Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.08.2007, Az.: 10 LA 31/06

Anforderungen an das Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts; Überprüfung der Erfolgsaussichten einer möglichen Amtshaftungsklage nach Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens; Offensichtliches Nichtbestehen des behaupteten Schadensersatzanspruchs oder Entschädigungsanspruchs als Voraussetzung für die offensichtliche Aussichtslosigkeit einer Amtshaftungsklage; Fehlen eines berechtigten Feststellungsinteresses auf Grund der offensichtlichen Aussichtslosigkeit einer Amtshaftungsklage

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
29.08.2007
Aktenzeichen
10 LA 31/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 41080
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2007:0829.10LA31.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 14.12.2005 - AZ: 1 A 158/05

Fundstellen

  • AUR 2008, 417-420 (Volltext mit amtl. LS)
  • DVBl 2007, 1384 (amtl. Leitsatz)
  • DÖV 2008, 212 (red. Leitsatz)
  • NdsVBl 2008, 80-82

Amtlicher Leitsatz

Zu den Anforderungen an das Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO):

Ein berechtigtes Feststellungsinteresse nach dieser Bestimmung liegt nicht vor, wenn der Kläger lediglich beabsichtigt, die Erfolgsaussichten einer möglichen Amtshaftungsklage nach Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens prüfen zu lassen.

Von einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit einer Amtshaftungsklage, die einem berechtigten Feststellungsinteresse entgegensteht, kann nur dann ausgegangen werden, wenn ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann. Die Feststellung der Rechtmäßigkeit eines erledigten Verwaltungsakts nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist eine Frage der Begründetheit der Fortsetzungsfeststellungsklage; sie kann nicht bereits zur Nichtanerkennung eines berechtigten Feststellungsinteresses herangezogen werden.

Zu den Anforderungen, unter denen ein Fehlen eines berechtigten Feststellungsinteresses auf Grund einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit einer Amtshaftungsklage anzunehmen ist, wenn ein Kollegialgericht das angefochtene Verwaltungshandeln gebilligt hat.

Gründe

1

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und des Bestehens eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind vom Kläger nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt worden.

2

1.

Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts gewichtige Gründe sprechen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 1. Senatsvom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163, 1164) [BVerfG 23.06.2000 - 1 BvR 830/00]. Dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ist genügt, wenn innerhalb der Antragsfrist aus sich heraus verständlich näher dargelegt wird, dass und aus welchen Gründen dieser Zulassungsgrund vorliegen soll. An die Darlegung sind nicht geringe Anforderungen zu stellen (Nds. OVG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 - 2 LA 413/03 -, NdsRpfl 2005, 80). Die dem Revisionsrecht nachgebildete Darlegungspflicht bestimmt als selbständiges Zulässigkeitserfordernis den Prüfungsumfang des Rechtsmittelgerichts. Sie verlangt qualifizierte, ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinander setzen. Hierbei ist als Mindestvoraussetzung für die Darlegung zu verlangen, dass geltend gemacht wird, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist und dass die Sachgründe hierfür bezeichnet und erläutert werden. Mit dem Abstellen auf die Ergebnisrichtigkeit ist gesagt, dass sich der Begriff der "ernstlichen Zweifel" nicht ausschließlich auf die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung beziehen kann, sondern zusätzlich das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht gelangt ist, mit in den Blick zu nehmen ist. Aus dem Prinzip der Ergebnisrichtigkeit folgt weiter, dass dann, wenn eine Entscheidung in je selbständig tragender Weise mehrfach begründet ist, im Hinblick auf jeden der Begründungsteile ein Zulassungsgrund dargelegt werden und gegeben sein muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Februar 1990 - BVerwG 7 B 19.90 -, Buchholz 310 § 153 VwGO Nr. 22). Auch wenn die Anforderungen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes nicht in der Weise ausgelegt und angewandt werden dürfen, welche die Beschreitung des eröffneten (Teil-) Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert, so unterliegt es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, ein Mindestmaß an Substantiierung zu verlangen (vgl. BVerfG, 1. Kammer des 2. Senats, Beschluss vom 21. Januar 2000 - 2 BvR 2125/97 -, DVBl. 2000, 407 undBeschluss vom 7. November 1994 - 2 BvR 2079/93 -, DVBl. 1995, 35).

3

Nach Maßgabe dessen kann die Berufung nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassen werden.

4

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dem Antrag des Klägers auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides des Beklagten fehle ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Die Absicht, eine auf Schadensersatz gerichtete Amtshaftungsklage zu erheben, könne zwar ein Feststellungsinteresse begründen; Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass der Prozess vor dem Zivilgericht entweder bereits anhängig oder zumindest mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sei. Hinreichende Anhaltspunkte hierfür seien nicht ersichtlich. Die bloße Behauptung, die Erfolgsaussicht einer Zivilklage anwaltlich prüfen lassen zu wollen, reiche für die Annahme einer ernsthaften Klageabsicht nicht aus. Zudem sei ein Feststellungsinteresse auch wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit einer solchen Schadensersatzklage zu verneinen, weil der angefochtene Bescheid keinen rechtlichen Bedenken unterliege.

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Der Kläger sieht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts darin, dass es zu Unrecht ein Feststellungsinteresse verneint habe. Er habe gegenüber dem Verwaltungsgericht erklärt, er werde einen Rechtsanwalt einschalten und die Erfolgsaussichten eines Schadensersatzanspruches prüfen lassen. Zu Unrecht fordere das Verwaltungsgericht, dass neben der Fortführung des verwaltungsgerichtlichen Prozesses zugleich auch noch vor der mündlichen Verhandlung Vorbereitungen für einen Amtshaftungsprozess getroffen werden sollten. Er habe seine Absicht, die Angelegenheit weiter zu verfolgen und zur Prüfung der Erfolgsaussichten eines zivilgerichtlichen Prozesses einem Anwalt zu übergeben, unmissverständlich und bedingungslos zum Ausdruck gebracht. Damit sei die Wahrscheinlichkeit eines "Amtspflichtverletzungsanspruches" dargetan. Ein bedingter Klagauftrag auf Schadensersatz im Rahmen eines Amtspflichtverletzungsanspruchs oder eine anwaltliche Prüfung des Anspruches parallel zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren könne nicht gefordert werden. Von der Rechtsprechung werde gerade keine feste und unbedingte Klageabsicht, sondern lediglich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer künftigen Klageerhebung gefordert. Eine solche hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Amtshaftungsklage sei gegeben gewesen. Es sei völlig legitim, dass er den Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens habe abwarten wollen, um sodann zivilrechtliche Schadensersatzansprüche zu prüfen. Gerade weil die Fortsetzung eines begonnenen Prozesses ermöglicht werde, um verwaltungsrechtliche Vorfragen zu klären, könne von ihm nicht verlangt werden, zugleich schon bedingungslos eine zivilgerichtliche Klage vorzubereiten.

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Aus diesem Vorbringen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angenommen, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht substantiiert dargetan hat. Im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachten Amtshaftungsansprüche ist ein berechtigtes Feststellungsinteresse nur dann zu bejahen, wenn der Prozess vor dem Zivilgericht entweder bereits anhängig oder zumindest "mit hinreichender Sicherheit" zu erwarten ist (std. Rechtsprechung des BVerwG, vgl.Beschluss vom 3. März 2005 - BVerwG 2 B 109.04 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 21;Urteil vom 6. Januar 1964 - BVerwG I C 112.55 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 19;Urteil vom 9. Oktober 1959 - BVerwG V C 165.57 u. 166.57 -, BVerwGE 9, 196, 198; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Januar 2003 - 13 A 4859/00 -, NVwZ-RR 2003, 696; Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 113 Rdnr. 95; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage, 2005, § 113 Rdnr. 136; J. Schmidt, in: Eyermann, VwGO - 12. Auflage, 2006 - § 113 Rdnr. 87, 88). Der Kläger legt mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung schon nicht dar, dass eine zivilgerichtliche Klage mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, sondern stellt hiervon abweichend darauf ab, dass eine "hinreichende Wahrscheinlichkeit" einer Amtshaftungsklage gegeben sei, weil er nach Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Erfolgsaussichten einer solchen Klage anwaltlich prüfen lassen wolle. Dies genügt nicht den aufgezeigten Anforderungen, um ein berechtigtes Feststellungsinteresse bejahen zu können. So genügt nicht die bloße unsubstantiierte oder nur aus prozesstaktischen Gründen aufgestellte Behauptung, einen Schadensersatzprozess durchführen zu wollen. Andernfalls könnte in jedem Falle der Erledigung des Verwaltungsaktes eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung durch Urteil erzwungen werden, weil ein Amtshaftungsprozess immer dann denkbar ist, wenn der erledigte Verwaltungsakt als rechtswidrig festgestellt wird. Dies würde aber dem Interesse, eine überflüssige Inanspruchnahme der Gerichte zu verhindern, zuwiderlaufen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Oktober 1959, a.a.O.). Ebenso genügt allein die Absicht, Schadensersatzansprüche geltend zu machen, nicht, um ein berechtigtes Feststellungsinteresse zu begründen; ein solches Feststellungsinteresse ist nur dann zu bejahen, wenn gerade eine Amtshaftungsklage mit Sicherheit zu erwarten und eine solche nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Januar 1964, a.a.O. undUrteil vom 25. März 1965 - BVerwG II C 44.63 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 20). Hiernach hat der Kläger zur Begründung seines berechtigten Feststellungsinteresses darzulegen, dass er eine Amtshaftungsklage nicht nur in Erwägung zieht, sondern dass es diesen Prozess im Falle des Obsiegens im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit hinreichender Sicherheit geben wird. Auch unter Berücksichtigung der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung fehlt es hieran. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, im Falle seines Obsiegens die Erfolgsaussichten einer Zivilklage anwaltlich prüfen lassen zu wollen.

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Hiernach kommt es nicht mehr darauf an, ob die weitere, selbständig tragende Begründung des Verwaltungsgerichts für ein fehlendes Feststellungsinteresse des Klägers zutreffend ist. Unabhängig davon greifen auch die hiergegen erhobenen Einwände des Klägers nicht durch.

8

Das Verwaltungsgericht hat ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsaktes mit der weiteren Begründung verneint, eine mögliche Schadensersatzklage sei offensichtlich aussichtslos, weil die Untersagungsverfügung des Beklagten keinen rechtlichen Bedenken unterliege. Hiergegen wendet der Kläger ein: Von einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit einer Schadensersatzklage könne keine Rede sein. Das Verwaltungsgericht habe unterstellt, dass es offenkundig sei, dass er gegen einschlägige Bestimmungen der EG-Öko-Verordnung verstoßen habe. Dabei seien unstreitige Tatsachen mit streitigen Tatsachen und Wertungen verbunden worden. All dies habe das Verwaltungsgericht nicht nach sorgfältiger Prüfung und Ermittlung des vollständigen Sachverhalts bewertet, sondern quasi überschlägig, ohne den streitigen Vortrag der Parteien und die unterschiedlichen Wertungen der Parteien zu berücksichtigen. Zwar sei eine offensichtliche Aussichtslosigkeit einer Amtshaftungsklage anerkannt, wenn vorab ein Kollegialgericht die Rechtmäßigkeit der verwaltungsrechtlichen Maßnahme rechtskräftig bestätige. Es begegne aber ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Urteils, wenn es gleichsam überschlägig im Rahmen eines logischen Zirkelschlusses die Unzulässigkeit der Klage damit bejaht, dass eine spätere Amtshaftungsklage erfolglos sei, ohne die gebotene Amtsermittlung und Prüfung sämtlicher Vorgänge durchzuführen. Es sei gerade nicht von einem Kollegialgericht festgestellt worden, dass das Verwaltungsverfahren objektiv rechtmäßig gewesen sei. Das Verwaltungsgericht habe ihm eine sorgfältige Prüfung seiner Ansprüche versagt, obwohl eine offensichtliche Aussichtslosigkeit einer Schadensersatzklage gerade nicht dargelegt oder gar bewiesen worden sei. Das Gericht habe sich auf diesem Wege eine konkrete Auseinandersetzung mit den einzelnen Verstößen erspart.

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Auch hieraus ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass ein berechtigtes Feststellungsinteresse des Klägers dann nicht vorliegt, wenn die beabsichtigte Amtshaftungsklage offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg ist mit der Folge, dass die Klage abzuweisen ist (std. Rechtsprechung des BVerwG, vgl.Urteil vom 23. Januar 2007 - BVerwG 1 C 1.06 -, [...]; Beschluss vom 3. März 2005, a.a.O.;Urteil vom 30. Juni 2004 - BVerwG 4 C 1.03 -, BVerwGE 121, 169;Urteil vom 3. Juni 2003 - BVerwG 5 C 50.02 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 17;Urteil vom 22. Januar 1998 - BVerwG 2 C 4.97 -, NVwZ 1999, 404;Urteil vom 17. Dezember 1991 - BVerwG 1 C 42.90 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 238;Urteil vom 28. August 1987 - BVerwG 4 C 31.86 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 173;Urteil vom 18. Oktober 1985 - BVerwG 4 C 21.80 -, BVerwGE 72, 172; Urteil vom 6. Januar 1964, a.a.O.; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Januar 2003, a.a.O.; Gerhardt, a.a.O., § 113 Rdnr. 95; Kopp/ Schenke, § 113 Rdnr. 136 f.; J. Schmidt, a.a.O., § 113 Rdnr. 89 f.).

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Es unterliegt aber Bedenken, wenn das Verwaltungsgericht die offenkundige Aussichtslosigkeit einer Schadensersatzklage und damit die Unzulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage mit einer umfassenden Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide begründet. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass von einer "offensichtlichen Aussichtslosigkeit" nur dann ausgegangen werden kann, wenn ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Juni 2004, 28. August 1987 und 18. Oktober 1985, a.a.O.). Die Feststellung der Rechtmäßigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist eine Frage der Begründetheit der Fortsetzungsfeststellungsklage; sie kann nicht bereits zur Nichtanerkennung eines berechtigten Feststellungsinteresses wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit eines Amtshaftungsprozesses herangezogen werden, andernfalls wäre eine Unbegründetheit einer Feststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht denkbar.

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Dennoch erweist sich die Nichtanerkennung eines berechtigten Feststellungsinteresses wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit einer möglichen Amtshaftungsklage aus anderen Gründen als richtig. Von einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit eines beabsichtigten Zivilprozesses ist auch dann auszugehen, wenn - wie hier - ein Kollegialgericht das Verhalten des Beamten als rechtmäßig bewertet hat und diesem gegenüber deshalb nicht der Vorwurf erhoben werden kann, er habe schuldhaft eine ihm obliegende Amtspflicht verletzt (std. Rechtsprechung BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004, a.a.O. mit weiteren Nachweisen; Beschluss vom 3. Juni 2003, a.a.O.; vgl. auch BGH, Urteil vom 18. Mai 2000 - III ZR 180/99 -, DVBl. 2000, 1292; BGH, Urteil vom 23. September 1993 - III ZR 54/92 -, DVBl. 1994, 278 mit weiteren Nachweisen; J. Schmidt, a.a.O., § 113 VwGO Rdnr. 90). Die kollegialgerichtliche Billigung des Verwaltungshandelns als rechtmäßig schließt ein Verschulden des Amtswalters ausnahmsweise dann nicht aus, wenn der verantwortliche Beamte kraft seiner Stellung oder seiner besonderen Einsichten es "besser" als das Kollegialgericht hätte wissen müssen, etwa weil das Gericht bei seiner Entscheidung von einem falschen Sachverhalt ausgegangen ist oder eine eindeutige Vorschrift handgreiflich falsch ausgelegt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 2005 und Beschluss vom 30. Juni 2004, a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Die schuldausschließende Wirkung einer erstinstanzlichen Kollegialentscheidung bleibt selbst dann erhalten, wenn diese Entscheidung im Berufungsverfahren keinen Bestand hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2003, a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Deshalb ist es nicht erforderlich, dass die Entscheidung des Kollegialgerichts rechtskräftig geworden ist. Der angeführte Grundsatz kommt jedoch nur dann zur Anwendung, wenn das Kollegialgericht das beanstandete Verhalten des Amtswalters nicht nur auf Grund einer überschlägigen, summarischen Prüfung - etwa in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes -, sondern auf Grundlage einer vollständigen Klärung der Sach- und Rechtslage gebilligt hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. März 1991 - 10 S 1128/90 -, VBlBW 1991, 370; BGH, Urteil vom 20. Februar 1992 - III ZR 188/90 -, BGHZ 117, 240 [BGH 20.02.1992 - III ZR 188/90]).

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Der Kläger hat weder dargelegt noch ist anderweitig ersichtlich, dass der für den Beklagten tätige Amtswalter es "besser" als das Verwaltungsgericht hätte wissen müssen oder die erstinstanzliche Prüfung der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung handgreiflich falsch ist. Insoweit braucht auch nicht auf die Angriffe gegen die Erwägung des Verwaltungsgerichts zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides im Einzelnen eingegangen zu werden, da sie sich allein gegen die rechtliche und tatsächliche Bewertung von Einzelumständen - hier gegen angeführte Verstöße gegen die Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 des Rates vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel (ABl. Nr. L 198, S. 1) in den für die Jahre 2003 und 2004 maßgeblichen Fassungen - in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides richten, die es im Rahmen der Prüfung eines berechtigten Feststellungsinteresses des Klägers getroffen hat. Selbst wenn die Würdigung durch das Verwaltungsgericht materiell-rechtlich fehlerhaft wäre, könnte nach dieser Entscheidung von dem nach § 839 Abs. 1 BGB erforderlichen Verschulden nicht ausgegangen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1998, a.a.O.). Dass das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides im Rahmen der Zulässigkeit der Klage dargelegt hat, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht; dies schließt die Indizwirkung nicht aus, die der Bewertung durch ein Kollegialgericht nach materiellem Recht im Hinblick auf ein Verschulden nach § 839 Abs. 1 BGB zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1998, a.a.O. für den Fall einer Hilfserwägung).

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Entgegen der Annahme des Klägers hat das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung des Beklagten nicht nur überschlägig geprüft. Aus der Begründung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts lässt sich nicht ableiten, dass es zu dem Ergebnis der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides lediglich auf Grund einer summarischen Prüfung gelangt ist. Vielmehr hat es im Einzelnen das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der Untersagungsverfügung unter Benennung einzelner Verstöße gegen die o.a. Verordnung dargelegt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Maßnahme des Beklagten nicht unverhältnismäßig ist. Soweit das Verwaltungsgericht die Formulierung "erscheint nicht unverhältnismäßig" gebraucht hat, kann hieraus nicht geschlossen werden, dass die Prüfung der Rechtmäßigkeit nur überschlägig erfolgt ist. Hierfür spricht, dass das Verwaltungsgericht ausgehend von seinem rechtlichen Verständnis über die Prüfung der offensichtlichen Aussichtslosigkeit einer möglichen Amtshaftungsklage die materiell-rechtliche Rechtmäßig des angefochtenen Bescheides des Beklagten nicht nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit annehmen durfte, sondern das Vorliegen der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen nach einer umfassenden Würdigung der Sach- und Rechtslage als gegeben festzustellen hatte.

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2.

Entgegen der Auffassung des Klägers kann die Berufung auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zugelassen werden. Nach dieser Bestimmung kann die Berufung nur zugelassen werden, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und tatsächlich vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Dies setzt voraus, dass mindestens die Möglichkeit besteht, dass das Verwaltungsgericht ohne den Verfahrensverstoß zu einem für den Kläger sachlich günstigeren Ergebnis gelangt wäre. Beruht das Urteil des Verwaltungsgerichts auf einer weiteren selbständig tragenden, nicht erfolgreich mit Zulassungsgründen angegriffenen Begründung, greift die Verfahrensrüge nicht durch.

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Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe seine Pflichten aus § 86 Abs. 2 und 3 sowie aus § 108 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt und ihm damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör genommen. Indem das Verwaltungsgericht durch Prozessurteil entschieden habe, werde ihm eine förmliche Überprüfung der ihm vorgeworfenen Verstöße verweigert. Da das Verwaltungsgericht nicht in die Prüfung der Begründetheit der Klage eingetreten sei, habe es sich selbst die Möglichkeit gegeben, quasi durch die Annahme einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit einer Amtshaftungsklage ein Vorurteil zu fällen und ihm damit zugleich auf Grund der Tatbestandswirkung des verwaltungsgerichtlichen Prozesses jedweden Rechtsschutz zu nehmen. Hierauf sei er nicht hingewiesen worden und ihm sei damit die Möglichkeit genommen worden, weiter in der mündlichen Verhandlung vorzutragen, Beweisanträge zu stellen und den Nachweis anzutreten, dass die Klage zumindest zulässig sei.

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Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung wegen Bestehens eines Verfahrensfehlers. Zur Bezeichnung des Verfahrensmangels ist es erforderlich, dass er mit den ihn begründenden Tatsachen und in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. In der Begründung muss weiter ausgeführt werden, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf dem Verfahrensmangel beruhen kann, dass das Urteil also, wenn nicht das Verwaltungsgericht verfahrensfehlerhaft gehandelt hätte, für den Zulassungsantragsteller günstiger hätte ausfallen können. Bei der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs muss in der Begründung ausgeführt werden, welche für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erheblichen Hinweise der Beteiligte gegeben hätte, wenn ihm dazu Gelegenheit gegeben worden wäre. Bezogen auf tatsächliche Feststellungen des Verwaltungsgerichts muss der Zulassungsantragsteller darlegen, welche Tatsachenfeststellungen mit der Rüge angegriffen werden, zu welchen Tatsachenfeststellungen dem Antragsteller nicht die Möglichkeit zur Äußerung gegeben worden ist, was er vorgetragen hätte und inwiefern dieser Vortrag entscheidungserheblich gewesen ist. Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen des Klägers in seinem Zulassungsantrag nicht. Er legt schon nicht im Einzelnen dar, welche Hinweise er gegeben hätte, wenn ihm dazu Gelegenheit gegeben worden wäre. Er legt auch nicht näher dar, zu welchen der Entscheidung zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen ihm nicht die Möglichkeit zur Äußerung gegeben worden ist. Soweit der Kläger sinngemäß einen Verfahrensfehler darin sieht, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht die Klage als unzulässig abgewiesen hat, legt er nicht dar, dass die Klageabweisung hierauf beruhen kann. Die Abweisung der Klage beruht jedenfalls dann nicht auf dem angeführten Verfahrensfehler, wenn das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen hätte. So ist es hier. Das Verwaltungsgericht hat bereits im Rahmen der Prüfung eines Feststellungsinteresses auf Grund einer umfassenden Prüfung der Sach- und Rechtslage die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Beklagten festgestellt mit der Folge, dass die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts auch unbegründet wäre.

17

Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht zu Recht die Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf ein fehlendes Feststellungsinteresse verneint. Wie bereits aufgezeigt, hat der Kläger auch unter Berücksichtigung seines jetzigen Vorbringens ein berechtigtes Feststellungsinteresse im Hinblick auf einen beabsichtigten Amtshaftungsprozess nicht dargetan.

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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).