Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 31.01.2007, Az.: 14 U 12/06

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
31.01.2007
Aktenzeichen
14 U 12/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 59377
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2007:0131.14U12.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Stade - 4 O 304/04

Fundstellen

  • IBR 2007, 657 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
  • OLGReport Gerichtsort 2007, 317-320

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Erteilt ein Gericht entgegen § 139 Abs. 4 ZPO einen rechtlichen Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung , muss es der betroffenen Partei ebenso ausreichend Gelegenheit zur Reaktion hierauf geben.

  2. 2.

    Ein zur Unwirksamkeit von Klauseln führender Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt bereits vor, wenn die Klauseln eine objektive Eignung zur Irreführung aufweisen; eine Täuschungsabsicht ist nicht erforderlich.

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 28. November 2006 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht König, die Richterin am Oberlandesgericht Apel und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Wessel

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 15. November 2005 abgeändert und neu gefasst wie folgt:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 48. 000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. November 2002 zu zahlen.

    Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtliche weiteren Schäden oder Kosten zu ersetzen, die ihnen aus Anlass der Beseitigung der Mängel entstehen, die in dem Gutachten des Dipl. Ing. Christian Wiebe vom 28. Mai 2002 über Schäden an Winddichtungsfolien in dem Wohnhaus Schwester Anna Straße 16 in 27632 Dorum festgestellt sind.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 65. 000 €.

Gründe

1

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatz bzw. Kostenvorschuss zur Beseitigung mangelhafter Werkleistungen.

2

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst Bezug genommen auf das angefochtene Urteil (Bl. 145 f. d. A.).

3

Am 13. Juli 1999 unterschrieben die Kläger eine mit "Kaufvertrag" überschriebene Vereinbarung, mit der sie als Bauherren die damals von der Beklagten als Alleininhaberin geführte Firma "Das Vörder Holzhaus" als Auftragnehmerin beauftragten, "... ein Wohnblockhaus ... zu einem Gesamtfestpreis von 88. 240 DM zu liefern". Als "Vertragsgrundlage und Vertragsbestandteile" wurden die angefügte "Allgemeine Leistungsbeschreibung und Vertragsbedingungen Anlage A" vereinbart. Dort war wiederum festgehalten, dass die Leistungsbeschreibung Bestandteil der vertraglichen Vereinbarung sei. Sodann hieß es (auszugsweise):

4

"Für die Ausführung der Leistung wird die VOB Teil C zugrunde gelegt. Teil B der VOB gilt ebenfalls als vereinbart, sofern keine anderen Regelungen getroffen werden. ... Gewährleistungspflichtig ist der Auftragnehmer, die Gewährleistung erfolgt nach VOB. Ausgenommen hiervon sind Eigenleistungen des Auftraggebers. Bei Mängelstreitigkeiten ist die Entscheidung eines gemeinsam zu benennenden Bausachverständigen maßgebend... Der Auftragnehmer hat das Recht, die von ihm erstellten Häuser vor Übergabe an den Auftraggeber besichtigen zu lassen. Die Hausübergabe erfolgt nach gemeinsamer Begehung und anhand eines Übergabeprotokolls. Festgestellte Mängel werden in entsprechender Frist beseitigt" (vgl. dazu Bl. 9 und 10 d. A.).

5

In den Vertragsbedingungen hieß es zudem unter XIX.:

6

"Eine Bauaufsicht erfolgt für die im Gewerkvermittlungsvertrag benannten Leistungen" (vgl. Bl. 14 d. A.).

7

Seitens der Beklagten wurde der Vertrag vom 13. Juli 1999 unterzeichnet von einem Herrn Joachim Achterberg. Mit ihm schlossen die Kläger am selben Tag einen "Auftrag zur Vermittlung von Gewerkausführungen/Dienstleistungen zum BV Allmeling ... zum Kaufvertrag mit Das Vörder Holzhaus vom 13. Juli 1999", mit dem die Kläger "die Firma Joachim Achterberg" beauftragten, bestimmte, im Einzelnen aufgeführte Leistungen an die jeweils für das Angebot verantwortliche Firma in Auftrag zu geben. Insoweit sollte die Abrechnung "generell direkt zwischen dem Bauherrn/der Bauherrin und dem ausführenden Betrieb" erfolgen. Die Firma Joachim Achterberg sollte jedoch die "vereinbarten Leistungen" zwischen dem Bauherrn/der Bauherrin und den jeweiligen Handwerksbetrieben "koordinieren". Vertragsbestandteile dieses "Gewerkvermittlungsvertrags" vom 13. Juli 1999 waren wiederum der "Kaufvertrag mit Das Vörder Holzhaus" sowie die "Allgemeine Leistungsbeschreibung und Vertragsbedingungen der Firma Das Vörder Holzhaus" und die "Anlage A zum Kaufvertrag mit Das Vörder Holzhaus" (vgl. Bl. 16 und 17 d. A.).

8

Nach Errichtung des Hauses zeigten sich verschiedene Mängel. Dies veranlasste die Kläger zur Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens (6 OH 13/00 LG Stade). In diesem Verfahren ist ein Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. Gerdes am 2. Februar 2001 erstattet worden. Der Sachverständige stellte eine Reihe von Mängeln fest und errechnete für diese Mangelbeseitigungs bzw. Minderungskosten in Höhe von 3. 570 DM, wobei hier ausdrücklich ausgenommen blieben die Kosten wegen mangelhafter Winddichtigkeit bzw. einer Zugerscheinung im Gebäude (vgl. dazu S. 7, 16 und 18 des Sachverständigengutachtens Gerdes). Die Kläger haben darauf den Sachverständigen für Schäden an Gebäuden Dipl. Ing. Christian Wiebe zur Begutachtung der Zugerscheinungen sowie einer mangelhaften Dampfsperre beauftragt. Im Gutachten vom 28. Mai 2005 (Bl. 18 f. d. A.) errechnet der (Privat )Sachverständige Wiebe Gesamtkosten für die Mangelbeseitigung von 41.809,13 € zuzüglich Ausbau der Möbel, des gesamten Hausrats und der Einbauküche aus dem Haus und Zwischenlagerung in einem Container sowie der weiter anfallenden Kosten wegen der Nichtbewohnbarkeit des Hauses über einen Zeitraum von zwei Monaten (vgl. S. 27 des Gutachtens Wiebe, Bl. 42 d. A.).

9

Die Kläger sind der Ansicht, bei dem vorliegenden Vertragswerk handele es sich insgesamt um einen Werkvertrag (vgl. Bl. 5 f. d. A.). Die Bezeichnung als "Kaufvertrag", die vor allem die Beklagte für maßgeblich hält, sei demgegenüber unbeachtlich.

10

Das Landgericht hat sich mit Verfügung vom 26. Mai 2003 (Bl. 70 f. d. A.) zunächst der Ansicht der Kläger zur rechtlichen Bewertung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags angeschlossen, entsprechend mündlich verhandelt (vgl. Protokoll vom 22. August 2003, Bl. 93 d. A.) und daraufhin zum Beweis der von den Klägern behaupteten Mängel ein Sachverständigengutachten eingeholt (Beschluss vom 12. September 2003, Bl. 98 d. A.). Der gerichtlich bestellte Sachverständige Dipl. Ing. Hans Schmidt hat in seinem Gutachten vom 13. April 2004 die von den Klägern behaupteten Mängel bestätigt und die Mangelbeseitigungskosten mit 48. 198 € beziffert (vgl. S. 21 des Gutachtens).

11

Nach Eingang des Gutachtens hat der damals noch zuständige Einzelrichter der 6. Zivilkammer des Landgerichts Stade umgehend Termin zur mündlichen Verhandlung für den 9. Juli 2004 bestimmt (vgl. Verfügung vom 25. April 2004, Bl. 114 R d. A.). Wegen Verhinderung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat dieser Verhandlungstermin nicht durchgeführt werden können. Weil die 6. Zivilkammer des Landgerichts Stade im Zuge des allgemeinen "Stellenabbaus" in der Justiz aufgelöst wurde, ist wegen des damit unvermeidlichen Kammer und Dezernentenwechsels in der anschließend zuständigen 4. Zivilkammer des Landgerichts Stade ein neuer Termin zur Verhandlung erst auf den 12. Juli 2005 anberaumt worden (vgl. Verfügung vom 9. März 2005, Bl. 126 d. A.). Auch dieser Termin hat wiederum aufgrund einer persönlichen Verhinderung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht stattfinden können (vgl. Bl. 131 d. A.). Daraufhin ist der Termin auf den 8. November 2005 verlegt worden (Bl. 132 d. A.).

12

In der Verhandlung vom 8. November 2005 hat der erkennende Einzelrichter der 4. Zivilkammer die Parteien - erstmals - darauf hingewiesen, dass er - entgegen der dem bisherigen Prozessverlauf zugrundeliegenden Rechtsauffassung des Gerichts, die auch zur Einholung des Sachverständigengutachtens geführt hat der Ansicht ist, es bestünden "nicht unerhebliche Zweifel am Zustandekommen eines Werkvertrags zwischen den Klägern und der Beklagten". Die Kläger haben gegen diese Rechtsauffassung der Kammer, die ihnen bis dahin insbesondere nicht durch einen Hinweis bekannt gemacht worden war, mündlich erwidert und insbesondere darauf hingewiesen, dass der für die Beklagte handelnde Herr Achterberg die wesentlichen Entscheidungen in Bezug auf die Beauftragung der Handwerker getroffen habe und sie "nicht wirklich eigene Einflussmöglichkeiten auf die Beauftragung der Handwerker besessen" hätten, und dies näher erläutert. Das Gericht hat diesen Vortrag der Kläger als verspätet gewürdigt und ohne weiteres Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt auf den 15. November 2005 (vgl. im Einzelnen im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2005, Bl. 138 f. d. A.).

13

Das Landgericht hat die Klage der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsauffassung entsprechend abgewiesen.

14

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Kläger, die in zweiter Instanz ihren Klageantrag gemäß den Berechnungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Schmidt erhöht haben und beantragen,

  1. das angefochtene Urteil abzuändern und

    1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 48. 000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Eintritt der Rechtshängigkeit zu zahlen sowie

    2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtliche weiteren Schäden bzw. Kosten zu ersetzen, die ihnen aus Anlass der Beseitigung der Mängel, die in dem Gutachten des Dipl. Ing. Christian Wiebe vom 28. Mai 2002 festgestellt sind, entstehen.

15

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

  1. die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach und Streitstands wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

17

II.

Die Berufung ist insgesamt begründet. Die Beklagte war deshalb antragsgemäß zu verurteilen.

18

1. Die Kammer hat (grob) verfahrensfehlerhaft die Rechte der Kläger aus Art. 103 Abs. 1 GG auf rechtliches Gehör verletzt.

19

Zunächst wäre der erkennende Einzelrichter gemäß § 139 Abs. 4 ZPO gehalten gewesen, nach Möglichkeit noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 8. November 2005 einen Hinweis auf die geänderte Bewertung des Vertragswerks (als nunmehr Kaufvertrag) zu erteilen, um der davon nachteilig betroffenen Partei den Klägern Gelegenheit zu geben, ihre weitere Prozessführung darauf einzurichten (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 139 Rn. 14). Wenn das Gericht jedoch wie vorliegend entgegen § 139 Abs. 4 ZPO den Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung erteilt, muss es der betroffenen Partei ebenso ausreichend Gelegenheit zur Reaktion hierauf geben. In Anbetracht des bisherigen Prozessverlaufs hätte die Kammer also die mündliche Verhandlung nicht ohne weiteres schließen dürfen, sondern entweder gemäß § 139 Abs. 5 i. V. m. § 296 a Satz 2 ZPO einen Schriftsatznachlass gewähren, ins schriftliche Verfahren übergehen oder vertagen müssen (vgl. ausdrücklich BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, WM 2006, 2328, insbesondere Rz. 4 f. der Entscheidungsgründe). Dass das Landgericht trotz der für die Kläger völlig überraschenden Meinungsänderung den unverzüglichen mündlichen Vortrag der Kläger zu dem Hinweis als verspätet gewürdigt und dann ohne weiteres eine Woche nach Schluss der mündlichen Verhandlung das Urteil verkündet hat, beeinträchtigte die Kläger ebenfalls in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör. Denn auch durch die fehlerhafte Anwendung des Präklusionsrechts wurde den Klägern rechtliches Gehör versagt (vgl. Zöller/Gummer/Heßler a. a. O., § 538 Rn. 22 m. w. N.).

20

Trotz des daraus folgenden gravierenden Verfahrensmangels ist die Sache nicht an das Landgericht zurückzuverweisen, weil sie ohne weiteres insgesamt vom Senat entschieden werden kann.

21

2. Denn entgegen der Ansicht des Landgerichts, die der klageabweisenden Entscheidung zugrunde liegt, ist das vorliegende Vertragswerk zwischen den Parteien nicht nach Kaufvertrags , sondern nach Werkvertragsrecht zu beurteilen. Der Senat hat hierauf bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2006 hingewiesen, worauf Bezug genommen wird (vgl. im Protokoll Bl. 287 d. A.).

22

a) Es kann dahinstehen, ob die Leistung der Beklagten, soweit sie über die bloße Lieferung des Baumaterials hinausging, insgesamt als Werkvertrag oder als Baubetreuungsvertrag einzustufen ist. Denn auch im letzteren Fall richtete sich die Gewährleistung hinsichtlich des Bauwerks nach Werkvertragsrecht gemäß §§ 633 f. BGB (vgl. BGH NJW RR 1998, 1169; Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl., § 675 Rn. 15 m. w. N.). Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag vom 13. Juli 1999 übernahm die Beklagte als Auftragnehmerin für das "von ihr erstellte" Haus die Gewährleistung nach VOB. Darüber hinaus sollte die Hausübergabe nach gemeinsamer Begehung anhand eines Übergabeprotokolls erfolgen, festgestellte Mängel sollten dann in entsprechender Frist beseitigt werden. Bis zur Übergabe des Hauses hatte die Beklagte eine Bauwesenversicherung abzuschließen. Darüber hinaus übernahm sie auch für die im Gewerkvermittlungsvertrag benannten Leistungen die Bauaufsicht. All diese Regelungen wären gegenstandslos gewesen, wenn die Beklagte allein für die Lieferung des Baumaterials hätte einstehen wollen. Sie muss sich dagegen an dem insoweit klaren und unmissverständlichen Wortlaut der Leistungsbeschreibung und Vertragsbedingungen festhalten lassen, die sie selbst zum Vertragsinhalt gemacht hat (vgl. Bl. 9 f. d. A.). Zudem lag auch die Vermittlung der Gewerkausführungen und Dienstleistungen zum Bauvorhaben der Kläger in Händen ihres Vertreters Achterberg, wie sich aus dem ebenfalls am 13. Juli 1999 unterzeichneten Gewerkvermittlungsvertrag ergibt (Bl. 16 f. d. A.). Damit übernahm die Beklagte nicht nur für die Lieferung des Materials die Verantwortung, sondern auch für die Planung, Errichtung und Abwicklung des Hausbaus insgesamt.

23

b) Das Schreiben der Kläger vom 7. Januar 2000 (Bl. 66 d. A.), mit dem die Kläger gegenüber der Firma BMH Blockhaus-Montagen Habighorst unter anderem auf verschiedene Mängel des Hauses hinwiesen, ändert an der rechtlichen Bewertung des Vertragsverhältnisses nichts. Zum einen ist das Schreiben selbst nicht hinreichend eindeutig, weil danach die Auftragsentziehung gegenüber der Firma BMH Blockhaus-Montagen Habighorst durch Herrn Achterberg und nicht durch die Kläger ausgesprochen wurde. Die Kläger haben lediglich Herrn Achterberg aufgefordert, das Vertragsverhältnis mit der Firma BMH zu beenden. Die tatsächliche Entscheidung lag also bei Herrn Achterberg. Dies haben sie im Rahmen der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 8. November 2005 noch näher dargelegt, was vom Landgericht allerdings übergangen worden ist (vgl. Bl. 139 unten d. A.).

24

In jedem Fall kann aus dem Inhalt des Schreibens nicht geschlossen werden, dass die Beklagte für etwaige Mängel im Zuge der Bauausführung nicht weiter einstehen wollte. Auch wenn es in dem Gewerkvermittlungsvertrag vom 13. Juli 1999 heißt, die Gewährleistung nach VOB für die vereinbarte Leistung übernehme der jeweils ausführende Handwerksbetrieb (Bl. 16 d. A.), ändert das nichts daran, dass nach der Allgemeinen Leistungsbeschreibung und den Vertragsbedingungen des "Kaufvertrags" vom 13. Juli 1999 die Beklagte (zumindest auch) die Gewährleistung insgesamt übernommen hat.

25

c) Etwaig verbleibende Zweifel oder Unklarheiten bei dem Verständnis oder der Auslegung der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehen zu ihren Lasten, § 5 AGBG (i.V.m. Art. 229 § 5 EGBGB - ebenso § 305 c Abs. 2 BGB ). Die Beklagte hat innerhalb der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, "die alten Vertragsunterlagen übernommen und lediglich zum Teil die vorher enthaltenen Vertragsbedingungen gestrichen" zu haben (Bl. 288 d. A.). Es handelte sich demnach bei der Allgemeinen Leistungsbeschreibung und den Vertragsbedingungen um für eine Vielzahl von Fällen vorformulierte Klauseln. Es wäre also Sache der Beklagten als Verwenderin dieser Vertragsbedingungen gewesen, sich klar und unmissverständlich auszudrücken. Das vorliegende Vertragswerk geht jedoch in eine andere Richtung. Die Auftraggeber werden damit dem äußeren Anschein nach im Glauben gehalten, mit der Beklagten einen Vertragspartner zu haben, der insgesamt gewährleistungspflichtig ist. Andererseits dient es dazu - wie der vorliegende Fall anschaulich zeigt - bei Bedarf etwaige Ansprüche der Auftraggeber unter Verweis auf die jeweils passende Auslegung bzw. Klausel des gesamten Vertragswerks abzuwehren. Diese nach Ansicht des Senats bewusst hingenommene Zweideutigkeit des Vertragswerks darf nicht zu Lasten der Kläger, also der Auftraggeber, gehen.

26

Die Beklagte kann sich auch nicht damit entlasten, sie habe unter dem Druck der Krankheit ihres Vaters im Jahre 1998 quasi über Nacht "eine neue Firma anmelden" müssen, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt hat. Denn die Leistungsbeschreibung und die Vertragsbedingungen weisen ausdrücklich im Titel den "Stand 01.07.1999" auf (vgl. Bl. 10 d. A.). Sie sind also offensichtlich zeitnah vor dem hier maßgeblichen Vertragsschluss aktualisiert, zumindest aber gebilligt worden. Darüber hinaus wäre es möglich gewesen, im Hinblick auf die angeblich nur gewollte Lieferung von Bausätzen eindeutige Vertragsbedingungen zu stellen. Schließlich scheint die Beklagte auch im Folgenden also nach dem 13. Juli 1999 den schlüsselfertigen Bau von Holzhäusern, also nicht nur die Lieferung von Material dazu, angeboten zu haben, wie die von den Klägern mit nachgelassenem Schriftsatz vom 4. Dezember 2006 überreichte Anzeige vom 16. September 2000 zeigt (Bl. 292 d. A.). Demgegenüber ist der Vortrag der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 8. Januar 2007 (Bl. 297 f. d. A.) nicht nachvollziehbar. Wie erwähnt können sich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht bloß auf frühere Bauvorhaben bezogen haben. Im Übrigen wäre das auch unerheblich, weil sie ausdrücklich in den Vertrag einbezogen wurden.

27

d) Eine entgegenstehende Vereinbarung ist im Folgenden nicht getroffen worden. Zu diesem Punkt war keine Beweisaufnahme erforderlich. Denn die Beklagte hat nie behauptet, es sei tatsächlich etwas anderes vertraglich vereinbart worden, als in dem schriftlich vorgelegten Vertragswerk dokumentiert. Insbesondere hat sie nicht vorgetragen, die Parteien hätten einen abweichenden schriftlichen Vertrag geschlossen. Bloße mündliche Nebenabreden, Änderungen und Ergänzungen wären dagegen ohne schriftliche Bestätigung unbeachtlich gewesen gemäß Ziffer 15. der Vertragsbedingungen im Vertrag vom 13. Juli 1999 (vgl. Bl. 14 d. A.). Demnach kommt es auf die Bekundungen des Zeugen Achterberg zum Inhalt der Gespräche nicht entscheidend an.

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e) Unter den gegebenen Umständen hielte es der Senat letztlich auch für treuwidrig, wenn sich die Beklagte bei der von ihr initiierten Vertragsgestaltung einschließlich des umfangreichen Klauselwerks und der ungewöhnlichen Verbindung zwischen (angeblichem) Kaufvertrag mit Gewerkvermittlungsvertrag und Übernahme der Gewährleistung für die Hauserrichtung etc. auf eine reine kaufrechtliche Gewährleistung für die Materiallieferung beriefe. Soweit einzelne Bestimmungen in dem Klauselwerk der Beklagten dafür sprechen könnten, benachteiligten sie die Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und wären deshalb gemäß § 9 AGBG ( § 307 Abs. 1 BGB ) unwirksam. Denn eine unangemessene Benachteiligung kann sich daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist (vgl. Palandt/Heinrichs a. a. O., § 307 Rn. 16 f. m. w. N.). Zumindest gegen das daraus folgende Transparenzgebot hat die Beklagte bei der Gestaltung ihres Vertragswerks verstoßen. Denn ein solcher Verstoß liegt bereits vor, wenn die Klauseln eine objektive Eignung zur Irreführung aufweisen; eine Täuschungsabsicht ist nicht erforderlich (vgl. Palandt/Heinrichs a. a. O., Rn. 24 m. w. N.). Wie ausgeführt hat die Beklagte jedoch nach der Allgemeinen Leistungsbeschreibung und den Vertragsbedingungen vom 1. Juli 1999 wenigstens den Eindruck erweckt, die Bauaufsicht und anschließend die Gewährleistung für das Bauwerk zu übernehmen. Soweit dies tatsächlich nicht der Fall hätte sein sollen, weil im Folgenden die Gewährleistung für die vereinbarte Leistung der jeweils ausführende Handwerksbetrieb übernehmen sollte (Bl. 16 d. A.), hätte dies die Kläger im Hinblick auf die übrigen Vereinbarungen unangemessen benachteiligt und wäre entsprechend unwirksam.

29

3. Die Beklagte hat daraus folgend für die Mängel der Bauleistung, soweit sie jedenfalls Gegenstand des vorliegenden Prozesses sind, nach § 635 BGB a. F. (Art. 229 § 5 EGBGB) Schadensersatz zu leisten.

30

Wie mehrfach erwähnt hat sie für die Erstellung des Hauses die Bauaufsicht übernommen, diese aber nicht vertragsgerecht wahrgenommen. Denn das Haus ist - entgegen Abs. 3 der Allgemeinen Leistungsbeschreibung zu dem Vertrag vom 13. Juli 1999 - insbesondere nicht den Bestimmungen der VOB/C gemäß errichtet worden. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Schmidt in seinem Gutachten vom 13. April 2004 (die im Übrigen wesentlich übereinstimmen mit den Feststellungen des Privatsachverständigen Wiebe vom 28. Mai 2002, vgl. ausdrücklich S. 17 unten des Gutachtens Schmidt) sind die Außenwände und die Geschossdecke des Hauses der Kläger mangelhaft ausgebildet, da die Luftdichtigkeit nicht handwerksgerecht und nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechend hergestellt wurde (vgl. insbesondere S. 11 des Gutachtens Schmidt). Zur Herstellung einer vertragsgemäßen, den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden und die öffentlich rechtlichen Anforderungen erfüllenden Konstruktion muss die luftdichte Ebene freigelegt werden, d. h., es ist die Bekleidung und die Zusatzdämmung des Hauses zu entfernen, danach müssen die Fehlstellen geschlossen und gegebenenfalls Leitungen umgelegt werden, dann ist die Zusatzdämmung wieder einzubauen, eventuell dabei beschädigte Dämmplatten müssen ausgetauscht und die raumseitige Bekleidung neu montiert und gestaltet werden. Hierfür ist es erforderlich, das Haus zu räumen (vgl. u. a. S. 19 des Sachverständigengutachtens Schmidt).

31

4. Die Höhe des den Klägern zuzusprechenden Schadensersatzes bemisst sich nach den gutachterlich festgestellten Kosten, die zur Beseitigung der Mängel erforderlich sein werden. Der Sachverständige Schmidt hat diese "in grober Annäherung geschätzt" auf 48. 000 € (S. 21 des Gutachtens). Der Senat schließt sich dieser Schätzung an. Die Beklagte trägt dagegen auch nichts Wesentliches vor.

32

Für den Abzug von "Sowiesokosten" besteht keine Veranlassung. Die Beklagte hat die Gewährleistung übernommen für die mangelfreie Errichtung eines Holzblockhauses zu einem bestimmten Preis (vgl. auch Bl. 15 d. A.). Hieran bleibt sie gebunden, auch wenn sich die von ihr zu verantwortende Ausführungsart nachträglich als unzureichend erwiesen hat und gegebenenfalls nunmehr aufwendigere Maßnahmen erforderlich sein sollten (vgl. grundlegend BGHZ 91, 206 sowie BGH BauR 1987, 207). Die Beklagte hat nach der Allgemeinen Leistungsbeschreibung ausdrücklich für die Ausführung der Leistungen die VOB Teil C zugrunde gelegt (vgl. Bl. 10 d. A.). Wie sachverständig festgestellt entspricht das Haus nicht diesen Anforderungen. Dass die Mangelhaftigkeit des Hauses auf einer bestimmten Ausführungsart, die die Kläger gewünscht haben, beruht, wird nicht behauptet und ist nicht ersichtlich. Es sind demnach auch keine Zusatzarbeiten nach den Wünschen der Kläger gesondert zu vergüten.

33

5. Auch der Feststellungsantrag ist begründet. Der Sachverständige hat wie ausgeführt die Kosten nur in grober Annäherung geschätzt auf 48. 000 €. Ausdrücklich hat er darauf hingewiesen, dass die tatsächlichen Kosten nach oben "in erheblichem Umfang abweichen" und erst nach erfolgter Planung durch Einholung von Angeboten ermittelt werden können. Außerdem könnten bei Durchführung der Nachbesserung weitere Mängel und Defizite entdeckt werden (vgl. S. 20 des Gutachtens). Die Kläger haben deshalb ein entsprechendes Interesse daran, die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten in Bezug auf mögliche weitere Schäden festgestellt zu bekommen.

34

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 ZPO.

35

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, vgl. § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwertbeschluss:

7. In Anbetracht der erheblichen Mängel des Hauses und der bislang nur ungefähr feststehenden Kosten zur Mängelbeseitigung hält der Senat im Rahmen der Streitwertfestsetzung den Feststellungsantrag mit 1. 000 € im Gegensatz zum Landgericht für zu niedrig bemessen und hat deshalb hier einen Betrag von 4. 000 € angesetzt. Demgemäß erhöht sich der Streitwert auf die Gebührenstufe bis 65. 000 €.