Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 29.11.2005, Az.: L 8 AS 37/05 ER
Bundesagentur für Arbeit als ausreichend legitimierter und befugter Prozessbevollmächtigter zur Einlegung der Beschwerde; Bevollmächtigung von Mitarbeitern der Bundesagentur durch die Arbeitsgemeinschaft unter Berücksichtigung des Rechtsberatungsgesetzes; Berücksichtigungsfähigkeit des Einkommens des Stiefvaters bei der Berechnung des Bedarfs für die Kinder der Frau; Kindereigenschaft bereits bei verwandtschaftlicher Beziehung nur zu einem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft; Definition der Bedarfsgemeinschaft lediglich zur Bestimmung des Kreises der Leistungsberechtigten; Unterhaltsverpflichtung des Stiefvaters bei Erlangen von wirtschaftlichen Vorteilen durch das Vorhandensein der Stiefkinder; Heranziehung des Einkommens des nicht leiblichen Elternteils
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 29.11.2005
- Aktenzeichen
- L 8 AS 37/05 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 27983
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2005:1129.L8AS37.05ER.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 1 RBerG
- § 6 Abs. 1 S. 1 SGB II
- § 7 Abs. 3 SGB II
- § 9 Abs. 2 SGB II
- § 9 Abs. 5 SGB II
Fundstelle
- SozSich 2006, 139-140
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Werden die Aufgaben nach dem SGB II von der Bundesagentur bzw. dem kommunalen Träger auf die Arbeitsgemeinschaften übertragen, sind diese alleine berechtigt und verpflichtet, ihre Entscheidungen vor Gericht zu vertreten. Eine Bevollmächtigung von Mitarbeitern der Bundesagentur durch die Arbeitsgemeinschaft ist unzulässig. Dies würde gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßen.
- 2.
Einkommen des Stiefvaters darf bei der Berechnung des ALG II-Bedarfs der Stiefkinder nicht berücksichtigt werden.
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Aurich vom 8. Februar 2005 aufgehoben, soweit damit der Antragstellerin zu 1. Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zugesprochen werden. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller des gesamten Rechtsstreits.
Gründe
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss vom 8. Februar 2005 ist mittlerweile zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die zunächst durch die Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen - am 8. März 2005 fristgemäß eingelegte Beschwerde war ursprünglich unzulässig. Denn die Bundesagentur für Arbeit war kein ausreichend legitimierter und befugter Prozessbevollmächtigter zur Einlegung der Beschwerde.
Antragsgegner des vorliegenden vorläufigen Rechtsschutzverfahrens ist die Arbeitsgemeinschaft der Agentur für Arbeit F. und der Stadt F ... Denn die nach dem SGB II wahrzunehmenden Aufgaben der Bundesagentur und der kommunalen Träger (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SGB II) sind gemäß § 44b SGB II auf die Arbeitsgemeinschaft übertragen worden. Damit sind die Zuständigkeiten - die in § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB II genannten Kompetenzen - auf den neuen Rechtsträger - die Arbeitsgemeinschaft - übergegangen. Bei dieser durch Gesetz ermöglichten Aufgabenübertragung handelt es sich nicht um ein Mandat, sondern um eine Delegation (vgl hierzu Schenke, Delegation und Mandat im öffentlichen Recht, Verwaltungsarchiv Band 68, (1977) Seiten 118ff; Rasch, Bemerkungen zur Rechtsnatur organisatorischer Maßnahmen, DVBl 1983, Seite 617). Durch die hier vorgenommene Delegation wird die Kompetenz verändert. Die Bundesagentur und die Stadt haben die ihnen eingeräumten rechtlichen Zuständigkeiten übertragen auf ein anderes Rechtssubjekt, nämlich die Antragsgegnerin. Diese ist nunmehr zur eigenständigen Wahrnehmung der ihr übertragenen Aufgaben berechtigt und verpflichtet. Dies ergibt sich sinnfällig aus § 44b Abs. 3 Satz 3 SGB II, wonach die Arbeitsgemeinschaft berechtigt ist, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Verwaltungsakte und die Widerspruchsbescheide zu erlassen. Mit anderen Worten: Nach der Aufgabenübertragung ist zuständiger Leistungsträger nicht mehr die Bundesagentur bzw. der kommunale Träger, sondern die beauftragte Arbeitsgemeinschaft. Diese allein ist berechtigt und verpflichtet, ihre Entscheidungen vor Gericht zu vertreten. Mitarbeiter anderer juristischer Personen sind dazu nicht mehr befugt.
Eine Bevollmächtigung von Mitarbeitern der Bundesagentur durch die Arbeitsgemeinschaft scheitert an den Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes. Denn nach § 1 Abs. 1 Rechtsberatungsgesetz bedarf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einer Erlaubnis. Eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten läge hier vor, wenn Mitarbeiter der Bundesagentur Angelegenheiten der Arbeitsgemeinschaft vor Gericht verträten. Denn die Aufgaben der Bundesagentur bzw. des kommunalen Trägers sind - wie oben dargelegt - auf die Arbeitsgemeinschaft übertragen worden, so dass es sich bei den übertragenen Aufgaben nunmehr um eine eigene Angelegenheit der Arbeitsgemeinschaft handelt. Aus den zuvor genannten Gründen kann die Prozessvertretung durch Mitarbeiter der Bundesagentur auch nicht auf § 3 Nr. 1 Rechtsberatungsgesetz gestützt werden. Danach wird durch das Rechtsberatungsgesetz nicht berührt die Rechtsberatung und Rechtsbetreuung, die von Behörden bzw. von Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer Zuständigkeit ausgeübt wird. Aufgrund der Zuständigkeitsübertragung auf die Arbeitsgemeinschaft liegt dieser Sachverhalt nicht mehr vor.
Allerdings hat die Antragsgegnerin auf rechtliche Hinweise des Gerichts reagiert. Die Bundesagentur für Arbeit ist aus dem Prozess ausgeschieden. Die Antragsgegnerin hat die Beschwerdeeinlegung durch die Bundesagentur für Arbeit genehmigt. Diese Genehmigung der Beschwerde wirkt gemäß § 184 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf den Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung zurück. Damit steht fest, dass aufgrund der Genehmigung der Beschwerdeeinlegung die Beschwerde fristgemäß erhoben wurde.
Die Beschwerde ist in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie abzuweisen. Leistungen nach dem SGB II stehen der Antragstellerin zu 1. (ebenso dem Antragsteller zu 2.) nicht zu; Anspruch auf Sozialgeld haben hingegeben die fünf Kinder der Antragstellerin zu 1. - ohne Berücksichtigung des Einkommens (und Vermögens) des Antragstellers zu 2. Der Senat kann allerdings insoweit keine vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin aussprechen, weil die Antragsteller Beschwerde nicht eingelegt haben.
Die Antragsteller zu 1. und 2. sind verheiratet und bewohnen gemeinsam ein Hausgrundstück mit den fünf Kindern der Antragstellerin zu 1. (G., geboren 3. Januar 1989; H., geboren 10. September 1990; I., geboren 12. April 1993; J., geboren 14. April 1994 und K., geboren 19. Juni 1997). Der Antragsteller zu 2. - der Ehemann der Antragstellerin zu 1. - ist nicht der leibliche Vater dieser Kinder.
Das Sozialgericht (SG) Aurich hat in seinem Beschluss vom 8. Februar 2005 näher dargelegt, dass sämtliche Familienmitglieder zur Bedarfsgemeinschaft i.S. des § 7 Abs. 3 SGB II gehören. Es hat weiterhin zutreffend dargelegt, dass Einkommen und Vermögen des Antragstellers zu 2. gemäß § 9 Abs. 2 SGB II dem Grunde nach zu berücksichtigen sind und weiterhin zutreffend ausgeführt, dass für die fünf minderjährigen Kinder, deren Vater der Antragsteller zu 2. nicht ist, § 9 Abs. 2 SGB II nicht einschlägig ist. Darauf und auf die weiteren Einzelheiten wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verwiesen, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG.
Allerdings teilt der Senat nicht die Ansicht des SG, wonach das Einkommen des Antragstellers zu 2. bei der Berechnung des Bedarfs der fünf Kinder gemäß § 9 Abs. 5 SGB II i.V.m. § 1 Abs. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung berücksichtigt werden darf.
Maßgeblich ist insoweit die Beantwortung der Rechtsfrage, ob das Einkommen des Antragstellers zu 2. zur Sicherung des Lebensunterhalts der fünf Kinder der Antragstellerin zu 1. eingesetzt werden muss, obwohl diese nicht die leiblichen Kinder des Antragstellers zu 2. sind. Diese Frage ist zugunsten der Antragsteller zu entscheiden. Eine Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Einkommens des nicht leiblichen Elternteils - des Stiefvaters - zur Existenzsicherung der Kinder seiner Ehefrau ist im SGB II nicht vorhanden.
Zwar bilden die Antragsteller zusammen mit den fünf Kindern eine Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 SGB II. Für die Kindereigenschaft i.S. des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II genügt es, dass eine verwandtschaftliche Beziehung nur zu einem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft besteht. Die Definition der Bedarfsgemeinschaft erfolgt nach persönlichen Zuordnungsmerkmalen und will lediglich den Kreis der Leistungsberechtigten bestimmen. Aus dieser Zuordnung ist keine weitere Schlussfolgerung für die Frage zu ziehen, "wer für wen einstehen muss". Zur Ermittlung der Hilfebedürftigkeit der Anspruchsberechtigten ist ausschließlich auf die Regelung in § 9 SGB II zurückzugreifen (vgl Senatsbeschluss vom 12. Mai 2005 - L 8 AS 51/05 ER -; sowie vom 20. September 2005 - L 8 AS 131/05 ER -).
Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II sind bei minderjährigen unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes nicht aus ihrem eigenen Einkommen und Vermögen beschaffen können, auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils zu berücksichtigen. Diese Regelung trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu. Der Antragsteller zu 2. ist nicht Elternteil der fünf Kinder der Antragstellerin zu 1 ... Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig und meint mit "ihren Eltern oder einem Elternteil" nur das Einkommen der leiblichen Eltern. Das entspricht dem unterhaltsrechtlichen Grundsatz in § 1601 BGB, wonach nur Verwandte in gerader Linie einander zum Unterhalt verpflichtet sind. Eine erweiternde Auslegung dahingehend, dass ein vollständiger Einsatz des "Stiefvaters" für "fremde" Kinder in der Bedarfsgemeinschaft gewollt ist, ist mangels eines in diesem Sinne objektivierbaren gesetzgeberischen Willens nicht möglich (vgl Senatsbeschluss vom 20. September 2005 - L 8 AS 131/05 ER); so auch LSG Hamburg vom 2. August 2005 - L 5 B 186/05 ER AS - u.a.).
Zwar sind diese Senatsentscheidungen zu Fallgestaltungen ergangen, in denen die Partner in eheähnlicher Gemeinschaft zusammen lebten. Die hierzu aufgestellten Grundsätze müssen nach Ansicht des Senats auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen werden, in denen die Partner verheiratet sind und der Stiefvater der Kinder Einkommen erzielt. Zwar besteht zwischen Stiefvater und Stiefkinder eine Schwägerschaft gemäß § 1590 BGB. Der Stiefvater ist aber kein Elternteil i.S. des § 9 Abs. 2 SGB II, so dass eine Einkommensrechnung nach dieser Vorschrift nicht in Betracht kommt.
Die vom SG angenommene Einkommensanrechnung nach § 9 Abs. 5 SGB II erscheint nach Ansicht des Senats fraglich. Nach dieser Vorschrift wird vermutet, dass Hilfebedürftige, die in Haushaltsgemeinschaften mit Verwandten oder Verschwägerten leben, von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Die Anwendung dieser Vorschrift im Verhältnis Stiefvater (Antragsteller zu 2.) und Stiefkinder überzeugt den Senat nicht. Sie würde insbesondere Stiefväter anders behandeln als eheähnliche Partner. Eine abschließende Entscheidung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ist jedoch nicht erforderlich.
Dem Senat ist bewusst, dass diese Rechtsfrage auch in der Weise beantwortet wird, dass eine Einkommensanrechnung zwischen Stiefvater und Stiefkindern angenommen wird (vgl Mecke in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2005, § 9 Rdnr 50; Peters in Estelmann, Kommentar zum SGB II, Loseblattsammlung, Stand: Februar 2005, § 9 Rdnr 62; Brühl in Lehr- und Praxiskommentar-SGB II, 2005, § 9 Rdnr 47; siehe auch Sozialgericht Schleswig, Beschluss vom 2. Mai 2005 - S 3 AS 133/05 ER - sowie LSG NRW vom 3. August 2005 - L 19 B 32/05 AS ER - ). Danach soll die Regelung des § 9 Abs. 5 SGB II zur Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Stiefvaters herangezogen werden können. Allerdings macht Brühl (a.a.O.) darauf aufmerksam, dass dies nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 5 SGB II nicht möglich ist, weil die minderjährigen Stiefkinder nicht zur Haushaltsgemeinschaft i.S. des § 9 Abs. 5 SGB II gehören, da sie Bestandteil der Bedarfsgemeinschaft i.S. des § 9 Abs. 2 SGB II sind. Gegen die Heranziehung des § 9 Abs. 5 SGB II auf Stiefvater-Fälle spricht weiterhin die Begründung des Gesetzentwurfs, wonach zur Haushaltsgemeinschaft die nicht zur Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II gehörenden Personen rechnen (BT-Drucksache 15/1516 Seite 53; vgl. Peters, a.a.O.). Mithin unterscheidet selbst der Gesetzgeber zwischen dem Personenkreis der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs. 2 SGB II und dem Personenkreis der Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs. 5 SGB II. Da die Stiefkinder hier zum Personenkreis des § 9 Abs. 2 SGB II gehören, können sie nicht gleichzeitig den Personenkreis des § 9 Abs. 5 SGB II zugerechnet werden. Dies könnte bedeuten, dass das Einkommen und Vermögen des Stiefvaters - des Antragstellers zu 2. - möglicherweise auf den Bedarf der minderjährigen Kinder nicht angerechnet werden darf. Den rechtlichen Zweifelsfragen (s.o.) kann in einem etwaigen Hauptsacheverfahren nachgegangen werden.
Etwas anderes gilt für die Ansprüche der Antragstellerin zu 1 ... Hier muss die Einkommensanrechnung nach § 9 Abs. 2 SGB II erfolgen, weil die Antragstellerin zu 1. die Ehefrau des Antragstellers zu 2. ist. Bei den bekannt gewordenen Einkommensverhältnissen ergibt sich kein Anspruch für das Arbeitslosengeld II. Der Bedarf für die Antragsteller beträgt insgesamt 975,88 EUR (Regelsatz von jeweils 311,00 EUR zuzüglich anteilige Unterkunftskosten in Höhe von jeweils 176,94 EUR). Dem steht das vom SG errechnete bereinigte Einkommen des Antragstellers zu 2. von 1.716,23 EUR gegenüber. Hieraus ergibt sich, dass der Antragsteller zu 2. über ausreichendes Einkommen verfügt, um den beiderseitigen notwendigen Lebensunterhalt sicherzustellen.
Die Antragsgegnerin ist im Hinblick auf die ihr auferlegte vorläufige Verpflichtung hinsichtlich der Kinder rechtlich nicht beschwert. Denn nach Ansicht des Senats darf das Einkommen des Antragstellers zu 2. bei der Bedürftigkeitsprüfung der Kinder überhaupt nicht berücksichtigt werden, während das SG einen Einkommenseinsatz zugrunde legt. Eine Abänderung des Beschlusses des SG kommt allerdings insoweit nicht in Betracht, weil nur die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt hat.
Für die Kinder ergäbe sich - unter Berücksichtigung der Senatsansicht - folgende Berechnung: G.: Regelsatz 276,00 EUR zuzüglich anteilige Unterkunftskosten in Höhe von 176,74 EUR abzüglich Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR = monatlicher Bedarf von 298,94 EUR. Entsprechendes gilt für das Kind H ... Für das Kind I. gilt Folgendes: Regelsatz 207,00 EUR zuzüglich 176,74 EUR anteilige Unterkunftskosten abzüglich 154,00 EUR Kindergeld, monatlicher Bedarf: 229,74 EUR. Für das Kind J. ist Kindergeld in Höhe von 179,00 EUR zu berücksichtigen, monatlicher Bedarf: 203,94 EUR. Für das Kind K. kommt als weiterer Abzugspunkt hinzu der tatsächlich gezahlte monatliche Unterhalt in Höhe von 161,00 EUR, so dass der monatliche Bedarf 43,94 EUR beträgt.
Selbst wenn die Anwendung des § 9 Abs. 5 SGB II bejaht würde, käme eine Anrechnung des Einkommens des Stiefvaters auf den Bedarf der fünf Kinder der Antragstellerin zu 1. nicht in Betracht. Die Stiefkinder-Fälle wurden unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) nach Maßgabe des § 16 BSHG behandelt (: "lebt ein Hilfesuchender in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass er von ihnen Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach ihrem Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Soweit jedoch der Hilfesuchende von den in Satz 1 genannten Personen Leistungen zum Lebensunterhalt nicht erhält, ist ihm Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren" - vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. November 1998 - 5 C 37/97 - BVerwGE 108, Seite 36 = FEVS 49, Seite 307). Eine Einkommensweitergabe wurde im Regelfall vermutet, sofern der Stiefvater das Kindergeld für die Stiefkinder bezog. Diese Vermutung kann unter Geltung des SGB II keine Rolle mehr spielen, weil bei minderjährigen Kindern - wie hier - das Kindergeld gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II bedarfsmindernd bei den minderjährigen Kindern berücksichtigt wird. Im Hinblick auf die Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II muss hier weiter zugunsten der Antragsteller bedacht werden, dass der Antragsteller zu 2. selbst Vater zweier leiblicher Kinder ist, die nicht in seinem Haushalt leben und die er mit monatlichen Unterhaltszahlungen in Höhe von 547,68 EUR unterstützt. Es kann daher nicht erwartet werden, dass der Antragsteller zu 2. seine Stiefkinder mit weiteren Zahlungen unterstützt, zumal zwischen dem Antragsteller zu 2. und den Stiefkindern bürgerlich-rechtliche Unterhaltsverpflichtungen nicht bestehen. Vielmehr ist zum Unterhalt verpflichtet die Antragstellerin zu 1., die allerdings ihrer Unterhaltsverpflichtung gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Pflege und Erziehung des minderjährigen Kindes nachkommt (Betreuungsunterhalt). Zur Zahlung einer Geldrente wäre verpflichtet der leibliche Vater gemäß § 1612a BGB. Dieser bürgerlich-rechtlichen Verpflichtung kommt der leibliche Vater offenbar nicht nach. Einer entsprechenden Verpflichtung kommt dagegen der Antragsteller zu 2. gegenüber seinen leiblichen Kindern nach, die nicht in seinem Haushalt wohnen. Hiernach ist nicht ersichtlich, warum der mit bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den Stiefkindern nicht belastete Antragsteller zu 2. den Ausfall der Unterhaltszahlungen des leiblichen Vaters allein kraft sittlicher Verpflichtung decken soll. Dazu wäre allenfalls Anlass, soweit er durch das Vorhandensein der Stiefkinder selbst wirtschaftliche Vorteile erlangt. Im Hinblick auf das Kindergeld ist dies nicht der Fall, wie bereits oben dargelegt wurde. Einen wirtschaftlichen Vorteil könnte der Antragsteller zu 2. noch daraus erlangen, dass wegen des Vorhandenseins der Stiefkinder steuerliche Freibeträge auf seiner Lohnsteuerkarte eingetragen sind. Sofern der Antragsteller zu 2. insofern Einkommensvorteile erlangen sollte, wäre zu vermuten, dass diese den Stiefkindern weitergereicht werden. Dies würde zu einer entsprechenden Minderung des Bedarfs der Stiefkinder führen. Die Aufklärung dieser Frage müsste ebenfalls dem etwaigen Hauptsacheverfahren vorbehalten werden, sofern entgegen der hier vertretenen Auffassung § 9 Abs. 5 SGB IIüberhaupt Anwendung findet.
Der Senat weist darauf hin, dass der vorliegende Beschluss für die Monate Januar und Februar 2005 gilt, wie es das SG in seinem Beschluss dargelegt hat. Hinsichtlich der Folgemonate geht der Senat davon aus, dass die Antragsgegnerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren entsprechend den Ausführungen in diesem Beschluss verfahren wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.