Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 30.11.2005, Az.: L 4 KR 7/04

Versicherungspflicht auf Grund abhängiger Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung; Entscheidung der Einzugsstelle über die Versicherungspflicht; Persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber als Voraussetzung für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis; Intensität der Einbindung einer Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb und der Mitgestaltungsmöglichkeit der Unterrichtsinhalte als Beurteilungsgrundlage für das Vorliegen einer selbstständigen Lehrertätigkeit

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
30.11.2005
Aktenzeichen
L 4 KR 7/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 25577
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2005:1130.L4KR7.04.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Braunschweig - 02.12.2003 - AZ: S 6 KR 155/00

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Voraussetzung für ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ist die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber. Grundsätzlich muss hierfür der Beschäftigte im Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert sein und dabei hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen.

  2. 2.

    Dagegen sind Merkmale für eine selbständige Tätigkeit das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Der Selbständige trägt das Unternehmerrisiko.

  3. 3.

    Maßgebend für die Unterscheidung ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag.

  4. 4.

    Lehrer können sowohl abhängig beschäftigt wie auch selbständig tätig sein. Maßgeblich ist, wie intensiv der Lehrer in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist und in welchem Umfang er den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise seiner Erteilung, die Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten kann.

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Versicherungspflicht der Klägerin auf Grund abhängiger Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung.

2

Die im Dezember 1967 geborene Klägerin studierte von 1986 bis 1995 an der Universität in Braunschweig Anglistik und Romanistik mit dem Abschluss Magister artium. Als Berufsziel strebte die Klägerin den Beruf der Übersetzerin an.

3

Nach Beendigung ihres Studiums war die Klägerin zunächst in einigen Nebenjobs tätig, dann arbeitslos und bezog schließlich ein Jahr lang Sozialhilfe. Das Sozialamt vermittelte der Klägerin im Rahmen des Programms Hilfe zur Arbeit eine Tätigkeit als pädagogische Mitarbeiterin bei der Volkshochschule D. GmbH, der Beigeladenen zu 1). Dabei handelte es sich um eine versicherungspflichtige Beschäftigung, die vom 1. März 1998 bis 28. Februar 1999 befristet war.

4

Gegen Ende der befristeten Beschäftigung erhielt die Klägerin das Angebot, ab dem 1. März 1999 bei der Beigeladenen zu 1) im Bereich Deutsch als Fremdsprache als Dozentin tätig sein zu können, weil die Zahl der Anmeldungen für die Kurse stark angestiegen war. Die Tätigkeit umfasste 5 Stunden pro Tag und 25 Stunden in der Woche, gleich 100 Stunden im Monat. Die Klägerin war seitdem bei der Beklagten freiwillig krankenversichert und bei der Beigeladenen zu 3) freiwillig pflegeversichert.

5

Die Beigeladene zu 2) übersandte der Klägerin im Juni 1999 einen Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Darin gab die Klägerin an, dass sie als Kursleiterin bei voller Stundenzahl ca. 3.500,- DM monatlich erhalte. Das Entgelt von 35,- DM pro Stunde erhalte sie nur, wenn sie auch tatsächlich arbeite. Bei Krankheit oder Urlaub werde kein Entgelt gezahlt. Sie sei in den Betrieb der Volkshochschule dahingehend eingebunden, dass sie an Konferenzen teilnehmen, am angebotenen Programm Deutsch als Fremdsprache mitarbeiten und an Fortbildungen teilnehmen müsse.

6

Die Beigeladene zu 1) gab gegenüber der Beklagten an, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Dozentin als freie Mitarbeiterin ausübe. Sie, die Beigeladene zu 1) stelle lediglich den Rahmen für diese Tätigkeit. Der Unterrichtsinhalt und die Methoden, mittels derer den Kursteilnehmern die Kenntnisse vermittelt würden, bestimme der Dozent jeweils selbst. Honorar werde nur für tatsächlich erbrachte Leistungen gewährt.

7

Mit Bescheid vom 18. Januar 2000 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Dozentin bei der Beigeladenen zu 1) keine abhängige Beschäftigung ausübe. Ob eine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nach § 2 Satz 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch -Sechstes Buch- (SGB VI) bestehe, sei von der Beigeladenen zu 2) in eigener Zuständigkeit zu prüfen.

8

Mit ihrem am 15. Februar 2000 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihre Tätigkeit weise alle Merkmale einer abhängigen Beschäftigung auf. Die von ihr durchgeführten Intensivkurse Deutsch als Fremdsprache seien nach festen Vorgaben auszuführen, von denen nicht abgewichen werden dürfe. Insbesondere würden auch die Unterrichtsmaterialien nicht von der Klägerin gefertigt, sondern seien genau vorgegeben. Der zeitliche Umfang der Tätigkeit sei als Vollbeschäftigung zu betrachten. Bei wertender Betrachtung müsse davon ausgegangen werden, dass eine Scheinselbstständigkeit gegeben sei.

9

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 15. September 2000 zurück. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung werde in Bezug auf die Versicherungspflicht von Lehrkräften danach unterschieden, ob sie an allgemeinbildenden Schulen oder an Universitäten, Hoch- und Fachhochschulen, Fachschulen, Volkshochschulen, Musikschulen oder sonstigen Bildungseinrichtungen tätig seien. Lehrer an allgemein bildenden Schulen seien danach regelmäßig in abhängiger Beschäftigung tätig, während die Dozenten an den anderen Einrichtungen in der Regel im Rahmen einer freien Mitarbeit tätig würden. Die Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) weise keine Besonderheit auf, die ein Abweichen von dieser Differenzierung erforderlich mache.

10

Mit ihrer am 26. September 2000 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass die Deutschkurse für Ausländer außerhalb des normalen Volkshochschulprogramms angesiedelt seien. Sie sei mit der Tätigkeit in den Intensivkursen voll ausgelastet und könne daneben andere Tätigkeiten nicht ausführen. Alles spreche dafür, dass sie als Scheinselbstständige zu betrachten sei. Die Beigeladene zu 1) hat im Klageverfahren einen an sie gerichteten Bescheid der Beigeladenen zu 2) betreffend den Versicherungsstatus einer Kollegin der Klägerin vom 7. August 2002 vorgelegt, wonach diese Tätigkeit nicht in abhängiger Beschäftigung ausgeübt werde.

11

Das Sozialgericht (SG) Braunschweig hat die Klage durch Urteil vom 2. Dezember 2003 abgewiesen. Bei abhängiger Beschäftigung handele es sich um die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte dafür seien eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Demgegenüber sei eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freigestellte Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Die Unterscheidung hänge davon ab, welche Merkmale überwögen. Maßgebend sei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung.

12

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien sprächen mehr Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit der Klägerin. Insbesondere sei zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) kein Arbeitsvertrag abgeschlossen worden. Die Klägerin erhalte von der Beigeladenen zu 1) nach Maßgabe der vorhandenen Anmeldungen für die jeweils acht Wochen dauernden Kurse das Angebot, in diesen Kursen den Teilnehmern Kenntnisse in der deutschen Sprache zu vermitteln. Andere Aufgaben als die, die im direkten Zusammenhang mit der Abhaltung der Intensivkurse stünden, habe die Klägerin nicht zu verrichten gehabt. Sie sei auch nicht verpflichtet gewesen, andere Kurse abzuhalten, auch nicht vertretungsweise. Sie erhalte die Vergütung nur für die abgeleisteten Stunden. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder regelmäßiger Urlaub seien nicht vereinbart.

13

Gegen dieses ihren Bevollmächtigten am 5. Januar 2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16. Januar 2004 Berufung eingelegt. Ihre Tätigkeit unterscheide sich nicht von der Tätigkeit von angestellten Lehrkräften. Immerhin werde sie nun schon seit 1999 ununterbrochen von der Beigeladenen beschäftigt. Raum für andere Tätigkeiten bleibe nicht. Sie sei daher in jeder Hinsicht von der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) abhängig.

14

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 2. Dezember 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2000 aufzuheben;

  2. 2.

    festzustellen, dass das Vertragsverhältnis der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) ab März 1999 eine abhängige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist.

15

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

16

Sie macht geltend, dass die Beigeladene zu 2) in Bezug auf eine Kollegin der Klägerin, die ebenfalls bei ihr im Rahmen Deutsch als Fremdsprache tätig sei, festgestellt habe, dass keine abhängige Beschäftigung vorliege. Auch unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sehe sie sich in ihrer Entscheidung bezogen auf die Klägerin bestätigt.

17

Die Beigeladenen zu 1), 2) und 4) haben keine eigenen Anträge gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.

18

Die Beigeladene zu 3) unterstützt das Vorbringen der Beklagten.

19

Der Senat hat den Sachverhalt durch seine Berichterstatterin in einem Erörterungstermin am 25. Juli 2005 weiter aufgeklärt. Wegen der Einzelheiten der Bekundungen wird auf die Niederschrift vom gleichen Tage Bezug genommen.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

21

Der Senat konnte mit Einverständnis aller Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

22

Die gemäß §§ 143 und 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden, mithin zulässig.

23

Sie ist unbegründet.

24

Der von der Klägerin gestellte Feststellungsantrag ist darauf gerichtet, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis festzustellen. Dabei handelt es sich um eine zulässige Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, wonach mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden kann. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung, weil damit auch über ihre Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung und über ihren Status entschieden wird.

25

Nach § 28 h Abs. 2 Sozialgesetzbuch -Viertes Buch- (SGB IV) entscheidet die Einzugstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Zuständige Einzugstelle ist nach § 28 i Abs. 1 Satz 1 SGB IV die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird. Das ist hier die Beklagte, die demnach zuständigkeitshalber den angefochtenen Bescheid vom 18. Januar 2000 und den Widerspruchsbescheid vom 15. September 2000 erlassen hat.

26

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, der Pflege-, der Renten- und der Arbeitslosenversicherung der Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - (SGB V), § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Elftes Buch - (SGB XI), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) und § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV.

27

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2004, B 12 KR 26/02 R, Umdruck Seiten 4 und 5 m.w.N.).

28

Das BSG hat in dem zitierten Urteil bezogen auf den Beruf des Lehrers erläutert, dass die Gesetzgebung zur Sozialversicherung selbst anerkenne, dass er sowohl in Form abhängiger Beschäftigung als auch in Form selbstständiger Tätigkeit ausgeübt werden könne. In der Rechtsprechung des BSG seien demgemäß Lehrer je nach den Umständen des Einzelfalles selbstständig Tätige (Volkshochschuldozentin , Lehrbeauftragter an einer Fachhochschule, Lehrbeauftragter an einer Universität) oder als abhängig Beschäftigte angesehen worden (Musiklehrerin an einer Pädagogischen Hochschule) (vgl. BSG a.a.O., Umdruck Seite 5).

29

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) habe sich in zahlreichen Entscheidungen mit der Frage befasst, ob Lehrer und Dozenten Selbstständige oder Arbeitnehmer seien. Es habe entscheidend darauf abgestellt, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden sei und in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise seiner Erteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten könne. Für Lehrkräfte außerhalb von Universitäten und Hochschulen habe das BAG diese Grundsätze wie folgt konkretisiert: Diejenigen, die an allgemeinbildenden Schulen unterrichteten, seien in der Regel Arbeitnehmer, auch wenn sie ihren Unterricht nebenberuflich erteilten. Dagegen könnten Volkshochschuldozenten, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichteten, als freie Mitarbeiter beschäftigt sein, auch wenn es sich bei ihrem Unterricht um aufeinander abgestimmte Kurse mit vorher festgelegtem Programm handele (vgl. BSG, a.a.O., Umdruck Seiten 5 und 6, m.w.N.). Der erkennende Senat hält diese Abgrenzungskriterien für überzeugend und sieht daher keine Veranlassung von ihnen abzuweichen.

30

Das SG und die Beklagte haben unter Zugrundelegung vorstehender Kriterien zutreffend entschieden, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Dozentin in den Intensivkursen Deutsch als Fremdsprache bei der Beigeladenen zu 1) nicht abhängig beschäftigt ist.

31

Die Ermittlungen haben ergeben, dass die Intensivkurse Deutsch als Fremdsprache von der Beigeladenen zu 1) in unterschiedlichen Stufen in einem achtwöchigen Rhythmus von Montag bis Freitag vormittags oder nachmittags vierstündig veranstaltet werden. Neben der deutschen Sprache werden keine anderen Kenntnisse vermittelt, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass es sich um einen schulischen Lehrgang im Sinne des BAG handelt. Die Art der ausgeübten Tätigkeit spricht daher für eine freie Mitarbeit.

32

Die Klägerin hat erläutert, dass ihre jeweilige Beauftragung durch die Beigeladene zu 1) davon abhänge, dass für die Kurse genügend Anmeldungen vorliegen. Das Dozententeam, das diesen Kursbereich betreue, bestehe aus 12 beziehungsweise jetzt 16 Personen. In Krankheitsfällen oder wenn sonstige Vakanzen zu überbrücken seien, sei die Vertretung von den Mitgliedern des Teams untereinander abzustimmen. Das gelte auch für eventuelle Urlaubspläne, die unter Berücksichtigung der Kursabläufe nur in 4- oder 8- Wochenzeiträumen durchgeführt werden könnten. Von den traditionellen Abendkursen der Volkshochschule unterscheide sich ihre Tätigkeit erheblich. Sie gebe den jeweiligen Deutschkurs gemeinsam mit einer anderen Lehrkraft in einer besonders intensiven Form des so genannten Teamteachings. Dies bringe die Notwendigkeit mit sich, dass sie ihre Tätigkeit stark absprechen müssten. Daneben fielen seit Jahresbeginn auch Nebenarbeiten an, die darin beständen, dass Anwesenheitslisten nicht nur für die Beigeladene zu 1) zu führen seien, sondern auch für das zuständige Ministerium. Ferner seien die Entschuldigungen für Abwesenheiten zu überprüfen.

33

Vergütung werde nur für die tatsächlich abgeleisteten Stunden gewährt. Bis 2002 sei die Teilnahme an Konferenzen und Übergabebesprechungen gesondert vergütet worden. Seitdem sei die Vergütung für die Unterrichtsstunden erhöht worden, während für die Teilnahme an Konferenzen keine gesonderte Vergütung mehr gezahlt werde. Dies gelte auch für den Zeitaufwand, der für die Beratung und sozialpädagogische Unterstützung der Kursteilnehmer anfalle. Nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 habe sich die Anzahl der Teilnehmer aus dem Kreise der Migranten an den Kursen stark erhöht und damit auch der in diesem Zusammenhang anfallende Zeitbedarf. Ferner werde seitens der Beigeladenen zu 1) erwartet, dass sie an Fortbildungen teilnehme, um Zertifikate zu bekommen, die sie zur Abnahme der im Rahmen der Kurse ermöglichten, Prüfungen der Kursteilnehmer abnehmen zu können.

34

Dagegen sei sie nicht verpflichtet, in anderen Kursen vertretungsweise einzuspringen, die von der Beigeladenen zu 1) veranstaltet werden.

35

Diese Bekundungen machen deutlich, dass zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) ein Arbeitsvertrag nicht bestanden hat. Vereinbart sind lediglich die Vergütung pro Kursstunde und die ganz allgemeinen Umstände der Tätigkeit, wie Inhalt der Kurse und deren Veranstaltungsort, Prüfungen usw. Dagegen wird das Ausmaß der Tätigkeit der Klägerin im achtwöchigen Rhythmus der veranstalteten Kurse jeweils nach dem anfallenden Bedarf, der von der Zahl der Anmeldungen abhängig ist, festgelegt. Bestimmungen über Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Umfang des zustehenden Jahresurlaubs gibt es nicht. Die Klägerin trägt damit ein nicht unerhebliches Unternehmerrisiko, weil der Umfang ihrer Tätigkeit auch die Höhe der Vergütung bestimmt. Soweit sich beispielsweise gesetzliche Rahmenbedingungen für den Erwerb deutscher Sprachkenntnisse von Migranten ändern und sich die Nachfrage nach den Kursen reduzieren sollte, wäre dies nicht das Risiko der Beigeladenen zu 1), sondern der Klägerin.

36

Die Tatsache, dass die Klägerin nicht verpflichtet werden kann, in anderen von der Beigeladenen zu 1) veranstalteten Kursen vertretungsweise einzuspringen, unterscheidet ihre Tätigkeit wesentlich von der Tätigkeit abhängig beschäftigter Lehrer an allgemeinbildenden Schulen, die jederzeit zu Vertretungsstunden herangezogen werden können. Dieser Umstand und die Tatsache, dass die Klägerin und das übrige Team bei auftretenden Vakanzen selbstständig für die Vertretung zu sorgen haben, machen deutlich, dass eine Weisungsgebundenheit an die Beigeladene zu 1) nicht in einem solchen Ausmaß besteht, wie sie üblicherweise im Rahmen eines durch Arbeitsvertrag geregelten abhängigen Beschäftigungsverhältnis gegeben ist. Soweit die Klägerin erwähnt hat, dass im Zusammenhang mit dem Unterricht gelegentlich auch beratende Kontakte mit den Kursteilnehmern stattfinden, erscheint das Ausmaß dieser Tätigkeit nicht so groß, dass die Tätigkeit davon in nachhaltigem Maße geprägt wird.

37

Die Prokuristin der Beigeladenen zu 1) hat zur Struktur der Beigeladenen zu 1) angegeben, dass sie im Verwaltungsbereich Stammpersonal in einer Größenordnung von ca. 30 Personen beschäftige. Ferner gebe es etwa 30 weitere versicherungspflichtige Beschäftigte, die zeitlich begrenzt auf Grund gesetzlicher Bestimmungen oder auf Grund von Förderprogrammen beschäftigt seien. Die Kurse würden von 480 bis 500 freiberuflichen Lehrkräften betreut.

38

Dies zeigt auf, dass die Tätigkeit der Klägerin im Wesentlichen nicht von den Tätigkeiten abweicht, wie sie üblicherweise von Volkshochschuldozenten verrichtet werden. Die von der Klägerin geltend gemachten besonderen Umstände ihrer Tätigkeit beruhen nach Auffassung des Senates nicht auf einer besonderen Weisungsabhängigkeit von der Beigeladenen zu 1), sondern auf den Besonderheiten im Zusammenhang des Kurses Deutsch als Fremdsprache.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

40

Es hat keine Veranlassung bestanden, die Revision zuzulassen.