Landgericht Verden
Urt. v. 29.06.2006, Az.: 5 O 118/06
Bibliographie
- Gericht
- LG Verden
- Datum
- 29.06.2006
- Aktenzeichen
- 5 O 118/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 43742
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGVERDN:2006:0629.5O118.06.0A
Fundstellen
- IR 2006, 236
- ZNER 2006, 272-274
In dem Rechtsstreit
...
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Verden auf die mündliche Verhandlung vom 01. Juni 2006 durch ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits zu je 1/8, wobei die Kläger zu 7.) und 8.) und die Kläger zu 9.) und zu 10.) jeweils als Gesamtschuldner haften.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung der Beklagten in Höhe des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.
Tatbestand
Die Kläger begehren Feststellung, dass die Gaspreiserhöhungen der Beklagten zum 01. Oktober 2005 und 01. Januar 2006 um jeweils 0,5 ct/kWh unbillig und damit unwirksam sind.
Die Kläger beziehen von der Beklagten Gas. Bis auf die Klägerinnen zu 8.) und zu 9.) sind alle Kläger jeweils mit einem eigenen Vertrag mit der Beklagten verbunden. Die Klägerin zu 8.) ist mit dem Kläger zu 7.) verheiratet. Die Klägerin zu 9.) lebt mit dem Kläger zu 10.) in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Die Kläger zu 1.), sowie die Kläger zu 2.), zu 6.) und zu 7.) schlössen mit den Stadtwerken ... unter Einbeziehung der Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV) einen Gasliefervertrag zum so genannten Vollversorgungstarif, bzw. zum Tarif G4BKT. Die Kläger zu 3.), zu 4.), zu 5.) und zu 10.) schlössen jeweils einen Vertrag mit der Energieversorgung ...GmbH, ebenfalls unter Einbeziehung der AVBGasV bei unterschiedlichen Tarifkategorisierungen. 2001 verschmolzen die Energieversorgung ...GmbH mit den Stadtwerken ... zur Stadtwerke ...GmbH, der Beklagten. Aufgrund der verschiedenen jährlichen Durchschnittsverbrauchszahlen sind alle Kläger in den so genannten Vollversorgungstarif eingestuft. Die Beklagte machte die Erhöhung ihrer Gaspreise zum 01. Oktober 2005 und zum 01. Januar 2006 um jeweils 0,5 ct/kWh in der jeweiligen örtlichen Zeitung wenige Tage vor den Stichtagen bekannt.
Die Kläger sind der Ansicht, die Erhöhung der Gaspreise müsse sich an § 315 Abs. 3 BGB messen lassen. Dafür müsse die Beklagte ihre gesamte Kalkulation und nicht nur ihre Händlereinkaufspreise offen legen. Die behauptete Bindung der Gaspreise an die Preisentwicklung von Heizöl bestehe nicht. Sie verlangen daher von der Beklagten, sie mögen die Verträge mit den Vorlieferanten offen legen.
Die Kläger beantragen,
nachdem sie ursprünglich lediglich die Feststellung der Unwirksamkeit der Gaspreiserhöhung zum 01. Oktober 2005 begehrt hatten, nunmehr,festzustellen, dass die von der Beklagten in den zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsverträgen vom 01. Oktober 2005 und 01. Januar 2006 vorgenommenen Erhöhungen der Gaspreise unbillig und unwirksam sind.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen;
Sie ist der Ansicht, § 315 Abs. 3 BGB sei nicht anwendbar, weil sich die Parteien auf einen Tarif geeinigt hätten. Es bestehe daher kein einseitiges Preisbestimmungsrecht, sondern nur ein Preisanpassungsrecht. Eine analoge Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB komme ebenfalls nicht in Betracht, da keine Regelungslücke vorliege. Im Rahmen des Substitutionswettbewerbes könnten die Kläger jederzeit andere Energieträger, wie Öl, Gas, Elektrizität und Fernwärme wählen oder sich auch von anderen Gaslieferanten beliefern lassen. Die Entgelte seien schließlich angemessen, da sie sich an den anfallenden Kosten orientierten, die im Vergleich mit anderen Anbietern besonders günstig seien und von der Kartellbehörde nicht beanstandet wurden. Für die Angemessenheit der Gaspreiserhöhungen legt die Beklagte eine Stellungnahme der ... Treuhandgesellschaft mbH und eine Studie der ... Wirtschaftsberatungs AG zu einem Gaspreisvergleich vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig.
1.) Die Kläger zu 4.), 5.) und 6.) treten in ihren jeweiligen Klageerhebungsschriftsätzen zusätzlich dem Kläger zu 3.) als Nebenintervenienten und zugleich Kläger bei. Es kann dahinstehen bleiben, ob eine Nebeninterventionswirkung durch eine zulässige Streitverkündung gemäß § 72 ZPO eintritt. Die Kläger zu 4.), 5.) und 6.) bezeichnen sich in ihren Schriftsätzen (Bl. 300, 304 und 306 d.A.) jeweils als Kläger und treten als Nebenintervenienten bei. Sie haben in der mündlichen Verhandlung ebenfalls gleichlautende Feststellungsanträge gestellt und damit jeweils wirksam zugleich auch Klage erhoben.
2.) Den Klägern steht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse für die isolierte Feststellung der Unwirksamkeit bzw. Unbilligkeit der Gaspreiserhöhung zu. Ein solches schutzwürdiges Interesse an einer alsbaldigen Feststellung besteht, wenn eine gegenwärtige Unsicherheit dadurch droht, dass ein Beklagter das Recht eines Klägers ernstlich bestreitet oder sich eines Rechtes gegen ihn berühmt und wenn das Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. Köln, § 256 Rdn. 7). Vorliegend verlangt die Beklagte von den Klägern einen um mittlerweile insgesamt 1 ct/kWh erhöhten Gaspreis. Die Kläger können zeitgleich mit dem rechtshängigen Verfahren die von der Beklagten begehrte Erhöhung des Gaspreises zunächst zurückhalten und den bisher geschuldeten Betrag weiter entrichten und sodann durch das gerichtliche Verfahren die Angemessenheit der Erhöhung durch Erhebung einer Feststellungsklage prüfen zu lassen.
II.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
1.) Aktivlegitimation
Sowohl die Klägerin zu 8.) als auch die Klägerin zu 9.) haben keinen eigenen Vertrag mit der Beklagten abgeschlossen.
a) Die Klägerin zu 8.) ist mit dem Kläger zu 7.) verheiratet. Dieser hat einen Vertrag mit den Stadtwerken ... (Bl. 385 d.A.) abgeschlossen. Die Klägerin zu 8.) ist damit gemäß § 1357 BGB in diesen Vertrag mit einbezogen.
b) Die Klägerin zu 9.) ist jedoch im Hinblick auf ein eigenes Feststellungsbegehren nicht aktivlegitimiert. Sie lebt mit dem Kläger zu 10.), der einen Vertrag mit der Energieversorgung ... GmbH (Bl. 559 d.A.) abgeschlossen hat, zusammen und ist auch nicht in dessen Vertrag einbezogen worden. Die Argumentation der Klägerin zu 9), es sei von einem Vertragsschluss aufgrund sozialtypischen Verhaltens auszugehen, greift vorliegend nicht ein. Ein konkludenter Vertragsschluss durch Entnahme von Energie kommt nämlich dann nicht in Betracht, wenn bereits ein Vertragsverhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen und einem Dritten besteht, aufgrund dessen die Energielieferungen erbracht werden (BGH, Urt. v. 17. März 2004, NJW-RR 2004, 928 f.).
2.) Die Tarifpreiserhöhungen sind einer Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 ZPO durch die Gerichte zugänglich.
a) Die Tarifpreiserhöhungen durch die Beklagte unterliegen entgegen der Ansicht der Kläger nicht einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB. Die mögliche Verletzung des Transparenzgebotes des § 307 BGB, die im Mittelpunkt der Entscheidung des Landgerichts Bremen vom 24. März 2006 (8 O 1065/05) gestanden hat, spielt hier keine Rolle. Vorliegend sind die Vertragsverhältnisse durch die Inbezugnahme der AVBGasV geregelt worden. Alle Verträge weisen die wirksame Einbeziehung der Verordnung auf. § 4 Abs. 2 AVBGasV ist jedoch als Teil einer Verordnung und damit als Rechtsnorm einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB entzogen (BGHZ 100, 1 (8); Palandt-Heinrichs, BGB, 65. Aufl., München 2006, vor 307 Rdn. 4). Zwar sind auch privatrechtlich ausgestaltete Benutzungsverhältnisse grundsätzlich nach §§ 305 ff BGB überprüfbar. Anders ist es jedoch, wenn das Nutzungsverhältnis durch Verordnungen oder Satzungen geregelt ist (Palandt-Heinrichs, a.a.O., vor § 307 Rdn. 4).
b) Eine direkte Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB kommt jedoch nicht in Betracht. Die Parteien haben nicht ausdrücklich vereinbart, dass einer Partei ein Leistungsbestimmungsrecht zusteht. Für die Versorgung der Kläger mit Gas gelten die AVBGasV und die AVG der Beklagten. Danach werden Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen allein durch öffentliche Bekanntgabe wirksam.
c) § 315 Abs. 3 BGB wird dann analog angewendet, wenn Leistungen der Daseinsversorge betroffen sind, auf deren Inanspruchnahme der andere Teil angewiesen ist. Dies gilt insbesondere für Gaspreise (Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 315 Rdn. 4; Säcker, RdE 2006, 65 (69)).
(1) Die Kläger sind auf die Inanspruchnahme der Leistungen der Beklagten angewiesen, weil diese zumindest bis zum 18. Mai 2006 eine faktische Monopolstellung im Einzugsbereich der Kläger innehaben. Einen entsprechenden Lieferantenrahmenvertrag hat die Beklagte mit den Stadtwerken ... erst am 18. Mai 2006 geschlossen. Zum Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen
Gaspreiserhöhungen zum 01. Oktober 2005 und 01. Januar 2006 hatten die Kläger daher in ihrem Einzugsbereich faktisch nicht die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Gasversorgern zu wählen und sich dort ggf. denjenigen mit den günstigen Tarifen heraussuchen zu können.
(2) Entgegen der Ansicht der Beklagten können die Kläger nicht darauf verwiesen werden, im Rahmen eines Substitutionswettbewerbes unter austauschbaren Energieträger wie Öl, Gas, Elektrizität und Fernwärme frei zu wählen, welchen Energieträger sie bevorzugen. Zwar sind alle oder zumindest die meisten Wärmeträger für jeden Verbraucher jederzeit verfügbar. Der Umstieg auf einen anderen Wärmeträgerist faktisch jedoch nicht problemlos möglich. Dagegen sprechen im Wesentlichen die hohen Transaktionskosten, die beim Wechsel von einem Wärmeträger zu einem anderen anfallen würden. Bei den Kosten für einen Wechsel von Gas- auf Ölheizung müsste zumindest die Anschaffung eines Tanks, einer modernen Heizungsanlage und die Anpassung des Schornsteins berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist auch ein größerer Raumbedarf anzunehmen wegen der Platzierung des Öltanks. Daher ist es den Klägern zwar möglich, jedoch nicht zuzumuten, sich mit einem anderen Wärmeträger beliefern zu lassen, um ggf. die zu hohen Gaspreise der Beklagten zu entgehen.
d) Die Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 2 BGB analog ist auch nicht ausgeschlossen.
(1) Weder § 1 EnWG noch § 5 AVBGasV hindern eine Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB analog. Eine Preiskontrolle ist in beiden Normen nicht vorgegeben. Zwar schreibt § 1 EnWG in Abs. 1 vor, dass Zweck des Gesetzes eine möglichst preisgünstige Versorgung der Allgemeinheit mit Gas gewährleisten solle. Allerdings ist kein Instrumentarium für eine Kontrolle von Preisen vorgesehen. Anders als auf Grundlage des Urteils des Landgerichts Hannover vom 12. März 1992 (NJW 1992,-1198), wonach ein Endabnehmer eine Kontrolle des Gaspreises gemäß § 315 BGB nicht verlangen konnte, hat der Gesetzgeber mittlerweile durch eine Neugestaltung des EnWG die damals geltende BTO Gas außer Kraft gesetzt. Auch der BGH geht in seinem Urteil vom 05. Februar 2003 (NJW 2003, 1449) davon aus, dass § 315 BGB selbst in dem viel stärker regulierten Strommarkt nicht durch das EnWG ausgeschlossen ist (BGH NJW 2003, 1449 [1450]).
(2) Eine Billigkeitskontrolle ist auch nicht nach § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB ausgeschlossen. Durch § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB, eingeführt durch die 6. GWB Novelle vom 01 .Januar 1999, wurde ein unmittelbar wirkendes Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung eingeführt, die die unmittelbare Verhängung von Bußgeldern ermöglicht. Ein Anspruch der Kläger auf Einschreiten der Kartellbehörden besteht dadurch jedoch nicht. Überdies ist die Zielrichtung des novellierten GWB eine andere. Das Kartellgesetz möchte Nachteile ausgleichen, die sich aus dem fehlenden Wettbewerb ergeben. § 315 BGB möchte das dem einen Vertragspartner übertragene Leistungsbestimmungsrecht eingrenzen (so BGH NJW-RR 1992, 183 [185]). §19 Abs. 4 GWB und § 315 BGB sind daher nebeneinander anwendbar (so BGH, NJW 2001; 2541 [2544]; Säcker, RdE 2006, 65 (70)).
e) Die Kammer hat nach dem klägerischen Vortrag auch keine Anhaltspunkte für die Heranziehung einer Kontrolle gemäß Art. 82 EG-Vertrag in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB (vgl. Säcker für die Zweigleisigkeit einer Überprüfung, RdE 2006,65(67)).
Auch die Entscheidung des Kartellsenats des OLG Düsseldorf vom 20. Juni 2006 (Vl-Z Kart 1/06 IV)) hat nach der Überzeugung der Kammer keinen Einfluss auf den vorliegenden Rechtsstreit.
3.) Die Beklagte hat zur Überzeugung der Kammer nachgewiesen, dass die streitgegenständliche Gaspreiserhöhung zum 01. Oktober 2005 und 01. Januar 2006 der Billigkeit entspricht. Sie hat lediglich ihre gestiegenen Bezugskosten an die Kunden weitergegeben.
Nach § 315 Abs. 3 BGB muss die Leistungsbestimmung der Billigkeit entsprechen. Zwar hat der Berechtigte damit einen Entscheidungsspielraum. Er muss sich jedoch unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien und des in vergleichbaren Fällen Üblichen im Zeitpunkt der Ausübung des Bestimmungsrechts halten lassen (Palandt-Grüneberg a.a.O., § 315 Rdn. 10). Dabei trägt die Beweislast die Beklagte. Wer das Recht der Leistungsbestimmung in Anspruch nimmt, hat auch die Beweislast für die Billigkeit der getroffenen Bestimmung (Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 315 Rdn. 19). Die Stellungnahme im Hinblick auf die Angemessenheit der zum 01. Oktober 2005 durchgeführten Preisanpassung der Gasversorgung für Tarifkunden im Rahmen des Vollversorgungstarifs vom 31. Oktober 2005 der ... Treuhandgesellschaft mbH (Bl. 562 ff. d.A.) konnte die Kammer davon überzeugen, dass die Beklagte lediglich ihre höheren Gasbezugspreise an ihre Endkunden weitergegeben hat. Dies gilt auch für die Gaspreiserhöhung zum 01. Januar 2006, obwohl das Wirtschaftsprüfungsinstitut dazu ausdrücklich keine Stellung genommen hat und aufgrund des Auftragszeitpunktes auch nicht Stellung nehmen konnte. Das vorgelegte Zahlenmaterial reicht der Kammer auch für die Überprüfung der Billigkeit der Gaspreiserhöhung zum 01. Januar 2006.
a) Aufgrund der jährlichen Durchschnittsverbrauchzahlen aller Kläger hat die Beklagte sie zutreffend in den so genannten Vollversorgungstarif eingeordnet. Zum Zeitpunkt der letzten Erhöhung zum 01. Oktober 2004 lagen die Nettopreise im Vollversorgungstarif bei 3,40 ct/kWh netto (Bl. 568 d.A.)- Durch die geplante Erhöhung zum 01 .Oktober 2005 sollen die Nettobezugspreise dann auf 3,90 ct/kWh steigen (Bl. 566 d.A.) und zum 01. Januar 2006 auf 4,40 ct/kWh (Bl. 680 d.A.). Für die Kläger erhöht sich damit der Vollversorgungstarif für die streitgegenständliche Zeit um 1 ct/kWh netto.'
Für die Beklagte selbst haben sich die Preise auf Grundlage der jeweiligen Gaslieferungsverträge mit den drei Lieferanten ... im Zeitraum vom 01. Oktober 2004 bereits bis zum 01. Oktober 2005 um 1,07301 ct/kWh netto erhöht. Maßgeblich waren danach aufgrund der ausdrücklich nicht mehr durch die Kläger angegriffenen Stellungnahme der ... Treuhandgesellschaft mbH vom 31. Oktober 2005 die Vertragsgestaltungen mit den drei Gaslieferanten. Die Gasmengen teilen sich dabei vertraglich in Grund- und Teilmengen mit einer Gewichtung von 80/20 auf. Die Gaslieferungsverträge enthalten Arbeitspreisgleitklauseln, die von den Gaslieferanten vertragsgemäß eingehalten worden sind, d. h. die Gaslieferanten haben ihre Preise vertragsgemäß erhöht. An diese Verträge ist auch die Beklagte gebunden. Als Grundlage der Beurteilung hat die Kammer sich auf die Angaben der Stellungnahme der ... Treuhandgesellschaft mbH vom 31. Oktober 2005 (Bl. 562 ff. d.A.) gestützt, die nachvollziehbar dargestellt ist. Die Kammer hat sich der Wertung nach eigener kritischer Würdigung angeschlossen.
Die demgegenüber durch die Kläger durchgeführte Berechnung der Unangemessenheit der Erhöhung der Gaspreise in ihrem Schriftsatz vom 21. März 2006 (Bl. 616 f. d.A.) bleibt undurchsichtig und kann von der Kammer nicht nachvollzogen werden. Es kommt schließlich nicht auf eine prozentuale Steigerungsquote, sondern viel einfacher auf den schlichten Vergleich der unbestrittenen Netto-Cent-Preise pro kWh an.
Die Behauptung der Kläger, dass die Gaseinfuhrpreise im Zeitraum seit dem 01. Oktober 2004 um 9,1% gesunken seien, lässt sich so zu einer Beurteilung der Billigkeit ebenfalls nicht heranziehen. Die Beklagte ist aufgrund vertraglicher Regelungen über Arbeitspreisgleitklauseln in ihren Verträgen mit den Lieferanten gebunden, ganz unabhängig von den Gaseinfuhrpreisen. Die Beklagte legt darüber hinaus auch dar, dass es sich bei der Absinkung der Gaseinfuhrpreise um 9,1% um einen Vergleich des Vorjahres handelt, der nicht streitgegenständlich ist. In dem Zeitraum vom 01. Januar 2004 zum 01. Oktober 2004 ist der Grenzübergangspreis demgegenüber bereits um 10,1% gestiegen (Bl. 673 d.A.). Auf den Einwand der Kläger, dass sich die Gasbezugsarbeitspreise inklusive Erdgassteuer im Prognosezeitraum des ersten Quartals 2006 bis zum 3. Quartal 2006 nur geringfügig erhöhen werden, kommt es nicht an. Die Gasbezugspreise erhöhen sich im streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 01. Januar 2006 bereits um 1,07301 ct/kWh netto. Dies rechtfertigt bereits die Erhöhung der Beklagten um 1 ct/kWh netto. Auf eine weitere Prognose der Preisentwicklung zum Mitte/Ende des Jahres 2006 kommt es daher nicht an.
Zwar hat die Beklagte in der Stellungnahme der ... Treuhandgesellschaft mbH nicht alle Faktoren zur Preiskalkulation offen gelegt, so wie die Kläger dies monieren (Bl. 617 f. d.A.). Etwaige Steuern, Netzkosten, Konzessionsabgaben, Vertriebskosten und Gewinnmargen spielen jedoch insofern keine Rolle, als bereits die Erhöhung der Gaslieferfaktoren aufgrund der Arbeitspreisgleitklauseln eine Erhöhung von 1,07301 ct/kWh an den Endverbraucher rechtfertigen würde.
Es kommt auch allein auf die Billigkeit der Preiserhöhung vom 01. Oktober 2005 und 01. Januar 2006 an. Die Kammer hat nach den in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen der Kläger nicht darüber zu befinden, ob der Gaspreis in Höhe von 3,4 ct/kWh netto, der am 01. Oktober 2004 maßgeblich gewesen ist, angemessen ist. Dies haben die Kläger ausdrücklich laut ihrem Antrag nicht zur Disposition gestellt. Gemäß § 308 ZPO war darüber auch nicht zu entscheiden. Dass sich die übrigen preisbildenden Faktoren effektiv verringert haben sollen, haben die Kläger selber nicht behauptet.
Auch der Hinweis der Kläger auf die offen gelegte Preiskalkulation der ... in der Pressemitteilung vom 21. November 2005 und die Darlegung der Gewinnmarge führt die Kläger bei der eindeutigen Stellungnahme über die erhöhten Gasbezugspreise nicht weiter. Im Übrigen sei angemerkt, dass die Preise der ... im Vergleich zur Beklagten deutlich höher sind (Bl. 587 d.A.).
Als Indiz für eine verbrauchergünstige Geschäftsführung und Preiskalkulation der Beklagten ist auch der Gaspreisspiegel vom 01. Juli 2005 der Hl Wirtschaftsberatungs-AG anzusehen (Bl. 576 ff. d.A.). Dort ist aufgeführt, dass die Beklagte mit 3,9 ct/kWh zum 0.1. Oktober 2005 im Vergleich unter den drei günstigsten Erdgasversorgungsunternehmen liegt (Bl. 587 d.A.).
b) Eine Preiskopplung an den Preis für leichtes Heizöl (so genannte Ölpreisbindung) war von der Kammer im Rahmen der Billigkeitskontrolle ebenfalls nicht zu prüfen.
Es handelt sich um ein rechtlich nicht vorgeschriebenes Instrumentarium, dass die Beklagte in ihren Lieferantenverträgen mit den drei Gaslieferanten privatrechtlich vereinbart hat. Ziel dieser Kopplung ist es, den Erdgasproduzenten Investitionssicherheit durch Absatzsicherung zu geben. Diese Preisgleitklausel findet dementsprechend vor allem in langfristigen Erdgasbezugs- und Absatzverträgen Anwendung. Dass auch für die Beklagte diese Bindung besteht, ist nicht bestritten worden. Da es sich bei der Ölpreisbindung des Gaspreises um eine rein privatwirtschaftliche Vereinbarung handelt, ist sie einer Billigkeitskontrolle nach BGB nicht zugänglich.
c) Ob im Rahmen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB) die so genannte Ölpreisbindung sanktioniert werden könnte, kann dahinstehen. Dies ist von der Kammer im Rahmen der Billigkeitskontrolle zu § 315 Abs. 3 BGB nicht zu prüfen. Die Ahndung eines Verstoßes gegen kartellrechtliche Vorschriften obliegt allein den Kartellbehörden sowie ggf. den nachgeschalteten Kartellgerichten.
III.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 1. HS, 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11,711 Satz 2 ZPO.