Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 29.03.2004, Az.: 6 A 844/02

Adresse; Anspruchsgegner; Anzeigepflicht; Bekanntgabe; Bescheid; Beweislast; Drittschuldner; Erledigung; Erstattung; Erstattungsanspruch; Folgenbeseitigung; Folgenbeseitigungsanspruch; Fortsetzungsfeststellungsklage; Gebühr; Landesrundfunkanstalt; Leistungsbescheid; Leistungsklage; materielle Beweislast; Pfändungs- und Einziehungsverfügung; Pfändungsverfügung; Rundfunkgebühr; VA; Versendung; Verwaltungsakt; Vollstreckbarkeitsbescheinigung; Vollstreckung; Vollstreckungsbehörde; Vollstreckungsmaßnahme; Vollstreckungsschuldner; Wirksamkeit; Zugang; Zweifel; Zweifelsfall

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
29.03.2004
Aktenzeichen
6 A 844/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 51083
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Der Vollstreckungsschuldner kann sich im gerichtlichen Verfahren darauf berufen, dass ihm der Leistungsbescheid nicht wirksam bekannt gegeben worden ist.

2. Die Vollstreckungsbehörde trägt die materielle Beweislast für die wirksame Bekanntgabe des Leistungsbescheides. Die Bescheinigung der Vollstreckbarkeit durch die um die Vollstreckung ersuchende Stelle ersetzt den Beweis der wirksamen Bekanntgabe des Leistungsbescheides nicht.

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen eine auf Ersuchen des Beigeladenen von der Beklagten ihm gegenüber erlassene Pfändungs- und Einziehungsverfügung wegen angeblich rückständiger Rundfunkgebühren zuzüglich Nebenkosten und begehrt die Rückzahlung des bereits vereinnahmten und an den Beigeladenen weitergeleiteten Betrages.

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Der Kläger wird bei der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) für den Beigeladenen zu Teilnehmer-Nr. N. als Rundfunkteilnehmer geführt. Mit Vollstreckungsersuchen vom 02.10.2001 teilte die GEZ der Beklagten für den Beigeladenen mit, dem Kläger seien für die Zeiträume von August 2000 bis April 2001 unter dem 03.01.2001, 03.05.2001 und 01.06.2001 insgesamt drei Gebührenbescheide bekannt gegeben worden. Die sich daraus ergebende Gesamtforderung des Beigeladenen gegen den Kläger für Rundfunkgebühren, Säumniszuschläge, Mahngebühren und sonstige Kosten belaufe sich auf insgesamt 314,37 DM bzw. 160,73 Euro. Die Bescheide seien unanfechtbar geworden. Der Kläger habe den genannten Betrag bislang nicht gezahlt.

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Die Beklagte leitete daraufhin das Vollstreckungsverfahren für einen Gesamtbetrag in Höhe von 170,93 Euro (160,73 Euro zuzüglich einer Vollstreckungsgebühr in Höhe von 10,20 Euro) gegen den Kläger ein. Dabei versuchte der Vollstreckungsbeamte der Beklagten zunächst am 29.01.2002 erfolglos eine Sachpfändung bei dem Kläger. Danach erließ die Beklagte unter dem 05.02.2002 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber der O. als Drittschuldnerin. Mit dieser Verfügung pfändete die Beklagte die dem Kläger gegenüber der Drittschuldnerin zustehenden Ansprüche aus seinem dortigen Konto Nr. P. sowie allen weiteren Konten in Höhe eines Betrages von nunmehr 176,55 Euro (170,93 Euro zuzüglich weiterer Kosten für eine Postzustellungsurkunde in Höhe von 5,62 Euro), verbot der Drittschuldnerin, die der Pfändung unterliegenden Beträge an den Kläger zu zahlen und überwies die gepfändete Forderung der GEZ als Gläubigerin zur Einziehung. Der Kläger erhielt eine Ausfertigung dieser Verfügung mit der Aufforderung, sich jeder Verfügung über die gepfändete Forderung zu enthalten. Die Drittschuldnerin zahlte den gepfändeten Betrag am 26.02.2002 auf einem Konto der Beklagten ein. Diese leitete den Betrag abzüglich der Vollstreckungsgebühr und der Auslagen für die Postzustellungsurkunde unmittelbar über die GEZ an den Beigeladenen weiter.

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Der Kläger suchte am 28.02.2002 um vorläufigen Rechtsschutz mit dem Antrag nach, die Vollstreckung aus der Überweisungs- und Einziehungsverfügung der Beklagten vom 05.02.2002 bis zum Erlass des Urteils in der Hauptsache im Wege der einstweiligen Anordnung einstweilen einzustellen. Diesen Antrag lehnte das Gericht mit Beschluss vom 05.04.2002 - 6 B 846/02 - ab. Wegen der Gründe wird auf den Beschluss verwiesen, der den Beteiligten bekannt ist. Die Gerichtsakten zu jenem Verfahren sind hier beigezogen worden.

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Ebenfalls am 28.02.2002 hat der Kläger Klage erhoben.

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Zur Begründung seiner Klage und seines Eilantrages hatte der Kläger zunächst im Wesentlichen geltend gemacht, die angebliche Forderung der GEZ bzw. des Beigeladenen, die der angegriffenen Verfügung zu Grunde liege, bestehe in Wahrheit nicht. Denn er habe in dem betreffenden Zeitraum von August 2000 bis November 2001 bei seinen Eltern gewohnt. In dieser Zeit habe er seine zuvor angemeldeten Rundfunk- und Fernsehgeräte ordnungsgemäß bei der GEZ abgemeldet, da er in diesem Zeitraum lediglich die bei seinen Eltern vorhandenen und dort angemeldeten Geräte genutzt habe. Darüber hinaus trägt er nunmehr vor, die Vollstreckung sei auch deshalb rechtswidrig gewesen, weil er die ihr angeblich zu Grunde liegenden Gebührenbescheide nicht erhalten habe.

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Nachdem der Kläger seine Anträge im Klageverfahren mehrfach umgestellt hatte, beantragt er nunmehr,

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die Zwangsvollstreckung aus der Überweisungs- und Einziehungsverfügung der Beklagten vom 05.02.2002 für unzulässig zu erklären und

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die Beklagte zu verpflichten, an ihn 176,55 Euro zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung vertritt die Beklagte im Wesentlichen die Auffassung, die von dem Kläger geltend gemachten Einwendungen gegen die der Vollstreckung zu Grunde liegende Forderung könnten nicht zur Rechtswidrigkeit der Vollstreckung selbst führen. Vielmehr müsse sie nach der Mitteilung der GEZ davon ausgehen, dass die betreffenden Gebührenbescheide vollstreckbar seien. Im Vollstreckungsverfahren könnten demgegenüber nur noch Einwendungen gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung geltend gemacht werden. Diese sei jedoch ordnungsgemäß erfolgt. Insbesondere habe sie, die Beklagte, nach dem Vollstreckungsersuchen der GEZ davon ausgehen müssen, dass die der Vollstreckung zu Grunde liegenden Leistungsbescheide dem Kläger ordnungsgemäß bekannt gegeben worden und unanfechtbar geworden seien. Anlass zu Zweifeln habe sie insoweit nicht gehabt und auch nicht haben müssen.

13

Mit Beschluss vom 07.06.2002 hat die Kammer den Beigeladenen gemäß § 65 Abs. 1 VwGO beigeladen und zugleich gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

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Der Beigeladene beantragt ebenfalls,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung macht der Beigeladene im Wesentlichen geltend, die drei fraglichen Gebührenbescheide seien mit einfacher Briefpost an den Kläger unter der ihm, dem Beigeladenen, bzw. der GEZ jeweils bekannten Anschrift versandt worden und jeweils nicht als unzustellbar zurückgelangt. Daher sei davon auszugehen, dass die Bekanntgabe ordnungsgemäß erfolgt sei. Jedenfalls aber treffe den Kläger ein überwiegendes Verschulden, falls die Bescheide ihm nicht zugegangen sein sollten, weil er seiner Pflicht zur Anzeige eines Wohnungswechsels nicht nachgekommen sei; dies gehe zu seinen Lasten. Im Übrigen seien die Gebührenbescheide zu Recht ergangen, weil der Kläger die Beendigung des Bereithaltens eines Rundfunkempfangsgerätes jedenfalls nicht rechtzeitig angezeigt habe.

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Der Einzelrichter hat den Beteiligten mit Verfügung vom 11.07.2003 den Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs vorgeschlagen. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Verfügung, die den Beteiligten bekannt ist, verwiesen. Dieser Vergleich ist nicht zu Stande gekommen.

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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zu diesem Verfahren und zum Verfahren 6 B 846/02 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte A) und des Beigeladenen (Beiakte B) verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Entscheidung ergeht gemäß § 6 VwGO durch den Berichterstatter als Einzelrichter. Dieser kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten jeweils ausdrücklich mit einer solchen Entscheidung einverstanden erklärt haben.

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Soweit der Kläger beantragt, „die Zwangsvollstreckung aus der Überweisungs- und Einziehungsverfügung der Beklagten vom 05.02.2002 für unzulässig zu erklären“, legt das Gericht dies nach dem erkennbaren Rechtschutzbegehren des Klägers (vgl. §§ 88 VwGO, 133 BGB) als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog mit dem Antrag aus, festzustellen, dass die Überweisungs- und Einziehungsverfügung der Beklagten vom 05.02.2002 rechtswidrig gewesen ist. Dies ist nämlich dann der richtige Rechtsbehelf, wenn sich eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung - wie hier - bereits vor Erhebung einer ansonsten zulässigen Anfechtungsklage mit der Durchführung und Beendigung der Vollstreckung, d.h. mit der Zahlung der gepfändeten Forderung durch den Drittschuldner an den Vollstreckungsgläubiger, erledigt hat (vgl. BFH, Beschluss vom 11.04.2001 - VII B 304/00 - zitiert nach juris Web = NVwZ-RR 2002, 612 u.a.).

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Insoweit ist die Klage zulässig. Insbesondere ist sie gegen die richtige Beklagte, nämlich die Vollstreckungsbehörde, die die angegriffene Vollstreckungsmaßnahme erlassen hat, gerichtet (§ 78 VwGO). Das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche besondere (Fortsetzungs-) Feststellungsinteresse ergibt sich im Übrigen aus der berechtigten Erwartung des Klägers, dass im Falle der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vollstreckungsmaßnahme deren Folgen beseitigt werden (vgl. BFH, a.a.O.), auch wenn hier ggf. die Verantwortlichkeit der ersuchten Vollstreckungsbehörde (der Beklagten) einerseits und die der ersuchenden Stelle (des Beigeladenen) andererseits zumindest teilweise auseinanderfallen, wie noch darzulegen sein wird.

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Die Klage ist insoweit auch begründet. Das Gericht hat nämlich davon auszugehen, dass die angegriffene Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Beklagten vom 05.02.2002 rechtswidrig war, weil nicht mit der gebotenen Überzeugungsgewissheit festgestellt werden kann, dass die erforderlichen Vollstreckungsvoraussetzungen vorgelegen haben.

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Die angegriffene Verfügung der Beklagten findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 45 und 50 des Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (NVwVG) vom 02.06.1982 (Nds. GVBl. S. 139), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 17.12.1998 (Nds. GVBl. S. 710). Danach kann ein Leistungsbescheid im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 NVwVG durch Pfändung einer Geldforderung (§§ 45 ff. NVwVG) und Überweisung dieser Forderung an den Vollstreckungsgläubiger zur Einziehung (§§ 50 f. NVwVG) im Wege einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung vollstreckt werden. Diese Vorschriften sind gemäß Art. 7 Abs. 6 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (RGebStV) vom 31.08.1991, zuletzt geändert durch Art. 5 des Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 06.07./ 07.08.2000, umgesetzt durch Gesetz vom 15.12.2000 (Nds. GVBl. S. 327), grundsätzlich auch auf die Vollstreckung von Bescheiden über rückständige Rundfunkgebühren (einschließlich Nebenkosten) anzuwenden. Die Vollstreckung solcher Leistungsbescheide darf aber immer erst beginnen, wenn die in § 3 Abs. 1 NVwVG genannten allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Hierzu gehört jedenfalls, dass der zu vollstreckende Leistungsbescheid unanfechtbar geworden ist oder Rechtsbehelfe gegen ihn keine aufschiebende Wirkung haben (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 NVwVG). Dies setzt wiederum voraus, dass der Leistungsbescheid überhaupt wirksam geworden ist (§ 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes [NVwVfG] i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes [VwVfG]), wofür schließlich zunächst die ordnungsgemäße Bekanntgabe des Bescheides nach § 41 VwVfG erforderlich ist. Wendet sich der Vollstreckungsschuldner im gerichtlichen Verfahren gegenüber der Vollstreckungsbehörde gegen die von ihr getroffene Vollstreckungsmaßnahme, kann er sich ihr gegenüber darauf berufen, ihm sei der Leistungsbescheid nicht bekannt gegeben worden. Kann das Gericht die ordnungsgemäße Bekanntgabe des Leistungsbescheides tatsächlich nicht feststellen, so geht dies zu Lasten der Vollstreckungsbehörde, die insoweit im Zweifel die materielle Beweislast trägt (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz VwVfG), auch wenn sie die Vollstreckung lediglich auf Ersuchen durchführt und die ersuchende Stelle ihr gegenüber die Vollstreckbarkeit des Leistungsbescheides bescheinigt hat (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 NVwVG). Denn mit der Bescheinigung der ersuchenden Stelle übernimmt diese lediglich im Innenverhältnis zur ersuchten Vollstreckungsbehörde die Verantwortung für das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen. Im Verhältnis zwischen Vollstreckungsbehörde und Vollstreckungsschuldner kann sich dieser jedoch weiterhin auf das Fehlen der Vollstreckungsvoraussetzungen berufen, zumal diese als die Behörde, die den angegriffenen Verwaltungsakt erlassen hat, die einzig richtige Beklagte (§ 78 VwGO) und von daher prozessual verantwortlich für das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen ist (BFH, Beschluss vom 04.07.1986 - VII B 151/85 - NVwZ 1987, 535). Danach ist der Fortsetzungsfeststellungsklage des Klägers hier stattzugeben.

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Es bestehen nämlich hinreichende Zweifel daran, dass dem Kläger die drei der Vollstreckung zu Grunde gelegten Leistungsbescheide zugegangen sind, und die Beklagte hat es nicht vermocht, den Zugang der Leistungsbescheide nachzuweisen (§ 41 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz VwVfG); dies geht aus den dargelegten Gründen zu ihren Lasten:

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Der vom Kläger angegriffenen Vollstreckungsmaßnahme der Beklagten wurden, wie erwähnt, drei Leistungsbescheide des Beigeladenen vom 03.01.2001, 03.05.2001 und 01.06.2001 zu Grunde gelegt. Die in den dem Gericht vorliegenden Verwaltungsvorgängen befindlichen Abschriften dieser drei Bescheide weisen als Anschrift des Kläger zunächst Q. (03.01.2001) und dann R. (03.05.2001 und 01.06.2001) jeweils in S. aus. Der Beigeladene trägt hierzu vor, die Änderung der Anschrift des Klägers sei erfolgt, nachdem ein weiterer Bescheid vom 03.04.2001, der dann durch den Bescheid vom 03.05.2001 ersetzt worden sei, zunächst auch an die Anschrift Q. adressiert worden und von dort zurückgekommen sei, woraufhin man die Anschrift R. ermittelt habe. Demgegenüber weist die Meldebescheinigung der Beklagten vom 25.07.2002 aus, dass der Kläger in der Zeit vom 01.08.2000 bis zum 01.12.2001 unter der Anschrift Q., zu keinem Zeitpunkt jedoch unter der Anschrift R. o.ä. in S. gemeldet war und seit dem 01.12.2001 unter der Anschrift T. gemeldet ist. Der Kläger trägt hierzu vor, er habe auch tatsächlich jedenfalls zu den fraglichen Zeitpunkten überhaupt nicht unter der Anschrift R. in S. gewohnt.

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Nicht nachvollziehbar ist von daher, warum und auf welche Weise der Beigeladene ermittelt haben will, dass der Kläger zumindest zeitweilig unter der Anschrift R. in S. gemeldet gewesen sein soll. Überzeugende Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich.

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Vor diesem Hintergrund kann der Nachweis des Zugangs - unabhängig davon, welche Anforderungen man an das Vorliegen eines "Zweifels" im Sinne von § 41 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz VwVfG stellt (vgl. dazu auch BFH, Beschluss vom 04.07.1986, a.a.O., m.w.N.) - zumindest hinsichtlich der beiden Leistungsbescheide vom 03.05.2001 und 01.06.2001 nicht mit dem bloßen Hinweis darauf geführt werden, die Bescheide seien auf dem Postweg nicht als unzustellbar zurückgelangt, zumal vor dem dargelegten Hintergrund insoweit auch kein Verstoß des Klägers gegen seine Anzeigepflicht nach § 3 Abs. 3 RGebStV erkennbar sein dürfte.

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Hinsichtlich des Bescheides vom 03.01.2001 dürfte ein solcher Verstoß gegen die Anzeigepflichten des Klägers ebenfalls nicht vorliegen. Denn dieser Bescheid wurde offenbar an die Anschrift Q. in S. adressiert, und der Kläger war zu diesem Zeitpunkt dort auch noch gemeldet. Insoweit liegt aber ebenfalls ein "Zweifelsfall" im Sinne von § 41 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz VwVfG vor. Hierfür genügt es jedenfalls dann, wenn der Zugang eines Bescheides als solcher streitig ist, es also nicht lediglich um die Frage des Zeitpunktes des Zugangs geht, wenn der Betroffene den Zugang schlicht bestreitet (so auch BFH, Beschluss vom 04.07.1986, a.a.O., m.w.N.), was der Kläger im vorliegenden Fall tut. Die teilweise anzutreffende Gegenansicht, wonach der Betroffene in jedem Fall sein Bestreiten substantiiert vortragen und glaubhaft machen muss, um "ernsthafte" oder "berechtigte" Zweifel am Zugang des Bescheides zu begründen (so z.B. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 7. Aufl., § 41 Rn. 25 m.w.N. oder Ohlinger in: Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 1. Aufl., § 7 RGebStV Rn. 47), geht demgegenüber von Anforderungen aus, die vom Wortlaut des Gesetzes nicht mehr gedeckt sind. Denn mit der Formulierung "im Zweifel" stellt § 41 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz VwVfG eine einfache Beweislastregel auf, wonach die Behörde den Zugang des Bescheides beweisen muss, wenn dieser Umstand streitig wird. Ist unstreitig, dass der Bescheid als solcher zugegangen ist, und besteht lediglich Streit darüber, zu welchem Zeitpunkt dies geschehen ist, mag es angehen, im Wege eines Beweises des ersten Anscheins grundsätzlich von einem typischen Geschehensablauf und der in § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG gesetzlich vermuteten Postlaufzeit von drei Tagen nach Aufgabe zur Post auszugehen und dem Betroffenen zunächst die Verpflichtung aufzuerlegen, einen hiervon abweichenden, atypischen Geschehensablauf darzulegen und glaubhaft zu machen, um den Beweis des ersten Anscheins zu erschüttern. Dies gilt hingegen nicht für den Zugang als solchen.

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Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass der Kläger offenbar während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraumes unter der Anschrift Q. gewohnt hat, jedenfalls aber der zweite Bescheid vom 03.04.2001 von dort offenbar an den Beigeladenen zurückgelangt ist, ohne dass ein hinreichender Grund hierfür ersichtlich wäre. Schon dies mag genügen, um hinreichende Zweifel auch am Zugang des ersten Bescheides vom 03.01.2001 zu begründen. Auch sind im Übrigen keinerlei Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Kläger den Bescheid vom 03.01.2001 tatsächlich erhalten hat. So hat er etwa, soweit ersichtlich, keine Rechtsbehelfe gegen diesen Bescheid eingelegt oder sich vorprozessual in irgendeiner Weise zu dem Inhalt des Bescheides eingelassen. Vor diesem Hintergrund kann der Hinweis auf die Aufgabe des Bescheides zur Post und das Ausbleiben eines Rücklaufs als unzustellbar den nach § 41 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz VwVfG erforderlichen Nachweis des Zugangs auch insoweit nicht ersetzen.

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Alles in allem erweist sich die angegriffene Vollstreckungsmaßnahme der Beklagten vom 05.02.2002 mithin mangels Nachweislichkeit des Vorliegens der Vollstreckungsvoraussetzung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 NVwVG als rechtswidrig, was dementsprechend festzustellen ist.

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Soweit der Kläger im Übrigen beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 176,55 Euro zu zahlen, handelt es sich um eine allgemeine Leistungsklage. Diese ist ebenfalls zulässig, jedoch überwiegend unbegründet und deshalb insoweit größtenteils abzuweisen.

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Zwar dürfte nach den obigen Feststellungen davon auszugehen sein, dass dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung des rechtswidrig gepfändeten und eingezogenen Betrages in Höhe der Klagforderung an sich zusteht. Soweit dies den von dem Beigeladenen geforderten Betrag für Rundfunkgebühren einschließlich Nebenkosten (Säumniszuschläge, Mahnkosten und sonstige Kosten) in Höhe von 160,73 Euro betrifft, ist die Beklagte jedoch nicht passivlegitimiert, also nicht der sachlich richtige Anspruchsgegner. Verpflichtet zur Erstattung von Rundfunkgebühren (und wohl auch diesbezüglicher Nebenkosten), die ohne rechtlichen Grund entrichtet wurden, ist nach § 7 Abs. 4 RGebStV nämlich die Landesrundfunkanstalt, welche die Gebühren (zuzüglich Nebenkosten) tatsächlich vereinnahmt hat, hier also der Beigeladene. Eine Folgenbeseitigungspflicht der Beklagten als Vollstreckungsbehörde wegen der Rechtswidrigkeit der von ihr vorgenommenen Vollstreckungsmaßnahme besteht insoweit nicht. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang nämlich nicht vorrangig, ob die Vollstreckungsmaßnahme als solche (bloß) rechtswidrig war, sondern ob ein wirksamer Leistungsbescheid vorliegt und dieser ggf. einen wirksamen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der vereinnahmten Beträge bildet (vgl. dazu auch BFH, Beschluss vom 11.04.2001, a.a.O.).

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Passivlegitimiert ist die Beklagte hingegen lediglich, soweit sich der Kläger auch gegen die von ihr nach § 67 NVwVG in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung vorgenommene Vollstreckung der angesetzten Vollstreckungsgebühr in Höhe von 10,20 Euro und der geltend gemachten Auslagen für eine Postzustellungsurkunde in Höhe von weiteren 5,62 Euro wendet.

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Insoweit ist die Beklagte schließlich auch unter dem Gesichtspunkt der Vollzugsfolgenbeseitigung zur Erstattung gegenüber dem Kläger verpflichtet, weil die betreffende Vollstreckungsmaßnahme, für welche die Kosten erhoben wurden, rechtswidrig war und das Gericht dies auf den Rechtsbehelf des Klägers hin festgestellt hat (vgl. auch § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO sowie § 12 Abs. 2 Satz 2 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes [NVwKostG]).

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 3, 155 Abs. 1 Abs. 1, 2. Alt. VwGO. Der Beigeladene ist auf der Seite der Beklagten an den Kosten zu beteiligen, weil er wie diese ausdrücklich beantragt hat, die Klage abzuweisen. Die hälftige Kostenteilung zwischen dem Kläger einerseits und der Beklagten und dem Beigeladenen andererseits folgt im Übrigen daraus, dass der Kläger nur hinsichtlich seiner Fortsetzungsfeststellungsklage und eines geringfügigen Teiles seiner Leistungsklage obsiegt hat, während die Beklagte und der Beigeladene hinsichtlich der Leistungsklage ganz überwiegend obsiegt haben, wobei das Gericht davon absieht, den insoweit geringen Teil des Obsiegens des Klägers zum Anlass für eine noch genauere rechnerische Aufspaltung der Kosten zu nehmen. Soweit die Beklagte und der Beigeladene zur Kostentragung verpflichtet sind, ergibt sich die Kostenverteilung zwischen ihnen schließlich aus §§ 159 Satz 1 VwGO, 100 ZPO.