Landgericht Verden
Urt. v. 22.11.2006, Az.: 7 O 433/06
Bibliographie
- Gericht
- LG Verden
- Datum
- 22.11.2006
- Aktenzeichen
- 7 O 433/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 43739
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGVERDN:2006:1122.7O433.06.0A
In dem Rechtsstreit
hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden auf die mündliche Verhandlung vom 8. November 2006 durch ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Antrag vom 25. Oktober 2006 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Verfügungsklägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin ist eine Bauträgergesellschaft, die dem Verfügungsbeklagten zusammen mit seiner Ehefrau mit notariellem Vertrag vom 3. September 2002 ein Reihenendhausgrundstück in XXX verkaufte. Die Übergabe an den Verfügungsbeklagten und seine Ehefrau erfolgte am 2. Dezember 2002. Unter dem 28. April 2005 übergab der Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin eine Mängelliste, in der u.a. - ein Mangel an dem Wärmedämmverbundsystem behauptet wurde. Daraufhin holte die Verfügungsklägerin ein Privatgutachten ein, das zu dem Ergebnis kam, es lägen keine Mängel am Wärmedämmverbundsystem vor. Dementsprechend ließ die Verfügungsklägerin insofern keine Mangelbeseitigungsarbeiten durchführen. Daraufhin richtete der Verfügungsbeklagte im Jahre 2005 eine Internetseite unter der XXX ein. Auf dieser Internetseite kündigte der Verfügungsbeklagte die alsbaldige Entstehung einer Internetseite unter der Bezeichnung XXX an, wobei er die jeweiligen Anfangsbuchstaben hervorhob.
Am 19. September 2006 fand ein Gespräch zwischen den Parteien statt, währenddessen der Verfügungsbeklagte einen kompletten Abriss und Wiederaufbau der Fassade forderte. Er legte einen Kostenvoranschlag eines Malerbetriebes vor, der hierfür einen Kostenaufwand von knapp 24.000,00 € auswies. Er forderte von der Verfügungsklägerin eine Zahlung in Höhe von 30.000,00 € mit dem Hinweis, er werde bei Zahlung die Internetseite aus dem Internet nehmen. Die gleiche Forderung erhob der Verfügungsbeklagte am 13. Oktober 2006 gegenüber der Verfügungsklägerin.
Nunmehr hat der Verfügungsbeklagte auf seiner Internetseite unter der XXX eine Verknüpfung zur Internetpräsenz der Verfügungsklägerin hergestellt. Der Verfügungsbeklagte hat auf der ersten Seite seiner Website den Halbsatz "Hier der Bauträger, der unser Haus gebaut" als Internet-Link eingebaut, mit der Folge, dass der Leser dieser Internetseite mit einem einfachen Mausklick die Internetseite der Antragstellerin öffnet.
Gleichzeitig brachte er ein Banner mit seiner Internetadresse an seinem Haus an.
Mit Schreiben vom 17. Oktober 2006 forderte die Verfügungsklägerin den Verfügungsbeklagten auf, die Verknüpfung auf seine Internetseite zu unterlassen. Eine Entfernung erfolgte nicht.
Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, der Verfügungsbeklagte schulde sowohl Beseitigung der streitgegenständlichen Verknüpfung wie auch zukünftige Unterlassung. Es handele sich bei der Verknüpfung der Internetseite des Verfügungsbeklagten mit der ihren keineswegs um eine diesem zuzubilligenden Form der Kritik ihrer Bauleistung, sondern darum, durch seine Internetpräsenz eine derart geschäftsschädigende Haltung ihr gegenüber einzunehmen, dass sie gezwungen sehen solle, zur Beseitigung der Internetpräsenz eine Zahlung von 35.000,00 € gegenüber dem Verfügungsbeklagten zu erfüllen. Weiterhin ist sie der Ansicht, dass bereits der Name der Internetseite XXX zeige, dass es dem Verfügungsbeklagten keineswegs darum gehe, die konkrete Bauleistung an seinem Haus zu kritisieren, sondern eine generelle Aussage über die Arbeit der Verfügungsklägerin als Pfuscher am Bau abzugeben. Der Verfügungsbeklagte müsse zur Durchsetzung seiner Ansprüche den gerichtlichen Weg einschlagen und dürfe nicht das Internet nutzen, um sie zur Zahlung eines Geldbetrages zu nötigen.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
1. dem Verfügungsbeklagten wird geboten, die auf seiner Internetseite mit der XXX vorhandene Verknüpfung mit ihrer Internetseite unter der XXX zu entfernen;
2. dem Verfügungsbeklagten wird verboten, seine Internetseite mit der XXX zukünftig mit ihrer Internetseite unter der XXX zu verknüpfen;
3. dem Verfügungsbeklagten wird angedroht, dass gegen ihn für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1) und Ziffer 2) ausgesprochenen Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zu 25.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt werden kann.
Der Verfügungsbeklagte beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Er ist der Ansicht, es läge durch die Verknüpfung der Links kein betriebsbezogener Eingriff vor. Es läge bloß eine Belästigung vor. Er habe auf der angegebenen Internetseite lediglich seiner Verärgerung Ausdruck verleihen wollen. Zudem behauptet er, es könnten nur Eingeweihte Einsicht in die Seite nehmen. Insofern habe die Internetseite keinerlei Außenwirkung.
Weiterhin ist der Verfügungsbeklagte der Ansicht, der Inhalt der genannten Internetseite sei vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt. Es handele sich nicht um Schmähkritik. Er behauptet, er habe auf der Internetdomain nur Inhalte dargestellt, die der Wahrheit entsprachen. Zudem habe er nur Meinungen geäußert.
Schließlich ist er auch der Ansicht, dass kein Verfügungsgrund vorliege. Die Internetseite bestehe bereits seit über einem Jahr. Die Linkverbindung sei bereits seit dem 19. September 2006 in dem damaligen Gespräch bekannt.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist zulässig.
In der Sache hat der Antrag allerdings keinen Erfolg.
Der Verfügungsklägerin steht gegen den Verfügungsbeklagten kein Anspruch auf Löschen und Unterlassen des auf der Internetseite mit der XXX vorhandenen Verknüpfung mit ihrer Internetseite gemäß § 1004 BGB, der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage zu.
Durch die Verknüpfung mittels eines Links von der Website des Verfügungsbeklagten mit der Internetseite der Verfügungsklägerin liegt kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, der von § 1004 BGB geschützt wird, vor. Es sind keine geschäftsschädigenden, produktbezogenen öffentlichen Äußerungen gegeben. Der Verfügungsbeklagte beschränkt seine Darstellung auf seiner Internetseite auf die Äußerung seiner persönlichen Meinung. Auch die Verknüpfung durch die Angabe "hier der Bauträger, der unser Haus gebaut hat", mit der Website der Verfügungsklägerin, entspricht der Tatsache. Unstreitig hat die Verfügungsklägerin die Fassade des Hauses hergestellt. Insofern wird der Inhalt auf der genannten Internetseite des Verfügungsbeklagten vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt. Eine Schmähkritik ist nicht zu erkennen. Die Kritik an der Verfügungsklägerin ergibt sich nicht aus den Äußerungen des Verfügungsbeklagten an sich, sondern nur zwischen den Zeilen, sofern der Leser die seitens des Verfügungsbeklagten dargestellten Tatsachen als wahr unterstellt hinnimmt und den Schluss für sich selbst zieht, es handele sich insofern um Pfusch am Bau. Es findet sich insofern auf der gesamten Internetseite keine Diffamierung der Verfügungsklägerin, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik diese herabsetzt und diese gleichsam an den Pranger stellen soll (BGH NJW 2002, 1192 ff.).
Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass selbst bei konkreten Tatsachenbehauptungen und damit verbundener Kritik an der gewerblichen Leistung eines Unternehmens in der Regel diese auch vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt sind, wenn sie scharf und überzogen sind. Die Grenze besteht erst bei der unzulässigen Schmähkritik. Dieser Begriff der Schmähkritik ist jedoch eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte und gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Eine solche Meinungsäußerung liegt in diesem Fall jedoch gerade nicht vor, da die Schmähung sich erst durch die Verknüpfung der dargestellten Tatsachen im Kopf des Lesers darstellt.
Hierbei ist insbesondere auch zu bedenken, dass die Internetseite des Verfügungsbeklagten kaum Außenwirkung haben wird. Es ist davon auszugehen, dass kein erhebliches Interesse daran besteht, Einblick in die Internetseite der Privatperson des Verfügungsbeklagten zu nehmen. Nur durch Zufall mag es sein, dass ein Außenstehender auf die Internetseite des Verfügungsbeklagten gelangt. Selbst wenn dieses geschehen mag, ist fraglich, ob er die von der Klägerin behaupteten Schlussfolgerungen auch wirklich zieht und dann die seitens des Verfügungsbeklagten geäußerte Meinung als wahre Tatsachenbehauptung hinnimmt.
Hieran ändert auch der Banner nichts. Denn dieser würde allenfalls neugierige Nachbarn zum Aufsuchen der Website veranlassen.
II.
Bedenken bestehen auch, ob der Verfügungsklägerin überhaupt ein entsprechender Verfügungsgrund zur Seite steht. Eine Eilbedürftigkeit besteht nur dann, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hier bestand die Internetseite des Verfügungsbeklagten bereits über ein Jahr. Spätestens seit dem Gespräch der Parteien am 19. September 2006 hatte die Verfügungsklägerin Kenntnis von der über Link hergestellten Verbindung der Internetseiten des Verfügungsbeklagten mit der Internetseite der Verfügungsklägerin. Seit dem ist unstreitig nichts geschehen. Es ist daher nicht erkennbar, weshalb nunmehr mit Antrag vom 25. Oktober 2006 die Beseitigung des Links dringend erforderlich sein sollte.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 6, 711 Satz 1, 2 ZPO.
IV.
Der Streitwert wird auf 25.000,00 € festgesetzt.