Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 22.08.2005, Az.: 3 A 3450/02
Abschnittsbildung; Abschnittsbildungsbeschluss; Anliegergrundstück; Anliegerstraße; Aufwand; Ausbaubeitrag; Bevorteilung; Eckgrundstücksvergünstigung; Einstufung; Erforderlichkeit; Hinterliegergrundstück; nachträglicher Abschnittsbildungsbeschluss; Punktberührung; Satzung; Straßenausbaubeitrag; Straßenentwässerung; Verbesserung; Verjährung; Vollgeschossmaßstab; Vorteil; Vorverteilungsregelung; Zuschussverwendung; öffentliche Einrichtung
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 22.08.2005
- Aktenzeichen
- 3 A 3450/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 50775
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 6 Abs 1 KAG ND
- § 6 Abs 4 KAG ND
- § 6 Abs 5 S 5 KAG ND
- § 6 Abs 6 KAG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Ob die sog. Vorverteilungsregelung ("Vorteilsbemessung in Sonderfällen") einer Straßenausbaubeitragssatzung zu einer vorteilsangemessenen Aufwandsverteilung führt, hängt von den Umständen im jeweiligen Abrechnungsgebiet ab (hier verneint für einen Sonderfall).
2. Was öffentliche Einrichtung im Sinne des Straßenausbaubeitragsrechts ist, hängt davon ab, inwieweit eine Straße eine einheitliche Verkehrsfunktion hat und sich vom Erscheinungsbild her als einheitliches Element des Straßennetzes der Gemeinde darstellt, wobei maßgeblich nicht der Straßenname, sondern eine natürliche Betrachtungsweise ist.
3. Wird nur eine Teillänge einer öffentlichen Einrichtung ausgebaut, ist zu deren beitragsrechtlicher Verselbständigung als Abschnitt ein Abschnittsbildungsbeschluss des Rates erforderlich, der auch noch mehrere Jahre nach Beendigung der im Abschnitt durchgeführten technischen Bauarbeiten gefasst werden kann.
4. Bei einer als gemeinschaftliche Einrichtung betriebenen Entwässerungsanlage (Entwässerung der Straße und der Grundstücke) bedarf es zur Annahme einer Verbesserung der Straßenentwässerungseinrichtung der Feststellung, dass die gemeinschaftliche Anlage gerade in ihrer Straßenentwässerungsleistung vorteilhaft verändert wurde, und zwar im Verhältnis zur Straßenentwässerungsleistung im Zeitpunkt des vormaligen Ausbaus (hier bejaht für einen Fall, in dem unter Aufgabe der Entwässerung im unterdimensionierten Mischsystem ein neuer Regenwasserkanal für die Straßen- und die Grundstücksoberflächenentwässerung mit einer Nennweite von 300 mm verlegt wurde, während der bisherige Mischwasserkanal mit einer Nennweite von nur 250 mm saniert wurde und die Funktion eines reinen Schmutzwasserkanals erhielt).
5. Welcher Straßenkategorie eine Straße konkret zuzuordnen ist, richtet sich danach, welche Funktion im Gesamtverkehrsnetz sie nach der Verkehrsplanung der Gemeinde, dem darauf beruhenden Ausbauzustand und der straßenrechtlichen Gewichtung haben soll.
6. Eine überwiegend dem Anliegerverkehr dienende Straße kann auch eine solche Straße sein, die den Verkehr innerhalb nur eines einzigen Baugebietes, etwa aus einmündenden Wohnstraßen, sammelt (hier bejaht).
7. Eine im Wesentlichen dem Anliegerverkehr dienende Straße ist nicht allein deshalb als Straße mit starkem innerörtlichem Verkehr einzustufen, weil sie in eine Bundes-, Landes- oder Kreisstraße einmündet.
8. Ein nur punktförmiges Angrenzen an eine ausgebaute öffentliche Einrichtung bzw. eine durch Abschnittsbildung verselbständigte Teillänge vermittelt keine Bevorteilung im Sinne von § 6 Abs. 1 NKAG
9. Ein bevorteiltes Hinterliegergrundstücks, das zwar außerhalb des verbesserten Abrechnungsabschnitts liegt, aber die beitragsrechtlich verselbständigte und verbesserte Teillänge der öffentlichen Einrichtung über ein teilweise angrenzendes eigentümeridentisches Anliegergrundstück tatsächlich und rechtlich gesichert in Anspruch nehmen kann, ist rechnerisch zu teilen und nur anteilig - entsprechend der Anteilsquote des eigentümeridentischen Anliegergrundstücks - zu berücksichtigen.
Tatbestand:
Der Kläger ist Eigentümer des 4.017 qm großen Grundstücks J. straße 7 (Flurstück 163/11 der Flur 4 Gemarkung K.), das im unbeplanten Innenbereich des Gemeindeteils K. der Beklagten liegt, mit einem zweigeschossigen Gebäude bebaut ist und an der Ostseite mit etwa 10 m Frontlänge unmittelbar an die „ J. straße “ angrenzt. Diese Straße beginnt im Süden an der K 212 („ L. straße “) und verläuft zwischen beidseitiger Wohnbebauung auf einer Länge von etwa 280 m Richtung Norden bis zum Friedhofsgrundstück (Flurstück 94/1), wo sie Richtung Osten verschwenkt und nach etwa 120 m als Anbaustraße in Höhe des Hauses Nr. 37 endet. In nördlicher Richtung schließt sich die Straße „Am M.“ an, die nach etwa 40 m wegen beidseitigen Eintritts in den Außenbereich als Anbaustraße endet. In die „ J. straße “ münden im Westen die Straßen „Am N.“ und „An der O.“, im Osten die Straße „Am P.“ und im Süden die Straße „ Q. gasse “.
In der Zeit etwa von 1992 bis 1995 baute die Beklagte die „ J. straße “ auf der Teillänge zwischen der K 212 und der Straße „Am M.“ aus. Unter Aufgabe der Entwässerung im - unterdimensionierten - Mischsystem wurde für die Straßenentwässerung und die Grundstücksoberflächenentwässerung ein neuer Regenwasserkanal verlegt, während der bisherige Mischwasserkanal saniert wurde und die Funktion eines reinen Schmutzwasserkanals erhielt. Wegen des durch die Kanalisationsarbeiten bedingten Eingriffs in das Straßenprofil entschied sich die Beklagte zu einem Neuausbau der Straße. Die „ J. straße “, die über eine Befestigung aus einer Sandsteinpflasterdecke mit einer nachträglich aufgebrachten teerhaltigen Schwarzdecke verfügte, wurde auf der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Teillänge in ganzer Breite neu gestaltet und verkehrsberuhigt ausgebaut. Sie erhielt eine Fahrbahn von 5,0 m Breite mit einem einseitig begleitenden Gehweg von maximal 1,5 m, wobei erstmalig ein frostsicherer Aufbau in Stärke von 55 cm (Basalttragschicht, bituminöse Tragschicht und Asphaltfeinbetondecke bzw. Basalttragschicht, Sandbett und Betonverbundsteinpflasterdecke) erfolgte. Zur Ableitung des Straßenoberflächenwassers wurden eine zweireihige Rinne an der Westseite angelegt sowie 13 Straßeneinläufe eingebaut und an den neuen Regenwasserkanal angeschlossen. Ferner wurde die Straßenbeleuchtung neuzeitlichen Anforderungen angepasst. Weiterhin erwarb die Beklagte kleinere Grundstücksflächen, auf denen die „ J. straße “ verläuft, mit dem am 15.05.1998 bestandskräftig abgeschlossenen Grenzregelungsverfahren. Als letzte Rechnung für die Baumaßnahme ging bei der Beklagten am 20.05.1998 der Leistungsbescheid des Katasteramtes Göttingen vom 19.05.1998 ein. Am 14.12.1998 beschloss der Rat der Beklagten, dass für den Ausbau der „ J. straße “ im Abschnitt von der K 212 bis zur Aufmündung der „ J. straße /Am M.“ Straßenausbaubeiträge zu erheben seien. Dem Abschnittsbildungsbeschluss lag die der entsprechenden Ratsdrucksache zugeordnete Planzeichnung zugrunde. Die nördliche Begrenzung des Abschnitts bildet danach die in Ost-West-Richtung verlaufende Verlängerung der südlichen Grenze des Grundstücks J. straße 18 (Flurstück 1/16) bis hinüber etwa zur Mitte der Leichenhalle des Friedhofsgrundstücks (Flurstück 94/1), das mit einer Frontlänge von 6 m an den gebildeten Abschnitt angrenzt.
Mit Bescheid vom 21.11.2001 setzte die Beklagte zu Lasten des Grundbesitzes des Klägers einen Straßenausbaubeitrag in Höhe von 114.895,66 DM fest. Ausgehend von einem beitragsfähigen Gesamtaufwand in Höhe von 667.340,59 DM ermittelte sie nach Abzug eines Gemeindeanteils von 40% (für eine überwiegend dem Anliegerverkehr dienende Straße) einen umlagefähigen Aufwand von 400.404,35 DM. Bei einer Gesamtbeitragsfläche von 20.998,50 qm errechnete sich ein Beitragssatz von 19,068236 DM pro qm. Bei einem Zuschlag von 50% für zwei Vollgeschosse auf die anrechenbare Grundstücksfläche von 4.017 qm ergab sich für den Grundbesitz des Klägers eine individuelle Beitragsfläche von 6.025,50 qm.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2002 hob die Beklagte den angefochtenen Heranziehungsbescheid vom 21.11.2001 insoweit auf, wie mit ihm für den Grundbesitz des Klägers ein höherer Beitrag als 48.280,94 Euro (94.429,32 DM) festgesetzt worden war und wies den Widerspruch im Übrigen zurück.
Am 09.10.2002 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend:
Der Straßenausbau sei nicht notwendig gewesen, sondern lediglich die erzwungene Folge der Umstellung des Kanalsystems. Die Kanalisationsarbeiten hätten die Anlieger nicht zu vertreten.
Sämtliche Beitragsansprüche seien verjährt. Die Beklagte habe mit einem Schreiben vom 08.07.1996 den Anliegern mitgeteilt, dass die zur Entstehung der sachlichen Beitragspflicht erforderlichen Schlussrechnungen der an der Bauausführung beteiligten Unternehmen der Gemeindeverwaltung inzwischen vorlägen. Auf den Abschnittsbildungsbeschluss des Rates vom 14.12.1998 könne es in diesem Zusammenhang nicht ankommen, da die Beklagte mit dem abschnittsweisen Einzug der Vorausleistungen im Jahre 1993 die Abschnittsbildung bereits vorgezogen habe.
Die „ J. straße “ sei zu Unrecht als Anliegerstraße eingestuft worden, denn sie sei vielmehr Haupterschließungsstraße für weitere angrenzende Gebiete. Während es im Abrechnungsgebiet selbst nur 19 Grundstücke mit ca. 28 Pkw gebe, sammle die Straße den Ziel- und Quellverkehr von insgesamt 37 Grundstücken mit ca. 65 Pkw aus den Straßen „Am P.“, „R. Straße“, „An der O.“, „Am M.“ und dem oberen Teil der „ J. straße “ außerhalb des Abrechnungsgebietes. Hinzu komme der gesamte Verkehr für die Feldmark nördlich und östlich des Abrechnungsgebietes. Schließlich würden auch noch der Friedhof und die Wassertretanlage sowie der Tiefbrunnen der Beklagten mit seinem Wartungsverkehr und ein öffentlicher Grillplatz in der Feldmark darüber erreicht. Auch der gesamte jagdliche Verkehr laufe über die Straße. Demzufolge sei der abgerechnete Teil der „ J. straße “ als Anlage mit starkem innerörtlichen Verkehr abzurechnen.
Wegen der durchgeführten Einführung der Trennkanalisation könnten die Ausbaukosten nicht im erfolgten Umfang in den beitragsfähigen Aufwand eingestellt werden. Fiktiv seien ersparte Kosten herauszurechnen. Das sei - auch im gerichtlichen Verfahren - von der Beklagten nicht in ausreichendem Umfang durchgeführt worden. Die Schachtungsbreiten seien zu niedrig und die Grabenlänge zu kurz bemessen. Bei Abrechnung der fiktiven Kosten fehle der Ansatz der Gräben für die Hausanschlüsse für Regenwasser und Trinkwasser, die in der Vorlage vom 12.05.1993 extra erwähnt seien. Zudem fehlten immer noch die Aufbrüche für die stellenweise erfolgte Schmutzwasserkanalsanierung. Da die „ J. straße “ ab der Einmündung „Am M.“ das Regenwasser aus der oberen „ J. straße “ und ab der Einmündung der Straße „Am P.“ deren Oberflächenwasser für Straße und Anliegergrundstücke aufnehme, seien von der Beklagten die entsprechenden Mehrkosten aus dem beitragsfähigen Aufwand herauszurechnen.
Die Kosten für die Straßenentwässerung hätten nicht in die Abrechnung einfließen dürfen. Die Beklagte habe durch eine gezielte Informationspolitik - und zwar durch Unter- bzw. Auslassen - bei den Anliegern den Eindruck hervorgerufen, die Kosten für die Umstellung des Kanalsystems würden zur Gänze von ihr getragen. Es verstoße deshalb gegen Treu und Glauben, die Kosten für den Regenwassersammelkanal - wenn auch nur anteilig im Umweg über den Straßenausbaubeitrag - von den Anliegern einzuziehen.
Die beiden Grundstücke J. straße 18 und 23, die am Ende des ausgebauten Teils der J. straße lägen, seien zu Unrecht nicht in die Abrechnung einbezogen worden. Die Baumaßnahmen seien bis direkt an diese Grundstücke durchgeführt worden, so dass diese im gleichen Maße von dem Ausbau profitierten.
Die Kostensteigerungen um ca. 85.000,-- DM gegenüber den in der Anliegerversammlung vom 09.09.1993 genannten Beträgen seien nicht nachvollziehbar und ließen auf Verfahrensfehler bei Planung, Ausschreibung oder Überwachung schließen. Unverhältnismäßige Erhöhungen um etwa 27% wie hier könnten nicht zu Lasten der Anlieger gehen.
Anteilige Kosten für die Baustelleneinrichtung dürften nicht in die Abrechnung einfließen, da von der bauausführenden Firma S. seinerzeit zugesichert worden sei, dass keine Kosten für eine zusätzliche Baustelleneinrichtung berechnet würden.
Die Kosten der Straßenpflasterungen und Angleichungsarbeiten jenseits des gebildeten Abrechnungsabschnitts einerseits nördlich im Bereich des Friedhofs und andererseits östlich im Aufmündungsbereich der „ J. straße /Ost“ seien aus dem beitragsfähigen Aufwand zu Unrecht nicht herausgerechnet worden.
Die Kammer hat nach richterlicher Augenscheinseinnahme der abgerechneten Anlage die Klage mit - rechtskräftigem - Urteil vom 22.08.2005 abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 21.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2002 ist im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtlich nicht zu beanstanden, soweit darin gegenüber dem Kläger ein Straßenausbaubeitrag in Höhe von 94.429,32 DM (48.280,94 Euro) festgesetzt ist.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 6 des Nds. Kommunalabgabengesetzes - NKAG - i.V.m. der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 31.10.2002 (Amtsblatt für den Landkreis Göttingen Nr. 47 vom 07.11.2002, S. 763 ff.) - ABS -, die gemäß § 15 Abs. 1 ABS zulässigerweise rückwirkend zum 21.03.1997 in Kraft getreten ist und damit den Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragtragpflicht im Sinne von § 6 Abs. 6 NKAG in zeitlicher Hinsicht erfasst. Auf der Grundlage der früher geltenden ABS vom 14.12.1998 (rückwirkend in Kraft getreten zum 03.10.1996) und der ABS vom 22.10.1992 in der Fassung des 1. Nachtrags vom 05.09.1996 bzw. des 2. Nachtrags vom 20.02.1997 konnten für das hier in Rede stehende Abrechnungsgebiet sachliche Beitragspflichten nicht entstehen. Denn alle diese Satzungen enthielten mit ihren sog. Vorverteilungsregelungen (vgl. jeweils § 5) keine sachgerechten Verteilungsregelungen für das Außenbereichsflurstück 93, das zwar nicht unmittelbar an den hier abgerechneten Abschnitt angrenzt, aber wegen Eigentümeridentität mit dem in südlicher Richtung vorgelagerten Friedhofsgrundstück Flurstück 94/1 als bevorteiltes Hinterliegergrundstück anzusehen ist. Dem wegen der Rückwirkungsanordnung insoweit erforderlichen Schlechterstellungsverbot der Gesamtheit der Beitragspflichtigen gegenüber dem früherem Satzungsrecht gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 NKAG ist durch § 15 Abs. 2 ABS Rechnung getragen. Danach gilt für die Zeit vom 21.03.1997 bis zum 28.01.1999 als Anteil der Beitragspflichtigen bei öffentlichen Einrichtungen, die überwiegend dem Anliegerverkehr dienen, sowie bei verkehrsberuhigten Wohnstraßen nur 60% (statt des in § 4 Abs. 2 Nr. 1 ABS normierten Anteils von 75%); dies entspricht dem Anteil der ersetzten früheren ABS vom 22.10.1992 in der Fassung des 2. Nachtrags vom 20.02.1997. Nach § 6 Abs. 1 NKAG können die Gemeinden zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet. § 6 Abs. 2 NKAG erlaubt die Aufwandsermittlung für Abschnitte einer Einrichtung, wenn diese selbständig in Anspruch genommen werden können. Von dieser gesetzlichen Ermächtigung hat die Beklagte mit ihrer ABS rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Gegen die ABS bestehen keine rechtlichen Bedenken. Unbedenklich ist, dass die ABS keine „Eckgrundstücksvergünstigungsregelung“ zugunsten der Eigentümer von Eckgrundstücken sowie von zwischen zwei Straßen liegenden Grundstücken enthält, denn die Aufnahme einer solchen Regelung liegt im Straßenausbaubeitragsrecht im Ermessen des Ortsgesetzgebers und ist rechtlich nicht geboten (vgl. Driehaus in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2005, § 8 Rdn. 481).
Entgegen der Ansicht der Klägerseite ist die mit dem angefochtenen Bescheid geltend gemachte Beitragsforderung der Beklagten nicht verjährt, d.h. infolge Festsetzungsverjährung erloschen. Voraussetzung für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist ist im Ausbaubeitragsrecht das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht. Die Klägerseite nimmt an, die sachliche Beitragspflicht im Sinne von § 6 Abs. 6 NKAG sei im vorliegenden Fall spätestens im Jahre 1996 entstanden; dies ist unzutreffend. Denn der streitbefangene Beitragsanspruch für den Ausbau der Teillänge der „ J. straße “ zwischen der K 212 im Süden und der Aufmündung der in östlicher Richtung verlaufenden „ J. straße “ im Norden ist erst mit dem insoweit zwingend erforderlichen und ausdrücklichen Ratsbeschluss vom 14.12.1998 über die Abschnittsbildung nach § 6 Abs. 4 NKAG i.V.m. §§ 1 Abs. 3, 9 Abs. 3 ABS entstanden. Öffentliche Einrichtung im Sinne des § 6 Abs. 1 NKAG ist im niedersächsischen Straßenausbaubeitragsrecht nur die Gemeindestraße insgesamt, nicht auch eine Teillänge derselben (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.02.1987 - 9 OVG B 122/86 -, KStZ 1987, 151; seitdem ständige Rechtsprechung). Will eine Gemeinde abweichend vom Grundtatbestand des § 6 Abs. 1 NKAG einen Ausbaubeitrag von den bevorteilten Grundstückseigentümern für den Ausbau eines Straßenabschnitts erheben, so bedarf es, weil die öffentliche Einrichtung insgesamt nicht ausgebaut und damit der Tatbestand des § 6 Abs. 1 NKAG nicht erfüllt ist, gemäß § 6 Abs. 4 NKAG i.V.m. der örtlichen Ausbaubeitragssatzung zwingend eines Abschnittsbildungsbeschlusses durch den Gemeinderat, um den Ausbaubeitrag zum Entstehen zu bringen.
Was öffentliche Einrichtung im Sinne des Straßenausbaubeitragsrechts ist, hängt davon ab, inwieweit eine Straße eine einheitliche Verkehrsfunktion hat und sich vom Erscheinungsbild her (Verlauf, Breite, Länge, Ausstattung der Straße) als einheitliches Element des Straßennetzes der Gemeinde darstellt, wobei maßgeblich nicht der Straßenname, sondern eine natürliche Betrachtungsweise ist (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.08.1994 - 9 M 3039/94 -; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdn. 97 und 111a). Im vorliegenden Fall stellt sich nach dem Ergebnis der richterlichen Augenscheinseinnahme durch die Kammer am 22.08.2005 der Straßenzug „ J. straße /Am M.“ von der Einmündung der K 212 im Süden bis zum beidseitigen Eintritt in den Außenbereich jenseits des Friedhofsgrundstücks (Flurstück 94/1) im Norden bei natürlicher Betrachtungsweise als einheitliche gemeindliche Verkehrsanlage im Sinne von § 47 Nr. 1 des Nds. Straßengesetzes - NStrG - mit Anbaufunktion dar. Die aus Gründen der Verkehrsberuhigung erfolgten Pflasterungen im Bereich der einmündenden, etwas schmaleren Straßen „Am N.“ bzw. „ Q. gasse “, im Bereich der einmündenden Straße „Am P.“ und im Bereich der östlich verlaufenden und als selbständige Anlage aufmündenden „ J. straße “ unterbrechen bei natürlicher Betrachtungsweise aus der Sicht eines objektiven Betrachters die „Einheitlichkeit“ dieser Verkehrsanlage nicht, weil sich die Pflasterungsbereiche weder als aus Richtung Süden bzw. Norden eindeutig erkennbare „Kreuzungen“ noch als „platzartige Erweiterungen“ darstellen, die in Bezug auf Verkehrsfunktion und Erscheinungsbild eindeutig selbständig sind. Im Norden schließt sich an die einheitliche innerörtliche Verkehrsanlage „ J. straße /Am M.“ wegen unterschiedlicher Verkehrsfunktion die rechtlich selbständige Außenbereichsstraße „Am M.“ an, die sich als Gemeindestraße im Sinne von § 47 Nr. 3 NStrG darstellt.
Da sich die abgerechnete Straßenbaumaßnahme nur auf eine Teillänge der einheitlichen innerörtlichen Verkehrsanlage „ J. straße /Am M.“ bezog - die Teillänge jenseits der südlichen Grenze des Grundstücks J. straße 18 (Flurstück 1/16) nach Norden hin bis zum Beginn der Außenbereichsstraße „Am M.“ wurde nur zu einem geringen Teil ausgebaut -, bedurfte es zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht zwingend eines Abschnittsbildungsbeschlusses des Gemeinderates. Allein der Ausbau des hier abgerechneten Abschnitts reichte insoweit selbst dann nicht aus, wenn sich die im Jahre 1995 technisch beendete Baumaßnahme gemäß dem gemeindlichen Bauprogramm im Ausbau dieses Abschnitts erschöpft haben sollte und weitere Arbeiten im restlichen nördlichen Abschnitt der Verkehrsanlage „ J. straße /Am M.“ weder anstanden noch von der Beklagten beabsichtigt waren (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.02.1987, a.a.O.). Unerheblich ist, dass die Beklagte bereits die Vorausleistungen für die hier in Rede stehende Teillänge der öffentlichen Einrichtung „abschnittsweise“ erhoben hat. Daran wäre sie bei der Endabrechnung rechtlich nur dann gebunden gewesen, wenn schon der Vorausleistungserhebung ein förmlicher Abschnittsbildungsbeschluss ihres Rates zugrunde gelegen hätte; daran hat es aber gerade gefehlt, Den hiernach erforderlichen Abschnittsbildungsbeschluss im Sinne des § 6 Abs. 4 NKAG i.V.m. §§ 1 Abs.3, 9 Abs. 3 ABS, der rechtlich nicht zu beanstanden ist, konnte der Rat der Beklagten im vorliegenden Fall am 14.12.1998 noch wirksam beschließen, weil zuvor die sachliche Beitragspflicht für die gesamte Länge der einheitlichen Anlage „ J. straße /Am M.“ noch nicht entstanden war. Entgegen der Ansicht der Klägerseite ist es nicht erforderlich, dass zwischen dem Ausbau des Straßenabschnitts und dem Abschnittsbildungsbeschluss ein zeitlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher zeitlicher Zusammenhang wird vom NKAG mit der Folge nicht verlangt, dass es unerheblich ist, ob der Beschluss unmittelbar nach technischer Beendigung der Ausbaumaßnahme oder - wie hier - erst etwa drei Jahre später gefasst wird (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 18.09.1987 - 9 OVG A 126/86 -; Beschluss vom 06.06.1994 - 9 M 5968/93 -; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdn. 116). Da die sachliche Beitragspflicht im Sinne von § 6 Abs. 6 NKAG erst am 14.12.1998 entstand, begann die vierjährige Festsetzungsverjährung (§ 11 Abs. 1 Nr. 4b NKAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -) mit dem 01.01.1999 (§ 11 Abs. 1 Nr. 4b NKAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO 1977) und endete mit Ablauf des 31.12.2002. Zeitlich vorher ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 21.11.2001 ergangen.
Die mit dem Abschnittsbildungsbeschluss des Gemeinderates vom 14.12.1998 erfolgte beitragsrechtliche Verselbständigung der Teillänge der Verkehrsanlage „ J. straße /Am M.“ ist durch die Ausbaumaßnahme mit allen Teileinrichtungen im Sinne von § 6 Abs. 1 NKAG verbessert worden. Eine Verbesserung liegt nach ständiger Rechtsprechung dann vor, wenn die Benutzbarkeit der Straße positiv beeinflusst worden ist, die Straße also im Blick auf ihre Funktionen besser benutzbar geworden ist. Eine Verbesserung kann vor allem bei einer erweiterten funktionalen Aufteilung der Verkehrsanlage, bei einer größeren räumlichen Ausdehnung und bei einer den Verkehrsbedürfnissen besser entsprechenden und daher besseren Befestigungsart angenommen werden (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 07.09.1999 - 9 L 393/99 -, NVwZ-RR 2000, 381 f.).
Hinsichtlich der Teileinrichtungen „Fahrbahn“ und „Gehweg“ ergibt sich die Verbesserung aus der Tatsache, dass beide Teileinrichtungen gegenüber dem vorhergehenden Zustand einen frostsicheren Unterbau erhalten haben (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 22.01.1986 - 9 OVG A 223/82 -; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdn. 313 f.).
Eine Verbesserung der Teileinrichtung „Straßenbeleuchtung“ ist deswegen anzunehmen, weil - zum einen - durch eine Umsetzung der fünf vorhandenen und teilweise mit neuen Leuchtkörpern versehenen Straßenlampen eine bessere und gleichmäßigere Ausleuchtung des gesamten Straßenabschnitts erreicht worden ist und - zum anderen - durch eine Ersetzung der unterirdisch verlegten alten Kabel durch neuzeitlichen Anforderungen entsprechende neue Kabel diese Teileinrichtung weniger störanfällig ist.
Auch die Teileinrichtung „Straßenentwässerung“ ist verbessert worden. Eine Verbesserung der Straße durch den Ausbau der Straßenentwässerungsanlage liegt dann vor, wenn durch die Maßnahme ein schnelleres oder sonst besseres Abfließen des Straßenoberflächenwassers bewirkt wird, als dies nach dem früheren Ausbauzustand der Fall war (vgl. OVG Münster, Urteil vom 15.02.2000 - 15 A 4167/96 -, NWVBl. 2000, 348). Eine solche vorteilhafte Veränderung des Zustandes der Straßenentwässerungsanlage hat durch den in Rede stehenden Ausbau stattgefunden. Wie sich aus den Feststellungen des Ing.-Büros T. GmbH aus Göttingen vom 05.07.2002 ergibt (vgl. Seite 9 der hydraulischen gutachterlichen Stellungnahme, Beiakte D zu 3 A 3450/02), wurde durch den vormaligen Ausbau ein schnelles und sicheres Abließen des auf der Oberfläche der „ J. straße “ befindlichen Wassers nicht gewährleistet, weil der in dieser Straße verlegte Mischwasserkanal mit einer Nennweite von 250 mm „weitestgehend unterdimensioniert und in seiner Abflusskapazität stark begrenzt“ war. Durch die Neuverlegung eines separaten, der Grundstücks- und der Straßenoberflächenentwässerung dienenden Regenwasserkanals mit einer Nennweite von 300 mm (der bisherige Mischwasserkanal dient nunmehr als reiner Schmutzwasserkanal) ist nach den Feststellungen des Ing.-Büros T. (vgl. Seite 9, a.a.O.), an dessen Richtigkeit zu zweifeln die Kammer keinen Anlass sieht, eine „rechnerisch nachweisbare Verbesserung der Oberflächenwasserbeseitigung von der Fahrbahn eingetreten“. Hiernach steht fest, dass durch den neuen Regenwasserkanal, der auch der Grundstücksentwässerung dient und dessen Kosten demzufolge zu Recht auch nur zu 50% in den beitragsfähigen Aufwand für die Straßenentwässerung eingestellt worden sind (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.08.1994 - 9 M 3039/94 - BA S. 6 f.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdn. 328), gerade die Straßenentwässerungsleistung im Verhältnis zu derjenigen der Mischwasseranlage im Zeitpunkt des vormaligen Ausbaus verbessert worden ist. Damit stellen der Bau des neuen Regenwasserkanals, soweit er der Straßenentwässerung dient, und die Folgearbeiten an den nur der Straßenentwässerung dienenden Anlageteilen - zweireihige Rinne an der Westseite der Straße und 13 Straßeneinläufe mit Anschluss an diesen neuen Kanal; diese Kosten sind zu Recht zu 100% in den beitragsfähigen Aufwand für Straßenentwässerung eingestellt worden - eine straßenausbaubeitragsfähige Verbesserung der hier in Rede stehenden Teileinrichtung dar.
Der Beitragsfähigkeit der Ausbaumaßnahme kann nicht entgegengehalten werde, dass nur durch die Arbeiten im Zusammenhang mit der Umstellung der Kanalisation von Misch- auf Trennsystem der Ausbau der Teileinrichtungen „Fahrbahn“ und „Gehweg“ sowie der Folgearbeiten an den nur der Straßenentwässerung dienenden Anlageteilen erforderlich geworden sei. Die Entscheidung über das Erfordernis, den Zeitpunkt und die Art des Ausbaus liegt allein im Ermessen der Gemeinde (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdn. 348 ff.). Es ist nicht ermessenswidrig, eine ausbaubeitragsfähige Verbesserungsmaßnahme anlässlich von aus anderen Gründen durchgeführten Baumaßnahmen (hier: an der Kanalisation) auszuführen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 10.11.1994 - 9 M 3419/94 -). Außerdem wird eine - unabhängig von den Kanalisationsarbeiten eingetretene - objektiv bessere Nutzbarkeit der Straße, die aus dem hier erfüllten Verbesserungstatbestand im Sinne von § 6 Abs. 1 NKAG folgt, hierdurch nicht in Frage gestellt (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 03.01.1994 - 9 M 5483/93 -).
Wird aber mit einer Ausbaumaßnahme - wie hier - ein Beitragstatbestand nach § 6 Abs. 1 NKAG verwirklicht, löst das für die anliegenden und hinterliegenden Grundstücke, von denen aus die Straße tatsächlich und rechtlich gesichert in Anspruch genommen werden kann, ohne weiteres den die Beitragserhebung rechtfertigenden besonderen wirtschaftlichen Vorteil aus (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 18.09.1987 - 9 OVG A 126/86 - UA S, 14 f.; Urteil vom 12.01.1982 - 9 OVG A 98/80 -, NStV-N 1983, 67/68; Driehaus, a.a.O, § 8 Rdn. 281). Die der Klägerseite wie den übrigen Anliegern und bevorteilten Hinterliegern des hier in Rede stehenden Abschnitts der „ J. straße “ durch den Ausbau gewährten Vorteile bestehen in der verbesserten Verkehrserschließung der anliegenden und in vorteilsrelevanter Weise hinterliegenden Grundstücke und der sich daraus ergebenden Gebrauchvorteile durch die ausgebaute und verbesserte öffentliche Straße. Die Entstehung dieser wirtschaftlichen Vorteile hängt nicht davon ab, ob und in welchem Umfang die Klägerseite von den gebotenen Vorteilen durch die Benutzung der ausgebauten „ J. straße “ tatsächlich Gebrauch macht oder Gebrauch machen will (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdn. 269). Rechtlich unerheblich ist, dass das Grundstück der Klägerseite auch noch an eine weitere Straße angrenzt. Denn für die Vorteilsvermittlung ist allein entscheidend, dass der ausgebaute Abschnitt der „ J. straße “ - werden alle anderen Straße hinweggedacht - von diesem Grundstück aus in Anspruch genommen werden kann; ob dieses Grundstück über die Inanspruchnahmemöglichkeit einer weiteren Straße verfügt, ist insoweit ohne Bedeutung (vgl. VGH Kassel, Urteil vom 18.07.1996 - 5 UE 2652/95 -; Beschluss vom 06.11.2001 - 5 UZ 2458/01 -; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdn. 396b).
Der nachstehend aufgeführte Aufwand für den Ausbau des abgerechneten Abschnitts der „ J. straße “ in Höhe von insgesamt 610.124,33 DM ist nach Ansicht der Kammer beitragsfähig:
Baukosten netto aus Los-Nr. 1 Rechnung 3709 L 381.095,02 DM Abzug der Kosten der Straßenpflasterungen jenseits des Abrechnungsabschnitts im Bereich Friedhof bzw. J. straße /Ost
(7% von 381.095,02 DM) - 26.676,65 DM
Abzug fiktive Baukosten RW-Kanal (50% von 17.495,64 DM) - 8.747,82 DM
Abzug fiktive Baukosten RW-Hausanschlüsse (50% von 5.181,46 DM) - 2.590,73 DM
Abzug fiktive Baukosten TW-Leitung (50% von 15.072,34 DM) - 7.536,17 DM
Abzug fiktive Baukosten TW-Hausanschlüsse (50% von 6.452,22 DM) - 3.226,11 DM
Summe netto 332.317,54 DM
Summe brutto (+ 15%) 382.165,17 DM
anteiliges Ingenieurhonorar 70.023,54 DM
Bepflanzungskosten 1.480,58 DM
Beleuchtungskosten 8.359,26 DM
Anteilige Straßenaufbruch- und -einbaukosten 65.541,64 DM
Gesamtkosten aus Los-Nr. 1 Rechnung 3709 L 527.570,19 DM
Gesamtkosten brutto aus Los-Nr. 2 Rechnung 3709 L 23.504,43 DM
50% der Bruttokosten RW-Kanal J. str. aus Rechnung 3709 B 54.372,78 DM
Fremdkapitalkosten bis 14.12.1998 2.140,55 DM
Grunderwerbskosten 2.536,38 DM
Beitragsfähiger Gesamtaufwand 610.124,33 DM
Von den Nettobaukosten aus Los Nr. 1 der Rechnung 3709 L betreffend „Straßenbau J. straße “ in Hohe von 381.095,02 DM (vgl. Bl 13 des 1. gelben Hefters in Beiakte B zu 3 A 3450/02) sind nach Ansicht der Kammer die Kosten der Straßenpflasterungen und Angleichungsarbeiten jenseits des gebildeten Abrechnungsabschnitts einerseits nördlich des Friedhofs und andererseits östlich im Aufmündungsbereich der „ J. straße /Ost“ abzuziehen. Dafür, dass diese Kosten aus der Summe von 381.095,02 DM herausgerechnet worden sind, ergeben sich insoweit - anders als hinsichtlich der Kosten der Pflasterungs- und Angleichungsarbeiten in den Einmündungsbereichen der Straßen „Am P.“, „Am N.“, „ Q. gasse “ und „K 212/ J. straße “ - aus den der Kammer vorliegenden Akten keine hinreichend nachvollziehbaren Anhaltspunkte. Die herauszurechnenden Kosten der Pflasterungsarbeiten im Bereich Friedhof und „ J. straße /Ost“ sind nach Ansicht der Kammer unter Berücksichtigung der beim Ortstermin in Augenschein genommenen Ausbauarbeiten und des vorgelegten Ausbauplans dieses Bereichs (vgl. Anlage 4 Blatt 2 der Beiakte C zu 3 A 3450/02) mit 7% der Nettobaukosten von 381.095,02 DM, also mit 26.676,65 DM, anzusetzen.
Entgegen der Ansicht der Klägerseite kann aufgrund des Umstandes, dass die als ausbaubeitragsfähig abgerechneten Straßenbauarbeiten an der „ J. straße “ zu Beginn des Jahres 1993 ohne vorherige öffentliche Ausschreibung vergeben worden sind, im vorliegenden Fall nicht geschlossen werden, dass darauf zurückzuführende augenfällige Mehrkosten entstanden sind, die sich als unnötiger und damit auch nicht erforderlicher Aufwand darstellen. Zwar muss der Vergabe von öffentlichen Aufträgen nach § 32 Abs. 1 der Gemeindehaushaltsverordnung grundsätzlich eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen; hiervon kann jedoch abgesehen werden, sofern die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 09.11.1999 - 9 L 1832/99 -, NST-N 2000, 98). Im vorliegenden Fall gibt es nach Ansicht der Kammer besondere Umstände, die die von der Beklagten ohne eine Ausschreibung vorgenommene Auftragsvergabe als hinreichend gerechtfertigt erscheinen lassen. Denn die Firma S. hatte nach Ausschreibung der umfangreichen Kanalbaumaßnahmen mit einem Kostenvolumen von über 1,6 Millionen den Auftrag erhalten und mit der Ausführung der Kanalisationsarbeiten begonnen. Erst zu diesem Zeitpunkt konnte das Ingenieurbüro U. feststellen, dass die Wiederherstellung der Verkehrsflächen nicht wie ursprünglich geplant sachgerecht erfolgen konnte. Der dies in Zweifel ziehende Vortrag der Klägerseite ist unsubstantiiert und nicht geeignet, die Kammer zu weiteren Sachverhaltsaufklärungen anzuhalten. Da die Firma S. mit den Tiefbauarbeiten bereits begonnen hatte, musste alsbald eine Entscheidung über die Wiederherstellung der Verkehrsflächen getroffen werden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die dem Zusatzauftrag für Straßenbauarbeiten in der „ J. straße “, der „ L. straße “ und der „ Q. gasse “ über insgesamt 638.000 DM zugrunde liegenden Preise den kostenmäßigen Vertretbarkeitsrahmen gesprengt hätten und dass bei einer etwaigen Ausschreibung der genannten Arbeiten anstelle der bauausführenden Firma S., die nach öffentlicher Ausschreibung bereits mit Kanalbaumaßnahmen in den genannten Straßen in Höhe von über 1,6 Millionen DM beauftragt war und mit diesen Arbeiten schon begonnen hatte, mit erheblich günstigeren Angeboten zu rechnen gewesen wäre.
Die ersparten Kosten, die infolge der Verbindung der Kanalbaumaßnahmen in der „ J. straße “ (Bau eines neuen Regenwasserkanals und neuer Regenwassergrundstücksanschlüsse sowie einer neuen Trinkwasserleitung und neuer Trinkwasserhausanschlüsse) mit den hier abgerechneten Straßenbaumaßnahmen entstanden sind, sind nunmehr vollständig, methodisch zutreffend (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdn. 329 ff.) und für die Kammer auch der Höhe nach hinreichend nachvollziehbar geschätzt und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise in Höhe von nunmehr insgesamt 22.100,83 DM netto (was eine Erhöhung gegenüber dem Stand vom 10.07.2002 um 7.418,56 DM ausmacht) abgezogen worden (vgl. Berechnung vom 19.02.2004 betreffend „Fiktive Baukosten Regenwasserkanal / Wasserleitung J. straße “, Bl. 12-15 der Beiakte G zu 3 A 3453/02). Eine weitere Erhöhung der ersparten Kosten ist aus Rechtsgründen nicht geboten.
Die von der Beklagten in den straßenausbaubeitragsfähigen Aufwand einbezogenen Kosten halten der rechtlichen Überprüfung auch insoweit stand, als sie auf dem im Jahre 2001 geschlossenen Vergleich mit der Firma S. beruhen. Der von dieser Firma für die Ausbauarbeiten in Ansatz gebrachte Aufwand wurde von der Beklagten u.a. in Positionen beanstandet, die im Zusammenhang mit der Herstellung der Regenwasserkanäle standen. Über die Forderungen der Firma S. kam es zu einem Rechtsstreit, der vor dem Landgericht Göttingen - 8 O 381/99 - auf Anraten des Gerichts mit einem gerichtlichen Vergleich beendet wurde, wobei die Beklagte auf die ursprünglich streitige Summe in Höhe von ca. 865.000 DM nunmehr 460.000 DM zahlte (vgl. Beiakte E zu 3 A 3450/02). Dieser Vergleichsabschluss ist unter dem Gesichtspunkt wirtschaftlich verstandener Erforderlichkeit u.a. des Straßenausbauaufwandes nicht zu beanstanden (vgl. OVG Münster, Urteil vom 23.01.2001 - 3 A 2373/93 -, GemHH 2003, 64/65). Die Vergleichssumme wurde, soweit sie straßenausbaubeitragsfähigen Aufwand betraf, auf die streitigen Positionen entsprechend dem Vergleichsergebnis aufgeteilt. Die sich so ergebenden Beträge wurden sodann den von der Beklagten bei den streitigen Positionen anerkannten Beträgen hinzugerechnet. Diese Art der Aufwandsermittlung, die wegen des mit einem Gesamtbetrag geschlossenen Vergleichs nicht pfenniggenau sein kann, ist nicht zu beanstanden. Die gewählte Art der Aufwandsermittlung führt zur Feststellung der für den Ausbau erforderlich gewordenen Kosten und berechtigt die Beklagte uneingeschränkt zur Refinanzierung über das Straßenausbaubeitragsrecht (vgl. Driehaus, a.a.O. § 8 Rdn. 490d a.E. i.V.m. Rdn. 350).
Rechtsverbindliche Zusagen der Beklagten, wonach für die Verbesserung der Teileinrichtung „Straßenentwässerung“ keine Beiträge erhoben werden, gibt es entgegen der Ansicht der Klägerseite nicht. Die behaupteten Aussagen in der Anliegerversammlung vom 11.08.1992 betrafen erkennbar eventuelle Abwasserbeiträge, die bei der Umstellung von Misch- auf Trennsystem zumindest bei der Grundstücksoberflächenentwässerung nicht anfallen. Im Übrigen wären die behaupteten Zusagen ohnehin wegen fehlender Schriftform unverbindlich (vgl. § 63 Abs. 2 NGO a.F.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdn. 22) und enthielten zudem in Bezug auf die Teileinrichtung „Straßenentwässerung“ einen unzulässigen Beitragsverzicht.
Auch der in Ansatz gebrachte Betrag für die der Beklagten bis zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht entstandenen Fremdfinanzierungskosten ist beitragsfähig (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdn. 344). Dabei ist unerheblich, ob und in welchem Umfang die Beklagte Vorausleistungen gestundet hat, denn nur die tatsächlich vereinnahmten Vorausleistungen beeinflussen den Umfang der fremd zu finanzierenden Baukosten.
Beitragsfähig sind zudem die Grunderwerbskosten (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdn. 333). Der Begriff der Grunderwerbskosten ist umfassend zu verstehen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 29.11.1989 - 9 A 117/86 -). Hat eine Gemeinde - wie hier - bestimmte für den Straßenausbau benötigte Grundstücke nicht freihändig, sondern im Wege der Grenzregelung erhalten, gehören alle im Zusammenhang mit dem Grenzregelungsverfahren der Gemeinde entstandenen Aufwendungen zum beitragsfähigen Aufwand; auch die diesbezüglichen Vermessungskosten sind als Grunderwerbsnebenkosten beitragsfähig.
Mit ihrem Einwand, es habe unverhältnismäßige Kostensteigerungen gegeben, dringt die Klägerseite nicht durch. Bei den von der Beklagten in den Anliegerversammlungen genannten Kosten handelte es sich um geschätzte Kosten, während die jetzt in die Aufwandsberechnung einbezogenen Kosten tatsächlich entstanden und durch Unternehmerrechnungen belegt sind. Mit dem beitragsfähigen Gesamtaufwand von 610.124,33 DM wird für den durchgeführten Ausbau die maßgebliche Grenze der kostenmäßigen Erforderlichkeit, deren Merkmal die - für die Gemeinde erkennbare - „grobe Unangemessenheit“ der Höhe der entstandenen Kosten ist (vgl. Driehaus, a.a.O, § 8 Rdn. 350), nicht überschritten.
Der der Straßenentwässerung zuzuordnende 50%-Anteil am Herstellungsaufwand für den Regenwasserkanal in der „ J. straße “, der rechtsfehlerfrei mit 54.372,78 DM ermittelt wurde, ist entgegen der Ansicht der Klägerseite nicht deshalb um „Mehrkosten“ zu mindern, weil der Regenwasserhauptsammler in der „ J. straße “ u.a. Zuflüsse von zwei Nebensammlern aus den Straßen „ V. gasse “ und „ Q. gasse “ sowie von einem Regenwasserkanal aus der Straße „Am P.“ erhält. Denn der Regenwasserkanal in der „ J. straße “ erhielt für die Abführung des Regenwassers aus den vorgenannten benachbarten Straßen gerade keinen entsprechend größeren Durchmesser. Wie sich aus den Feststellungen des Ing.-Büros T. GmbH aus Göttingen vom 05.07.2002 ergibt (vgl. Seite 6 unter 3.2 der hydraulischen gutachterlichen Stellungnahme, Beiakte D zu 3 A 3450/02), verfügen die neuen Regenwasserkanäle sowohl in der „ J. straße “ als auch in allen benachbarten Straßen - mit Ausnahme eines Teils der „ L. straße “ - über eine Nennweite von 300 mm (DN 300). „Aufweitungsbedingte“ Mehrkosten beim beitragsfähigen Aufwand für die abzurechnende Straße (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.08.1994 - 9 M 3039/94 - BA S. 6) sind demzufolge hier nicht zu berücksichtigen.
Soweit die Klägerseite meint, Kosten für die Baustelleneinrichtung der im Jahre 1993 an die Firma S. in Auftrag gegebenen Straßenbauarbeiten in der „ J. straße “ hätten überhaupt nicht - auch nicht anteilig - in den beitragsfähigen Ausbauaufwand einfließen dürfen, geht dies fehl. Da diese Kosten in der Rechnung der Firma S. angesetzt worden und von der Beklagten - nach nicht unerheblicher Reduzierung - gezahlt worden sind, handelt es sich um Kosten, deren Beitragsfähigkeit unter dem Gesichtspunkt der kostenbezogenen Erforderlichkeit nicht in Zweifel gezogen werden können. Rechtsverbindliche Zusagen der Beklagten gegenüber den Anwohnern der „ J. straße “, dass bei den zu erhebenden Ausbaubeiträgen für den Ausbau dieser Straße keinerlei entsprechende Baustelleneinrichtungskosten angesetzt würden, gibt es nicht.
Entgegen der Ansicht der Klägerseite bestehen für die Kammer keine Zweifel an der Richtigkeit der Einstufung der abschnittsweise abgerechneten „ J. straße “ als im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht „überwiegend dem Anliegerverkehr dienende“ Straße (Anliegerstraße) mit einem sich danach aus § 4 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 15 Abs. 2 ABS im vorliegenden Fall ergebenden Anteil der Beitragspflichtigen von 60% am beitragsfähigen Ausbauaufwand für alle Teileinrichtungen.
Bei einer Anliegerstraße (überwiegend dem Anliegerverkehr dienenden Straße) handelt es sich um eine Straße, die überwiegend der Erschließung der angrenzenden oder durch eine Zuwegung mit ihr verbundenen Grundstücke dient. Als Anliegerverkehr ist derjenige Verkehr anzusehen, der zu diesen Grundstücken hinführt (sog. Zielverkehr) oder der von ihnen ausgeht (sog. Quellverkehr). Wenn der Ziel- und Quellverkehr (der nicht nur Kraftfahrzeug-, sondern ebenso auch den Fußgänger- und Fahrradverkehr umfasst) insgesamt „überwiegt“, also mehr als 50% ausmacht, handelt es sich um eine Anliegerstraße. Hiervon ist regelmäßig auszugehen bei einer Ortsrandstraße in einem Wohngebiet und bei einer Straße im reinen Wohngebiet. Anliegerstraße ist auch eine solche Straße, die den Verkehr innerhalb eines Baugebietes, z.B. aus einmündenden Sackgassen, sammelt, selbst wenn in den einmündenden Straßen mehr Anliegergrundstücke vorhanden sind als in der den Verkehr aufnehmenden Anliegerstraße (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 25.01.1989 - 9 A 101/87 -). Eine im Wesentlichen dem Anliegerverkehr dienende Straße ist nicht allein deshalb als Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr einzustufen, weil sie in eine Bundes-, Landes- oder Kreisstraße einmündet (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 13.09.1993 - 2 L 180/93 -). Sind der Anliegerverkehr und der übrige Verkehr, also derjenige Verkehr, der nicht Ziel- und Quellverkehr in Bezug auf die Anlieger- und bevorteilten Hinterliegergrundstücke ist, in etwa gleich stark oder überwiegt letzterer sogar, so scheidet die Einstufung als Anliegerstraße aus. Dient in einem solchen Fall die Straße in erheblichem Maße dem Verkehr innerhalb von mehreren Baugebieten oder Ortslagen, sammelt sie also den Verkehr von Anliegerstraßen und führt sie diesen den Hauptverkehrsadern der Gemeinde zu, ist sie stattdessen als Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr, also als Straße, der eine maßgebliche innerörtliche Verbindungsfunktion zukommt, einzustufen. Ist sie - wie insbesondere die Bundes-, Landes- und Kreisstraßen im Bereich der Ortsdurchfahrten - dazu bestimmt, vor allem durchgehenden überregionalen Verkehr aufzunehmen, ist die Straße als Durchgangsstraße einzustufen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 10.03.1998 - 9 L 2841/96 -, NST-N 1998, 327 = NdsVBl. 1998, 260; Beschluss vom 01.11.2002 - 9 LA 4116/01 - BA S. 5). Welcher Straßenkategorie eine Straße konkret zuzuordnen ist, richtet sich danach, welche Funktion im Gesamtverkehrsnetz sie nach der Verkehrsplanung der Gemeinde, dem darauf beruhenden Ausbauzustand (z.B. Breite und Länge der Straße) und der straßenrechtlichen Gewichtung haben soll; ferner kommt den tatsächlichen Verkehrsverhältnissen Bedeutung zu (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 11.11.1986 - 9 OVG A 25/86 -, KStZ 1987, 136; Urteil vom 10.03.1998, a.a.O.).
Unter Heranziehung dieser Kriterien ist die „ J. straße “ im hier abgerechneten Abschnitt als überwiegend dem Anliegerverkehr dienend einzustufen. Mit ihrer Lage am Ortschaftsrand von K. und der an ihr vorhandenen ein- bzw. zweigeschossigen Wohnbebauung ist ihr im Gesamtverkehrsnetz der Beklagten die maßgebliche Hauptfunktion einer Anliegerstraße, auf der überwiegend Anliegerverkehr abgewickelt wird, zugewiesen. Soweit andere Wohnstraßen in die „ J. straße “ einmünden und der Verkehr von diesen die „ J. straße “ mitbenutzt, stellt dies die übliche Nutzung durch die Allgemeinheit - Sammlung des maßgeblichen Anliegerverkehrs innerhalb des Ortsteils K. - dar, die durch den Gemeindeanteil von immerhin 40% abgegolten wird. An der Einstufung der „ J. straße “ als solche mit prägendem Anliegerverkehr ändert sich selbst dann nichts, wenn mit der Klägerseite davon ausgegangen wird, dass in den in diese Straße einmündenden Wohnstraßen mehr Anliegergrundstücke und eine größere Zahl von Personenkraftwagen vorhanden sind als in der diesen Verkehr aufnehmenden „ J. straße “. In der rund dreistündigen Verhandlung an Ort und Stelle konnte sich die Kammer davon überzeugen, dass außerhalb der nicht prägenden morgendlichen und abendlichen „Stoßzeiten“ auf der abgerechneten „ J. straße “ kein nennenswerter Verkehr stattfindet, der eine Qualifizierung dieser Straße als eine solche mit starkem innerörtlichen Verkehr rechtfertigen würde. Auch nach ihrem Ausbauzustand im abgerechneten Abschnitt, insbesondere der Breite der Fahrbahn von 5 m, ist die „ J. straße “ nicht dazu geeignet und bestimmt, in größerem Umfang anderen als Anliegerverkehr aufzunehmen. Zwar ist es möglich, von der „ J. straße “ in nördlicher bzw. östlicher Richtung in die Feldmark und die Forst von K. zu gelangen. Für die Kammer ist jedoch nicht ersichtlich, dass dieser landwirtschaftliche bzw. forstliche Verkehr in so nennenswertem Umfang stattfindet, dass er die maßgebliche und prägende Hauptfunktion der „ J. straße “ - Erschließung der an sie angrenzenden und durch sie bevorteilten hinterliegenden Grundstücke - verdrängt. Gleiches gilt für den Verkehr zu der östlich der Straße „Am M.“ im Außenbereich gelegenen Wassertretanlage und zu dem öffentlichen Grillplatz in der Feldmark sowie für den Wartungsverkehr zu dem Tiefbrunnen der Beklagten. Die abgerechnete und im Wesentlichen dem Anliegerverkehr dienende „ J. straße “ ist auch nicht deshalb als Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr einzustufen, weil sie in die K 212 einmündet; ihr fehlt ungeachtet dessen die maßgebliche innerörtliche Verbindungsfunktion im Gesamtverkehrsnetz der Beklagten, weil sie nicht etwa die Verbindung dieser Durchgangsstraße mit einer anderen Durchgangsstraße darstellt. Der Klägerseite ist zuzustimmen, dass die „ J. straße “ wegen des an ihren abgerechneten Abschnitt gelegenen Friedhofs (Flurstück 94/1) mehr Verkehr zu bewältigen hat, als dies in einer reinen Wohnstraße der Fall wäre. Auch der durch den Friedhof ausgelöste Ziel- und Quellverkehr ist indes Anliegerverkehr (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 01.11.2002 - 9 LA 4116/01 - BA S. 5). Nichts anderes würde gelten für Ziel- und Quellverkehre, die durch anliegende Gewerbebetriebe (vgl. OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 03.06.2002 - 9 MA 1981/01 u.a. -) oder durch anliegende öffentliche Einrichtungen wie etwa Badeanstalten, Gemeindeverwaltungen, Gerichte, Kindergärten, Krankenhäuser, Schulen, Sparkassen, Sportplätze und Verwaltungsgebäude bedingt sind, denn auch derartiger Verkehr ist Anliegerverkehr (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.11.1996 - 9 M 3245/96 -; Beschluss vom 14.10.1987 - 9 B 62/87 -; Urteil vom 22.01.1986 - 9 OVG A 132/83 -). Bei einer Gesamtbewertung ist hiernach davon auszugehen, dass die Einwände der Klägerseite nicht geeignet sind, der „ J. straße “ ihren Gesamtcharakter als Straße mit prägendem Anliegerverkehr zu nehmen. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass es sich bei dieser Straße um eine „Anliegerstraße mit atypischen Verhältnissen“ (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 06.01.2001 - 9 LA 907/01 -, NST-N 2001, 261/262 a.E.; Beschluss vom 11.06.1999 - 9 M 2210/99 -, NdsVBl. 2000, 32) handelte, wäre diesem Umstand durch den hier in Rede stehenden Anteil der Beitragspflichtigen von nur 60% - gegenüber dem in Niedersachsen insoweit allgemein üblichen Anteil von 75% - hinreichend Rechnung getragen (vgl. OVG Lüneburg, a.a.O.).
Bei beitragsfähigen Aufwendungen von insgesamt 610.124,33 DM ergibt sich bei einem Anteil der Beitragspflichtigen von 60% ein umlagefähiger Gesamtaufwand von 366.074,59 DM.
Entgegen der Ansicht der Klägerseite kommt eine Verwendung des Zuschusses von 460.000 DM, den die Beklagte von der früheren Bezirksregierung Braunschweig für die Maßnahme „Umstellung auf Trennkanalisation im OT K., Bau der RW-Kanalisation und Sanierung des Schmutzwasserkanals“ erhielt, zu Gunsten der Ausbaubeitragspflichtigen nicht in Betracht. Da der tatsächliche Aufwand insgesamt 1.272.711,30 DM betrug, ergibt sich für die bezuschusste Maßnahme ein Zuschussanteil in Höhe von 36,14%. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 5 NKAG sind Zuschüsse Dritter, sofern der Zuschussgeber nichts anderes bestimmt, zunächst zur Deckung des Eigenanteils der Gemeinde zu verwenden. Auch im vorliegenden Fall traf der damalige Zuschussgeber keine besonderen Anordnungen zur Zuschussverwendung. Damit war nur zu überprüfen, ob der auf die Straßenentwässerung entfallende Zuschussanteil den Eigenanteil der Beklagten an den Straßenentwässerungskosten überstieg mit der Folge, dass dann ein „Überschuss“ zu Gunsten der Ausbaubeitragspflichtigen zu verwenden wäre. Der der Straßenentwässerung zuzuordnende Teil am Herstellungsaufwand für den Regenwasserkanal in der „ J. straße “ wurde rechtsfehlerfrei mit 54.372,78 DM ermittelt. Von diesem Betrag entfallen ein Anteil von 60% (32.623,67 DM) auf die Ausbaubeitragspflichtigen und ein Anteil von 40% (21.749,11 DM) auf die Beklagte. Damit liegt der Zuschussanteil von 36,14% am insoweit maßgeblichen Herstellungsaufwand von 54,372,78 DM (19.650,32 DM) unter dem Eigenanteil der Beklagten, so dass ein zu Gunsten der Ausbaubeitragspflichtigen zu verwendender „überschüssiger“ Zuschussanteil nicht besteht.
Die Gesamtbeitragsfläche ist nach Maßgabe der ABS vom 31.10.2002 zu korrigieren und beträgt nunmehr insgesamt 18.523,26 qm.
Soweit die Beklagte in ihrer Aufstellung vom 05.09.2002 unter lfd. Nr. 25 (Bl. 49 des 1. gelben Hefters in Beiakte B zu 3 A 3450/02) die westlich der Verkehrsfläche der „ J. straße “ gelegenen Flurstücke 146/5, 146/2 und 151/1 mit einer Gesamtbeitragsfläche von 2.532,50 qm als vermeintlich von der Ausbaumaßnahme bevorteilte Hinterliegerflurstücke eingestellt hat, ist dies rechtsfehlerhaft. Da diese Flurstücke durch das im fremden Eigentum stehende Flurstück 245/4 von der abgerechneten Verkehrsfläche getrennt werden und eine Sicherung der Zugänglichkeit des Flurstücks 146/5 über das fremde Anliegerflurstück 245/4 weder durch Miteigentum, Baulast oder Grunddienstbarkeit noch durch ein Notwegerecht gemäß § 917 BGB gesichert ist, fehlt es den drei Flurstücken 146/5, 146/2 und 151/1 an der notwendigen rechtlich gesicherten Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten „ J. straße “. Dies hat die Kammer mit rechtskräftigem Beschluss vom 12.03.2003 - 3 B 3473/02 - entschieden; hieran hält sie nach erneuter Überprüfung fest. Einen etwaigen „Vertrauensschutz“ darauf, dass sich die Gesamtbeitragsfläche aufgrund eines von anderen Personen angestrengten gerichtlichen Verfahrens nachträglich verringert, gibt es entgegen der Ansicht der Klägerseite nicht. Denn die Gesamtbeitragsfläche ist - ebenso wie der umlagefähige Gesamtaufwand, für dessen nachträgliche Erhöhung Entsprechendes gilt - für die Festsetzung des strittigen Ausbaubeitrags nur ein Begründungselement, das nachträglich jederzeit geändert oder ersetzt werden kann (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 18.09.1987 - 9 OVG A 126/86 - UA S. 15; BVerwG, Urteil vom 27.01.1982 - 8 C 12.81 -, BVerwGE 64, 356/359).
Entgegen der Ansicht der Klägerseite sind die im nordöstlichen Bereich der Ausbaumaßnahme gelegenen Grundstücke J. straße 18 und 23 zu Recht nicht als bevorteilte Grundstücke in die Gesamtbeitragsfläche einbezogen worden. Die von der Klägerseite bemängelte Nichteinbeziehung beruht auf dem Umstand, dass diese Grundstücke jeweils nur mit einem Punkt an den hier ausgebauten und abgerechneten Abschnitt der „ J. straße “ angrenzen. Die erforderliche Möglichkeit des Betretens des jeweiligen Grundstücks von der ausgebauten Einrichtung aus schließt es aus, eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit schon bei einer bloßen Punktberührung anzunehmen (vgl. VG Göttingen, Urteil vom 31.05.2002 - 3 A 3230/00 - UA S. 7). Wenn auch im Zuge der abgerechneten Ausbaumaßnahme vor den genannten Grundstücken Bauarbeiten an den an sie angrenzenden Straßenflächen „Am M.“ und der in östlicher Richtung verlaufenden „ J. straße “ ausgeführt wurden, so handelt es sich doch nicht um diejenige Ausbaumaßnahme, für die Ausbaubeiträge gegenüber der Klägerseite festgesetzt sind. Da jene (zusätzlichen) Bauarbeiten nur kurze Teilstrecken jener Straßenflächen erfassten, sind die Ausbaumaßnahmen an diesen Straßen bzw. Abschnitten von Straßen noch nicht abgeschlossen und daher nicht beitragsfähig. Das schließt aber nicht aus, sondern vielmehr ein, dass auch die Eigentümer der bezeichneten Grundstücke beitragspflichtig werden, sobald die vor ihren Grundstücken begonnenen Baumaßnahmen auf jenen Straßen bzw. Abschnitten von Straßen insgesamt abgeschlossen werden; ob dies derzeit abzusehen ist oder nicht zu erwarten ist, ist für die Entscheidung des vorliegenden Falles unerheblich. Die Vorteile, die jenen Grundstücken als Folge der vorliegend interessierenden Ausbaumaßnahme geboten werden, gehen nicht über diejenigen hinaus, die der Allgemeinheit durch den Ausbau jeder Straße vermittelt werden und die durch den Anteil der Gemeinde gemäß § 4 ABS abgegolten sind (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.04.1990 - 9 M 12/90 - BA S. 3 f.).
Zusätzlich einzustellen ist - anteilig - das im Eigentum der Beklagten stehende Friedhofsgrundstück Flurstück 94/1, das mit 6 m unmittelbar an den gebildeten Abschnitt der „ J. straße “ angrenzt. Friedhöfe werden bei Anwendung des kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstabs der ABS der Beklagten - ebenso wie Sport- und Festplätze, Freibäder und Dauerkleingärten - unabhängig von der Lage im Innen- oder Außenbereich nur mit der Hälfte ihrer Grundstücksfläche einbezogen (Grundstücksfläche x Nutzungsfaktor 0,5; § 5 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. 7 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2b ABS). Diese satzungsrechtliche Regelung ist nicht zu beanstanden. Es ist nur schwer möglich, den Gebrauchsvorteil von Friedhöfen, Sport- und Festplätzen, Freibädern sowie Dauerkleingärten in ein angemessenes Verhältnis zu dem Gebrauchsvorteil zu setzen, den die Straße baulich oder gewerblich nutzbaren Grundstücken bietet. Ein Ansatz von nur 50% der Grundstücksfläche bei diesen Grundstücken liegt innerhalb des der Gemeinde eingeräumten ortsgesetzgeberischen Ermessens und ist zulässig (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 01.11.2002 - 9 LA 4116/01 - BA S. 6). Die nur anteilige Berücksichtigung der halbierten Grundstücksfläche des Friedhofsgrundstücks ist geboten, weil dieses nur zum Teil (mit 6 m) an den jetzt abgerechneten Abschnitt der „ J. straße “ angrenzt. In einem solchen Fall muss im Ausbaubeitragsrecht das Grundstück rechnerisch geteilt werden und darf jeweils nur mit dem Anteil an den sich aus der einschlägigen Satzungsbestimmung ergebenden Verteilungswerten berücksichtigt werden, der dem Verhältnis der Frontlängen an dem einen und an dem anderen Abschnitt entspricht (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 01.11.2002, a.a.O.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdn. 410a). Das Friedhofsgrundstück hat eine Fläche von 2.640 qm, von der 50%, also 1.320 qm, bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen sind. Da es eine Frontlänge von 40 m hat und mit einer Frontlänge von 6 m am abgerechneten Abschnitt der „ J. straße “ liegt, errechnet sich für den abgerechneten Abschnitt eine anteilige Beitragsfläche von (1.320 qm x 6/40 =) 198 qm.
Zudem zusätzlich einzustellen ist - anteilig - das ebenfalls im Eigentum der Beklagten stehende, 802 qm große, im Außenbereich liegende und als Grünland genutzte Flurstück 93. Zwar liegt dieses nicht unmittelbar am abgerechneten Abschnitt der „ J. straße “. Es kann aber als Hinterliegergrundstück wegen Eigentümeridentität mit dem teilweise anliegenden Friedhofsgrundstück Flurstück 94/1 die „ J. straße “ in tatsächlich und rechtlich gesicherter Weise in Anspruch nehmen. Legt man den in § 7 Abs. 1 Nr. 2a, bb ABS für Grünland im Außenbereich vorgesehenen - zulässigen - Nutzungsfaktor von 0,0333 zugrunde, ergibt sich für das gesamte Flurstück 93 eine Beitragfläche von 26,71 qm, was - entsprechend der Anteilsquote des eigentümeridentischen Anliegergrundstücks 94/1 - eine insoweit zu berücksichtigende anteilige Beitragsfläche von (26,71 qm x 6/40 =) 4,01 qm ergibt.
Bei einem umlagefähigen Gesamtaufwand von 366.074,59 DM und einer Gesamtbeitragsfläche von 18.523,26 qm errechnet sich ein Beitragssatz von 19,762968 DM pro qm (10,10 Euro pro qm). Bei diesem Beitragssatz und einer individuellen Beitragsfläche von (4.017 qm x 1,25 = 5021,25 qm; § 5 Abs. 3 Nr. 3a und § 6 Abs. 2 u. 3 Nr. 3a ABS; zum Ansatz der vollen Grundstücksfläche eines wie hier im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücks vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 22.01.1997 - 9 L 6290/95 -, NdsVBl. 1997, 180) ergibt sich für das Flurstück 163/11 ein Ausbaubeitrag von 50.737,95 Euro (99.234,80 DM). Demzufolge wird die Klägerseite durch die Beitragsfestsetzung im angefochtenen Bescheid vom 21.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2002 in Höhe von 48.280,94 Euro (94.429,32 DM) nicht im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt.