Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 24.04.1996, Az.: 2 U 307/95
Anspruch auf Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung (pVV) bei mangelhafter Kellersanierung; Voraussetzungen eines arglistigen Handelns bei mangelhaften Sanierungsmaßnahmen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 24.04.1996
- Aktenzeichen
- 2 U 307/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1996, 21433
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1996:0424.2U307.95.0A
Rechtsgrundlagen
- § 633 Abs. 2 S. 1 BGB
- § 195 BGB
Amtlicher Leitsatz
Arglist mit der Folge eines SEA aus pVV bei mangelhafter Kellersanierung (Abdichtung nur von Kellerwänden, obwohl Undichtigkeit auch der Kehlesohle nahe liegt).
Gründe
Gewährleistungsansprüche aus der Errichtung des Kellers sind .... nach § 638 BGB verjährt.
Der Anspruch auf Schadensersatz ist dem Grunde nach aber aus positiver Vertragsverletzung gerechtfertigt. Die Beklagte hat bei den Sanierungsarbeiten im Jahr 1981 schuldhaft ihre Nachbesserungspflicht aus § 633 Abs. 2 S. 1 BGB verletzt. Dieser Anspruch ist nach § 195 BGB nicht verjährt.
Nach § 633 Abs. 2 S. 1 BGB hat ein Besteller grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass der Unternehmer Mängel in bestimmter Weise nachbessert. Der Unternehmer hat vielmehr das Recht, zu bestimmen, wie er Mängel nachhaltig und dauerhaft beseitigt (Siegburg, Gewährleistung beim Bauvertrag, 3. Aufl., Rdnr. 178, 179). Auf eine nachhaltige und dauerhafte Mängelbeseitigung darf der Besteller vertrauen. Erkennt der Unternehmer, dass seine Mängelbeseitigungsarbeiten nicht zu einer nachhaltigen und dauerhaften Mängelbeseitigung führen müssen, sondern bestenfalls führen können, hat er darüber den Besteller aufzuklären. Denn es liegt für ihn auf der Hand, dass der Besteller seine Mängelbeseitigungsarbeiten nur im Vertrauen auf ihre Dauerhaftigkeit abnimmt, anstatt weiter Gewährleistungsansprüche geltend zu machen. Ein bewusstes Verschweigen des Umstands, dass eine Mängelbeseitigung unzureichend ist, begründet den Vorwurf der Arglist (vgl. zum Begriff der Arglist bei Baumängeln BGH NJW 1986, 980; BGH MDR 1978, 656; OLG Schleswig, MDR 1980, 399 [OLG Schleswig 06.11.1979 - 11 U 231/78]). Für eine derartige Verletzung seiner Nachbesserungspflicht haftet der Unternehmer nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung (BGH NJW 1974, 551, 552 [BGH 10.01.1974 - VII ZR 28/72]; offen gelassen, ob pVV oder § 635 BGB analog, BGH NJW 1976, 234, 235) [BGH 29.10.1975 - VIII ZR 103/74].
Die Beklagte hat arglistig, nämlich in Kenntnis, dass ihre Sanierungsmaßnahmen unzureichend waren, den Kläger nicht aufgeklärt und den auf auf eine dauerhafte Sanierung vertrauenden Kläger zur Abnahme ihrer Mängelbeseitigungsarbeiten veranlasst.
Die sichere Kenntnis der Beklagten, dass ihre Sanierungsarbeiten im Jahr 1981 im Hinblick auf die Kellersohle unzureichend waren, folgt zunächst aus dem Umstand, dass der Kläger ihr mit Anwaltsschreiben vom 6.4.1981, dessen Zugang sie nicht bestreitet, mitgeteilt hatte, Wasser dringe offenbar sowohl durch die Bodenplatte als auch durch das Mauerwerk in den Keller ein. ... Wenn sie sich gleichwohl entschloss, H lediglich mit Abdichtungsarbeiten an den Kellerwänden zu beauftragen, nahm sie bewusst in Kauf, dass Wasser auch danach noch durch die Kellersohle eindringen konnte. Sie hätte - was ihr in dem Zeitraum nach Eingang der Mängelanzeige möglich war, weil auch der Sachverständige S dafür im Mai 1981 Anhaltspunkte feststellen konnte - prüfen müssen, ob Wasser nicht auch durch die Kellersohle eindrang. Allein auf den Umstand, dass nach den Arbeiten von H und weiterem Abwarten bis etwa Ende 1981 sich keine Feuchtigkeit zeigte, durfte sie nicht vertrauen; denn das konnte auf zufällig günstige Wasserverhältnisse zurückzuführen sein.
Unabhängig von der Mängelanzeige vom 6.4.1981 ergibt sich eine der Beklagten zuzurechnende sichere Kenntnis von der Mangelhaftigkeit der Sanierungsarbeiten im Hinblick auf die Kellersohle auch aus dem Verhalten von H. Ihn hat die Beklagte als Erfüllungsgehilfen zur Nachbesserung eingesetzt. Für sein Verhalten hat sie nach § 278 BGB für den Fall einzustehen, dass er die Mangelhaftigkeit seiner Leistung erkannte und sie gleichwohl nicht offenbarte (MüKo- Soergel, BGB, 2. Aufl., § 638 Rnr. 36).
H war von der Beklagten, wie er vor dem Landgericht als Zeuge ausgesagt hat, nur mit Abdichtungsarbeiten an den Wänden beauftragt. Da diese Arbeiten im Ergebnis nur Sinn machten, wenn auch die Kellersohle dicht war, lag es für ihn auf der Hand, auch den Kellerboden auf seine Dichtigkeit zu überprüfen. Da er nach den Angaben der Beklagten seine Abdichtungsarbeiten seit März/Anfang April 1981 durchgeführt hat, hätten ihm als Baufachmann ebenfalls die diversen feuchten Stellen im Estrich und die dort vorhandenen Risse auffallen müssen, die der Sachverständige S festgestellt und in seinem Gutachten im einzelnen beschrieben hat. Die Beklagte trägt gegen dessen Feststellungen nichts vor. Als Fachmann hätte sich H aufdrängen müssen, dass seine Abdichtungsarbeiten an den Wänden vermutlich allein im Ergebnis deshalb unzureichend waren, weil auch die Kellersohle möglicherweise nicht wasserdicht war, zumal er selbst schon vergebliche Abdichtungsarbeiten am Estrich der Kellersohle vorgenommen hatte, wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen S ergibt. Unstreitig haben aber weder er noch die Beklagte den Kläger davon in Kenntnis gesetzt, dass zu einer dauerhaften und nachhaltigen Mängelbeseitigung zumindest eine Prüfung der Kellersohle auf ihre Dichtigkeit geboten war, die sie nicht vorgenommen hatten.
Auch die mangelhafte Sanierung der Kellerwände hat die Beklagte bewusst in Kauf genommen und gleichwohl den Kläger nicht darüber aufgeklärt, dass ihre Sanierungsmaßnahmen die nachhaltige und dauerhafte Wasserdichtigkeit der Wände bestenfalls zufällig würde herbeiführen können. Das ergibt sich nach der Überzeugung des Senats aus mehreren Umständen (wird ausgeführt).
Ganz offensichtlich sind also lediglich bis zu den seinerzeit sichtbaren Durchfeuchtungen Abdichtungsmaßnahmen durchgeführt worden, obwohl auf der Hand lag, dass sich bei anderen Grundwasserständen andere und weiter gehende Durchfeuchtungen ergeben konnten. Der Sachverständige B hält deswegen auch eine vollflächige Abdichtung der Wände - soweit nicht eine Abdichtung von außen erfolgt - an den Innenseiten für erforderlich. Eine nachhaltige Sanierung hätte daher zumindest - für die durch einen Architekten mit Erfahrung im Kellerbau fachmännisch vertretene Beklagte ohne weiteres ersichtlich - Prüfungen zum Umfang der Mängelbeseitigung erfordert, z.B. anhand der Grundwasserverhältnisse, die weder vorgetragen noch ersichtlich sind. So konnte eine dauerhafte Mängelbeseitigung nur zufällig der Erfolg ihrer Sanierungsarbeiten sein. Hierauf hätte die Beklagte den nicht sachkundigen Kläger hinweisen müssen.
Auch die Sanierungsarbeiten selbst an den Kellerwänden waren nicht ausreichend (wird ausgeführt).
Schließlich ist die Kenntnis der fachkundig vertretenen Beklagten davon, dass ihre Nachbesserung unzureichend war, auch daraus zu folgern, dass sie nicht hinreichend überwacht hat, dass die Arbeiten fachgerecht ausgeführt wurden und erfolgreich waren (wird ausgeführt).
Auch daran zeigt sich, dass die Beklagte eine nachhaltige und dauerhafte Abdichtung der Wände durch Abdichtungsmaßnahmen in Wandbereichen, in denen sich im Frühjahr 1981 Durchfeuchtungen gezeigt hatten, nur auf gut Glück versucht hat. Aus der Dichtigkeit der Wände im Sommer 1981 konnte auf eine Dichtigkeit auf Dauer - auch in niederschlagsreicheren Jahreszeiten - nicht geschlossen werden. Das Ausmaß der vom Sachverständigen B aufgezeigten Undichtigkeiten der Kellerwände bestätigt das. Die fachkundige Beklagte hätte den Kläger auch darauf hinweisen müssen, dass ihre Art der Mängelbeseitigung nur spekulativ im Hinblick auf eine dauerhafte Beseitigung der Undichtigkeiten war.
Dem Kläger trifft kein Mitverschulden an seinem Schaden, der darin liegt, dass er die unzureichenden Nachbesserungsarbeiten abgenommen hat, statt weiter Nachbesserung zu verlangen oder die Rechte aus den §§ 634, 635 BGB bis zum Ablauf der Verjährungsfrist geltend zu machen (wird ausgeführt). Auf eine nachhaltige und dauerhafte Nachbesserung durch die Beklagte durfte der Kläger vertrauen.
Die Beklagte hat für die Undichtigkeiten des Kellers in vollem Umfang einzustehen. Da sie das Haus des Klägers nicht nur hat bauen, sondern auch hat planen lassen, hatte sie von sich aus schon bei der Planung die Grundwasserverhältnisse - und zwar bezogen auf das Haus des Klägers - zu prüfen (BGH VersR 1970, 826). Sie durfte nicht darauf vertrauen, dass - wie sie in der Berufungserwiderung vorträgt - sie gleichartige Häuser "auf den dortigen leichten Böden reihenweise ohne besondere Vorkommnisse errichtet" hatte. Ihrer Prüfungspflicht war sie auch nicht dadurch enthoben, dass sie in der Vorbemerkung zur Leistungsbeschreibung darlegte, sie gehe von "normalen Bodenverhältnissen" aus, dem Bauherrn werde geraten, bei "Unklarheiten" Probebohrungen durchführen zu lassen. Abgesehen davon, ob ein nicht fachkundiger Bauherr überhaupt erkennen kann, wann "Unklarheiten" vorliegen, sind diese Vorbemerkungen ersichtlich auf die Gründung des Bauwerks bezogen, nicht aber auf die Wasserverhältnisse im Hinblick auf die Anforderungen an die Dichtigkeit der Kellerräume.