Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 21.09.2011, Az.: L 2 EG 3/11

Anspruch auf Elterngeld bei Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
21.09.2011
Aktenzeichen
L 2 EG 3/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 30923
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2011:0921.L2EG3.11.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BSG - 20.12.2012 - AZ: B 10 EG 16/11 R

Redaktioneller Leitsatz

Lebt eine Mutter mit dem Vater ihres Kindes während des in Betracht kommenden Bezugszeitraums im Ausland in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, dann kann sie nicht allein aus dem Grunde Elterngeld beanspruchen, weil der Vater dorthin von seinem Arbeitgeber im Sinne von § 4 SGB IV entsandt worden ist. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt Elterngeld für die Betreuung ihres am 7. Mai 2008 in Frankreich geborenen Sohnes I.

2

Der Vater des Kindes ist Arbeitnehmer der deutschen Firma K. Deutschland GmbH und von dieser seit 2002 zur Arbeitsleistung nach Frankreich an die K. L. M. entsandt worden; die Entsendung ist nachfolgend bis jedenfalls 2010 verlängert worden (vgl. die Bescheinigung der N. Krankenkasse vom 16. Juli 2008 über die Anwendbarkeit des deutschen Sozialrechts auf den Vater im Zeitraum 1. Juni 2008 bis 31. Mai 2010).

3

Die Klägerin lebt mit dem Vater ihres Kindes in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Beide sind deutsche Staatsangehörige. Seit der Entsendung des Vaters nach Frankreich im Jahr 2002 lebt die Klägerin mit ihm in Frankreich in einer gemeinsamen Wohnung. Ihre frühere Wohnung in O. hat sie aufgegeben. Eine aus der Klägerin und ihrer Schwester bestehende Erbengemeinschaft ist Eigentümerin eines Wohnhauses in der P., des früheren Elternhauses. Dieses wird von beiden Schwestern für jeweils einige Wochen im Jahr wie eine Ferienwohnung genutzt.

4

Die Klägerin war nach der Übersiedlung in Frankreich zunächst bis 2005 bei einem französischen Arbeitgeber angestellt. Von 2005 an arbeitete sie bei der französischen Filiale in Q. der deutschen Firma R. Computer + Softwarelösungen AG, wobei sie - abgesehen von gelegentlichen Dienstreisen - ihre Arbeitsleistung in Frankreich erbrachte. Dementsprechend entrichtet die Klägerin seit 2002 Beiträge zu den französischen Sozialversicherungsträgern und Einkommensteuern an den französischen Fiskus.

5

Nach der Geburt ihres Sohnes unterbrach die weiterhin in Frankreich lebende Klägerin das Beschäftigungsverhältnis bei der französischen Filiale des deutschen Arbeitgebers und bezog zunächst Mutterschaftsgeld und anschließend von August 2008 bis Januar 2009 von der französischen Familienkasse eine Beihilfe von monatlich 536,03 EUR. Weitergehende Familienleistungen nach französischem Recht konnte die Klägerin für die Zeit nach der Geburt nicht in Anspruch nehmen, da ihr Einkommen die dafür in Frankreich maßgeblichen Grenzwerte überschritt. Am 5. Januar 2009 nahm die Klägerin das Beschäftigungsverhältnis bis zu dessen einvernehmlichen Beendigung am 31. März 2009 wieder auf.

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Den Antrag der in Frankreich lebenden Klägerin vom 31. Oktober 2008 auf Gewährung von Elterngeld nach deutschem Recht für den 5. bis 12. Lebensmonat ihres Kindes lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29. Dezember 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2009 ab. Der Klägerin stehe das begehrte Elterngeld nicht zu, da sie im geltend gemachten Bezugszeitraum weder ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt noch in ihrer Person im Rahmen eines in Deutschland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses ins Ausland entsandt worden sei und da sie auch nicht mit einem solchen Entsandten verheiratet sei.

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Mit ihrer am 11. August 2009 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass es keine nachvollziehbaren Gründe dafür gebe, nur Ehegatten von ins Ausland nach § 4 SGB IV entsandten deutschen Arbeitnehmern, nicht aber den mit diesen in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen lebenden Partnern einen Anspruch auf Elterngeld für die Kinderbetreuung im Ausland einzuräumen. Die entsprechende gesetzliche Regelung missachte das Gleichbehandlungsgebot, das Sozialstaatsprinzip und das Schutzgebot des Art. 6 Abs. 5 GG.

8

Mit Urteil vom 3. November 2010 hat das Sozialgericht Stade die Klage abgewiesen. Es begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Gesetzgeber im vorliegenden Zusammenhang von einer Gleichstellung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit einer Ehe abgesehen habe. Aus der VO (EWG) Nr. 1408/71 ergebe sich lediglich ein Anspruch der im streitbetroffenen Zeitraum in Frankreich lebenden Klägerin auf die Gewährung französischer, nicht aber deutscher Sozialleistungen.

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Gegen dieses ihr am 8. Dezember 2010 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 7. Januar 2011. Ihrer Auffassung nach ergibt sich ein Anspruch auf Elterngeld in analoger und verfassungskonformer Auslegung von § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BEEG. Die mit dem Elterngeld angestrebte Förderung der Familiengründung müsse insbesondere unter Berücksichtigung des Sozialstaatsprinzips auch Fallgestaltungen der vorliegenden Art umfassen, zumal anderenfalls ihr Sohn entgegen dem Verfassungsgebot aus Art. 6 Abs. 5 GG benachteiligt werde.

10

Europarechtlich ergebe sich der geltend gemachte Anspruch aus Art. 73 der VO (EWG) Nr. 1408/71.

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Die Klägerin beantragt,

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1. das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 3. November 2010 und den Bescheid des Beklagten vom 29. Dezember 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2009 aufzuheben und

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2. den Beklagten zur Gewährung von Elterngeld ab dem 7. Mai 2008 für die Betreuung des Sohnes I. zu gewähren.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Berufung, über die der Senat mit Zustimmung beider Beteiligten (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 30. August 2011 und Schriftsatz des Beklagten vom 27. Juni 2011) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.

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Die Klage ist zwar zulässig. Namentlich hat die Klägerin die angesichts der Bekanntgabe des angefochtenen Widerspruchsbescheides im Ausland nach § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG maßgebliche dreimonatige Klagefrist gewahrt. Die Klägerin hat aber in der Sache keinen Anspruch auf Elterngeld nach deutschem Recht. Während des gesamten nach § 4 BEEG allenfalls in Betracht zu ziehenden Anspruchszeitraums der ersten vierzehn Lebensmonate des Kindes hat die Klägerin nicht die tatbestandlichen Anspruchsvoraussetzungen nach § 1 Abs. 1 und 2 BEEG erfüllt, so dass nicht weiter darauf einzugehen ist, dass sich der Antrag vom 31. Oktober 2008 ohnehin nur auf den 5. bis 12. Lebensmonat des Kindes bezog.

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Nach § 1 Abs. 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer

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1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,

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2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,

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3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und 4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.

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Anspruch auf Elterngeld hat nach § 1 Abs. 2 BEEG auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 1 zu erfüllen,

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1. nach § 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist,

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2. Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e.V., des Deutschen katholischen Missionsrates oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist oder

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3. die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt.

27

Dies gilt auch für mit der nach Satz 1 berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten, Ehegattinnen, Lebenspartner oder Lebenspartnerinnen.

28

1. In den allenfalls in Betracht zu ziehenden ersten vierzehn Lebensmonaten ihres Kindes hatte die Klägerin weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 BEEG.

29

Nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Diese Bestimmung versucht, den "rechtlichen Begriffskern" des Ausdrucks "gewöhnlicher Aufenthalt iS des SGB" durch orts- oder gebietsbezogene Anknüpfungsmerkmale grundsätzlich für alle Bücher des SGB einheitlich zu umschreiben, indem er eine zugleich den Begriffshof öffnende Typusbeschreibung andeutet. Nach dem für das Verständnis aller sprachlichen (und sonstigen) Zeichen fundamentalen und in keinem Fall (hinter - oder) umgehbaren hermeneutischen Kontextprinzip, das das BSG in bildhafter Sprache "Einfärbung" nennt, ergibt sich die konkrete rechtliche Bedeutung des Ausdrucks "gewöhnlicher Aufenthalt" u.a. erst aus dem Gesetz, das ihn verwendet und nach dessen Sinn und Zweck er verstanden werden muss (BSG, U.v. 3. April 2001 - B 4 RA 90/00 R - SozR 3-1200 § 30 Nr. 21 mwN).

30

Bei der Beurteilung sind alle Umstände zu berücksichtigen, die einen Schluss darauf zulassen, ob der Betreffende im Aufenthaltsgebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Danach ist weder die Begründung eines Daseinsmittelpunktes, Mittel- oder Schwerpunktes der Lebensverhältnisse erforderlich noch muss der Aufenthalt dauerhaft, d.h. von unbegrenzter Dauer, sein. Vielmehr reicht ein mehr als nur vorübergehendes, tatsächliches Verweilen aus (BSG, U.v. 9. August 1994 - 13 RJ 59/93 - SozR 3-1200 § 30 Nr. 15).

31

Entscheidend sind die objektiv gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Einzelfalles im entscheidungserheblichen Zeitraum; auf "Prognosen" über spätere Entwicklungen, auf Veränderungswünsche oder -absichten oder auf den Willen des Betroffenen, sich an einem Ort aufzuhalten oder einen Wohnsitz zu begründen, kommt es nicht an. Auch die konkrete Absicht, zu einem bestimmten Zeitpunkt in ein bestimmtes Land auszuwandern, steht einem gewöhnlichen Aufenthalt im Inland auch in der Zeit der Vorbereitung der Auswanderung (Einholung von behördlichen Erlaubnissen; die Wohnsitznahme im Ausland vorbereitende Aufenthalte dort, Verkaufsverhandlungen im Inland etc) bis zum Ablauf des letzten Tages vor der Auswanderung, also der konkreten Verlagerung des Lebensschwerpunktes ins Ausland, nicht entgegen (BSG, U.v. 3. April 2001 aaO.).

32

Im vorliegenden Fall verweilte die Klägerin 2008/2009 nicht nur vorübergehend in Frankreich. Sie lebte dort seinerzeit vielmehr fortlaufend bereits seit rund sechs Jahren und war in Frankreich auch beruflich tätig. Ihre mit ihrem Lebensgefährten geteilte Wohnung befand sich ebenfalls in Frankreich. Die Klägerin hatte in Deutschland lediglich Anspruch auf Mitnutzung des in der P. gelegenen Elternhauses, das ihr und ihrer Schwester zu gleichen Teilen gehörte und das von beiden Schwestern nach Art eines Ferienhauses für jeweils lediglich wenige Wochen im Jahr vorübergehend bewohnt worden ist.

33

Die Klägerin hatte im streitbetroffenen Zeitraum auch keinen Wohnsitz in Deutschland. Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 30 Abs. 3 Satz 1 SGB I). Auch Wohnsitz bedeutet dabei nicht nur eine räumliche Bleibe, sondern den räumlichen Bereich, in dem jemand den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. Der tatsächliche Besitz einer Wohnung reicht nicht aus; der Wohnsitz wird insbesondere nicht allein durch ein rein tatsächliches, nicht zufälliges Verweilen an einem Ort begründet. Entscheidend sind allein die tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, nicht aber allein der Wille, an einem bestimmten Ort einen Wohnsitz zu begründen. Dementsprechend ist auch unerheblich, wo eine Person polizeilich gemeldet ist (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar, Stand: 70. Ergänzungslieferung 2011, § 30 SGB I, Rn. 16). Den danach maßgeblichen Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen hatte die Klägerin aber, wie bereits dargelegt, in dem streitbetroffenen Zeitraum in Frankreich.

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2. Die Klägerin ihrerseits war auch nicht im Sinne von § 4 SGB IV im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt worden. Sie hatte vielmehr das Beschäftigungsverhältnis bei der Firma R. in Frankreich begründet, nachdem sie zuvor bereits mehrere Jahre in Frankreich gelebt und dort zunächst bei einem französischen Unternehmen gearbeitet hatte. Da das Unternehmen die Klägerin als eine seinerzeit in Frankreich lebende Unionsbürgerin zur Erbringung von Arbeitsleistungen in Frankreich eingestellt hatte, fehlt es von vornherein an einem Tatbestand der Entsendung.

35

3. Es hilft der Klägerin auch nicht weiter, dass nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BEEG die Bestimmungen des Satzes 1 für mit der nach Satz 1 berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten, Ehegattinnen, Lebenspartner oder Lebenspartnerinnen gelten. Zwar war der Vater des Kindes im Sinne von § 4 SGB IV im Rahmen eines in Deutschland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses nach Frankreich entsandt worden. Die Klägerin ist jedoch weder seine Ehegattin noch seine Lebenspartnerin im Sinne dieser gesetzlichen Vorschrift. Unter Lebenspartnerinnen versteht das Gesetz in diesem Zusammenhang lediglich Partnerinnen einer eingetragenen Partnerschaft im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes (so auch ausdrücklich die Gesetzesbegründung, vgl. BT-Drs. 16/1889, S. 19), nicht aber die Partnerinnen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.

36

4. Mit der Normierung des erläuterten Regel-Ausnahmeverhältnisses hat der Gesetzgeber seine Entscheidung klar zum Ausdruck gebracht, dass Personen ohne einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland nur unter den in § 1 Abs. 2 BEEG ausdrücklich geregelten Voraussetzungen Elterngeld in Anspruch nehmen können. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift kommt damit schon mangels einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht.

37

Aus § 2 Abs. 2 SGB I kann sich schon deshalb kein günstigeres Auslegungsergebnis ergeben, weil nach § 30 Abs. 1 SGB I die Vorschriften dieses Gesetzbuchs - vorbehaltlich der Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts, vgl. § 30 Abs. 2 SGB I - (nur) für alle Personen gelten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

38

5. Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die erläuterte innerstaatliche Regelung. Es ist ein verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstandendes Ziel nationaler Sozialpolitik, sozial relevante Tatbestände im eigenen Staatsgebiet zu formen und zu regeln (BVerfG, B.v. 02. Juli 1998 - 1 BvR 810/90 - NJW 1998, 2963; B.v. 30. Dezember 1999 - 1 BvR 809/95 - SozR 3-1200 § 30 Nr. 20). Dementsprechend ist die durch § 30 Abs. 1 SGB I i.V.m. § 1 BEEG bewirkte Ungleichbehandlung der Personen mit Auslandswohnsitz im Vergleich zu den Personen mit Inlandswohnsitz im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG sachlich gerechtfertigt (BVerfG, B.v. 30. Dezember 1999, aaO., zur territorialen Begrenzung der Anrechnung der Kindererziehungszeiten).

39

a) Wer sich - wie die Klägerin bezogen auf den zu beurteilenden Zeitraum - in ein ausländisches Rechts-, Wirtschafts- und Sozialsystem integriert, befindet sich für die Dauer dieser Integration nicht mehr im Verantwortungsbereich der bundesdeutschen Sozialrechtsgebung. Er partizipiert vielmehr regelmäßig an den dort im Falle der Kindererziehung gewährten Sozialleistungen. Bereits die Vermeidung des Bezugs von Doppelleistungen rechtfertigt den Staatsgebietsbezug bei der tatbestandlichen Ausformung von Sozialleistungsansprüchen (vgl. BVerfG, B.v. 02. Juli 1998, aaO., zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten).

40

b) Das Gleichbehandlungsgebot wird auch nicht im Hinblick darauf missachtet, dass das Gesetz eine Ausnahme vom Erfordernis des Inlandswohnsitzes und damit die Möglichkeit eines Elterngeldbezuges bei einem ausländischen Wohnsitz in § 1 Abs. 2 Satz 2 BEEG nur für Ehegatten (und Partner eingetragener Lebenspartnerschaften), nicht hingegen für Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft bei nach § 4 SGB IV entsandten Arbeitnehmern (oder gar für alle Elternteile auch unabhängig vom Fortbestehen einer engeren persönlichen Beziehung, bei denen das jeweils andere Elternteil nach § 4 SGB IV entsandt worden ist) vorsieht. Zu dieser Differenzierung im Sinne einer Begünstigung der Ehegatten (und ihnen rechtlich gleichgestellter Personen) hat sich der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zuzugestehenden - weiten - Regelungsermessens entschlossen.

41

Diese Differenzierung findet ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung zum einen im Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG und zum anderen in der tatsächlichen Einschätzung, dass bei einem deutschen Staatsangehörigen, der im Ausland mit einem anderen im Sinne des § 1 Abs. 2 BEEG dorthin nur vorübergehend entsandten deutschen Staatsangehörigen in ehelicher häuslicher Gemeinschaft lebt, typisierend eine engere fortbestehende Verbindung zum Heimatland und eine größere Wahrscheinlichkeit der Rückkehr innerhalb überschaubarer Zeiträume angenommen werden kann als bei sonstigen Staatsangehörigen, die ihre Kinder im Ausland aufziehen. Im Übrigen würde eine tatsächliche Überprüfung der Führung einer ausländischen nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit noch erheblich größeren Schwierigkeiten verbunden sein, als solche bereits die Abklärung entsprechender Tatbestände im Inland erschweren.

42

Gerade wegen des Schutzes, den die eheliche Verbindung durch Art. 6 Abs. 1 GG erfährt, ist es verfassungsrechtlich grundsätzlich bedenkenfrei, wenn gesetzliche Regelungen verheiratete Bürger und damit auch verheiratete Elternteile namentlich im sozialrechtlichen Bereich besserstellen als unverheiratete Partner eheähnlicher Partnerschaften (und erst recht als nicht partnerschaftlich verbundene Eltern). Die Partner eheähnlicher Gemeinschaften haben sich gerade zu einem Zusammenleben unter Vermeidung der mit Vor- und Nachteilen verbundenen rechtlichen Bindungen einer förmlichen Ehe entschlossen.

43

c) Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Gleichbehandlung auch der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ergibt sich bezogen auf den vorliegenden Sachzusammenhang jedenfalls vor dem Hintergrund der für die gesetzgeberische Differenzierung sprechenden bereits erläuterten Sachgründe auch nicht aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung aus Art. 6 Abs. 5 GG. Nach dieser Grundrechtsbestimmung sind unehelichen Kindern durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

44

Art. 6 Abs. 5 GG fordert, nichtehelichen Kindern gleiche Lebensbedingungen wie ehelichen Kindern zu schaffen. Damit untersagt die Verfassungsnorm zugleich eine Privilegierung ehelicher Kinder, soweit diese dem Gleichstellungsgebot zuwiderlaufen würde (BVerfG, B.v. 28. Februar 2007 - 1 BvL 9/04 - E 118, 45). Art. 6 Abs. 5 GG begünstigt allerdings nur nichteheliche Kinder, nicht aber deren Eltern (BVerfG, B.v. 17. November 2010 - 1 BvR 1883/10 - NJW 2011, 1663).

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Einen unmittelbaren Eingriff in dieses grundrechtliche Gleichstellungsgebot beinhalten die zu prüfenden Regelungen schon deshalb nicht, weil sie nicht unmittelbar an den Status des Kindes anknüpfen. Die familienrechtliche Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen der betreuenden Elternteile lässt keinen unmittelbaren Rückschluss darauf zu, ob der Kindesstatus im Rechtssinne und damit auch im Sinne von Art. 6 Abs. 5 GG als ehelich oder nichtehelich anzusehen ist; insoweit lassen sich ohnehin nur typisierend Zusammenhänge aufzeigen. Auch die Mutter eines nichtehelichen Kindes kann für dessen Betreuung im Ausland Elterngeld nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 BEEG in Anspruch nehmen, wenn sie im Zeitpunkt der Betreuung mit einem nach dieser Vorschrift ins Ausland vorübergehend entsandten Mann (regelmäßig einem anderen Mann als dem Vater des Kindes) verheiratet ist (oder in einer Lebenspartnerschaft mit einer ins Ausland entsandten Lebenspartnerin steht) und beide in einem gemeinsamen Haushalt leben. Umgekehrt bleibt der Mutter eines ehelichen Kindes der Anspruch auf Elterngeld verwehrt, wenn sie im Ausland in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit einem dorthin Entsandten lebt.

46

Darüber hinaus darf das Gleichstellungsgebot aus Art. 6 Abs. 5 GG nicht isoliert interpretiert werden, es bedarf vielmehr der systematischen Auslegung unter Einbeziehung des durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleisteten besonderen Schutz der Ehe. Insbesondere schließt Art. 6 Abs. 5 GG nicht aus, wegen des Schutzes, den die eheliche Verbindung durch Art. 6 Abs. 1 GG erfährt, einen verheirateten Elternteil rechtlich besserzustellen als einen unverheirateten Elternteil, was sich mittelbar auch auf die Lebenssituation der mit diesen Elternteilen zusammenlebenden Kindern auswirken kann (BVerfG, B.v. 28. Februar 2007, aaO. mwN). Dem Gesetzgeber ist es unbenommen, in Ausübung seines gesetzgeberischen Ermessens einem verheirateten Elternteil Ansprüche einzuräumen, die mittelbar auch dem von ihm betreuten Kind zugute kommen, mögen auch nichteheliche Kinder von solchen Ansprüchen oft nicht profitieren können, weil ihre Eltern vielfach nicht miteinander verheiratet sind (BVerfG, aaO., bezogen auf unterhaltsrechtliche Regelungen).

47

Dementsprechend missachtet auch der Ausschluss nichtehelicher Partner von der Hinterbliebenenrente in § 46 SGB VI nicht die verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 6 Abs. 1 und 5 GG (BVerfG, B.v. 17. November 2010 - 1 BvR 1883/10 - NJW 2011, 1663 mwN).

48

Diese verfassungsgerichtliche Bewertung ist auch im vorliegenden Zusammenhang zu berücksichtigen. Ihre Heranziehung scheitert insbesondere nicht daran, dass das Elterngeld gerade auch im Interesse des Kindes gewährt wird. Eine vergleichbare Zweckrichtung prägt vielmehr in vergleichbarer Weise auch einen Kernbestand des Hinterbliebenenrentenrechts. Bei unter 47jährigen (nicht erwerbsgeminderten) Hinterbliebenen ist ein dauerhafter Rentenanspruch tatbestandlich an die Erziehung eines Kindes geknüpft (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI; eine auch unabhängig von einer solchen Erziehungsleistung erhältliche sog. kleine Witwen- bzw. Witwerrente kann hingegen höchstens für zwei Jahre bezogen werden, vgl. § 46 Abs. 1 SGB VI). In diesem Rahmen knüpft auch der Hinterbliebenenrentenanspruch - ähnlich wie das Elterngeld - tatbestandlich an die Erbringung einer Erziehungs- und Betreuungsleistung im Interesse des Kindeswohles an; das Kind wird damit auch im Hinterbliebenenrecht im vorbeschriebenen Rahmen nicht nur gewissermaßen reflexartig durch die Besserstellung des Elternteiles, sondern nach Maßgabe der gesetzgeberischen Intentionen durchaus gezielt mitbegünstigt. Gleichwohl gestattet die Verfassung nach der Rechtsprechung des BVerfG (aaO.) eine Begrenzung der Begünstigung des Elternteils und damit der Mitbegünstigung des Kindes auf Fälle, in denen der hinterbliebene Elternteil mit dem verstorbenen verheiratet war und in denen damit typischerweise eheliche Kinder betroffen sind.

49

Ferner ist zu bedenken, dass das Gleichstellungsgebot des Art. 6 Abs. 5 GG in räumlicher Hinsicht in erster Linie auf das Bundesgebiet ausgerichtet ist. Wer aus eigenem Entschluss den räumlichen Geltungsbereich des Grundgesetzes verlässt (wobei sich Kinder diesbezüglich die Entscheidung ihrer sorgeberechtigten Eltern zurechnen lassen müssen), muss sich im Grundsatz damit abfinden, wenn und soweit im Ausland geringere verfassungs- oder sozialrechtliche Standards gewährleistet werden sollten.

50

6. Auch die europarechtlichen Vorgaben begründen keinen Anspruch der Klägerin.

51

a) Die streitigen Elterngeldleistungen werden von dem sachlichen Anwendungsbereich der für den hier streitgegenständlichen Zeitraum anwendbaren "alten Wanderarbeitnehmerverordnung" EWGV Nr. 1408/71 umfasst (vgl Nachfolgeverordnung Nr. 883/2004 vom 29.4.2004 (ABl 2004 [EU] Nr. L 166, 1 ff), die nach deren Art 91 Satz 2 erst ab dem Inkrafttreten der Durchführungsverordnung am 1.5.2010 in Kraft getreten ist (Art 97 der VO 987/2009); vgl. BSG, U.v. 18. Januar 2011 - B 4 AS 14/10 R -). Elterngeld gehört zu den Familienleistungen im Sinne des Art 4 Abs 1 Buchst h des Kapitels 7 dieser EWGV Nr. 1408/71. Eine Leistung wie das Elterngeld, die unabhängig von jeder auf Ermessensausübung beruhenden Einzelfallbeurteilung der persönlichen Bedürftigkeit ohne weiteres den Personen gewährt wird, die bestimmte objektive, gesetzlich festgelegte Voraussetzungen erfüllen, und die dem Ausgleich von Familienlasten sowie dazu dient, die Erziehung des Kindes zu vergüten, die anderen Betreuungs- und Erziehungskosten auszugleichen und gegebenenfalls - da es dem Berechtigten unabhängig davon zusteht, ob er Arbeitnehmer ist oder nicht - die finanziellen Nachteile, die der Verzicht auf ein Vollerwerbseinkommen bedeutet, abzumildern, "ist" eine Familienleistung im Sinne von Art 4 Abs 1 Buchst h der EWGV 1408/71 oder ist einer solchen Leistung zumindest "gleichzustellen" (EuGH, U.v. 10. Oktober 1996 - C-245/94 - SozR 3-6050 Art 4 Nr. 8 Ziffer 27 und 35 -, bezogen auf das frühere Bundeserziehungsgeld).

52

b) Nach Art. 73 Abs. 1 der EWGV Nr. 1408/71 hat ein Arbeitnehmer, der den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats als Frankreich unterliegt, für seine Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates, als ob die Familienangehörige in diesem Staat wohnten. Unmittelbar anwendbar ist diese Vorschrift im vorliegenden Zusammenhang nicht, da die Klägerin keine Leistungen einer von einem berechtigten Angehörigen abgeleiteten Sicherung begehrt (vgl. dazu Eichenhofer in Fuchs, Europäisches Sozialrecht, 5. Aufl., Art. 1 der VO(EG) Nr. 883/2004, Rn. 16). Erfüllte die Klägerin die tatbestandlichen Voraussetzungen für das begehrte Elterngeld, stünde ihr der Anspruch unabhängig vom Status des Vaters des Kindes zu.

53

Darüber hinaus war auf die in Frankreich arbeitende (und lebende) Klägerin nach Art. 13 Abs. 2 der EWGV Nr. 1408/71 französisches Recht anwendbar; weder ihr Kind noch der Vater des Kindes wohne im streitbetroffenen Zeitraum in einem "anderen" Staat als Frankreich.

54

c) Der EuGH hat allerdings Art. 73 Abs. 1 der EWGV Nr. 1408/71 über seinen Wortlaut hinaus in dem Sinne interpretiert, dass der Ehegatte eines Arbeitnehmers, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegt und mit seiner Familie in einem anderen Mitgliedstaat lebt, aufgrund von Art 73 EWGV 1408/71 im Mitgliedstaat der Beschäftigung Anspruch auf eine Leistung wie ein Erziehungsgeld hat. Diese Leistung kann dem Ehegatten nicht aufgrund der Unterscheidung zwischen eigenen Rechten des Arbeitnehmers und abgeleiteten Rechten des Familienangehörigen verweigert werden, da diese Unterscheidung nur maßgebend ist, wenn sich ein Familienangehöriger auf Bestimmungen der EWGV 1408/71 beruft, die ausschließlich für Arbeitnehmer, also nicht für deren Familienangehörige, gelten, so etwa die Bestimmungen betreffend Leistungen bei Arbeitslosigkeit, und grundsätzlich nicht für Familienleistungen gilt.

55

Diese Lösung ist deshalb geboten, weil mit Art 73 EWGV 1408/71 vor allem verhindert werden soll, dass ein Mitgliedstaat die Gewährung oder die Höhe von Familienleistungen davon abhängig machen kann, dass die Familienangehörigen des Erwerbstätigen in dem die Leistungen erbringenden Mitgliedstaat wohnen - auf diese Weise soll verhindert werden, dass der EG-Erwerbstätige davon abgehalten wird, von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen - und weil ein Arbeitnehmer, wenn ein Mitgliedstaat die Gewährung einer Leistung wie des Erziehungsgelds an seinen nicht in diesem Staat wohnenden Ehegatten an die Voraussetzung binden könnte, dass dieser dort beschäftigt ist, davon abgehalten werden könnte, von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, was dem Sinn und Zweck des Art 73 der EWGV 1408/71 zuwiderliefe (vgl. Urt. v. 10. Oktober 1996, aaO.).

56

Diese europarechtliche Vorgabe, als deren Ausfluss auch die einfachgesetzliche Regelung des § 1 Abs. 2 Satz 2 BEEG zu verstehen ist, hilft der Klägerin jedoch im Ergebnis nicht weiter, da der EuGH einen solchen Anspruch nur für den Ehegatten eines Arbeitnehmers, nicht aber auch für die mit ihm in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebende Partnerin begründet hat. Auch nach europäischem Recht führen Ähnlichkeiten, die einerseits faktische und andererseits rechtliche begründete Lebensgemeinschaften wie namentlich die Ehe unter bestimmten Aspekten aufweisen können, nicht zwingend dazu, dass diese beiden Arten von Lebensgemeinschaften rechtlich gleichgestellt werden müssten. Untersagt sind lediglich willkürliche oder im Hinblick auf das Ziel der betroffenen Bestimmung offensichtlich unangemessene Differenzierungen (EuGH, U.v. 15. April 2010 - C-485/08 P -).

57

Aus den bereits bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit nach nationalem Recht dargelegten Erwägungen heraus ist die im vorliegenden Zusammenhang zu beurteilende Differenzierung zwischen Ehegatten und nicht verheirateten Eltern weder als willkürlich noch als unangemessen zu qualifizieren.

58

Allerdings hat das BSG im Urteil von 10. Juli 1997 (14 REg 8/96 - SozR 3-7833 § 8 Nr. 4) dem o.g. Urteil des EuGH vom 10. Oktober 1996 entnommen, dass der aufgrund eines originären Anspruchs leistungsberechtigte nicht berufstätige "Elternteil" danach bei Familienleistungen dem in dem anderen Mitgliedstaat beschäftigten "Elternteil" gleichstehe. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass damit eine Erstreckung der im Urteil vom 10. Oktober 1996 ausgesprochenen Erweiterung des Kreises der Berechtigten auch auf nicht verheiratete Eltern zum Ausdruck gebracht werden sollte. Es findet sich in diesem Urteil vom 10. Juli 1997 keine Auseinandersetzung mit der Frage, ob unverheiratete, namentlich in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammenlebende, Eltern im vorliegenden Zusammenhang verheirateten Eltern gleichzustellen sind. Dazu bestand auch kein Anlass, weil in dem damals zu beurteilenden Sachverhalt die Eltern verheiratet waren.

59

d) Dementsprechend kann im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob sich nicht ohnehin aus Art. 76 der EWGV 1408/71 ein Vorrang der französischen Familienhilfeleistungen für die in Frankreich lebende und arbeitende Klägerin ergibt (vgl. dazu BSG, Urteil. v. 10. Juli 1997, aaO.).

60

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).