Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 14.03.2019, Az.: L 13 AS 43/19 B ER

Vorläufige Gewährung von Grundsicherungsleistungen; Leistungsausschluss für arbeitsuchende EU-Bürger; Neufassung des § 23 Abs. 3 SGB XII; Keine Leistungen im Ermessenswege

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
14.03.2019
Aktenzeichen
L 13 AS 43/19 B ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 40609
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Oldenburg - AZ: S 43 AS 35/19 ER

Fundstelle

  • info also 2020, 140

Redaktioneller Leitsatz

1. Die BSG-Rechtsprechung zur Rechtslage bis zum 28. Dezember 2016 in Bezug auf einen Leistungsausschluss für arbeitsuchende EU-Bürger ist durch die Neufassung des § 23 Abs. 3 SGB XII durch Art. 2 Nr. 1 SGB XII vom 22. Dezember 2016 mit Wirkung vom 29. Dezember 2016 gegenstandslos geworden.

2. Durch die Neufassung ist klargestellt worden, dass den ausgeschlossenen Personen weder ein Anspruch auf Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII zusteht, noch dass ihnen - wie es das BSG zuvor entschieden hatte - Leistungen im Ermessenswege gewährt werden müssen.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. Februar 2019 (einstweiliger Rechtsschutz) wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Oldenburg vom 26. Februar 2019 ist nicht begründet.

Das SG hat es zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zu verpflichten, den Antragstellerinnen vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren. Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass die Antragstellerinnen den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung u. a. erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht haben, da sie dem in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2b SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3155) normierten Leistungsausschluss für arbeitsuchende EU-Bürger und ihre Familienangehörigen unterliegen. Insbesondere hat das SG ein Freizügigkeitsrecht der Antragstellerin zu 1) als Arbeitnehmerin nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) zu Recht verneint. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verweist der Senat auf die in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Beschluss vom 26. Februar 2019 (§ 142 Abs. 2 S. 3 SGG).

Mit Blick auf das Beschwerdevorbringen ist das Folgende zu ergänzen:

Soweit "nicht zuletzt wegen der Schwangerschaft der Antragstellerin zu 1)" bestritten wird, dass diese und ihre 2014 geborene Tochter, die Antragstellerin zu 2), sich allein zum Zweck der Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland befinden, ist bereits nicht ersichtlich, welcher konkrete Aufenthaltszweck damit geltend gemacht werden soll. Jedenfalls ist der gesetzliche Leistungsausschluss für arbeitsuchende EU-Bürger nicht bereits dann unanwendbar, wenn diese sich neben der Arbeitsuche auch aus anderen Gründen im Bundesgebiet aufhalten. Erforderlich ist vielmehr nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, zuletzt: Urteil vom 9. August 2018 - B 14 AS 32/17 R - juris Rn. 19 m w. N.) eine materielle Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU - die bis zur Verlustfeststellung seitens der Ausländerbehörde bestehende generelle Freizügigkeitsvermutung für EU-Bürger reicht entgegen dem erstinstanzlichen Vorbringen der Antragstellerinnen nicht aus - oder ein Aufenthaltsrecht nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Soweit in der Beschwerdebegründung die Auffassung vertreten sind, diese Rechtsprechung sei "grundfalsch", da EU-Bürger niemals einen Aufenthaltstitel nach dem AufenthG erhalten könnten, entbehrt diese Bewertung jeder sachlichen Grundlage. Die Lektüre der einschlägigen Entscheidungen des BSG ergibt, dass nicht ein Anspruch auf Erteilung eines - für EU-Bürger nicht erforderlichen - Aufenthaltstitels nach dem AufenthG zu prüfen ist, sondern es um eine fiktive Prüfung geht, ob ein Aufenthaltsrecht des betreffenden EU-Bürgers allein zum Zweck der Arbeitsuche besteht (bzw. überhaupt kein Aufenthaltsrecht vorliegt) oder daneben auch andere Aufenthaltszwecke den Aufenthalt des EU-Bürgers im Bundesgebiet rechtfertigen können. Hierzu gehört auch ein Günstigkeitsvergleich auf der Grundlage von § 11 Abs. 1 S. 5 FreizügG/EU a. F. (jetzt: § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU) unter Heranziehung der Regelungen des AufenthG (vgl. nur BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 - B 4 AS 54/12 R - juris Rn. 26 f., 32).

Ein anderes Aufenthaltsrecht als dasjenige zum Zweck der Arbeitsuche lässt sich nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht feststellen. Die Antragstellerin zu 1) ist nicht als Arbeitnehmerin nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt. Nach dem Inhalt der beigezogenen Leistungsakte des Antragsgegners und dem eigenen Vortrag sind die Antragstellerinnen, die italienische Staatsbürgerinnen sind, im Juni 2016 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Die Antragstellerin zu 1) hat in den Zeiträumen vom 25. Juli bis 31. Dezember 2016, 16. Juni bis 20. Dezember 2017 und 15. Mai bis 30. Juni 2018 Beschäftigungen ausgeübt. Nach dem Ende des letzten Beschäftigungsverhältnisses hat sich sie nach ihrem Vorbringen im Widerspruchsverfahren um Arbeit bemüht, wobei ihre Bewerbungen wegen einer bestehenden Schwangerschaft (ärztlich festgestellt am 3. Januar 2019 mit einem voraussichtlichen Entbindungstermin am 22. Juni 2019) erfolglos geblieben seien. Der behandelnde Frauenarzt hat nach den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen am 28. Februar 2019 mit Wirkung von diesem Tag ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen und unter dem 5. März 2019 eine Reiseunfähigkeit bescheinigt. Auf der Grundlage dieses Sachverhalts hat die Arbeitnehmereigenschaft der Antragstellerin zu 1) im Anschluss an die zuletzt ausgeübte Beschäftigung nach § 2 Abs. 3 S. 2 FreizügG/EU (unfreiwillige Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung) für die Dauer von sechs Monaten, mithin bis zum 31. Dezember 2018 fortbestanden. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Antragsgegner auch Leistungen nach dem SGB II gewährt. Demgegenüber liegen die Voraussetzungen für einen längeren Fortbestand der Arbeitnehmereigenschaft nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 FreizügG/EU - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - nicht vor. Die Formulierung in dieser Vorschrift ("nach mehr als einem Jahr Tätigkeit") ist zwar nach der Rechtsprechung des BSG nicht so zu verstehen, dass eine ununterbrochene Tätigkeit von mehr als einem Jahr vorausgesetzt wird. Auch durch Arbeitslosigkeit unterbrochene Tätigkeiten können das gesetzliche Erfordernis erfüllen, jedenfalls wenn es sich um kurzfristige Unterbrechungen handelt (Urteil vom 13. Juli 2017 - B 4 AS 17/16 R - juris Rn. 22 ff., 31; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. August 2017 - L 5 AS 1357/17 B ER - juris Rn. 8 ff.). Im vom BSG entschiedenen Fall lag zwischen den beiden Beschäftigungsverhältnissen ein Zeitraum von 16 Tagen, während es im Fall der Antragstellerin zu 1) mehrere Monate (jeweils rund fünf Monate) waren. Von lediglich kurzfristigen Unterbrechungen kann danach nicht die Rede sein.

Zwar hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38, welche durch die Regelungen des § 2 FreizügG/EU zur Arbeitnehmereigenschaft umgesetzt wird, keine abschließende Aufzählung der Umstände enthält, unter denen einem Wanderarbeitnehmer, der sich nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis befindet, dennoch weiterhin die Arbeitnehmereigenschaft zuerkannt werden kann. Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sei dahin auszulegen, dass eine Frau, die ihre Erwerbstätigkeit oder Arbeitsuche wegen der körperlichen Belastungen im Spätstadium ihrer Schwangerschaft und nach der Geburt des Kindes aufgibt, die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne dieser Vorschrift behält, sofern sie innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach der Geburt ihres Kindes ihre Beschäftigung wieder aufnimmt oder eine andere Stelle findet (Urteil vom 19. Juni 2014 - C-5070/12). So liegt der Fall hier aber nicht. Die nachwirkende Freizügigkeitsberechtigung der Antragstellerin zu 1) als Arbeitnehmerin bestand - wie ausgeführt - bis zum 31. Dezember 2018. In diesem Zeitraum befand sich die Antragstellerin zu 1) nicht im Spätstadium ihrer Schwangerschaft, so dass eine weitere Verlängerung nicht wegen einer evtl. schwangerschaftsbedingten Aufgabe der Arbeitsuche in Betracht kam. Im Übrigen ist auch nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass sie in der Zeit bis zum 31. Dezember 2018 ihre Arbeitsuche schwangerschaftsbedingt aufgeben musste, zumal das Beschäftigungsverbot erst mit Wirkung vom 28. Februar 2019 ausgesprochen worden ist.

Schließlich ist - wie das SG bereits festgestellt hat - auch ein im Rahmen der Günstigkeitsregelung in § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU zu prüfendes Aufenthaltsrecht der Antragstellerin zu 1) nach dem AufenthG nicht ersichtlich. In Betracht kommt lediglich ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen nach § 25 Abs. 4 AufenthG wegen der Risikoschwangerschaft der Klägerin, welches indes keine längerfristige Bleibeperspektive eröffnet und daher nach der Rechtsprechung des BSG nicht als Ausnahme zum Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 b) SGB II einen Zugang zu Leistungen nach dem SGB II rechtfertigt (Urteil vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 35/15 R - juris Rn. 29).

Soweit in der Beschwerdebegründung schließlich unter Hinweis auf ein Urteil des BSG vom 3. Dezember 2015 (B 4 AS 44/15 R) die Auffassung vertreten wird, die Antragstellerinnen seien auf jeden Fall leistungsberechtigt nach § 23 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), wird verkannt, dass die zitierte BSG-Rechtsprechung zur Rechtslage bis zum 28. Dezember 2016 ergangen ist und ihr durch die Neufassung des § 23 Abs. 3 SGB XII durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2016 mit Wirkung vom 29. Dezember 2016 die Grundlage entzogen worden ist. Durch die Neufassung sollten die Leistungsausschlüsse im SGB XII an diejenigen in § 7 Abs. 1 S 2 Nr. 2 SGB II angepasst und zugleich "klargestellt" werden, dass den ausgeschlossenen Personen weder ein Anspruch auf Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII zusteht, noch dass ihnen - wie es das BSG zuvor entschieden hatte (vgl. u.a. Urteile vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 44/15 R - und vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 35/15 R) - Leistungen im Ermessenswege gewährt werden müssen (so ausdrücklich BT-Drucks 18/10211 S 1, 15 f). Da in der Gesetzbegründung - anders als in früheren Verlautbarungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (vgl. S. 2 des schriftlichen Berichts zur Erklärung eines Vorbehalts gegen die Anwendung des Europäischen Fürsorgeabkommens auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 25. April 2012, Ausschussdrucksache 17[11]881) - eine Ausnahme für Staatsangehörige von Signaturstaaten des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) nicht erwähnt ist, folgt hieraus nach Auffassung des Senats zugleich, dass auch die zum früheren Rechtszustand ergangene Rechtsprechung des BSG zu Leistungsansprüchen arbeitsuchender EU-Bürger aus EFA-Signaturstaaten in Anwendung des in Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens vom 11. Dezember 1953 (i. d. F. des Gesetzes vom 15. Mai 1956, BGBl. 563 - EFA) enthaltenen Gleichbehandlungsgebots auf die Rechtslage seit dem 29. Dezember 2016 nicht übertragen werden kann, auch wenn die Bundesregierung einen Vorbehalt bezüglich des SGB XII weiterhin nicht erklärt hat (so im Ergebnis auch 15. Senat des erkennenden Gerichts, Beschluss vom 29. Oktober 2018 - L 15 AS 243/18 B ER; 11. Senat, Beschluss vom 22. Mai 2018 - L 11 AS 1013/17 B ER - juris Rn. 35; LSG Berlin-Brandenburg [31. Senat], Beschluss vom 23. Oktober 2017 - L 31 AS 2007/17 B ER - juris Rn. 25; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 3. Dezember 2018 - L 7 SO 4027/18 ER-B - juris Rn. 28 ff.; a. A.: LSG Berlin-Brandenburg [15. Senat], Beschluss vom 20. Juni 2017 - L 15 SO 104/17 B ER - juris Rn. 21 ff. und LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31. August 2017 - L 20 SO 319/17 B ER - juris Rn. 42). Nach Art. 1 des Abkommens, das unter anderem die Bundesrepublik Deutschland und Italien unterzeichnet haben, ist jeder der Vertragschließenden verpflichtet, den Staatsangehörigen der anderen Vertragsstaaten, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und Gesundheitsfürsorge zu gewähren, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind. Aus diesem Gleichbehandlungsgebot lässt sich für erwerbsfähige Staatsangehörige von EFA-Signaturstaaten - wie die Antragstellerin zu 1) - ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27 Abs. 1 SGB XII nicht herleiten, da ein solcher Anspruch für hilfebedürftige deutsche Staatsangehörige, die erwerbsfähig sind, nach der in der Bundesrepublik geltenden Gesetzgebung (§ 21 S. 1 SGB XIII) gerade nicht besteht. Dieser Personenkreis ist vielmehr dem Existenzsicherungssystem des SGB II zugeordnet und erhält Leistungen unter den dort vorgesehenen Bedingungen, zu denen - anders als im SGB XII - u. a. auch die (sanktionsbewehrte, vgl. § 31 Abs. 1 SGB II) aktive Mitwirkung bei der Eingliederung in Arbeit (§ 2 Abs. 1 S. 2 SGB II) gehört. Nach dem Grundsatz der Inländergleichbehandlung könnte die erwerbsfähige Antragstellerin zu 1) danach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur zu den Bedingungen des SGB II beanspruchen. Allerdings hat die Bundesregierung insoweit eine wirksame Vorbehaltserklärung abgegeben (vgl. hierzu BSG-Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 43/15 R).

Im Übrigen würde das Gleichbehandlungsgebot des Art. 1 EFA ohnehin nur bei einem erlaubten Aufenthalt in Deutschland eingreifen (Art. 11 EFA). In diesem Zusammenhang genügt wiederum nicht die von den materiellen Freizügigkeitsberechtigungen zu unterscheidende generelle Freizügigkeitsvermutung für EU-Bürger (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 2018 - B 14 AS 32/17 R - juris Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt allein eine materielle Freizügigkeitsberechtigung zur Arbeitsuche in Betracht, zu der die Antragstellerinnen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes indes nichts vorgetragen haben. Insbesondere finden sich in dem Eilantrag vom 7. Februar 2019 zu einer etwaigen Arbeitsuche keine Angaben, obwohl die Antragstellerin zu 1) zum Zeitpunkt des Eilantrags noch nicht einem Beschäftigungsverbot unterlegen hat.

Für den vom Leistungsausschluss für arbeitsuchende EU-Bürger (bzw. solche ohne Aufenthaltsrecht) und ihre Familienangehörigen erfassten Personenkreis sind in § 23 Abs. 3 S. 3 bis 5 SGB XII n.F. grundsätzlich nur eingeschränkte Leistungen bis zur Ausreise, längstens für einen Zeitraum von einem Monat, vorgesehen (Überbrückungsleistungen). Nach § 23 Abs. 3 S. 6 SGB XII n.F. werden andere Leistungen oder Leistungen für einen längeren Zeitraum gewährt, wenn dies aufgrund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte geboten ist. Letzteres kommt im Hinblick auf die ärztlich bescheinigte Reiseunfähigkeit der Antragstellerin zu 1) in Betracht, so dass es dringend angezeigt erscheint, dass die Antragstellerinnen ihren ausweislich des Widerspruchsvorbringens bereits gestellten Antrag beim Sozialhilfeträger - soweit noch nicht geschehen - im Verwaltungsverfahren weiterverfolgen. Der Sozialhilfeträger ist zum vorliegenden Eilverfahren, welches laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zum Gegenstand hat, nicht beizuladen. Denn ein etwaiger Anspruch gegen diesen ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 17. September 2018 - L 13 AS 146/18 B ER; so auch 15. Senat, Beschluss vom 29. Oktober 2018 - L 15 AS 243/18 B ER) wegen seines Ausnahmecharakters, namentlich der Notwendigkeit einer Ermessensentscheidung auf der Grundlage vorgebrachter besonderer Umstände, die der Ausreise ggf. auch längerfristig entgegenstehen, gesondert geltend zu machen.

Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Wegen fehlender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung kann den Antragstellerinnen Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht bewilligt werden (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 114 Abs. 1 S. 1 Zivilprozessordnung).

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.