Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 12.12.2002, Az.: 2 A 217/01

angrenzende Flächen; Erzeugungsregion; Inselregion; Nachbarschaftsregelung; Stilllegungsfläche

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
12.12.2002
Aktenzeichen
2 A 217/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43407
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Für die Landwirte begünstigende Anwendung der Nachbarschaftsregelung in Art. 23 Abs. 4 VO (EG) 2316/1999 bei Flächenstilllegungen ist auf ein tatsächliches Angrenzen der Region nicht der Inselregion abzustellen

Tenor:

Der Bescheid des Beklagten vom 3. Januar 2001 über die teilweise Rücknahme der Zuwendungsbescheide vom 30. November 1999 und 31. März 2000 und die Rückforderung von Zuwendungen (Agrarförderung 1999) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Lüneburg vom 27. März 2001 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für das Antragsjahr 2000 auch die beantragte Stilllegungsbeihilfe für 22,0664 ha Fläche in der Region 3 sowie die Beihilfe für die Getreide- und Ölsaatenflächen ohne Kürzung aufgrund einer zu geringen Stilllegungsfläche zu bewilligen und den Bescheid des Beklagten vom 30. November 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Lüneburg vom 27. März 2001 aufzuheben, soweit sie diesem Verpflichtungsbegehren entgegenstehen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Zuwendungen.

2

Der Kläger ist Landwirt. Er bewirtschaftet Flächen in den niedersächsischen Ertragsregionen 3 und 4. Die Region 4 erfasst zwei räumlich getrennte Teile, nämlich einen nördlichen Bereich (Landkreise Harburg, Lüneburg und Lüchow-Dannenberg ) und einen südlichen Bereich (Landkreise Celle und Gifhorn). Dazwischen liegt die Region 6 (Landkreis Uelzen). Der Beklagte bezeichnet den nördlichen Teil der Region 4 als „Inselregion“ 4/2 und den südlichen als „Inselregion“ 4/1. Der Kläger bewirtschaftet Flächen in der Region 4/2. In den Antragsjahren 1999 und 2000 hatte er seine Antragsflächen in der Region 3 (insgesamt 22,0664 ha) stillgelegt.

3

Auf seinen Antrag hin wurden dem Kläger mit Bescheid vom 30. November 1999 für das Antragsjahr 1999 Ausgleichszahlungen nach der Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen in Höhe von 107.452,30 DM und mit Bescheid vom 31. März 2000 eine Abschlusszahlung von 29.741,60 DM bewilligt.

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Auf seinen Antrag für das Jahr 2000 erhielt der Kläger mit hier angefochtenem Bescheid vom 30. November 2000 eine Flächenzahlung in Höhe von 114.057,52 DM. Seine Stilllegungsflächen in der Ertragsregion 3 wurden insgesamt nicht anerkannt und hierfür keine Flächenzahlung bewilligt, weil seine bewirtschafteten Flächen in der Region 4/2 lägen, die nicht an die Region 3 angrenze. Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung Widerspruch ein, ihm sei bisher nicht bekannt gewesen, dass die Region 4, die an die Region 3 angrenze, in die Teilbereiche 4/1 und 4/2 aufgeteilt worden sei.

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Mit einem weiteren hier angefochtenen Bescheid vom 3. Januar 2001 nahm der Beklagte in Anwendung des § 10 Abs. 1 MOG die Bescheide vom 30. November 1999 und 31. März 2000 mit Wirkung für die Vergangenheit in Höhe von 23.289,47 DM teilweise zurück. Zur Begründung führte er aus, eine Stilllegungsverlagerung sei nach den einschlägigen EU-Vorschriften nur bei benachbarten Regionen möglich. Der Kläger bewirtschafte Flächen in der Inselregion 4/2, nicht aber in der Inselregion 4/1. Nur diese Inselregion grenze aber an die Region 3 an. Da er seine Flächen in der Region 3 zu hundert Prozent stillgelegt habe, sei die Stilllegungsprämie auch zu hundert Prozent zurückzufordern. Durch den Wegfall der Stilllegung in der Region 3 komme es zu einer Unterschreitung des Mindeststilllegungssatzes in der Region 4, so dass die Getreide- und Rapsfläche der Stilllegungsfläche angepasst worden sei. Hiergegen legte der Kläger mit der gleichen Begründung wie gegen den Bescheid vom 30. November 2000 ebenfalls Widerspruch ein.

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Mit Bescheid vom 27. März 2001 wies die Bezirksregierung Lüneburg beide Widersprüche zurück. In den angefochtenen Bescheiden seien im Antragsjahr 1999 zu Recht gewährte Zahlungen zurückgefordert bzw. im Antragsjahr 2000 beantragte Zahlungen gekürzt worden. Die beantragten Stilllegungsflächen befänden sich in der Region 3. Diese grenze zwar an die Region 4 an, jedoch in der Örtlichkeit nicht an die Region 4, die an die Region 3 angrenze. Die Region 4 sei in mehrere Teile aufgeteilt worden. Entscheidend sei jedoch die Angrenzung der Regionen.

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In der nunmehr gegen diese Bescheide erhobenen Klage führt der Kläger aus, dass die Region 3 an die Region 4 angrenze. Maßgeblich sei, dass es nach den zugrundeliegenden Rechtsvorschriften nur eine einheitliche Ertragsregion 4 gebe, auch wenn sich diese (ebenso wie die Ertragsregionen 6 und 7) in zwei Teilflächen bzw. zwei unterschiedliche örtliche Bereiche aufgliedere. Sowohl die VO (EWG) Nr. 1765/92 als auch sämtliche weitere hierzu ergangenen Verordnungen würden nur einheitliche Ertragsregionen im rechtlichen Sinne kennen. Es gebe keine rechtliche Grundlage für die vom Beklagten vertretene Auffassung, es existierten eine Region 4/2 sowie eine eigenständige Ertragsregion 4/1. Diese Auffassung gehe offensichtlich nur auf eine Dienstbesprechung der Agrarstrukturverwaltung im ML vom 6. April 2000 zurück, wonach für die sog. Nachbarschaftsregionen „jede Teilregion eine eigene Einheit“ bilden solle. Rechtlich von Bedeutung sei aber allein, dass die Ertragsregion 3 an die (rechtlich) einheitliche Ertragsregion 4 angrenze. Diese Aufteilung in Inselregionen sei auch nicht seit Beginn der Agrarreform in Niedersachsen gängige Praxis. Hiergegen spreche schon der Umstand, dass im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle im Jahre 1998 die Lage seine Stilllegungsflächen nicht beanstandet worden sei. Nach bisher unbeanstandeter Praxis haben auch Stilllegungsflächen z.B. in Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg belegen sein können. Dort bilde das gesamte Bundesland eine einheitliche Ertragsregion. Demgemäss könnten Stilllegungsflächen in Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg hunderte Kilometer entfernt der bewirtschafteten Flächen belegen sein, ohne dass ein Eingreifen der sog. Nachbarschaftsregelung in Frage gestellt worden sei.

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Der Kläger beantragt,

9

den Bescheid des Beklagten vom 3. Januar 2001 über die teilweise Rücknahme der Zuwendungsbescheide vom 30. November 1999 und 31. März 2000 und die Rückforderung von Zuwendungen (Agrarförderung 1999) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Lüneburg vom 27. März 2001 aufzuheben,

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sowie das beklagte Amt zu verpflichten, ihm für das Antragsjahr 2000 auch die beantragte Stilllegungsbeihilfe für 22,0664 ha Fläche in der Region 3 sowie die Beihilfe für die Getreide- und Ölsaatenflächen ohne Kürzung aufgrund einer zu geringen Stilllegungsfläche zu bewilligen und den Bescheid des Beklagten vom 30. November 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Lüneburg vom 27. März 2001 aufzuheben, soweit sie diesem Verpflichtungsbegehren entgegenstehen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Das Land Niedersachsen sei entsprechend der unterschiedlichen historischen Durchschnittserträge auf Landkreisebene in zehn Erzeugungsregionen unterteilt. Für die Regionen 4, 6 und 7 seien wegen ähnlicher historischer Getreidedurchschnittserträge räumlich voneinander entfernte Landkreise, sog. „Inselregionen“, gebildet worden. Die Region 3 grenze zwar örtlich an die Region 4/1 an, nicht jedoch an die Region 4/2, in der der Kläger seine Kulturpflanzenflächen bewirtschafte. Sinn und Zweck der Nachbarschaftsregelung sei es, eine Stilllegung auch in unmittelbar örtlich angrenzenden Regionen zu ermöglichen. Nicht gedeckt durch diese Regelung sei die Stilllegung in völlig getrennter Lage. Daher seien die in Niedersachsen gebildeten Inselregionen gleichen historischen Ertragsdurchschnitts bezüglich der Nachbarschaftsregelung getrennt zu sehen. Diese Sichtweise sei seit Anbeginn der Agrarreform 1993 in Niedersachsen gängige Praxis. Daher müsste dem Kläger aus den Antragsverfahren seit 1993 die Lage der Regionen auch bekannt gewesen sein. Aus der Tatsache, dass die Lage der Stilllegungsflächen bei einer Vor-Ort-Kontrolle im Jahre 1998 nicht beanstandet worden sei, schließe der Kläger unzutreffend, dass der Beklagte zumindest im Jahre 1998 noch eine andere Sichtweise als jetzt vertreten habe. Im Rahmen eine solchen Kontrolle werde die Einhaltung der sog. „Nachbarschaftsregelung“ überhaupt nicht überprüft. Soweit der Kläger sich auf die Verhältnisse in Mecklenburg und Brandenburg beziehe, seien seine Ausführungen unbeachtlich. Bei der Nachbarschaftsregelung komme es, wie der Name sage, auf die tatsächliche räumliche Angrenzung von Regionen an, nicht auf die Flächenausdehnung der einzelnen Regionen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide in seinen Rechten verletzt.

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1. Rechtsgrundlage der angefochtenen Teilrücknahme der Bewilligung für das Antragsjahr 1999 ist § 10 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Markorganisation - MOG - in der hier maßgeblichen Fassung vom 2. Mai 1996 (BGBl I, S. 656). Danach sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8 auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen; § 48 Abs. 2 bis 4 und § 49 a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwVfG sind anzuwenden. Wie sich aus dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 MOG ergibt, hat die Behörde kein Rücknahmeermessen. Zu erstattende Beträge werden durch Bescheid festgesetzt (§ 10 Abs. 3 MOG). Nach § 14 MOG sind Ansprüche auf Erstattung von ihrer Entstehung an mit 3 vom Hundert über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen.

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Die Bewilligungsbescheide sind im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten nicht teilweise rechtwidrig, weil mehr Flächen bewilligt worden sind, als förderungsfähig waren. Aus dem gleichen Grund ist auch die Kürzung der Ausgleichszahlungen im Antragsjahr 2000 rechtlich zu beanstanden.

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In beiden Fällen handelt es sich um Fördermittel nach dem Programm der Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (VO (EWG) Nr. 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992 und VO (EG) Nr. 1251/99 des Rates vom 17. Mai 1999). Danach werden Ausgleichszahlungen für mit landwirtschaftlichen Kulturpflanzen bebaute bzw. still gelegte Flächen gewährt. Gemäß Art. 9 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 762/94 der Kommission vom 6. April 1994 bzw. Art. 23 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2316/1999 der Kommission vom 23. Oktober 1999 muss dem Antrag auf Gewährung von Ausgleichszahlungen in einer bestimmten Ertragsregion eine Stilllegungserklärung für mindestens die entsprechende bestellte Fläche in derselben Ertragsregion entsprechen. Abweichend hiervon kann die obligatorische Flächenstillegung, die einem Antrag auf Flächenstillegung entspricht, ganz oder teilweise in einer anderen Erzeugungsregion vorgenommen werden, vorausgesetzt, die stillzulegenden Flächen liegen in Erzeugungsregionen, die an diejenigen mit den bestellten Flächen angrenzen (Art. 23 Abs. 4 b der VO Nr. 2316/1999).

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2. Gemäß Art. 3 Abs. 1 der VO Nr. 1765/92 (vgl. auch. Art. 3 der VO Nr. 1251/99) erstellt jeder Mitgliedstaat einen Regionalisierungsplan mit den Kriterien zur Ausweisung der einzelnen Erzeugungsregionen. Die Kriterien hierfür müssen angemessen und objektiv sein und die notwendige Flexibilisierung für die Ausweisung unterscheidbarer homogener Erzeugungsregionen einer bestimmten Mindestgröße bieten; sie müssen spezifischen strukturellen Ertragsfaktoren wie etwa der Bodenfruchtbarkeit Rechnung tragen, wobei gegebenenfalls eine angemessene Unterscheidung zwischen bewässerten und nicht bewässerten Flächen vorzunehmen ist. Die Umsetzung dieser in der EG-VO den Mitgliedstaaten auferlegten Verpflichtungen ist für die Bundesrepublik Deutschland durch die Verordnung über eine Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Kulturpflanzen-Ausgleichszahlungs-Verordnung) - KAV - vom 3. Dezember 1992 (BGBl 1992, 1991) erfolgt. § 3 Abs. 1 KAV bestimmt, dass Grundflächenregion das jeweilige Bundesland ist. Erzeugungsregionen sind gemäß Absatz 2 die in der Anlage zur KAV aufgeführten Gebiete. Die Bundesrepublik hat sich damit für das Regionalmodell entschieden. Nach der Anlage zur KAV sind die Bundesländer - außer Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen - gleichzeitig auch Erzeugungsregionen. Während Brandenburg und Rheinland-Pfalz jeweils in zwei Erzeugungsregionen aufgeteilt sind, ist Niedersachsen in 10 Regionen aufgeteilt.

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Diese Aufteilung ist vom Nds. Oberverwaltungsgericht wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG für verfassungswidrig gehalten worden (vgl. OVG Lüneburg, Urteile vom 28. 4. 1997: -3 L 3851/95 -, RdL 1997, 319- ; - 3 L 2724/96 - RdL 1998, 12). Es liege eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darin, dass der Bundesverordnungsgeber einerseits landschaftlich so unterschiedlich gegliederte Bundesländer wie etwa Bayern und Nordrhein-Westfalen in der Anlage der Verordnung als jeweils eine Erzeugungsregion für Getreide ausweise, andererseits Niedersachsen in zehn verschiedene Erzeugungsregionen aufgeteilt habe. Auf einen Vorlagebeschluss des OVG Schleswig vom 21. Oktober 1995 (- 3 L 795/94 - AgrarR 1996, 299) ist der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 27. November 1997 (- C-356/95 -, RdL 1998, 152) zu dem Ergebnis gekommen, dass der deutsche Regionalisierungsplan den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 der VO 1765/92 genüge, insbes. auf geeigneten objektiven Kriterien beruhe. Aus dem System der EG-VO sowie deren Zielen ergebe sich, dass den Mitgliedsstaaten bei der Ausweisung der Erzeugungsregionen weiter Spielraum zustehe. Innerhalb dieses Spielraums könnten die Mitgliedsstaaten ihr Staatsgebiet oder einzelnen Teile dieses Gebietes als Grundflächenregion zur Berechnung der Ausgleichszahlung ausweisen. Art. 3 gebe nur den allgemeinen rechtlichen Rahmen für die Ausweisung der Erzeugungsregionen vor. Die Mitgliedsstaaten könnten im Rahmen ihres weiten Spielraums andere Kriterien berücksichtigen, wie etwa administrative Praktikabilität einer Lösung oder die Homogenität einer Region im Verhältnis zur Gesamtheit der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen.

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Auch die bisher für das Landwirtschaftsrecht zuständige 7. Kammer des Gerichts hat in mehreren Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass die Regionalisierung in Niedersachsen keineswegs ungerechter sei als in anderen Bundesländern, insbes. denjenigen, die keine weitere Regionalisierung vorgenommen hätten (Urt. v. 7. 12. 1998 - 7 A 91/97 -). Die starke Regionalisierung in Niedersachsen vermeide gröbste Ungleichbehandlungen, die bei Zugrundelegung eines Landesdurchschnitts auftreten würden. Denn wie ein Vergleich der Durchschnittserträge der einzelnen Regionen zeige, läge der rechnerische Landesdurchschnitt von 53,3 dt/ha im unteren Drittel der Spannweite von 41,8 dt/ha (Region 5) und 71,9 dt/ha (Region 2). Nach Schulze (Ratgeber Agrarreform, 2. Aufl. 1998, S. 51 f) erscheint allenfalls fraglich, ob die Bildung lediglich einer einzigen Erzeugungsregion in den anderen Bundesländern den Kriterien des Art. 3 Abs. 1 der VO 1765/92 entspricht. Daraus würde jedoch folgen, dass die mangelnde Differenzierung der Erzeugungsregionen in den übrigen Bundesländern rechtswidrig ist.

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3. Diese rechtlichen Überlegungen zur Vereinbarkeit der in der KAV vorgenommenen Regionalisierung mit dem Gebot der Gleichbehandlung besagen aber noch nichts über die Vereinbarkeit der sog. Nachbarschaftsregelung in Art. 23 Abs. 4 b der VO Nr. 2316/1999 mit dem Gleichbehandlungsgebot. Die Untergliederung der Region 4 in die Regionen 4/1 und 4/2 ergibt sich aus der Anlage zur KAV. Dort heißt es, dass die Region 4 die „Kreise Stadt Wolfsburg, Gifhorn, Celle, Harburg, Lüchow-Dannenberg , Lüneburg“ umfasse, wobei durch die 3. Änderungsverordnung vom 1. Dezember 1993 noch das Amt Neuhaus als Region 10 hinzugekommen ist. Dass aus verwaltungstechnischen Gründen die Nordkreise der Region 4 mit 4/1 und die südlich gelegenen Kreise mit 4/2 bezeichnet werden, ist unschädlich. Die vom Beklagten auf Grund der Dienstbesprechung der Agrarstrukturverwaltung vom 6. April 2000 unter Nr. 17 vorgenommene Auslegung des Art. 23 Abs. 4 b der VO Nr. 2316/1999, in der allein auf ein tatsächliches örtliches Angrenzen an die jeweilige Inselregion abgestellt wird, ist allerdings rechtlich nicht haltbar. Zum einen grenzen die vom Kläger stillgelegten Flächen in der Region 3 an die bewirtschafteten Flächen in der Region 4 an, nämlich an den zur Region 4 gehörenden Landkreis Harburg. Dieses Angrenzen entspricht dem Wortlauf des Art. 23 Abs. 4 b der VO Nr. 2316/1999. Wenn etwa im Hinblick auf die Nachbarschaftsregelung etwas anderes gewollt gewesen wäre, hätten statt der Bildung von Inselregionen weitere Regionen eingerichtet werden müssen. In der Anlage zur KAV werden aber in der Fußnote 2 - Niedersachsen - die Landkreise der Inselregionen 4/1 und 4/2 nicht etwa getrennt, sondern gemeinsam als Region 4 aufgeführt. Zum anderen ist es mit dem Gleichbehandlungsgebot nicht zu vereinbaren, wenn die Ausgleichsmöglichkeiten niedersächsischer Landwirte im Vergleich zu Landwirten aus anderen Bundesländern derart drastisch beschnitten werden. Sie ist auch in sich nicht konsequent, da z.B. ein Landwirt aus der Erzeugungsregion Niedersachsen Region 9 die Erzeugungsregion Nordrhein-Westfalen insgesamt für die Nachbarschaftsregelung in Anspruch nehmen kann, während ein Landwirt aus der Erzeugungsregion Niedersachsen Region 5 auf die benachbarten Regionen 3, 4, 6 ,7 und 9 beschränkt ist. Dieses stellt eine durch keinerlei sachliche Erwägungen begründete Benachteiligung dar.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Die Berufung war zuzulassen (§ 124a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).