Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 16.08.2007, Az.: 11 LA 272/07
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 16.08.2007
- Aktenzeichen
- 11 LA 272/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 71888
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 29.05.2007 - AZ: 1 A 2819/05
Tenor:
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 1. Kammer - vom 29. Mai 2007 zuzulassen, wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 34.750,--€ festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung, der auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 VwGO gestützt wird, ist unbegründet.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils liegen nicht vor. Das erstinstanzliche Gericht hat die gegen den Widerruf mehrerer waffenrechtlicher Erlaubnisse und die Ungültigkeitserklärung nebst Einziehung eines Jagdscheins gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Dem Kläger fehle die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Es lägen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, der Kläger werde künftig seine Waffen nicht ordnungsgemäß verwahren. Der Kläger habe am 14. Juli 2005 nach Durchführung von Wildschutzmaßnahmen seine Jagdwaffe sichtbar auf der Hinterbank seines Fahrzeuges liegen gelassen, während er mit seinen Hunden zur Abkühlung in einem Badesee gebadet habe. Zwar habe er den Wagen verschlossen. Das Belassen des Jagdgewehrs auf dem Rücksitz des Pkw’s entspreche aber nicht den Sorgfaltsanforderungen für das Verwahren von Waffen. Darüber hinaus habe der Kläger auch gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen, weil er die Fahrzeugschlüssel in der am Ufer abgelegten Kleidung belassen habe. Ferner sei dem Kläger vorzuwerfen, dass er nach dem Badeaufenthalt während des Bergens eines wild aufgestellten Zeltes seine Waffe in dem unverschlossenen Pkw liegen gelassen habe. Der Kläger meint, die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts trügen die Prognose nicht, er werde auch zukünftig mit Waffen und Munition nicht ordnungsgemäß umgehen. Damit dringt der Kläger nicht durch.
Das Verwaltungsgericht hat den Sachverhalt zutreffend rechtlich beurteilt. Der Senat tritt den Ausführungen des Verwaltungsgerichts bei (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Der Kläger ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 b Alternative 2 WaffG als unzuverlässig anzusehen. Das Zulassungsvorbringen rechtfertigt nicht eine andere rechtliche Bewertung.
Dass der Kläger in der Vergangenheit bis zu dem Vorfall vom 14. Juli 2005 mit Waffen und Munition sorgfältig umgegangen ist, stellen weder der Beklagte noch das Verwaltungsgericht in Abrede. Das tadellose Verhalten des Klägers in waffenrechtlicher Hinsicht in dem zurückliegenden Zeitraum findet Erwähnung auf Seite 4 des Bescheides des Beklagten vom 14. November 2005. Das Verwaltungsgericht hat sich die Ausführungen des Senats in dem Beschluss vom 18. April 2006 - 11 ME 47/06 - (vgl. S. 3-6 des Beschlussabdruckes), mit dem der Senat die vorläufigen Rechtsschutz versagende Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestätigt hat, zu eigen gemacht. Dort wird ausgeführt, dass der Kläger in der Vergangenheit sorgfältig mit Waffen umgegangen ist. Dieses fehlerfreie Verhalten in dem zurückliegenden Zeitraum hat entgegen der in der Zulassungsbegründung geäußerten Ansicht kein ausschlaggebendes Gewicht.
Für die Annahme, der Waffeninhaber, der sich in der Vergangenheit in waffenrechtlicher Hinsicht als zuverlässig erwiesen hat, werde zukünftig seine Waffen und Munition nicht sorgfältig verwahren, reicht ein einmaliges Fehlverhalten aus, wenn die Verfehlung hinreichend schwer wiegt oder eine allgemeine nachlässige Einstellung offenbart. Hierauf hat der Senat bereits in seinem vorzitierten Beschluss vom 18. April 2006 - 11 ME 47/06 hingewiesen. Von diesem rechtlichen Ansatz ist auch das Verwaltungsgericht ausgegangen. Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger am 14. Juli 2005 eine Verfehlung begangen, die erheblich ist. Sie rechtfertigt die Prognoseentscheidung des Beklagten.
Der Kläger macht vergeblich geltend, er habe seine Sorgfaltspflichten nicht dadurch verletzt, dass er während des Bergens eines Zeltes am Badesee seine Jagdwaffe in seinem 10 m entfernt abgestellten, unverschlossenen Pkw auf der Rückbank zurückgelassen habe. Der Kläger meint, er hätte sich gegen einen Zugriff Unbefugter auf die Waffe rechtzeitig wappnen können, weil das Gelände auf weite Sicht einsehbar sei und er deshalb die Annäherung einer unbefugten Person jederzeit hätte bemerken können. Es kann offenbleiben, ob der Kläger mit diesem Zulassungsvorbringen die vom Verwaltungsgericht angenommene Pflichtverletzung ausräumen könnte. Denn der Kläger hat bereits zuvor bei seinem Badeaufenthalt am See eine schwerwiegende Verfehlung begangen, die die ordnungsrechtliche Entscheidung des Beklagten trägt. Hierauf wird noch weiter unten einzugehen sein.
Mit Blick auf den Vortrag des Klägers, das Gelände sei an der Stelle, an der er ein wild aufgestelltes Zelt abgebaut habe, weithin einsehbar, ist allerdings fraglich, ob die Einschätzung des Senats in seinem Beschluss vom 18. April 2006 - 11 ME 47/06 -, es habe die Möglichkeit bestanden, dass Dritte sich der Waffe bemächtigten, bevor der Kläger mit dem Zelt zu seinem Pkw hätte zurückkehren können, noch Bestand haben kann. Dem vorgenannten Vortrag des Klägers hat der Beklagte nicht widersprochen. Das Verwaltungsgericht hat ebenfalls keinen Anlass gesehen, den Sachverhalt hinsichtlich der Geländeform und hinsichtlich des Pflanzenbewuchses an dem Ort, an dem das Zelt aufgestellt war, weiter aufzuklären. Einmal unterstellt, der Vortrag des Klägers ist zutreffend, er hätte auf größere Entfernung die Annäherung einer Person beobachten und deshalb rechtzeitig zu seinem Fahrzeug zurückkehren können, wäre allerdings weiter zu prüfen gewesen, ob nicht bereits das unbeaufsichtigte Abstellen oder Ablegen einer Waffe in einem unverschlossenen Fahrzeug außerhalb der Griffweite eine erhebliche Pflichtverletzung darstellt. Ein solcher Fall könnte hier vorliegen, weil bei einer Entfernung von 10 m zum Abstellplatz des Fahrzeugs der jederzeitige Zugriff auf die Waffe nicht gewährleistet war. Diese Frage kann hier aber nach dem Vorgesagten auf sich beruhen.
Dem Kläger ist vorzuwerfen, gegen seine Verwahrungspflicht anlässlich des Badens in dem See am 14. Juli 2005 verstoßen zu haben. Der Kläger hat zur Abkühlung mit seinen Hunden im See gebadet und während dieses Zeitraums die Jagdwaffe sichtbar auf der Hinterbank seines Fahrzeuges liegen gelassen. Das Fahrzeug war zwar verschlossen. Die Fahrzeugschlüssel befanden sich jedoch unbeaufsichtigt in der während des Badens am Seerand abgelegten Kleidung des Klägers. Hieraus hat das Verwaltungsgericht den Schluss gezogen, dass schon das Belassen des Jagdgewehrs auf dem Rücksitz des Pkw’s den Sorgfaltsanforderungen für das Verwahren von Waffen nicht entsprochen habe. Der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, die Waffe für die Dauer des Badens in dem Kofferraum zu deponieren. Der Kläger wendet gegen diese Begründung des Verwaltungsgerichts ein, es hätte keine angemessene Alternative dargestellt, in Gegenwart der beiden Jugendlichen die Waffe vom Rücksitz in den Kofferraum zu verbringen. Damit dringt der Kläger nicht durch. Das Hantieren mit der Jagdwaffe in Gegenwart der beiden Jugendlichen hätte der Kläger vermeiden können. Denn es hat die Möglichkeit bestanden, die Waffe bereits nach Abschluss der Wildschutzmaßnahmen und vor der Rückfahrt in dem Kofferraum seines Fahrzeugs zu verschließen.
Der Kläger würdigt zudem nicht ausreichend, dass ihm das Verwaltungsgericht eine weitere Pflichtverletzung vorgehalten hat. Nach den Ausführungen des Senats in dem bereits mehrfach zitierten Beschluss vom 18. April 2006, die sich das Verwaltungsgericht zu eigen gemacht hat, hat der Kläger gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen, weil er die Fahrzeugschlüssel während des Badens in seiner am Ufer abgelegten Kleidung belassen hat. Es reiche nicht aus, die Waffe lediglich zu verschließen. Der Waffeninhaber müsse auch dafür sorgen, dass kein Dritter Zugang zu den Schlüsseln habe. Mit dieser Begründung setzt sich der Zulassungsantrag nur unzureichend auseinander. Der Kläger hat pflichtwidrig unbefugten Dritten die Möglichkeit eröffnet, die unbewachten Fahrzeugschlüssel aus seiner Kleidung zu entwenden und sich mit deren Hilfe Zugang zu dem Fahrzeug und zu der dort abgelegten Jagdwaffe zu verschaffen. Pflichtgemäß hätte der Kläger nur gehandelt, wenn er bei der gegebenen Fallkonstellation davon abgesehen hätte, die Fahrzeugschlüssel unbeaufsichtigt am Uferrand liegen zu lassen.
Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf. Die Rechtsund Tatsachenfragen lassen sich im Zulassungsverfahren beantworten. Dies ergibt sich aus den Beschlussgründen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Wegen der Einzelheiten der Streitwertbemessung verweist der Senat auf seine Ausführungen in dem Beschluss vom 18. April 2006 - 11 ME 47/06 - (dort Seite 7 des Beschlussabdruckes).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).