Landgericht Verden
Urt. v. 10.04.2006, Az.: 10 O 105/05
Bibliographie
- Gericht
- LG Verden
- Datum
- 10.04.2006
- Aktenzeichen
- 10 O 105/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 43738
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGVERDN:2006:0410.10O105.05.0A
In dem Rechtsstreit ...
hat die 10. Zivilkammer (2. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Verden auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 2006 für Recht erkannt:
Tenor:
- a)
Den Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt,
- b)
Gewerbetreibende oder Privatpersonen telefonisch anzurufen oder anzurufen zu lassen, um Angebote zu unterbreiten oder in sonstiger Form zu werben, sofern ein Einverständnis mit dieser Art der Werbung nicht vorlag und / oder
- c)
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs eine Einladung in einer Gaststätte zu bewerben, wenn dort auch eine Verkaufsveranstaltung stattfindet und auf diesen Umstand nicht deutlich und unübersehbar hingewiesen wird und /oder
- d)
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ein Wanderlager durchzuführen und / oder zu bewerben und in diesem Zusammenhang ein Gewinnspiel durchzuführen und / oder
- e)
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs eine Einladung in einer Gaststätte zu bewerben mit dem Hinweis "keine Verkaufsveranstaltung im Sinne des § 56 a Gewerbeordnung", wenn tatsächlich eine Verkaufsveranstaltung stattfindet.
- f)
Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger 189,00 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 09. November 2005 zu bezahlen.
- g)
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
- h)
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung von 2.300,00 Euro vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 10.189,00 Euro.
Tatbestand
Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und ist in § 13 Abs. 5 Ziff. 1 des Unterlassungsklagegesetztes als Wettbewerbsverband ausdrücklich aufgeführt.
Die Beklagte zu 1. betreibt einen Reise- und Messeservice, der Beklagte zu 2. ist der Geschäftsführer der als GmbH betriebenen Gesellschaft. Die Beklagte zu 1. betreibt einen Handel und einen Vertrieb von Waren aller Art sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte, mit Ausnahme erlaubnispflichtiger Tätigkeiten, sowie das Betreiben von Messeständen, ferner die Organisation von Reisen und das Betreiben von Callcentern.
Am 05Juni 2005 fand in xxxxx im Gasthaus "xxxx" und in Zimmern im Gasthaus "Adler", beide im Bereich der Polizeidirektion xxxxx liegend, eine Präsentation von Waren der Beklagten zu 1. statt. Zu der Veranstaltung in xxxxx haben die Firma xxxx bei der Gemeinde xxxxx eine Verkaufsveranstaltung nach § 56 a GewO (Wanderlager) unter dem 01. Juli 2005 angemeldet (siehe Anlage B 1, Bl, 47 d.A., von der Beklagten eingereicht). Als Veranstalter war ein xxxx aus xxxx mit dem Vertrieb von Waren der Beklagten zu 1., nämlich von Haushaltswaren (Strahlenschutz und Bettwaren), sowie elektrischen Geräten angemeldet. Die Veranstaltung sollte nicht öffentlich angekündigt werden, ein "Kundenstamm" sollte telefonisch benachrichtigt und eingeladen werden (Anlage B 1). Eine Anmeldung der Veranstaltung vom 11. Juli 2005 ist nicht erfolgt.
Der Veranstalter xxxxx ist bei der Beklagten nicht beschäftigt.
Mit Schreiben vom 27. Juni 2005 wurden Personen unter Bezugnahme auf eine vorheriger telefonische Mitteilung eine Einladung zu einer Firmenpräsentation in Form einer Hausmesse für den 05. Juli 2005 ausgesprochen (Anlage K 3, Bl. 23 d.A., auf das ausdrücklich zur näheren Darstellung Bezug genommen wird). Dabei sollte ein reichhaltiges, kostenloses Mittagessen gereicht werden und ein wertvolles Präsent im Werte von 49,00 Euro "für Ihre Mithilfe in der Marktforschung" überreicht werden. Dass von einer Frau xxxxx drucktechnisch unterschriebene Einladungsschreiben enthält im Briefkopf die Firmenbezeichnung der Beklagten.
Der Kläger behauptet, solche und ähnliche Schreiben seien Personen für den 05. Juli und den 11. Juli 2005 zugesandt worden, die zuvor telefonisch angerufen worden waren, obwohl sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht zum Kundenstamm der Beklagten zu 1. gehört hätten. Obwohl in dem Schreiben für den 05. Juli und den 11. Juli 2005 weder auf eine Verkaufsveranstaltung hingewiesen worden war und sogar ausdrücklich erklärt worden war, dass es sich um keine Verkaufsveranstaltung im Sinne des § 56 a GewO handele (Anlage K 3, letzter Satz), seien Verkäufe von Waren der Beklagten zu 1. getätigt worden (Kaufverträge vom 05. April 2005, K 7 , Bl. 55 d.A., und K 8, Bl. 56 d. A.). Außerdem sei während der Verkaufsveranstaltung ein Gewinnspiel durchgeführt worden, wobei die erzielten Gewinne von 700,00 Euro auf den Verkaufspreis der Waren verrechnet worden sind.
Die Beklagte zu 1. habe daher diese Art der Verkaufspraktiken zu unterlassen und habe die vorgerichtlichen Kosten der Klägerin für die mit Schreiben vom 14. Juli, 27. Juli und 16. August 2005 erfolgten Abmahnungen mit einem Betrag von 189,00 Euro finanziell auszugleichen.
Der Kläger stellte daher den Antrag, wie er ausgeurteilt ist. Die
Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreiten zum einen die Aktivlegitimation der Klägerin, zum anderen sei die Klage deshalb nicht zulässig, weil die Beklagte zu 1. Abmahnungen nicht erhalten habe. Außerdem bestreitet sie mit Nichtwissen die telefonische Werbung von Veranstaltungsteilnehmern, die Durchführung von Verkäufen und von Gewinnspielen. Die Einladungen stammten nicht von ihr, sondern von der von ihr beauftragten Promotionsfirma. Der Veranstalter sei bei der Beklagten nicht beschäftigt.
Zum weiteren Sachvortrag wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist im vollem Umfang begründet.
Der Kläger ist aktiv legitimiert. Die Beklagten haften als Unternehmen, dessen Ware bei der Verkaufsveranstaltung beworben und verkauft worden ist, und der Beklagte zu 2, als Inhaber dieses Unternehmens nach § 8 Abs. 1 und Abs. 2 UWG für die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nach §§ 3, 4 Nr. 11,5 Abs. 1, 7 Abs. 2 Nr. 2, 8 Abs. 1 und Abs. 2, 12 UWG i.V.m. § 56 a Abs. 2 GewO. Die Beklagte zu 1. haftet darüber hinaus für die Aufwendungen der Klägerin im Rahmen der Abmahnung nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.
Der Kläger ist berechtigt, gegen die Beklagten die vorliegenden Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Er ist eine im Sinne des § 8 Abs. 3 Ziff. 2 i.V.m. §§ 2, 3 Abs. 2 Ziff. 2 Abs. 2 Unterlassungsklagegesetzes anspruchsberechtigte Stelle, zumal er in § 13 Abs. 5 Ziff. 1 Unterlassungsklagegesetz ausdrücklich als Wettbewerbsverband aufgeführt ist.
Es kann in diesem Zusammenhang dahin stehen, ob die Beklagte zu 1. von dem Kläger eine Abmahnung erhalten hat. Grundsätzlich ist eine Abmahnung nach ständiger Rechtsprechung keine Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Unterlassungsklage wegen Verstoßes gegen Vorschriften des UWG.
Die Beklagte zu 1. und der Beklagte zu 2. sind Anspruchsgegner der Unterlassungsansprüche im Sinne des § 8 Abs. 1 und Abs. 2 UWG.
Zwar ist die Beklagte zu 1. in der Anmeldung des Wanderlagers, Anlage B 1, nicht als Veranstalter genannt, sondern als diejenige Firma, deren Ware verkauft werden sollte, jedoch hat die Beklagte zu 1. es zugelassen, dass unter ihrem Briefkopf für die Veranstaltung geworben wird (Anlage K 3). Die Veranstalterin xxxx, bzw. der von der xxxx beauftragte Herr xxxx, ist ein Beauftragter der Beklagten im Sinne von § 8 Abs. 2 UWG, dessen Handeln sich die Beklagte und der Inhaber des Unternehmens, also der Beklagte zu 2., der für die Beklagte zu 1. wiederum handelt, zurechnen lassen müssen. Diese Rechtsfolge gebietet die von der Rechtsprechung geforderte, zur Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen im Wettbewerbsrecht und zur Vermeidung von Durchbrechungen des Wettbewerbsrechtes geforderte weite Auslegung der Vorschrift (vgl. Baumbach/Hefermehl, § 8 UWG, Rdnrn. 2.33 und 2.34).
Damit haften beide Beklagte für Wettbewerbsverstöße und können sich auch nicht auf das Bestreiten von Sachverhalten unter Hinweis auf ihre angebliche Unkenntnis verlegen. Sie müssen die Handlungen ihrer Beauftragten sich zurechnen lassen, sie müssen sich bei dem Beauftragten erkundigen und müssen sich wahrheitsgemäß zu den vorgetragenen Sachverhalten erklären. Geschieht dies nicht, wie hier, muss das Klagevorbringen als zugestanden angesehen werden.
Die Beklagten lassen es unbestritten, dass unter ihrem Briefkopf geworben worden ist und tragen mit Vorlage der Anlage B 1 vor, dass mit ihrer Ware gehandelt worden ist, und zwar nach telefonischer Benachrichtigung des Kundenstammes.
Die Beklagten bestreiten damit ebenso wenig die Veranstaltung wie die schriftliche Einladung. Nach dem Vortrag des Klägers über das Zustandekommen der Einladung durch willkürliches Anrufen von Personen, den Vortrag des Inhaltes der Einladungen im Schreiben K 3, dem Veranstalten von Gewinnspielen hätte Veranlassung für die Beklagten bestanden, sich bei ihren Beauftragten nach der Richtigkeit dieses Vorbringens zu erkundigen. Das haben sie aber nicht getan, sondern sich auf das Bestreiten mit Nichtwissen zurückgezogen. Dieses Bestreiten ist nicht zulässig.
So steht fest, dass
a) die Beklagten durch ihren Beauftragten Gewerbetreibende oder Privatpersonen telefonisch angerufen haben oder haben anrufen lassen, um Angebote zu unterbreiten oder in sonstiger Form zu werben, wobei ein Einverständnis mit dieser Werbung nicht vorlag, was einen Verstoß gegen §§ 3, 7 Abs. 2 Ziff. 2 UWG darstellt,
b) die Beklagten im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs eine Einladung in eine Gaststätte ausgesprochen haben, wo eine Verkaufsveranstaltung stattfand und dabei auf diesen Umstand nicht deutlich und unübersehbar hingewiesen haben, was einen Verstoß gegen §§3, 5 Abs. 1 UWG darstellt, weil irreführend geworben worden ist.
c) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ein Wanderlager durchgeführt und / oder beworben haben und in diesem Zusammenhang ein Gewinnspiel durchgeführt haben, was einen Verstoß gegen § 56 a Abs. 2 S. 2 GewO i.V.m. §§ 3, 4 Ziff. 11 UWG darstellt,
d) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit einer Einladung in eine Gaststätte geworben haben mit dem Hinweis "keine Verkaufsveranstaltung im Sinne des § 56 A Gewerbeordnung", obwohl darin eine Verkaufsveranstaltung stattgefunden hat, was einen Verstoß gegen §§ 3, 5 Abs. 1 UWG darstellt, weil irreführend geworben worden ist. Dafür haften sowohl die Beklagte zu 1. als auch der Beklagte zu 2. als Inhaber der GmbH gemäß § 8 Abs. 2 UWG.
Gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG haftet die Beklagte zu 1. auch für die Kosten der Abmahnung, die dem Kläger entstanden sind. Dass die Beklagten bestreiten, Abmahnungen erhalten zu haben, ist angesichts dessen, dass dann ja drei Schreiben, die allesamt an die Beklagten gerichtet waren, "verschollen" sein müssen, völlig unglaubhaft. Die Kammer geht vielmehr vom Vorliegen dieser Abmahnungen aus.
Die Kosten von 189,00 Euro für die Abmahnschreiben hält die Kammer für angemessen.
Die Kostenentscheidung folgt § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit § 709 ZPO.
Den Streitwert hat die Kammer, wie von dem Kläger beantragt, auf 10.189,00 Euro festgesetzt.