Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 04.01.2007, Az.: 8 U 134/06

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
04.01.2007
Aktenzeichen
8 U 134/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 59306
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2007:0104.8U134.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 05.05.2006 - AZ: 8 O 8/05

Fundstelle

  • OLGReport Gerichtsort 2007, 686-689

In dem Rechtsstreit

...

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. Mai 2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

  2. Die Klage wird abgewiesen.

  3. Die Kosten beider Rechtszüge hat der Kläger zu tragen.

  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

2

Das angefochtene Urteil beruht auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1, 1. Alt., 546 ZPO). Auch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen die Entscheidung des Landgerichts nicht (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO). Das Urteil stellt sich ferner nicht aus einem anderen Grund als richtig dar (§ 561 ZPO analog). Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Entschädigungsanspruch aus §§ 1, 49 VVG i. V. m. §§ 12, 13 AKB wegen des behaupteten Diebstahls seines Pkws Mercedes E 240 zu.

3

Es kann offen bleiben, ob der Kläger schon das äußere Bild eines Kraftfahrzeugdiebstahls nicht nachgewiesen hat, das regelmäßig den Schluss auf eine Entwendung zulässt, weil konkrete Tatsachen vorliegen, die ihn als unglaubwürdig erscheinen lassen (vgl. BGH VersR 1993, 571 [BGH 17.03.1993 - IV ZR 11/92]), was der Senat ohne eine eigene persönliche Anhörung des Klägers i. S. von § 141 ZPO - die Parteivernehmung des Klägers von Amts wegen durch das Landgericht war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 448 ZPO verfahrensfehlerhaft - nicht zu beurteilen vermag. Ein Ersatzanspruch des Klägers entfällt hier nämlich schon deshalb, weil die Beklagte wegen schuldhafter Verletzung der dem Kläger nach § 7 Ziff. I Nr. 2 S. 3 der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) obliegenden Aufklärungspflicht gem. § 7 Ziff. V Nr. 4 AKB i. V. m. § 6 Abs. 3 VVG von ihrer etwaigen Leistungspflicht frei geworden ist.

4

1. Der Versicherungsnehmer ist nach Eintritt des Versicherungsfalls gem. § 7 Ziff. I Nr. 2 S. 3 AKB verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes dienlich sein kann. Hierzu gehört auch die Pflicht, den Versicherer wahrheitsgemäß und vollständig über solche Umstände zu unterrichten, die für die Feststellung und die Regulierung des Schadens von Bedeutung sind (vgl. Urteil des Senats vom 25. März 2004 - 8 U 225/02 -, veröffentlicht in: r + s 2006, 446, 447). Der Kläger hat diese Obliegenheit nach dem Eintritt des Versicherungsfalls hinsichtlich des Abstellorts (a), des Vorschadens vom 20. Oktober 2003 (b) und der Gesamtlaufleistung seines Pkws (c) verletzt.

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a) Der Kläger trägt vor, seinen Pkw Mercedes ... auf einem öffentlichen Parkplatz abgestellt zu haben, der sich am Kopf der Sackgasse L.-Straße zwischen der S.-Straße und der H. A. in H. befindet. Bei der dem behaupteten Diebstahlsereignis unmittelbar folgenden Anzeigenerstattung am 12. Juni 2004 gegen 2:30 Uhr auf der Polizeidienststelle A. W. hat er jedoch eine Ortsbeschreibung abgegeben, die den aufnehmenden Polizeibeamten als Abstellort "S..-Straße, Parkplatz hinter L." hat notieren lassen (Bl. 3 der zu Informationszwecken beigezogenen Ermittlungsakten 1533 UJs 353479/04 der Staatsanwaltschaft Hannover). In der am 17. Juni 2006, d. h. fünf Tage später ausgefüllten Schadenanzeige an die Beklagte hat der Kläger zum Abstellort mit dem Klammerzusatz "(habe Straßennamen vergessen)" schlicht auf den Polizeibericht verwiesen (Bl. 32 d. A.). Am 7. Juli 2004, also weitere 20 Tage später, hat er im ergänzenden Fragebogen der Beklagten deren Mitarbeiter D. W. als Abstellort wiederum "S.-Straße hinter dem Motorradhändler ... an der Straße abgestellt auf einem Parkplatz" (Bl. 216 d. A.) und "auf der Straße, hinter dem Motorradgeschäft" (Bl. 217 d. A.) eintragen lassen. Erst nachdem der Mitarbeiter W. den Hinterhof des Motorradgeschäfts L. besichtigt und festgestellt hatte, dass der Kläger dort sein Fahrzeug nicht abgestellt haben konnte, weil die Parkplätze nachts mit Sperrbügeln verschlossen sind, hat der Kläger diesem gegenüber erklärt, er habe seinen Pkw nicht auf dem Hof der Firma L., sondern an der Straße auf einem Parkplatz abgestellt, zu dem man gelange, wenn man vom Lokal "B." an der H. A. aus gesehen in Richtung V.-Straße die erste Straße rechts einbiege und dann gleich wieder links fahre.

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Anders als das Landgericht meint, lässt sich dieses Verhalten in keiner Weise mit der Behauptung des Klägers vereinbaren, er habe schon einige Tage nach dem Diebstahl anlässlich der Überprüfung seiner polizeilichen Angaben festgestellt, dass der betreffende Parkplatz nicht in der S.-Straße, sondern an der Ecke L.-Straße/St.-Straße liege, sei daraufhin nochmals zur Polizei gegangen und habe einen anderen Polizisten auf den Fehler aufmerksam gemacht. Seiner Parteiaussage zufolge soll dies sogar nur einen Tag nach seiner Strafanzeige passiert sein. Das dahingehende Vorbringen ist durch den Umstand, dass er fünf Tage nach der angeblichen Entwendung angegeben hat, den "Straßennamen vergessen" zu haben und 25 (!) Tage danach immer noch "S.-Straße hinter dem Motorradhändler ... an der Straße abgestellt auf einem Parkplatz" hat schreiben lassen, widerlegt. Wenn er tatsächlich einen bis einige Tage nach dem 12. Juni 2004 aufgrund gezielter Überprüfung den Straßennamen bei der Polizei korrigiert hätte, hätte er fortan den richtigen Straßennamen verwendet. Dieser taucht aber erstmals in der Klageschrift auf.

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Der Parkplatz L.-Straße/St.-Straße ist entgegen der Darstellung des Klägers mit "in unmittelbarer Nähe der H. A. hinter dem Motorradgeschäft L. auf einem dort befindlichen Parkplatz" auch nicht aus der Perspektive der Polizeidienststelle W. zutreffend beschrieben. Von dort aus nach Süden gesehen liegen die Firma L. und der Parkplatz L.-Straße/St.-Straße ungefähr auf gleicher Höhe. Hinter dem Motorradgeschäft verläuft die S.-Straße und eben nicht die L.-Straße. Die Geschäftsräume der Firma L. eignen sich auch nicht etwa wegen ihrer Nähe zu dem Parkplatz zur Beschreibung des behaupteten Abstellorts. Sie liegen zwar ebenfalls an der H. A., aber nicht in dem an den Parkplatz angrenzenden Block, sondern einen ganzen Block weiter.

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Damit steht jedenfalls fest, dass der Kläger gegenüber der Beklagten mit "S.-Straße hinter dem Motorradhändler ... auf einem Parkplatz" einen objektiv falschen Abstellort angegeben hat.

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b) Auch die Fragen der Beklagten nach Vorschäden an seinem Pkw Mercedes hat der Kläger objektiv falsch beantwortet. Weder auf die Frage nach einer Unfallbeteiligung noch nach sonstigen Schäden oder Mängeln im Fragebogen der Beklagten vom 17. Juni 2004, aber auch nicht auf die Frage im Ergänzungsfragebogen vom 7. Juli 2004 "Haben Sie mit dem Fahrzeug einen Unfall oder einen sonstigen Schaden gehabt?" hat er den von der D. C. AG, Niederlassung H., am 21. Oktober 2003 mit 1 047,10 € veranschlagten (Bl. 39 ff. d. A.) und am 12. Februar 2004 vom V. Versicherungsdienst (im Folgenden: VVD) mit 700,00 € regulierten Parkschaden vom 20. Oktober 2003 im Frontbereich seines Fahrzeugs angegeben. Die Fragen sind nicht missverständlich, sondern eindeutig. Sie beziehen sich auf Schäden jeglicher Art, von denen das Fahrzeug in der Vergangenheit betroffen war, ob repariert oder nicht, ob Unfallschaden oder sonstiger Schaden. Der Sinn solcher Fragen ist dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer klar. Sie zielen darauf ab zu erfahren, welche Schäden vorher, also vor dem angezeigten Versicherungsfall, an dem Fahrzeug aufgetreten waren; denn frühere Schäden können, wie allgemein bekannt ist, den Marktwert eines Fahrzeugs auch dann beeinflussen, wenn sie repariert sind (vgl. BGH VersR 2002, 173 [BGH 05.12.2001 - IV ZR 225/00]).

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Angesichts des von der Fachwerkstatt ermittelten Reparaturaufwandes von 1 047,10 € handelte es sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht um eine bloße Bagatelle, sondern um einen anzeigepflichtigen Vorschaden, der für die Feststellung der Höhe des Schadens ersichtlich von Bedeutung war.

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c) Des Weiteren hat der Kläger sowohl bei der Polizei als auch in beiden Fragebögen durchgehend mit "ca. 165 000" eine objektiv falsche Gesamtlaufleistung seines Fahrzeugs angegeben, weil diese ausweislich der Reparatur-Kalkulation des VVD vom 12. Februar 2004 (Bl. 42 d. A.) bereits damals, d. h. exakt vier Monate vor dem behaupteten Diebstahl, 170 216 km betragen hatte. Selbst wenn der Kläger, wie im Ergänzungsfragebogen angegeben, seitdem täglich nur 20 km gefahren wäre, wären bei 120 Tagen noch 2 400 km dazugekommen, so dass die Laufleistung auf 172 616 km gestiegen wäre. Der Kläger gesteht sogar zu, dass es 175 000 km gewesen sein mögen, worauf der erstinstanzlich beauftragte Sachverständige Dipl. Ing. P. H., I., die Gesamtlaufleistung in seinem Gutachten vom 25. Oktober 2005 (Bl. 105 ff. d. A.) dann auch unbeanstandet geschätzt hat. Dies ist von den angegebenen 165 000 km aber nicht mehr gedeckt, auch wenn es sich dabei um eine circa-Angabe handelte. Unter "ca. 165 000 km" ist nach allgemeinem Sprachempfinden maximal der Bereich zwischen 163 000 und 167 000 km zu verstehen, sodass die Abweichung mindestens 8 000 km beträgt.

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2. Aus den objektiv unzutreffenden Angaben des Klägers folgt Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 7 Ziff. I Nr. 2 S. 3, Ziff. V Nr. 4 AKB i. V. m. § 6 Abs. 3 VVG, worauf sie sich mit ihrem Ablehnungsschreiben vom 17. August 2004 (Bl. 51 d. A.) ausdrücklich berufen hat. Der Kläger hat die gegen ihn sprechende Vorsatzvermutung (§ 6 Abs. 3 S. 1 VVG) nicht widerlegt:

13

a) Die mindestens bis zum 7. Juli 2004 aufrechterhaltene Falschangabe des Abstellorts des Pkw Mercedes kann der Kläger allein mit fehlender eigener Ortskenntnis auf der einen und einer missverständlichen Interpretation seiner Angaben auf der anderen Seite nicht entschuldigen. Die angebliche Berichtigung bei der Polizei ist widerlegt.

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b) Augrund der unmissverständlichen Fragestellung der Beklagten musste dem Kläger ohne weiteres klar sein, dass er den Vorschaden vom 21. Oktober 2003 anzugeben hatte. Dass er diese Fragen verstanden, sich mit ihnen beschäftigt und dazu nähere Gedanken gemacht hat, kommt darin zum Ausdruck, dass er im Ergänzungsfragebogen einen anderen kleineren Schaden ("nur Steinschlag an Windschutzscheibe") angegeben hat. Zudem hatte sich der Parkschaden keine acht Monate vor dem angezeigten Diebstahl ereignet und war nur vier Monate vorher reguliert worden, sodass er dem Kläger noch präsent gewesen sein musste. Hinzu kommt, dass der Kläger den Kostenvoranschlag der D. C. AG über diesen Vorschaden selbst in Auftrag gegeben hatte.

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Vor diesem Hintergrund ist seine Erklärung, er habe den Parkschaden nicht als Unfall gewertet und deshalb an dieses Ereignis auch gar nicht "gedacht", als er nach Unfällen gefragt worden sei, nicht nachvollziehbar, zumal die betreffenden Fragen gerade nicht auf Unfallschäden beschränkt waren.

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c) Soweit der Kläger vorträgt, er habe die angegebene Gesamtlaufleistung von 165 000 km aus seiner Erinnerung heraus geschätzt, vermag nicht zu überzeugen, dass er trotz täglicher Nutzung des Pkws nicht gewusst haben will, ob auf dem Tacho an zweiter Stelle eine "6" oder eine "7" stand.

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3. Nach den Grundsätzen der sog. Relevanz-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH VersR 1984, 228 [BGH 07.12.1983 - IVa ZR 231/81]) tritt bei vorsätzlichen, aber für den Versicherer folgenlos gebliebenen Verletzungen der Aufklärungspflicht Leistungsfreiheit allerdings nur ein, wenn die Verletzung generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden (a) und wenn dem Versicherungsnehmer ein nicht nur geringfügiges Verschulden zur Last fällt (c). Ferner muss er über den Entritt der Leistungsfreiheit des Versicherers bei derartigen Obliegenheitsverletzungen ausreichend belehrt worden sein (b). Diese Voraussetzungen sind gegeben.

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a) Dass der Kaskoversicherer für seine Regulierungsentscheidung über die Umstände der behaupteten Entwendung und damit auch über den Abstellort wahrheitsgemäß informiert sein muss, liegt auf der Hand. Die Falschangabe des Abstellorts ist offensichtlich ausschlaggebend dafür, dass die Beklagte dem Kläger bis heute nicht glaubt, dass der angezeigte Diebstahl überhaupt stattgefunden hat, und deshalb auch den im ersten Rechtszug auf Widerruf abgeschlossenen Vergleich widerrufen hat.

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Falsche Angaben zu Vorschäden und zur Laufleistung sind ebenfalls generell geeignet, die berechtigten Interessen des Versicherers in ernster Weise zu gefährden. Sie können dazu führen, dass eine den Wert des Fahrzeugs übersteigende Entschädigung gezahlt wird (vgl. BGH VersR 2002, 173, 174 [BGH 05.12.2001 - IV ZR 225/00]). Hinsichtlich des verschwiegenen Parkschadens ist dies dadurch bewiesen, dass das vom Landgericht zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. H. wegen des als nicht repariert angesehenen Frontschadens einen Abschlag in Höhe von 700,00 € vorgenommen hat. Dem ist das Landgericht im angefochtenen Urteil gefolgt, ohne dass der Kläger insoweit Anschlussberufung eingelegt hat. Dass der Vorschaden unrepariert und damit als wertmindernder Faktor relevant geblieben ist, ist somit als nunmehr zugestanden anzusehen. Abgesehen davon war das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers zur behaupteten Reparatur durch einen "befreundeten Kfz.-Mechaniker" trotz des durchgehenden Bestreitens seitens der Beklagten weder nach Zeit, Ort und näheren Umständen substantiiert noch hat er den Kfz.-Mechaniker dafür als Zeugen benannt. Soweit der Kläger dazu Zeugenbeweis durch Vernehmung des Rechtsanwalts S. K. angetreten hat, der ihn wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung vor dem Amtsgericht Braunschweig vertreten und nach dem Termin den klägerischen Pkw "in Augenschein genommen" hat, erschließt sich nicht, warum dieser ausgerechnet darauf geachtet haben soll, ob das vordere Kennzeichen eingedrückt war. Das Abplatzen des dahinter befindlichen Lacks und der Ausfall des Park-Tronic-Systems waren von außen ohnehin nicht erkennbar.

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Zu der mit ca. 165 000 km angegebenen Gesamtlaufleistung ist dem Kläger zwar zuzugeben, dass es einer unter 10 % liegenden Abweichung von der tatsächlichen Laufleistung, insbesondere jenseits einer Gesamtlaufleistung von 100 000 km, in der Regel der versicherungsrechtlichen Relevanz fehlt (vgl. OLG Köln r + s 1997, 317, 318). Vorliegend ist aber ausnahmsweise eine andere Beurteilung geboten, weil es sich nicht um die einzige Falschangabe des Klägers handelt, sondern diese im Zusammenhang mit den falschen Angaben zum Abstellort und zum Vorschaden zu würdigen ist.

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b) Die erteilten Belehrungen in beiden Fragebögen sind inhaltlich zutreffend und entsprechen den Anforderungen (vgl. BGH VersR 1998, 447 [BGH 21.01.1998 - IV ZR 10/97]).

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c) Von einem nur geringen Verschulden des sowohl in der Schadenanzeige als auch im Ergänzungsfragebogen jeweils unmittelbar vor der Unterschriftenzeile in drucktechnisch hervorgehobener Form über die mögliche Folge einer Obliegenheitsverletzung belehrten Klägers ist nicht auszugehen, zumal er sämtliche seiner Falschangaben in Kenntnis der eventuellen Auswirkungen bei seiner ergänzenden Befragung aufrecht erhalten hat. Es handelt sich hier jedenfalls in der Gesamtschau nicht mehr um ein Fehlverhalten, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen kann und für das ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen hat (vgl. BGH VersR 1986, 1233).

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4. Der Kläger kann sich schließlich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten den verschwiegenen Parkschaden durch Einsicht in die sog. Wagnisdatei ohne weiteres hätte feststellen können, weil der den Vorschaden regulierende VVD eng mit der Beklagten zusammenarbeitet.

24

Anders als der Kläger meint, ist § 33 Abs. 2 VVG auf die Aufklärungspflicht und die entsprechenden, Obliegenheiten begründenden Versicherungsbedingungen nicht entsprechend anwendbar; denn diese Regelungen tragen dem Gedanken Rechnung, dass der Versicherer, um sachgemäße Entschlüsse fassen zu können, sich darauf verlassen muss, dass der Versicherungsnehmer von sich aus richtige und lückenlose Angaben über den Versicherungsfall macht. Enttäuscht der Versicherungsnehmer dieses Vertrauen, indem er vorsätzlich Fragen des Versicherers nicht richtig beantwortet, so kann er sich hinterher nicht darauf berufen, der Versicherer habe den wahren Sachverhalt von dritter Seite rechtzeitig erfahren oder sich die erforderlichen Kenntnisse anderweitig verschaffen können. Diese strengen Anforderungen sind allerdings nur dann und solange gerechtfertigt, wie der Versicherer selbst noch keine Kenntnis über die nicht angegebenen Umstände besitzt. Fehlt dagegen ein Aufklärungsbedürfnis des Versicherers, weil die maßgeblichen Umstände bereits bekannt sind, verletzen unzulängliche Angaben des Versicherungsnehmers keine schutzwürdigen Interessen des Versicherers und können deshalb auch die Sanktion der Leistungsfreiheit nicht rechtfertigen (vgl. BGH NJW 2005, 1185, 1186 m. w. N.). So liegt der Fall hier aber nicht.

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Es ist zwar unstreitig, dass die Beklagte aufgrund eigener Recherchen festgestellt hat, dass der Pkw Mercedes des Klägers am 20. Oktober 2003 einen Frontschaden erlitten hatte. Diese Recherchen hat sie aber ihrem Vorbringen zufolge, dem der Kläger nicht mit Substanz entgegengetreten ist, erst durchgeführt, nachdem aufgrund der Angaben des Klägers Zweifel an deren Richtigkeit entstanden waren. Allein die Möglichkeit der Beklagten, über eine versicherungsübergreifende Datenbank entsprechende Vorschäden abzufragen, genügt jedoch zur Beseitigung des Aufklärungsbedürfnisses des Versicherers nicht (vgl. Urteil des Senats vom 10. November 1994 - 8 U 162/93 -, veröffentlicht in: VersR 1995, 1347; OLG Bremen VersR 1998, 1149, 1150; OLG Saarbrücken r + s 2006, 277 und 1998, 139 f.; OLGR Oldenburg 2004, 549, 550; OLG Stuttgart r + s 2006, 64, 65). Ein solches Wissen muss sich der Versicherer vielmehr nur dann zurechnen lassen, wenn ihm der betreffende Vorschaden bei der Bearbeitung des Versicherungsfalls aufgrund organisatorischer Maßnahmen unweigerlich bekannt wird, etwa weil ein entsprechendes EDV-Programm diesen dem Erstbearbeiter automatisch anzeigt (vgl. OLGR Oldenburg 2004, 549, 550). Dass dies vorliegend der Fall war, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

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II.

Nach alledem war der Berufung mit der Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 ZPO stattzugeben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

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Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.