Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 02.12.2004, Az.: 3 A 78/04
Erstausstattung; Interessenwahrungsgrundsatz; Kostenerstattung; Pflegestelle
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 02.12.2004
- Aktenzeichen
- 3 A 78/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50213
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 39 Abs 3 SGB 8
- § 86c SGB 8
- § 89c SGB 8
- § 89f SGB 8
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Aus § 89 f. Abs. 1 S. 1 SGB VIII ergibt sich in Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, dass die Interessen des kostenerstattungspflichtigen Trägers der Jugendhilfe zu wahren sind. In Anbetracht dieses Interessenwahrungsgrundsatzes ist der kostenerstattungsberechtigte Jugendhilfeträger daher verpflichtet, über entscheidungsreife Anträge auf Annexleistungen (§ 39 Abs. 3 SGB VIII) vor einem absehbaren Zuständigkeitswechsel zu entscheiden, um hinsichtlich dieser Leistungen eine Kostenerstattungspflicht aus § 89c Abs. 1 S. 1 SGB VIII gar nicht erst zur Entstehung gelangen zu lassen.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 1.150,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
I. Die Beteiligten streiten um eine Kostenerstattung gemäß § 89c Abs. 1 S. 1 SGB VIII.
Das 1995 geborene Kind A. M. wohnte nach dem Tod ihres Vaters zusammen mit ihrer allein sorgeberechtigten Mutter und ihren Geschwistern im Bereich der Klägerin. Die Familie erhielt von der Klägerin sozialpädagogische Familienhilfe gemäß § 31 SGB VIII. Seit August 2002 hielt sich A. M. bei der Familie ihrer Tante auf. In einer Erziehungskonferenz am 30.10.2002 wurde verabredet, dass sie dort verbleiben soll. Mit Bescheid vom 05.11.2002 bewilligte die Klägerin der Mutter von A. M. Hilfe nach §§ 27, 33 SGB VIII in der Form von Unterbringung in der Familie der Tante als Pflegefamilie (ab 01.11.2002). Gleichzeitig kündigte die Klägerin dem Beklagten an, dass der Rest der Familie M. zum 01.12.2002 nach D. ziehen werde und bat um Übernahme des Verfahrens zu diesem Zeitpunkt, da sich mit dem Umzug der sorgeberechtigten Mutter die örtliche Zuständigkeit ändern werde.
Nach telefonischer Ankündigung am 18.11.2002 ging am 22.11.2002 bei der Klägerin über den Pflegeelternberater, Herrn E., ein Antrag auf Bewilligung einer einmaligen Beihilfe für die Erstausstattung der Pflegestelle betreffend A. M. ein. Mit Bescheid vom 10.01.2003 bewilligte die Klägerin der Pflegemutter eine einmalige Beihilfe in Höhe von 1.150,00 EUR als Erstausstattungspauschale. Mit Bescheid vom 14.01.2003 wurde der Pflegemutter seitens der Klägerin Pflegegeld gemäß § 39 SGB VIII gewährt.
Unter dem 14.04.2003 erkannte der Beklagte gegenüber der Klägerin seine örtliche Zuständigkeit gemäß § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII ab 01.12.2002 sowie seine Kostenerstattungspflicht gemäß § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII für die Zeit vom 01.12.2002 bis 31.05.2003 an und übernahm den Hilfefall zum 01.06.2003. Gleichzeitig wurde vorsorglich darauf hingewiesen, dass eine Erstattungspflicht in Bezug auf die (erst) am 10.01.2003 bewilligte Beihilfe zur Erstausstattung der Pflegestelle nicht bestehe. Mit Schriftsatz vom 23.05.2003 wies die Klägerin auf die Bearbeitung des Antrages nach den Hamburger Richtlinien hin und darauf, dass die Entscheidung wegen der dortigen Personal- und Arbeitssituation erst im Januar habe erfolgen können.
Nach weiterem Schriftverkehr hat die Klägerin am 24.03.2004 Klage erhoben und begehrt die Erstattung der Erstausstattungspauschale seitens des Beklagten. Zur Begründung trägt sie vor, die Bewilligung der Erstausstattungspauschale sei am 10.01.2003 in Anbetracht des erst am 22.11.2002 eingegangenen Antrages im Rahmen üblicher Bearbeitungsfristen nach den Hamburger Richtlinien, die keine Frist zur Antragstellung vorsehen, erfolgt. Auch wenn es dem Grunde nach richtig sei, dass die Leistung bei Aufnahme des Kindes in die Pflegefamilie (hier August 2002) sofort notwendig sei, habe keine frühere Entscheidung von Amts wegen ohne Antrag erfolgen können. Vielmehr obliege es den Pflegeeltern, ob und wann einmalige Hilfen geltend gemacht würden, ebenso wie die Entscheidung über die Verwendung der Mittel. Im Übrigen entstünden auch Erstattungsansprüche gemäß §§ 102-105 SGB X kraft Gesetzes erst in dem Augenblick, in dem die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erstattungsanspruch erfüllt seien. Der Erstattungsanspruch entstehe in der Regel mit der Erbringung der Sozialleistung, d. h. dann, wenn der Leistungsträger sie durch Verwaltungsakt bewilligt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beklagte eindeutig zuständig gewesen. Obwohl der Zuständigkeitswechsel dem Beklagten schon mit Schriftsatz vom 05.11.2002 angekündigt worden sei, sei die Übernahme erst zum 01.06.2003 erfolgt. Hätte der Beklagte den Hilfefall zum Zeitpunkt des gesetzlichen Zuständigkeitswechsels unverzüglich selbst übernommen, hätte dieser im Rahmen seiner eigenen örtlichen Zuständigkeit selbst entscheiden müssen. In diesem Fall hätte dieser auch selbst entscheiden können, ob ein Anspruch bestanden habe. Werde Hilfe zur Erziehung erst zu einem späteren Zeitpunkt gewährt, stehe der Gewährung einer einmaligen Beihilfe als Erstausstattung nichts im Wege, wenn die Mittel tatsächlich anlässlich der Aufnahme des Kindes benötigt würden. Dies sei über den Pflegeelternberater festgestellt worden. Da der Beklagte den Fall nicht direkt übernommen habe, müsse dieser die Entscheidung respektieren, die sie im Rahmen ihrer Kompetenz getroffen habe. Der geltend gemachte Zinsanspruch folge aus § 291 BGB i. V. m. § 90 VwGO.
Er beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihr in der Zeit vom 01.12.2002 bis 31.05.2003 nicht erstattete Jugendhilfekosten in Höhe von 1.150,00 EUR zuzüglich 5 % Prozesszinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshändigkeit zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, ihn treffe keine Erstattungspflicht in Bezug auf die Erstausstattungspauschale. Aufgewendete Kosten seien nach § 89f SGB VIII zu erstatten, soweit die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften des SGB VIII entspreche. Eine Erstausstattungsbeihilfe im Rahmen von § 33 SGB VIII diene der Erstausstattung der Pflegestelle mit den erforderlichen Einrichtungsgegenständen wie Möbeln und Bettwäsche, der Einkleidung sowie dem persönlichen Bedarf des Kindes. Die Pauschale stehe damit zwangsläufig in unmittelbarem Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kindes in eine Pflegestelle. A. M. habe sich bereits seit August 2002 bei ihren Pflegeeltern aufgehalten, seit 01.11.2002 sei seitens der Klägerin Hilfe zur Erziehung geleistet worden. Erst am 10.01.2003 sei aufgrund von personellen Engpässen bei der Klägerin über die Erstausstattungspauschale entschieden worden. Wäre die Leistung zeitgerecht bewilligt worden, um die beabsichtigte Zweckbestimmung im Sinne des SGB VIII erfüllen zu können, wäre die Klägerin von vornherein endgültiger Kostenträger gewesen. In Anbetracht dieses zeitlichen Ablaufs bestünden Zweifel an der Notwendigkeit der gewährten Hilfe dem Grunde nach. Selbst wenn noch ein Erfordernis für eine Erstausstattung bestanden habe, hätte die Klägerin nach Eingang des Antrages am 22.11.2002 und vorheriger telefonischer Ankündigung am 18.11.2002 noch zeitgerecht im November über den Antrag entscheiden müssen. Es entspreche auch nicht der Praxis, dass ein Jugendamt Akten zur Übernahme an ein anderes zuständig gewordenes Jugendamt abgebe, in denen sich noch nicht beschiedene Anträge befinden. Eine Fallübernahme erfolge in der Regel dann, wenn der Vorgang übernahmefähig sei, d. h. alle anhängig gewordenen Verfahren abgeschlossen seien. Im Bereich der Klägerin gestellte Anträge auf einmalige Beihilfen hätten somit vor einer Aktenübernahme auch dort entschieden und die Kosten von dieser getragen werden müssen. Jedenfalls sei der Antrag auf Gewährung der strittigen Beihilfe zu einem Zeitpunkt gestellt worden, als seine Verpflichtung zur Kostentragung noch nicht bestanden habe. Dieser Antrag habe sich daher an die für die Entscheidung und Kostentragung zuständige Klägerin gerichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren sowie die Verwaltungsvorgänge der Beteiligten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
II. Die zulässige Leistungsklage hat keinen Erfolg. Der Beklagte hat die Erstattung der Kosten für die seitens der Klägerin mit Bescheid vom 10.01.2003 gewährte Erstausstattungsbeihilfe für eine Pflegestelle in Höhe von 1.150,00 EUR zu Recht abgelehnt. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Erstattung aus § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zu.
Nach § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sind Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen seiner Verpflichtung nach § 86c SGB VIII aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, der nach dem Wechsel der Zuständigkeit zuständig geworden ist. § 86c Satz 1 SGB VIII regelt die Fortdauer der Leistungsverpflichtung bei einem Zuständigkeitswechsel. Wechselt die örtliche Zuständigkeit, so bleibt der bisher zuständige örtliche Träger solange zur Gewährung der Leistung verpflichtet, bis der nunmehr zuständige örtliche Träger die Leistung tatsächlich fortsetzt. Damit soll sichergestellt werden, dass der Wechsel der örtlichen Zuständigkeit im Interesse des Jugendhilfeberechtigten nicht zur Unterbrechung oder Verzögerung der Jugendhilfeleistung führt (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 - 5 C 52.01 -, Buchholz 436.511 § 89c KJHG/SGB VIII Nr. 2). § 86c SGB VIII stellt damit eine Verlängerung der materiellen Anspruchsgrundlage dar, die einen nahtlosen Hilfeprozess ermöglicht. Dementsprechend gilt die Verpflichtung unabhängig von der Frage, warum der neue Träger die alte Leistung nicht (sofort) weiter gewährt. Eine Leistungspflicht des alten Trägers besteht nur dann, wenn er mit der Gewährung der Leistung schon tatsächlich begonnen hat und er in der Vergangenheit materiell-rechtlich örtlich zuständig war (vgl. für alles Vorstehende Kunkel in LPK-SGB VIII, § 86c Rn. 1, 2).
Im vorliegenden Fall bestimmte sich die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers für Jugendhilfemaßnahmen in Anbetracht des Todes des Vaters von A. M. nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der allein sorgeberechtigten Mutter (§ 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII). Da die Mutter zunächst in F. wohnte, war die Klägerin dementsprechend für die mit Bescheid vom 05.11.2002 bewilligte Hilfe zur Erziehung durch Unterbringung ihrer Tochter in einer Pflegefamilie gemäß §§ 27, 33 SGB VIII örtlich zuständig. Mit dem Umzug der Mutter in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten am 01.12.2002 ist der Beklagte für diese bereits begonnene Jugendhilfeleistung örtlich zuständig geworden. Da der Beklagte erst unter dem 14.04.2003 den Hilfefall zum 01.06.2003 übernahm und die Leistung damit im Sinne von § 86c Satz 1 SGB VIII fortsetzte, war die Klägerin auch im Zeitraum vom 01.12.2002 bis 31.05.2003 zur Gewährung der Leistung weiter verpflichtet. Der Beklagte war vor diesem Hintergrund gemäß § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zur Erstattung der in diesem Zeitraum aufgewendeten Kosten verpflichtet, was er unter dem 14.04.2003 auch grundsätzlich für die dem Kind nach § 39 Abs. 1, 2 SGB VIII gewährten laufenden Leistungen anerkannt hat.
Der Beklagte ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass eine Kostenerstattungspflicht für die über § 39 Abs. 3 SGB VIII bewilligte einmalige Erstausstattungsbeihilfe nicht besteht. Zwar ist davon auszugehen, dass über § 39 Abs. 3 SGB VIII gewährte einmalige Beihilfen oder Zuschüsse, wie die hier umstrittene Beihilfe zur Erstausstattung einer Pflegestelle, Annexleistungen zu den Jugendhilfeleistungen nach §§ 32-35a SGB VIII darstellen, für deren Bewilligung bei einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit ebenfalls die Zuständigkeitsregelung aus § 86c Abs. 1 SGB VIII gilt. Die Tatsache, dass die Erstausstattungspauschale seitens der Klägerin mit Bescheid vom 10.01.2003, d. h. während des grundsätzlichen Erstattungszeitraumes vom 01.12.2002 bis 31.05.2003 bewilligt wurde, spricht zunächst für eine Kostenerstattungspflicht des Beklagten. Der Anspruch scheitert jedoch daran, dass die Klägerin mit der Bewilligung dieser Beihilfe erst am 10.01.2003 bzw. mit der Geltendmachung einer Kostenerstattung für diese Leistung gegen den so genannten Interessenwahrungsgrundsatz verstoßen hat. Insoweit ist anerkannt, dass der zunächst für das Bundessozialhilfegesetz (vgl. § 111 BSHG) entwickelte Interessenwahrungsgrundsatz über § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII auch im Jugendhilferecht gilt (vgl. Stähr in Hauck, SGB VIII: K § 89f Rn. 10; Zink/Bramann in Mergler/Zink, BSHG, § 111 Rn. 11b). Danach sind die aufgewendeten Kosten (nur) zu erstatten, soweit die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften dieses Buches entspricht. Damit ist zunächst ausgesagt, dass Art, Form und Umfang der Leistungen den Bestimmungen des SGB VIII entsprechen müssen. Andererseits ergibt sich aus der Regelung in Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auch, dass die Interessen des kostenerstattungspflichtigen Trägers der Jugendhilfe zu wahren sind. Der Hilfe gewährende Träger hat die Pflicht, alle nach Lage des Einzelfalles zumutbaren und möglichen Maßnahmen und Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich sind, um die erstattungsfähigen Kosten möglichst niedrig zu halten. Bei Verletzung des Interessenwahrungsgrundsatzes durch den kostenerstattungsberechtigten Träger mindert sich dessen Anspruch oder entfällt sogar ganz (vgl. für die Regelung des § 111 BSHG: OVG Lüneburg, B. v. 16.01.2002 - 4 L 4201/00 -, FEVS 54, 171 ff.). Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben kann sich der grundsätzlich Erstattungsberechtigte auf den Erstattungsanspruch dann nicht berufen, wenn er es ohne berechtigten Grund unterlässt, Maßnahmen durchzuführen, die einen Wegfall oder eine Minderung seines Anspruchs zur Folge haben würden (vgl. Stähr in Hauck, SGB VIII, a. a. O.). Insoweit ist der kostenerstattungsberechtigte Jugendhilfeträger zum einen verpflichtet, je nach Art der Jugendhilfeleistung ggf. die Heranziehung Kostenersatzpflichtiger oder die Geltendmachung anderer Kostenerstattungsansprüche zu prüfen und zu veranlassen. Zum anderen ist er in Anbetracht dieses Interessenwahrungsgrundsatzes nach Ansicht der Kammer verpflichtet, bei einem absehbaren Wechsel der örtlichen Zuständigkeit über gestellte und entscheidungsreife Anträge auf Annexleistungen vor dem Zuständigkeitswechsel zu entscheiden, um hinsichtlich derartiger Leistungen eine Kostenerstattungspflicht nach § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gar nicht erst zur Entstehung gelangen zu lassen.
Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin nach dem Grundsatz von Treu und Glauben eine Erstattung der Erstausstattungspauschale in Höhe von 1.150,00 EUR nicht verlangen. Nach den vorgelegten Verwaltungsunterlagen wusste die Klägerin bereits Anfang November 2002, dass die Mutter von A. M. zum 01.12.2002 in den Bereich des Beklagten umziehen und damit ein Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zu diesem Zeitpunkt stattfinden würde. Am 18.11.2002 wurde ihr vorab telefonisch über den Pflegeelternberater angekündigt, dass seitens der Pflegeeltern von A. M. die Bewilligung einer Erstausstattungspauschale für die Pflegestelle gemäß § 39 Abs. 3 SGB VIII beantragt werden würde. Dieser Antrag ging dann am 22.11.2002 bei der Klägerin ein. Da mit der Beantragung über den Pflegeelternberater gleichzeitig der tatsächliche Bedarf für die Erstausstattungspauschale festgestellt war, brauchten zur Bescheidung dieses Antrages keinerlei weitere Ermittlungen etc. angestellt werden. Vor diesem Hintergrund sind keine sachlichen Gründe ersichtlich, warum über den gestellten Antrag erst tatsächlich mit Bescheid vom 10.01.2003 und damit erst im Kostenerstattungszeitraum entschieden wurde. Der Schriftsatz der Klägerin an den Beklagten vom 23.05.2003 spricht eindeutig dafür, dass die Bearbeitung des Antrages aufgrund der damaligen Personal- und Arbeitssituation erst so spät erfolgte. Da der Antrag bereits bei seinem Eingang entscheidungsreif war und die zügige Bearbeitung auch deshalb notwendig erscheint, weil A. M. bereits seit August 2002 in der Pflegestelle war, hätte dieser innerhalb des noch verbliebenen Zeitraums von acht Tagen bis zum Wechsel der örtlichen Zuständigkeit entschieden werden können und müssen. Jedenfalls widerspräche es Treu und Glauben, wenn die Nichtbearbeitung entscheidungsreifer Anträge bei der Klägerin über unstreitig vorliegenden Bedarf zu einer Kostenerstattungspflicht des Beklagten führen würde.
Nach alledem ist die Klage mit der für die Klägerin negativen Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, § 188 Satz 2 2. Halbs. VwGO abzuweisen. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, §711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 13 Abs. 2 GKG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.12.1975 / BGBl. I S. 3047).