Verordnung über die Grundsätze für eine einheitliche Kapazitätsermittlung und -festsetzung zur Vergabe von Studienplätzen vom 23. Juni 2003 (Nds. GVBl. 2003, 222) - KapVO -. Die Berechnung aufgrund der KapVO, die bis zu vier Stellen hinter dem Komma und zunächst ohne Rundung durchgeführt wird, ergibt für den von den Antragstellern gewählten Studiengang Psychologie (Diplom) zum Wintersemester 2004/05 eine Aufnahmekapazität von 55 Studienplätzen für Studienanfänger.
In die Berechnung gehen gem. § 8 Abs. 1 und 3 KapVO alle haushaltsrechtlich besetzbaren Stellen des wissenschaftlichen Lehrpersonals ein, die der Lehreinheit Psychologie zugeordnet sind. Maßgeblich sind insoweit grundsätzlich die am Berechnungsstichtag heranzuziehenden Ansätze des Stellenplans der Antragsgegnerin für das Jahr 2004.
Danach stehen der Antragsgegnerin für den Studiengang Psychologie - wie auch in den zurückliegenden Vergabezeiträumen - insgesamt 14 Stellen zur Verfügung, die sich zusammensetzen aus:
6 C 3/4-Stellen | (Professor) |
2 C 1-Stellen | (Wiss. Assistent) |
1 A 15-Stelle | (Akad. Direktor) |
4 BAT II a-Stellen | (Wiss. Mitarbeiter z.F.d.N.) |
1 W1-Stelle | (Juniorprofessor) |
Grundlage der für die einzelnen Stellengruppen unterschiedlich bemessenen Regellehrverpflichtungen ist die Verordnung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen vom 11. Februar 2000 - LVVO - (Nds. GVBl. 2000, 18). Gegen die Höhe der darin festgesetzten Regellehrverpflichtungen sind - soweit diese hier maßgeblich sind - verfassungsrechtliche Bedenken nicht zu erheben. Insbesondere erweist sich die in § 4 Abs. 3 Nr. 2 (2. Alt.) LVVO ausgewiesene Regellehrverpflichtung von befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeitern auch in Anbetracht der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27.03.2004 (NJW 2004, 2803) als rechtmäßig. Der die Befristung der Arbeitsverhältnisse und als deren Folge eine Herabsetzung der Lehrverpflichtung auf 4 LVS rechtfertigende Grund ist die wissenschaftliche Weiterqualifikation dieser Stelleninhaber. Allein der Umstand, dass die Vorschriften des 5. Änderungsgesetzes zum Hochschulrahmengesetz für verfassungswidrig erklärt wurden, hat in Anbetracht der Regelung in § 79 Abs. 2 BVerfGG keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der zeitlich nach dem Inkrafttreten des 5. ÄndG-HRG geschlossenen Arbeitsverträge. Einige der Verträge wurden zudem zu einem früheren Zeitpunkt abgeschlossen (vgl. hierzu: Niedersächsisches OVG, Beschl. vom 30.04.2004, aaO.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. vom 17.11.2004, 6 D 11327/04.OVG).
Allerdings begegnet die Umsetzung der Lehrverpflichtungsverordnung rechtlichen Bedenken, soweit es um die Stelleninhaber der Besoldungsgruppen BAT II a und W 1 geht. Von den vier BAT II a-Stellen (Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses) sind lediglich zwei Stellen mit Vollzeitbeschäftigten besetzt, die nach den Festsetzungen in ihren Arbeitsverträgen zu jeweils 25 v.H. ihrer Tätigkeit (4 LVS) in der Lehre eingesetzt sind (die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen W. und Dr. B.). Auf den beiden übrigen Stellen des wissenschaftlichen Dienstes zur Nachwuchsförderung sind insgesamt vier Teilzeitbeschäftigte tätig, von denen zwei jeweils zu 25 v.H. ihrer Arbeitszeit in der Lehre eingesetzt sind (die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Sch. und Sche .) und damit zusammen eine Lehrverpflichtung von insgesamt 4 LVS dieser BAT II a-Stelle zu erfüllen haben. Auf der vierten BAT II a-Stelle sind ebenfalls zwei Angestellte zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses mit jeweils der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Angestellten tätig (die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen F. und O.). Diese Mitarbeiterinnen sind allerdings im Umfang von jeweils 30 v.H. mit Aufgaben betraut, die der Lehre zuzuordnen sind (insgesamt 4,8 LVS). Um diesen Wert, der die von der Hochschule ihrer Berechnung zu Grunde gelegte Rechengröße von 4 LVS um 0,8 LVS übersteigt, ist das Berechnungsergebnis zu korrigieren.
Einer weiteren Korrektur bedarf die von der Hochschule in Ansatz gebrachte Lehrverpflichtung von vier LVS für die Inhaberin der W 1-Stelle (Juniorprofessorin). Diese Stelleninhaberin wurde mit Wirkung vom 10. November 2003 in die Planstelle der Besoldungsgruppe W 1 eingewiesen. Hinsichtlich ihrer Lehrverpflichtung wurde sie darauf verwiesen, dass sich diese „aus der Verordnung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen (LVVO) in der jeweils geltenden Fassung“ ergebe. Die Regellehrverpflichtung von Juniorprofessorinnen und -professoren ist jedoch in der Lehrverpflichtungsordnung vom 11. Februar 2000 noch nicht normiert. Die Antragsgegnerin hat deshalb auf der Grundlage eines Erlasses des Nds. Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vom 10. April 2003 (Az.: 25.4-70040/4(49)), der seinerseits auf einen entsprechenden Beschluss der Wissenschafts- und Kultusministerien der Länder über die Lehrverpflichtung an Hochschulen vom 5. Dezember 2002 verweist, die Lehrverpflichtung der Juniorprofessorin mit 4 LVS angenommen und diesen Wert in die Kapazitätsberechnung für den Studiengang Psychologie eingestellt.
Die Kammer hält indes - wie auch das Niedersächsische OVG (Beschl. vom 29.06.2003, 2 NB 859/04 -; Beschl. vom 30.11.2004, 2 NB 430/03) - eine Lehrverpflichtung von nur vier LVS für Juniorprofessorinnen und -professoren in Anbetracht der dienstrechtlichen Stellung eines solchen Hochschullehrers und der mit dieser Funktionsstelle verbundenen Aufgabenbereiche nicht für angemessen. Bei einer derart geringen Lehrverpflichtung würden die Unterschiede aufgehoben, die zwischen den in Abhängigkeit von einem habilitierten Lehrstuhlinhaber in der Lehre eingesetzten wissenschaftlichen Assistenten und den Juniorprofessoren bestehen, die eigenverantwortlich lehren und forschen sollen (vgl. hierzu: Knopp/Gutheil, Neues Hochschulrecht - Reform mit Haken?, NJW 2002, 2828; Hoins, Die Juniorprofessur als Zentralfigur der Personalstrukturreform an den Hochschulen, NVwZ 2003, 1434). Andererseits kann eine Lehrverpflichtung von 8 LVS, wie sie die habilitierten Professoren und Professorinnen haben, ebenfalls nicht angenommen werden, denn im Gegensatz zu den habilitierten Lehrstuhlinhabern muss der Juniorprofessor innerhalb des befristeten Zeitraums seiner Anstellung noch für eine (endgültige) Berufung arbeiten. Wenngleich er nicht mehr mit der erheblichen Arbeitsbürde einer Habilitation belastet ist, ist der Juniorprofessor jedoch gehalten, erhebliche Zeit auf die Schärfung seines wissenschaftlichen Profils zum Erwerb der für die Erlangung einer Lebenszeitprofessur notwendigen wissenschaftlichen Zusatzqualifikation aufzuwenden; diese umfänglichen Arbeiten beschneiden in aller Regel den zeitlichen Umfang seines Einsatzes in der Lehre (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. vom 30.11.2004, aaO., m.w.N.). Die Kammer hält deshalb eine Lehrverpflichtung von 6 LVS bei Juniorprofessorinnen und -professoren auch bereits in den ersten drei Jahren ihrer Anstellung für geboten. Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass ausweislich des Vorlesungsverzeichnisses der Antragsgegnerin für das Wintersemester 2004/05 die Stelleninhaberin tatsächlich auch deutlich mehr Lehrleistungen erbringt als sie von der Antragsgegnerin mit 4 LVS angenommen worden sind.
Die Summe der Lehrveranstaltungsstunden beträgt hiernach 86,8 LVS. Zu den Lehrdeputaten der Stelleninhaber von insgesamt 86,8 LVS kommen Lehrauftragsstunden (§ 10 KapVO) im Umfang von 12,5 LVS hinzu, die der Lehreinheit für den Ausbildungsaufwand nach § 13 Abs. 1 KapVO in dem hier maßgeblichen Bemessungszeitraum durchschnittlich je Semester zur Verfügung gestanden haben.
Von dem Lehrangebot (99,3 LVS) sind schließlich wegen des Dienstleistungsbedarfs des Studiengangs Medienwissenschaften (Magister) 1,8253 LVS abzuziehen. An der Ausbildung in dem an der Hochschule für Bildende Künste geführten Studiengang, der auf eine Kooperationsvereinbarung der beiden Hochschulen vom 18. Februar 1997 zurückzuführen ist (§ 2 Abs. 7 Satz 2 NHG), ist die Lehreinheit Psychologie in den Pflichtfachbereichen Wahrnehmungslehre und Medienpsychologie (Grundstudium) beteiligt. Der darauf entfallende Curricularnormwertanteil beläuft sich auf 0,1723 und ergibt unter Berücksichtigung der für diesen Studiengang um einen etwaigen Schwund bereinigten Zahl von Studienanfängern (25 x 0,8475 = 21,1875) einen Dienstleistungsbedarf von 1,8253 LVS je Semester (0,1723 x 21,1875 : 2 = 1,8253). Insoweit ist die Berechnung der Antragsgegnerin, in der von 35 Plätzen (jährlich) im Studiengang Medienwissenschaften (Magister) ausgegangen worden war, zu korrigieren.
Danach ergibt sich ein bereinigtes Lehrangebot von insgesamt 97,4747 LVS.
Aus der Gegenüberstellung von bereinigtem Lehrangebot und bereinigter Lehrnachfrage des Studienganges nach Lehrveranstaltungsstunden wird die personalbezogene Ausbildungskapazität abgeleitet. Die Lehrnachfrage, die dem Betreuungsaufwand aller an der Ausbildung eines Studenten beteiligten Lehreinheiten während des gesamten Studiums entspricht, wird mit dem in der Kapazitätsverordnung festgesetzten Curricularnormwert (CNW) zum Ausdruck gebracht. Dieser CNW beläuft sich für den Studiengang Psychologie (Diplom) auf insgesamt 4,0 (§ 13 Abs. 1 i.V.m. Anl. 2 Abschn. A I KapVO). Den auf die Ausbildung in der Lehreinheit Psychologie (Diplom) entfallenden CNW-Eigenanteil hat die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der Anteile, die auf die ebenfalls am Lehrangebot für den Studiengang Psychologie beteiligten Lehreinheiten Biowissenschaften (0,1999), Pädagogik (0,1333) und Mathematik (0,2666) entfallen, zutreffend mit 3,4002 ermittelt (vgl. hierzu: VG Braunschweig, Beschl. vom 03.05.1991 - 6 C 6055/91 u.a.-; OVG Lüneburg, Beschl. vom 24.09.1991 - 10 N 5449/91 -; Beschl. vom 22.12.1993 - 10 N 5838/93 u.a. -).
Sind - wie es hier ab dem Wintersemester 1996 der Fall ist - einer Lehreinheit mehrere Studiengänge zugeordnet, so sind für jeden Studiengang Anteilsquoten zu bilden, die in ihrer Summe die jährliche Gesamt-Aufnahmekapazität der Lehreinheit wiedergeben (§ 12 Abs. 1 KapVO). Die Anteilsquoten werden aus dem Verhältnis der jährlichen Aufnahmekapazität der einzelnen Studiengänge zur Summe der jährlichen Aufnahmekapazität aller Studiengänge dieser Lehreinheit gebildet. Durch Multiplikation der Anteilsquoten mit den Curricularanteilwerten der der Lehreinheit zugeordneten Studiengänge wird ein gewichteter Curricularanteil ermittelt (Formel 4 der Anlage 1 § 6 KapVO), der sich insgesamt auf 3,4160 beläuft und dem bereinigten Lehrangebot gegenüberzustellen ist:
Studiengang | CAp | zp | CAp x zp |
Psychologie (Diplom) | 3,4002 | 0,9499 | 3,2298 |
Psychologie (Magister) | 3,7334 | 0,0499 | 0,1862 |
3,4160 |
Dieser Rechengang führt bei Anwendung der Formel 5 zu einer jährlichen Aufnahmekapazität (Ap) von 54,2102 Plätzen für Studienanfänger im Studiengang Psychologie (Diplom) zum Wintersemester 2002/03:
Ap = 2 x 97,4747 : 3,4160
Ap = 57,0694 x 0,9499
Ap = 54,2102
Dieses Ergebnis ist gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 16 KapVO um einen Schwundausgleich zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass die Zahl der Abgänge von Studenten in höheren Fachsemestern wegen des Studienabbruches, des Fach- oder eines Hochschulwechsels in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge. Für ein derartiges Schwundverhalten ist nach den Berechnungen der Antragsgegnerin in Bezug auf die Studiendauer von neun Semestern im Studiengang Psychologie (Diplom) ein Wert von 1,0201 anzusetzen.
Hinsichtlich der Schwundberechnung ist nicht zu beanstanden, dass dort in zwei Fällen Übergangskoeffizienten von höher als 1,0 einbezogen worden sind. Ein Anspruch darauf, dass eine im Verhältnis zur Kohorte oder Zulassungszahl eines Vorsemesters höhere Zahl von Studenten im Folgesemester nicht vollständig berücksichtigt wird, besteht nicht (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. vom 30.07.1996, Nds. Rpfl 1996, 297 m.w.N.). Ob diese Erhöhung seinen Grund in einer „Überbuchung“ hatte und sich die Erwartung, die Zuweisung einer höheren Zahl von Studienplätzen an Studienbewerber werde sich um die voraussichtlichen Nichtannahmen von Studienplätzen ausgleichen, in Einzelfällen nicht erfüllt hatte, kann im Rahmen dieses Verfahrens nicht geklärt werden. Rechtliche Bedenken gegen eine solche Verfahrensweise bestünden ohnehin nicht.
Danach beträgt die jährliche Aufnahmekapazität an der Antragsgegnerin insgesamt 55,2998 (54,2102 x 1,0201; gerundet: 55) Studienplätze im Studiengang Psychologie (Diplom). Die Antragsgegnerin hat 54 Studienplätze an Studienanfänger vergeben, sodass es der Verteilung eines weiteren Studienplatzes nach Maßgabe der in der Beschlussformel getroffenen Anordnung bedarf.
Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich des Antragstellers zu 9) aus § 154 Abs. 1 VwGO, in den übrigen Verfahren aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Die Kammer hält an ihrer bisherigen Rechtsprechung fest, auch in Verfahren zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Hinblick auf die mit einer solchen Regelung in aller Regel verbundene Vorwegnahme der Entscheidung in einem nachfolgenden Klageverfahren den Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG anzunehmen. An dieser Beurteilung ändert sich nichts dadurch, dass einige Antragsteller lediglich die Einbeziehung in ein gerichtlich angeordnetes Verteilungsverfahren begehren. Diesen Anträgen kann keine geringere Bedeutung beigemessen werden, da sie bei verständiger Würdigung des Antragsbegehrens letztlich ebenfalls auf die Zuteilung eines vollen Studienplatzes gerichtet sind (vgl. hierzu auch: OVG Bremen, Beschl. vom 24.06.1987, JurBüro 1987, 1525; OVG Lüneburg, Beschl. vom 24.10.1977, DVBl. 1977, 997 [OVG Nordrhein-Westfalen 19.09.1977 - V A 879/76]; Beschl. vom 17.07.1978, SchlHA 1978, 178 m.w.N.).