Vergabekammer Lüneburg
v. 25.06.1999, Az.: 203-VgK-4/1999

Ausschreibung des Neubaus eines Geriatrischen Zentrums; Nachprüfung eines Vergabeverfahrens; Zustandekommen eines Bauvertrages; Subsumtion von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften unter das EG-Vergaberecht

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
25.06.1999
Aktenzeichen
203-VgK-4/1999
Entscheidungsform
Entscheidung
Referenz
WKRS 1999, 29899
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

Neubau Geriatrisches Zentrum / Neubau Haupteingang - Bettenaufzug

In dem Nachprüfungsverfahren
hat der Vorsitzende der Vergabekammer
entschieden:

Tenor:

  1. 1.

    Das o.g. Nachprüfungsverfahren hat sich durch Erteilung des Zuschlags am 27.05.1999 erledigt.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf 2.500,- DM festgesetzt.

Tatbestand

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I.

Der Antragsgegner hat den Neubau Haupteingang-Bettenaufzug EG-weit im Offenen Verfahren ausgeschrieben. Der Eröffnungstermin war gemäß Formblatt EVM(B)A EG auf den 15.04.1999 festgesetzt worden. Als Ablauf der Zuschlagsfrist wurde der 14.05.1999 genannt. Mit Zustimmung der Bieter verlängerte der Antragsgegner die Zuschlagsfrist auf den 28.05.1999. Er hat unter Beachtung der Zuschlagsfrist den Auftrag an den preisgünstigsten Bieter erteilt. Die Auftragser-teilung erfolgte mittels des Formblattes EVM(B/K/L)Atr, ausgefertigt am 27.05.1999. Das Zuschlagsschreiben wurde mit Anschreiben vom 01.06.1999 zugestellt. Der Auftragnehmer hat den Empfang dieses Schreibens vorab mit Schreiben vom 07.06.1999 bestätigt und formell am 15. Juni 1999 auf der auf dem Formblatt vorgesehen Empfangsbestätigung bescheinigt und das Auftragsschreiben an den Antragsgegner lt. Identifikationszeile - jeweils auf dem Kopf der Seiten - am 15.06.1999 per Fax zurückgesandt.

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Der Antrag der Antragstellerin ist bei der Kammer am 09. Juni 1999 eingegangen und dem Antragsgegner am gleichen Tag zugestellt worden. Der Empfang dieses Schreibens ist von der Antragsgegnerin am 09. Juni 1999 per Fax bestätigt worden.

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Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

das Vergabeverfahren auszusetzen, und das Vergabeverfahren vollständig zu überprüfen.

Entscheidungsgründe

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II.

Der Antrag hat sich erledigt. Der Antragstellerin fehlt das erforderliche Rechtsschutzinteresse, da das streitbefangene Vergabeverfahren bereits vor Antragstellung durch wirksamen Zuschlag beendet war und damit weder einer Nachprüfung durch die Vergabekammer gem. §§ 107 ff. GWB noch einer gesondert zu beantragenden Feststellung gem. § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB unterliegt.

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Soweit die Antragstellerin mit dem Hauptantrag die Nachprüfung des Vergabeverfahrens gem.

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§ 107 ff. GWB und die einstweilige Untersagung gegenüber der Antragsgegnerin begehrt, den Zuschlag zu erteilen, folgt die Unzulässigkeit bereits aus § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB. Danach kann die Vergabekammer einen bereits erteilten Zuschlag nicht aufheben. Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung ein Prinzip des deutschen Vergaberechts festgeschrieben, weil mit dem Zuschlag das Vergabeverfahren beendet und zugleich der zivilrechtliche Vertrag zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer geschlossen wird (vgl. BT-Drucksache 13/9340, S. 19, Begründung zu § 124 GWB i.d.F. des Entwurfs v. 03.12.97 des Vergaberechtsänderungsgesetzes = § 114 der Neufassung des GWB vom 26. August 1998, BGBl. I Nr. 59 v. 02.09.98, S. 2546 ff.), indem der Auftraggeber das Angebot des Auftragnehmers annimmt.

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Nach der VOB-Systematik ist die Zuschlagserteilung ein einseitiges Rechtsgeschäft, wodurch der Vertrag mit der Übersendung des Zuschlagsschreibens rechtskräftig zu Stande kommt. Der Bauvertrag kommt nicht durch den Zuschlag als solchen zu Stande, sondern als empfangsbedürftige Willenserklärung durch den Zugang der Mitteilung bei dem Bieter über den erfolgten Zuschlag. Für das Wirksamwerden einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist - außer dem Zugehen an den Erklärungsgegner - erforderlich, aber auch ausreichend, dass sie mit Willen des Erklärenden in den Verkehr gelangt ist und der Erklärende damit rechnen konnte und gerechnet hat, dass sie den richtigen Empfänger erreichen wird. Die Mitteilung über den Zuschlag braucht grundsätzlich nicht schriftlich, sie kann auch mündlich erfolgen, soweit nicht nach zwingenden gesetzlichen Vorschriften, wie z.B. nach der einschlägigen Gemeindeordnung, Schriftform vorgeschrieben ist. Solange dann Schriftlichkeit noch nicht vorliegt, ist der Vertrag schwebend unwirksam; Gleiches gilt, wenn bei der mündlichen Mitteilung der Vorbehalt gemacht wird, die Wirksamkeit des Auftrages sei von der noch folgenden schriftlichen Mitteilung abhängig. Allein zum Beweis über den Abschluss des Bauvertrages ist es jedoch beiderseits - für Auftraggeber und Auftragnehmer - immer geboten, die Mitteilung über den Zuschlag in die Schriftform zu kleiden. Der Zugang des Zuschlages muss vom Auftraggeber bewiesen werden. Dazu genügt nicht der Nachweis der Aufgabe bei der Post(vgl. Ingenstau/Korbion, Kommentar zur VOB, 13. Aufl., Rdn. 7ff. zu § 28 VOB/A).

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Die Empfangsbestätigung dient dementsprechend lediglich Beweiszwecken. Somit ist es unerheblich, dass im vorliegenden Fall die Eingangsbestätigung erst nach Antragstellung bei der Vergabekammer einging, nämlich am 15.06.1999.

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Die Kammer ist nach eingehender Überprüfung der Vergabeakten der Überzeugung, dass der Zuschlag tatsächlich bereits vor Anrufung der Vergabekammer durch die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 09.06.1999 wirksam erteilt wurde. Die Zuschlagsfrist lief am 28.05.1999 ab. der Antragsgegner hat den Zuschlag am 27.05.1999 an die Fa. l, erteilt. Damit hat der Antragsgegner das Vertragsangebot der Fa. angenommen, der Vertrag ist zu Stande

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gekommen. Demnach ist der Zuschlag am 27.05.1999 erteilt worden, die Anrufung der Vergabekammer mithin nach Zuschlagserteilung erfolgt.

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Da dieser Zuschlag nicht aufgehoben werden kann, hat sich dieses Nachprüfungsverfahren gemäß § 114 Abs. 2 S. 2 GWB erledigt.

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Es konnte daher offen bleiben, ob der Antragsgegner ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB ist. Es spricht viel für die Annahme, dass die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften insoweit auch dem EG-Vergaberecht unterliegen und als öffentliche Auftraggeber im Sinne dieser Vorschriften anzusehen sind (vgl. auch Jestedt/Marx, Das Recht der Auftragsvergabe, Bonn 1999, 2.3.4, S. 41). Die Tätigkeit der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften fällt jedenfalls in Teilbereichen unter den Begriff der Tätigkeit im Allgemeininteresse, wie ihn das Vergaberecht voraussetzt. Offensichtlich ist, dass der kultisch-religiöse Bereich und die damit unmittelbar im Zusammenhang stehenden Vorgänge als rein innerkirchliche Angelegenheiten nicht den Regelungen des Vergaberechts unterliegen können. In den Bereichen Schulwesen, Sozial- und Betreuungswesen werden die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften auch nicht als rein gewerbliche, auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Wirtschaftsunternehmen tätig. Die Frage der staatlichen Finanzierung ist für die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften anhand der maßgeblichen grundgesetzlichen Vorschriften zu beantworten. Nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 2 WRV sind die Religionsgemeinschaften berechtigt, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben. Insbesondere im Krankenhausbereich stellt die Projekt- und Großgerätebeschaffung eine Finanzierung dar, die die Voraussetzungen des Vergaberechts erfüllt. Auch bei kirchlicher Trägerschaft unterliegen Krankenhäuser der normalen staatlichen Aufsicht durch die Gesundheitsämter. In Einzelbereichen erfüllen deshalb die Religionsgemeinschaften die Voraussetzungen, die das Gemeinschaftsrecht fordert (Heiermann/Riedl/Rusam, Kommentar zur VOB, 8. Aufl., Rdn. 31, Vorbemerkungen zur VOB/A - Anwendungsbereich von Abschnitt 2 - Persönlicher Geltungsbereich).

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Der Antragsgegner ist eine juristische Person des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet worden ist, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen.

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Er wird überwiegend durch andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts finanziert, da neben den Mitteln aus dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) auch die anteilige Finanzierung durch die gesetzlichen Krankenkassen den öffentlichen Mitteln zuzurechnen sind. Damit wären die Voraussetzungen des § 98 Nr. 2 GWB erfüllt sind.

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Wegen der Erledigung des Antrags ergeht die Entscheidung gem. § 112 Abs. 1 Satz 2 GWB ohne vorherige mündliche Verhandlung. Gemäß § 105 Abs. 3 GWB hat die Vergabekammer dem Vorsitzenden das Verfahren zur alleinigen Entscheidung durch Beschluss vom 25.06.1999 übertragen.

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III.

Kosten

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Da in der Sache nicht geprüft werden musste, wird die Mindestgebühr in Höhe von 5.000, - DM aus Gründen der Billigkeit gemäß § 128 Abs. 2 GWB auf 2.500,- DM bzw. 1.278,22 EURO festgesetzt.

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Die Antragstellerin wird gebeten, den Betrag in Höhe von 2.500,- DM bzw. 1.278,22 EURO auf eines der nachfolgenden Konten unter Angabe des Aktenzeichens xxxxx zu überweisen.

Herrmann