Landgericht Aurich
Urt. v. 11.12.2020, Az.: 5 O 317/20

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
11.12.2020
Aktenzeichen
5 O 317/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 71585
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG - AZ: 6 U 15/21
BGH - AZ: III ZR 75/21

Tenor:

Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: bis zu 13.000,00 EUR

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten Bundesrepublik Deutschland infolge des Erwerbs eines vom sog. Abgasskandal betroffenen PKW.

Der Kläger kaufte am 17.9.2015 zum Preis von 29.879,00 EUR einen VW Tiguan, Fahrzeugidentifikationsnummer (…), der mit einem EA 189 Motor ausgestattet war.

Der Motor dieses Fahrzeugs war bei Übergabe mit einer vom Hersteller weder gegenüber Kunden noch gegenüber Zulassungsbehörden bekanntgegebenen Prüfstands-Abschalteinrichtung versehen, wie sie im Zuge des sogenannten „VW-Abgasskandals“ inzwischen allgemein bekannt ist, so dass auf nähere Darstellungen verzichtet wird. Der Kläger beruft sich auf hieraus resultierende Mängel und Folgerisiken, wobei wegen der Einzelheiten auf die Darstellung in der Klageschrift und den weiteren Schriftsätzen Bezug genommen wird. Im Bescheid vom 15.10.2015 stufte das Kraftfahrt-Bundesamt die Software als unzulässige Abschalteinrichtung ein und erteilte der Beklagten die Auflage diese zu entfernen.

Der Kläger meint, dass ihm gegen die Beklagte ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch zustehe.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, ihm bezüglich des Fahrzeugs mit der FIN (…) die Schäden zu ersetzen, die ihr daraus entstehen,

a) dass es die Beklagtenpartei unterlassen hat, aufgrund Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen zu erlassen;

b) hilfsweise: dass die Beklagtenpartei die Typengenehmigung vom 29.04.2014 mit der Typengenehmigungsnummer e1*2001/116*0450*19 erteilt hat.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlage sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig.

Sowohl die mit dem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Feststellungsklage ist unzulässig. Es fehlt bereits an einem gemäß § 256 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse, da der Kläger sein Ziel mit der insoweit vorrangigen Leistungsklage erreichen kann.

Der Kläger behauptet, dass er zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht in der Lage sei, seinen Schaden abschließend zu beziffern, was ihm grundsätzlich die Möglichkeit einer Feststellungsklage eröffnen würde. Der Schaden, den der Kläger geltend macht, ist abschließend zu beziffern. Er ist ihm durch den Abschluss des Kaufvertrags über das streitgegenständliche Fahrzeug entstanden, den er, in Kenntnis der bestehenden Abgasproblematik, nicht abgeschlossen hätte. Insofern liegt in dem Abschluss des Vertrages der Schaden des Klägers, weswegen sich der Anspruch auf den Ersatz des negativen Interesses richtet. Einen darüberhinausgehenden Mehraufwand hat der Kläger aber nicht überzeugend dargelegt und dieser ist auch nicht ersichtlich. Es ist ihm auch möglich, die Nutzungsentschädigung zu beziffern, jedenfalls schätzungsweise, da sich diese aufgrund der gefahrenen Kilometer ergibt und einer geläufigen Berechnungsmethode unterliegt. Hält der Kläger hingegen daran fest, das Fahrzeug in seinem Eigentum zu halten und will sich alle Schäden, die entstanden sind und noch entstehen werden, von der Beklagten ersetzen lassen, so geht dies über den Schutzzweck des Schadensersatzanspruches hinaus. Alle weiteren Schäden, die eventuell noch entstehen könnten, gehen dann auf die Entscheidung des Klägers zurück, an dem Vertrag festzuhalten (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 06.04.2001, V ZR 394/99, zitiert nach juris, Randziffer 18.)

Dies gilt umso mehr, als dass der Kläger im separaten Verfahren 5 O 1312/18 seine Schadensersatzansprüche gegen die Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeuges geltend gemacht hat, das in der Berufungsinstanz durch Zahlung einer Vergleichssumme von der Herstellerin in Höhe von 5.400,00 EUR und Klagerücknahme beendet wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Der Streitwert wird aufgrund der Angaben zum konkreten Schaden im Schriftsatz vom 30.10.2020 auf bis zu 13.000,00 EUR festgesetzt. Dort wurde ein erwartbarer Schaden von 13.401,60 EUR beziffert, wovon bei Feststellungsanträgen 80 % als Streitwert festzusetzen ist.