Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.10.2019, Az.: 13 K 201/17

Höhe der Absetzung für Abnutzung für die Anschaffungskosten eines Pkw-Stellplatzes

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
29.10.2019
Aktenzeichen
13 K 201/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69230
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - AZ: IX R 14/20

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Absetzung für Abnutzung (AfA) für die Anschaffungskosten eines Pkw-Stellplatzes auf dem Grundstück A-Straße 1 in S.

Der Kläger erzielte im Streitjahr 2015 Einkünfte aus selbständiger freiberuflicher Tätigkeit als ... (§ 18 EStG) und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mehrerer Grundstücke sowie aus der Beteiligung an einer Grundstücksgemeinschaft (§ 21 EStG).

Mit Vertrag vom 2. Dezember 1998 unterbreitete der Kläger der Anlagen- und Baubetreuungsgesellschaft ein Angebot zum Abschluss eines Kauf- und Werkvertrags über einen Miteigentumsanteil in Höhe von 47,000/10.000stel, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 7 im 3. OG zur Größe von 68,26 qm nebst Abstellraum des Objektes S, A-Straße 1. Die Anlagen- und Baubetreuungsgesellschaft nahm das Angebot am 7. Dezember 1998 an. Der Kaufpreis betrug 245.736 DM (= 125.643 €). Die AfA-Bemessungsgrundlage (AfA-BMG) wurde einheitlich und gesondert festgestellt. Die Bemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen für Abnutzung gemäß § 7i EStG betrug 165.589 DM (= 84.664 €). Der AfA-Satz betrug 10 v.H., der Begünstigungszeitraum endete 2009. Die Bemessungsgrundlage für die AfA (Altbausubstanz) gemäß § 7 Abs. 5 EStG beträgt 83.682 DM (= 42.786 €). Der aktuelle AfA-Satz beträgt 1,25 v.H.

Im Streitjahr erwarb der Kläger mit Vertrag vom 30. September 2015 das Sondereigentum an dem Tiefgarageneinstellplatz Nr. 100 am Grundstück S, A-Straße 1 für 19.000 €.

Kaufpreis19.000,00 €
Nebenkosten1.374,84 €
Grund und Boden./.448,25 €
AfA-Bemessungsgrundlage19.926,59 €

In der Erklärung zur Einkommensteuer für 2015 errechnete der Kläger die AfA-Bemessungsgrundlage für das Vermietungsobjekt ab 2015 wie folgt:

ursprüngliche AK258.001,23 DM
abzgl. Grund und Boden5.406,19 DM
252.595,04 DM
Entspricht129.149,79 €
zzgl. AK Einstellplatz19.926,59 €
AfA-BMG ab 2015149.076,38 €
AfA-Satz 2,5 v.H.3.726,91 €

Mit Bescheid vom 9. Februar 2017 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für 2015 auf ... € fest. Der Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 2 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. In den Erläuterungen heißt es zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung hinsichtlich der Tiefgarage: "Die AfA-Bemessungsgrundlage beträgt 19.926 €, die AfA 490 €". Das Finanzamt gewährte folgende AfA-Beträge:

Gebäude lt. AfA-Tabelle535 €(1,25 v.H. von 42.786 €)
AfA Stellplatz499 €(2,5 v.H. von 19.926 €)

Gegen den Bescheid zur Einkommensteuer für 2015 vom 9. Februar 2017 legte der Kläger am 24. Februar 2017 Einspruch ein. Mit dem Einspruch begehrte er weiterhin, die AfA wie beantragt zu gewähren. Zwischen der Wohnung und dem Stellplatz bestehe ein einheitlicher Funktions- und Nutzungszusammenhang.

Das Finanzamt übersandte dem Kläger am 10. April 2017 Ablichtungen der in den Akten befindlichen AfA-Tabellen. Es führte aus, die nachträglichen Anschaffungskosten für den Stellplatz seien den Herstellungskosten für die Altbausubstanz hinzuzurechnen und gemeinsam mit diesen abzuschreiben. Die auf die Modernisierungsmaßnahmen entfallenden Anschaffungskosten seien bereits in 2009 vollständig abgeschrieben gewesen und könnten daher nicht nochmals in die AfA-Bemessungsgrundlage einbezogen werden.

Durch die abweichende Berechnung der AfA und die Erhöhung durch Streichung des Werbungskostenüberschusses aus dem Grundstück in H ergebe sich eine höhere Steuer als bisher. Der Kläger wurde auf die Möglichkeit der Verböserung hingewiesen.

Der Kläger hielt an seiner Auffassung fest, die nachträglichen Anschaffungskosten für den Stellplatz seien den ursprünglichen Gesamtanschaffungskosten hinzuzurechnen. Dazu gehörten auch die Anschaffungskosten, die auf die Modernisierungsmaßnahmen entfallen seien.

Mit Schreiben vom 3. Juli 2017 erläuterte das Finanzamt nochmals seine Rechtsauffassung und wies erneut auf die Möglichkeit der Verböserung hin. Die AfA-Bemessungsgrundlagen ermittelte es in dem Schreiben nunmehr wie folgt:

Herstellungskosten 199942.786,00 €
nachträgliche Anschaffungskosten 201519.926,00 €
neue AfA-Bemessungsgrundlage62.712,00 €
AfA-Satz 2015 lt. Tabelle1,25 v.H.
AfA 2015783,90 €
gerundet784,00 €

Der Kläger hielt an seiner Rechtsauffassung fest.

Mit Einspruchsbescheid vom 19. September 2017 setzte das Finanzamt daraufhin die Einkommensteuer für 2015 von ... € auf ... € fest. Im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung war ausgeführt, die nachträglichen Anschaffungskosten für den PKW-Stellplatz seien den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zuzurechnen, die bisher gemäß § 7 Abs. 5 EStG abgeschrieben worden seien.

Hiergegen hat der Kläger am 2. Oktober 2017 Klage erhoben. Mit der Klage begehrt er für das Vermietungsobjekt in der A-Straße 1 in S eine Absetzung für Abnutzung nach § 7 Abs. 5 EStG in Höhe von 1.842 €. Zur Begründung führt er aus, in die Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage seien neben den nachträglichen Anschaffungskosten für den Tiefgaragenstellplatz in Höhe von 19.926 € die gesamten ursprünglichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten in Höhe von 127.450 € einzubeziehen.

§ 7 Abs. 1 EStG sei zu entnehmen, dass jeweils das abnutzbare Wirtschaftsgut im ganzen Gegenstand der AfA sei. Das gelte insbesondere auch für Gebäude. Wer ein Gebäude errichte, habe dieses als einheitliches Wirtschaftsgut mit dem Gesamtbetrag der Herstellungskosten zu bewerten, so dass von einem als einheitliches Wirtschaftsgut anzusehenden Gebäude nur eine einheitliche AfA zulässig sei und die nachträglichen Herstellungskosten den ursprünglichen Herstellungskosten des Gebäudes hinzuzurechnen seien. Für nachträgliche Herstellungskosten habe dies zur Folge, dass sie ab dem Jahr ihres Anfalls zusammen mit den bisherigen Herstellungskosten als "Summe aus ursprünglichen und nachträglichen Herstellungskosten" abzuschreiben seien. Die AfA sei unter "Berücksichtigung des um die nachträglichen Herstellungskosten vermehrten nunmehrigen Gebäudewerts" vorzunehmen. Abzuschreiben seien danach "die um die nachträglich hinzugekommenen Herstellungskosten erhöhten Gesamtherstellungskosten des Gebäudes". Die vom Finanzamt vertretene Auffassung, dass nicht die gesamten bisherigen Anschaffungs- und Herstellungskosten vollständig in die neue Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien, stehe nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.

Der Begünstigungszeitraum für die Inanspruchnahme der erhöhten Absetzung für Abnutzung nach § 7i EStG sei bereits 2009 abgelaufen. Vor diesem Hintergrund seien die nachträglichen Anschaffungskosten für den Tiefgaragenstellplatz im Zusammenhang mit den gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten, also auch den nach § 7i EStG bereits abgeschriebenen Herstellungskosten zu berücksichtigen.

Entgegen der Auffassung des Finanzamts laufe die Einbeziehung der gesamten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten in die AfA-Bemessungsgrundlage nicht "dem Willen des Gesetzgebers zuwider". Die vom Gesetzgeber vorgegebenen starren Abschreibungszeiträume entfielen, sobald nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten hinzukämen, da sich andernfalls der Abschreibungszeitraum verlängern würde. Entgegen der Auffassung des Finanzamts werde die "ursprüngliche AfA-Bemessungsgrundlage" nicht in Frage gestellt. Die Entstehung nachträglicher Anschaffungskosten mache allerdings eine neue Ermittlung auf der Grundlage der gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes notwendig.

Die vollständige Berücksichtigung der gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten führe nicht zu einer doppelten Inanspruchnahme der AfA-Beträge. Es trete lediglich eine Verkürzung des Abschreibungszeitraums ein, da die AfA spätestens dann ende, wenn das Abschreibungsvolumen aufgebraucht und kein Restwert mehr vorhanden sei. Eine darüberhinausgehende AfA begehre er nicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei die AfA-Bemessungsgrundlage bei nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten in der Weise zu ermitteln, dass die nachträglichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten den ursprünglichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten hinzuzurechnen seien. Dies müsse auch im Streitfall gelten.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2015 vom 9. Februar 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. September 2017 die Einkommensteuer 2015 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Absetzung für Abnutzung für das Objekt in S, ... in Höhe von 1.842 € statt in Höhe von 784 € berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt das beklagte Finanzamt vor: Der Kläger erhalte für das Vermietungsobjekt in der A-Straße 1 in S - wie beantragt - eine AfA gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe b) EStG. Der AfA-Satz betrage seit dem Jahr 2013 nur noch 1,25 v.H. Seien für ein Wirtschaftsgut nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgewendet worden, ohne dass hierdurch ein anderes Wirtschaftsgut entstanden sei, bemesse sich die weitere AfA in den Fällen des § 7 Abs. 5 EStG nach der bisherigen Bemessungsgrundlage zuzüglich der nachträglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten.

Der Kläger habe in 1999 ein Gebäude erworben, für das er auf einen Teil der Anschaffungskosten erhöhte Abschreibungen gemäß § 7i EStG beantragt und erhalten habe. Auf den übrigen Teil der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten habe er die Gewährung von AfA gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe b) EStG in der für den Veranlagungszeitraum 1999 maßgeblichen Fassung beantragt. Die seinerzeit vom Finanzamt für die Berechnung der AfA ermittelte Bemessungsgrundlage sei unstreitig. Der Anteil der Anschaffungskosten, für den AfA gemäß § 7i EStG gewährt worden sei, sei in 2009 vollständig abgeschrieben gewesen.

Bei der degressiven AfA schreibe das Einkommensteuergesetz starre AfA-Sätze vor. § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe b) EStG in der für den Veranlagungszeitraum 1999 maßgeblichen Fassung gehe dabei von einer Nutzungsdauer von 50 Jahren aus. Durch die Festlegung der AfA und der Nutzungsdauer der Gebäude nehme der Gesetzgeber eine Typisierung vor. Diese bilde einerseits eine widerlegbare Vermutung hinsichtlich der Nutzungsdauer, gleichzeitig begünstige sie aber auch den Steuerpflichtigen in den Fällen, in denen die Nutzungsdauer tatsächlich länger sei.

Dem Begehren des Klägers, bei der Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage nach § 7 Abs. 5 EStG die gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten einzubeziehen, einschließlich derjenigen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, die bereits gemäß § 7i EStG abgeschrieben worden seien, könne nicht gefolgt werden. Auch wenn der Kläger nunmehr vortrage, seine Auffassung führe nicht zu einer doppelten Inanspruchnahme von AfA-Beträgen, weil die auf der Grundlage der gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten zuzüglich der nachträglichen Anschaffungskosten begehrte AfA ab 2015 in Höhe von 1.842 € jährlich nur so lange zu gewähren sei, bis das AfA-Volumen aus bisheriger AfA-Bemessungsgrundlage für die degressive AfA und die nachträglichen Anschaffungskosten aufgebraucht sei, laufe dies dem Willen des Gesetzgebers zuwider, da hierdurch der in § 7 Abs. 5 EStG festgelegte Abschreibungszeitraum unzulässig verkürzt werde. Die durch § 7 Abs. 5 EStG vorgegebene Nutzungsdauer ende im Streitfall erst im Jahr 2048. Bei einer jährlichen AfA in Höhe von 1.842 € wäre dies bereits im Jahr 2034 der Fall. Der zum 31.12.2048 verbleibende Restwert könne ab diesem Zeitpunkt bis zur vollen Absetzung gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG entweder mit 2 v.H. oder mit 2,5 v.H. abgeschrieben werden. Gegebenenfalls könne auch eine kürzere Restnutzungsdauer zu Grunde gelegt werden.

Für die Rechtsauffassung des Finanzamtes spreche auch, dass ein nach Ablauf des Begünstigungszeitraums (für erhöhte Absetzungen gemäß § 7i EStG) verbleibender Restwert den Herstellungs- oder Anschaffungskosten des Gebäudes oder dem an deren Stelle tretenden Wert hinzuzurechnen sei. Die weiteren AfA seien einheitlich für das gesamte Gebäude nach dem sich hiernach ergebenden Betrag und dem für das Gebäude maßgebenden Prozentsatz zu bemessen (§ 7i Abs. 1 Satz 8 EStG i.V.m. § 7h Abs. 1 Satz 5 EStG).

Nach § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG in der für den Veranlagungszeitraum 1999 maßgeblichen Fassung könne der Steuerpflichtige bei einem im Inland belegenen Gebäude, das nach den Vorschriften den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal sei, abweichend von § 7 Abs. 4 und 5 EStG jeweils bis zu 10 v.H. der Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich seien, im Jahr der Herstellung und den folgenden neun Jahren absetzen. § 7i EStG definiere die Art der Herstellungskosten, für die die erhöhten Absetzungen möglich seien. Aus dem Begriff "abweichend" ergebe sich, dass es sich hier um eine eigene AfA-Methode mit besonderen Tatbestandsmerkmalen handele. Dies ergebe sich auch aus § 7a EStG.

Bei § 7 Abs. 5 EStG und § 7i EStG handele es sich um zwei voneinander unabhängige AfA-Vorschriften mit je eigenen AfA-Methoden. Die ursprünglichen Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten seien demgemäß auf die verschiedenen AfA-Methoden aufgeteilt worden. Nach Ende des Begünstigungszeitraums für die AfA nach § 7i EStG sei ein Restwert in Höhe von 0 € verblieben, so dass lediglich die ursprüngliche Bemessungsgrundlage für die AfA nach § 7 Abs. 5 EStG in Höhe von 42.786 € um die nachträglichen Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten in Höhe von 19.926 € zu erhöhen sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vom beklagten Finanzamt vorgelegten Steuerakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

1.) Der Bescheid zur Einkommensteuer 2015 vom 9. Februar 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. September 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das beklagte Finanzamt für das Vermietungsobjekt in der A-Straße 1 in S eine AfA-Bemessungsgrundlage von 62.712 € zugrunde gelegt und auf dieser Grundlage bei einem AfA-Satz von 1,25 % im Streitjahr eine AfA in Höhe von 784 € berücksichtigt.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Eigentumswohnung und der Stellplatz in der Tiefgarage, beide gelegen in der A-Straße 1 in S, in einem einheitlichen Funktions- und Nutzungszusammenhang stehen, so dass die Absetzung für Abnutzung einheitlich vorzunehmen ist (BFH, Urteil vom 14. Januar 2003 - IX R 72/00, BStBl 2003, 916 m.w.N.; FG Hessen, Urteil vom 14. Februar 2006 - 12 K 4807/01, EFG 2006, 1656).

a) Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt (Absetzung für Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen).

Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG sind bei Gebäuden abweichend von § 7 Abs. 1 EStG als Absetzung für Abnutzung die folgenden Beträge bis zur vollen Absetzung abzuziehen: bei Gebäuden, soweit sie zu einem Betriebsvermögen gehören und nicht Wohnzwecken dienen und für die der Bauantrag nach dem 31. März 1985 gestellt worden ist, jährlich 3 Prozent (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG), bei Gebäuden, soweit sie die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht erfüllen und die nach dem 31. Dezember 1924 fertiggestellt worden sind, jährlich 2 Prozent (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG) und bei Gebäuden, soweit sie die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht erfüllen und die vor dem 1. Januar 1925 fertiggestellt worden sind, jährlich 2,5 Prozent (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG) der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (lineare AfA). Beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes in den Fällen des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG weniger als 33 Jahre, in den Fällen des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG weniger als 50 Jahre, in den Fällen des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG weniger als 40 Jahre, so können anstelle der Absetzungen nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG die der tatsächlichen Nutzungsdauer entsprechenden Absetzungen für Abnutzung vorgenommen werden (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG).

Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe b EStG können bei Gebäuden, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Staat belegen sind, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum angewendet wird, und die vom Steuerpflichtigen hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sind, abweichend von § 7 Abs. 4 EStG als Absetzung für Abnutzung die folgenden Beträge abgezogen werden: bei Gebäuden im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nummer 2 EStG, soweit sie Wohnzwecken dienen, die vom Steuerpflichtigen auf Grund eines nach dem 31. Dezember 1995 und vor dem 1. Januar 2004 gestellten Bauantrags hergestellt oder auf Grund eines nach dem 31. Dezember 1995 und vor dem 1. Januar 2004 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags angeschafft worden sind, im Jahr der Fertigstellung und in den folgenden 7 Jahren jeweils 5 Prozent, in den darauf folgenden 6 Jahren jeweils 2,5 Prozent, in den darauf folgenden 36 Jahren jeweils 1,25 Prozent, der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (degressive AfA).

Nach § 7 Abs. 5a EStG ist § 7 Abs. 4 und Abs. 5 EStG auf Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, sowie auf Eigentumswohnungen und auf im Teileigentum stehende Räume entsprechend anzuwenden.

Wurden für ein Wirtschaftsgut nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgewendet, ohne dass hierdurch ein anderes Wirtschaftsgut entstanden ist, bemisst sich die weitere AfA in den Fällen des § 7 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 EStG nach der bisherigen Bemessungsgrundlage zuzüglich der nachträglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten (BFH, Urteil vom 29. Mai 2018 - IX R 93/16, BStBl II 2018, 646 [BFH 29.05.2018 - IX R 33/16] m.w.N.; BFH, Urteil vom 20. Januar 1987 - IX R 103/83, BStBl II 1987, 491; BFH, Urteil vom 20. Februar 1975 - IV R 241/69, BStBl II 1975, 412; Kirchhof/Mellinghoff/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band 7, 265. Aktualisierung Februar 2016, § 7 Abs. 5 EStG Rn F31).

b) Nach § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG in der im Streitfall für die Veranlagungszeiträume ab 1999 maßgebenden Fassung des Einkommensteuergesetzes kann ein Steuerpflichtiger bei einem im Inland belegenen Gebäude, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist, abweichend von § 7 Abs. 4 und Abs. 5 EStG bei Vorliegen der sonstigen in § 7i EStG genannten Voraussetzungen jeweils bis zu 10 vom Hundert der Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind, im Jahr der Herstellung und in den folgenden 9 Jahren absetzen. Eine sinnvolle Nutzung ist nur anzunehmen, wenn das Gebäude in der Weise genutzt wird, dass die Erhaltung der schützenswerten Substanz des Gebäudes auf die Dauer gewährleistet ist (§ 7i Abs. 1 Satz 2 EStG). Bei einem im Inland belegenen Gebäudeteil, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist, sind § 7i Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG entsprechend anzuwenden (§ 7i Abs. 1 Satz 3 EStG). Der Steuerpflichtige kann die erhöhten Absetzungen im Jahr des Abschlusses der Baumaßnahme und in den folgenden 9 Jahren auch für Anschaffungskosten in Anspruch nehmen, die auf Baumaßnahmen im Sinne von § 7i Abs. 1 Satz 1 bis 4 EStG entfallen, soweit diese nach dem rechtswirksamen Abschluss eines obligatorischen Erwerbsvertrags oder eines gleichstehenden Rechtsakts durchgeführt worden sind (§ 7i Abs. 1 Satz 5 EStG).

Der Abschreibungsberechtigte hat ein Wahlrecht, ob er von der Abschreibung nach § 7i EStG ganz, teilweise oder nicht Gebrauch macht. (Kirchhof/Mellinghoff/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band 7, 265. Aktualisierung Februar 2016, § 7i EStG, Rn B30). Eine Nachholung ist nicht möglich (Kirchhof/Mellinghoff/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band 7, 265. Aktualisierung Februar 2016, § 7i EStG, Rn B30). Es muss mindestens die AfA nach § 7 Abs. 4 EStG erfolgen (Kirchhof/Mellinghoff/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band 7, 265. Aktualisierung Februar 2016, § 7i EStG, Rn B30, unter Verweis auf § 7a Abs. 3 EStG).

Unter die Förderung nach § 7i EStG fallen nur Herstellungskosten bzw. Anschaffungskosten, die aufgrund von Baumaßnahmen entstanden sind, welche bei einem Baudenkmal für dessen Erhaltung als Baudenkmal oder für dessen sinnvolle Nutzung bzw. bei einem Teil einer geschützten Gebäudeeinheit für die Erhaltung deren schützenswerten äußeren Erscheinungsbildes erforderlich sind (Kirchhof/Mellinghoff/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band 7, 265. Aktualisierung Februar 2016, § 7i EStG, Rn B14). Die begünstigten Aufwendungen führen zu einem gesonderten Abschreibungsvolumen (Kirchhof/Mellinghoff/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band 7, 265. Aktualisierung Februar 2016, § 7i EStG, Rn B14).

Die AfA-Sätze des § 7i EStG führen grundsätzlich zur vollständigen Absetzung während des Begünstigungszeitraums. Ein Restwert ergibt sich, wenn ein Steuerpflichtiger nicht in jedem Jahr die höchstzulässige Absetzung vorgenommen oder sich während des Absetzungszeitraums die Bemessungsgrundlage erhöht hat, z.B. durch nachträgliche Herstellungskosten oder Rückzahlung von Zuschüssen (Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 7i EStG Rn 20; Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 38. Aufl. 2019, § 7i EStG Rn 12 i.V.m. § 7h EStG Rn 9). Nach § 7h Abs. 1 Satz 5 EStG, der gemäß § 7i Abs. 1 Satz 8 EStG entsprechend anwendbar ist, ist nach Ablauf des Begünstigungszeitraums ein Restwert den Herstellungs- oder Anschaffungskosten des Gebäudes oder dem an deren Stelle tretenden Wert hinzuzurechnen; die weiteren Absetzungen für Abnutzung sind einheitlich für das gesamte Gebäude nach dem sich hiernach ergebenden Betrag und dem für das Gebäude maßgebenden Prozentsatz zu bemessen. In diesen Fällen erhöht der Restwert die normale Gebäude-AfA (Kirchhof/Mellinghoff/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band 7, 265. Aktualisierung Februar 2016, § 7i EStG, Rn B30) und ist im Ergebnis wie nachträgliche Herstellungskosten zu behandeln (Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 38. Aufl. 2019, § 7i EStG Rn 12 i.V.m. § 7h EStG Rn 9). Die so berechnete Bemessungsgrundlage ist einheitlich weiter abzuschreiben. Anzuwenden ist der schon bisher für das nicht begünstigte Gebäude geltende Abschreibungssatz (Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 7i EStG Rn 20). Hierdurch kann sich die Abschreibungsdauer verlängern (Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 7i EStG Rn 20). Ein nach Ablauf der in § 7 Abs. 5 EStG festgelegten AfA-Zeitraum verbliebener Betrag ist mangels gesetzlicher Regelung linear nach § 7 Abs. 4 EStG abzusetzen (Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 7i EStG Rn 20).

c) Nach diesen Grundsätzen hat das beklagte Finanzamt im Streitfall zutreffend die bisherige AfA-Bemessungsgrundlage für das Vermietungsobjekt (Eigentumswohnung mit Tiefgaragenstellplatz) in der A-Straße 1 in S von bisher 42.786 € um die nachträglichen Anschaffungskosten für den Tiefgaragenstellplatz in Höhe von 19.926 € auf 62.712 € erhöht und auf dieser Grundlage bei einem AfA-Satz von 1,25 v.H. einen AfA-Betrag in Höhe von 784 € berücksichtigt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bemisst sich die AfA in den Fällen des § 7 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 EStG bei nachträglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten nach der bisherigen Bemessungsgrundlage zuzüglich der nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (BFH, Urteil vom 29. Mai 2018 - IX R 93/16, BStBl II 2018, 646 [BFH 29.05.2018 - IX R 33/16] m.w.N.; BFH, Urteil vom 20. Januar 1987 - IX R 103/83, BStBl II 1987, 491; BFH, Urteil vom 20. Februar 1975 - IV R 241/69, BStBl II 1975, 412). Die bisherige Bemessungsgrundlage umfasst, worauf der Kläger zutreffend verweist, in der Regel die gesamten ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Etwas andere gilt jedoch, wenn ein Steuerpflichtiger, wie im Streitfall, erhöhte Absetzungen für Abnutzung nach § 7i EStG in Anspruch nimmt. In diesen Fällen wird für die Absetzungen für Abnutzung, für die die Voraussetzungen nach § 7i EStG vorliegen, ein eigenes Abschreibungsvolumen gebildet (Kirchhof/Mellinghoff/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band 7, 265. Aktualisierung Februar 2016, § 7i EStG, Rn B14). Nur der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, der nicht die Voraussetzungen des § 7i EStG erfüllt, bildet die Bemessungsgrundlage für die restliche Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 oder Abs. 5 EStG. Diese betrug, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, 42.786 €. Das Abschreibungsvolumen nach § 7i EStG in Höhe von 84.664 € war, was zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig ist, nach Ablauf des zehnjährigen Begünstigungszeitraums des § 7i EStG vollständig aufgebraucht, so dass der Restwert für dieses Abschreibungsvolumen nach Ablauf des Begünstigungszeitraums bei 0 € lag. Ein Restwert, um den die bisherige Bemessungsgrundlage für die normale Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3b) EStG nach Ablauf des Begünstigungszeitraums des § 7i EStG hätte erhöht werden müssen, lag somit nicht vor. Zu Recht hat das beklagte Finanzamt daher lediglich die bisherige Bemessungsgrundlage in Höhe von 42.786 € um die nachträglichen Anschaffungskosten in Höhe von 19.926 € auf 62.712 € erhöht und auf dieser Grundlage bei einem AfA-Satz von 1,25 v.H. eine AfA in Höhe von 784 € berücksichtigt.

Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass sich hierdurch der Abschreibungszeitraum über die von § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3b) EStG vorgesehene Abschreibungsdauer von 50 Jahren hinaus verlängert. Die degressiven Absetzungen für Abnutzung für Gebäude nach § 7 Abs. 5 EStG bemessen sich nach den gesetzlich festgelegten und zeitlich gestaffelten Vomhundertsätzen. Die Anwendung anderer als der im Gesetz festgelegten Vomhundertsätze ist nicht zulässig. Für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten hat dies zur Folge, dass sie ab dem Jahr ihres Anfalls zusammen mit den bisher nach § 7 Abs. 5 EStG abgesetzten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten und mit dem für diese geltenden Vomhundertsatz abzusetzen sind. Fallen, wie im Streitfall, nach mehr als 14 Nutzungsjahren nachträglich Anschaffungskosten an, so beträgt der AfA-Satz für die Summe aus den ursprünglichen und nachträglichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, die gemäß § 7 Abs. 5 EStG abzusetzen sind, nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3b) EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung im Streitjahr und den Folgejahren jeweils 1,25 v.H. Dabei ist unerheblich, dass dies zu einer Verlängerung des Abschreibungszeitraums über 50 Jahre hinaus führt (BFH, Urteil vom 20. Januar 1997 - IX R 103/83, BStBl 1987, 491; BFH, Urteil vom 3. Juli 1984 - IX R 45/84, BStBl II 1984, 709). Beträge, die nicht bis zum Ablauf des nach § 7 Abs. 5 EStG vorgesehenen Zeitraums abgesetzt werden können, sind in den Folgejahren nach § 7 Abs. 4 EStG abzusetzen (BFH, Urteil vom 20. Januar 1997 - IX R 103/83, BStBl 1987, 491).

Etwas anderes ergibt sich im Streitfall auch nicht daraus, dass der Kläger vorträgt, in den Anschaffungskosten für den Tiefgaragenstellplatz seien Modernisierungsaufwendungen nach § 7i EStG enthalten. Denn der Begünstigungszeitraum nach § 7i EStG war im Streitjahr bereits abgelaufen.

2.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).