Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 18.03.2019, Az.: L 7 AS 25/17 B RVG

Beschwerde gegen eine PKH-Vergütungsfestsetzung; Regelmäßig unterdurchschnittliche Bedeutung von Untätigkeitsklagen; Kein Erreichen einer Sachenentscheidung

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
18.03.2019
Aktenzeichen
L 7 AS 25/17 B RVG
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 16667
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Braunschweig - AZ: S 58 SF 50/17 E

Fundstellen

  • AGS 2019, 222-225
  • FA 2019, 163-164

Redaktioneller Leitsatz

Untätigkeitsklagen gem. § 88 SGG haben aufgrund des eingeschränkten Streitgegenstands regelmäßig erheblich unterdurchschnittliche Bedeutung, weil lediglich ein ergebnisoffener Fortgang eines Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahrens erreicht werden kann, nicht aber eine begehrte Sachentscheidung.

Tenor:

Die Beschwerde gegen den die Erinnerung zurückweisenden Beschluss des Sozialgerichts Braunschweig vom 9. März 2017 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung in einem Prozesskostenhilfeverfahren.

Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss vom 24. Januar 2017 im Klageverfahren beim Sozialgericht (SG) Braunschweig zum dortigen Aktenzeichen S 41 AS 2161/16 der dortigen Klägerin zu 1) ab dem 22. Dezember 2016, dem Tag der Antragstellung, als Prozessbevollmächtigter beigeordnet. Hinsichtlich der dortigen Kläger zu 2) und 3) lehnte das SG den Prozesskostenhilfeantrag ab. In dem Klageverfahren stritten die dortigen Beteiligten über eine etwaige Untätigkeit des dortigen Beklagten mit Blick auf einen von der Klägerin zu 1) und ihren Kindern eingelegten Widerspruch vom 23. Dezember 2015 gegen einen Bescheid vom 24. November 2015. Die Begründung der Klage erschöpfte sich in dem Satz, dass das Jobcenter Braunschweig (der dortige Beklagte) über den Widerspruch vom 23. Dezember 2016 bis heute nicht entschieden habe, so dass Klage geboten sei. Am 13. Januar 2017 teilte der dortige Beklagte in einem Schriftsatz an das SG mit, dass er mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2017 über den Widerspruch entschieden habe und übersandte den Widerspruchsbescheid im Original nebst Abdrucken. Zugleich erklärte er sich dem Grunde nach zur Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten bereit. Mit Verfügung vom 16. Januar 2017 fragte das SG bei dem Beschwerdeführer an, ob er das Anerkenntnis zur Erledigung des Rechtsstreits annehme. Am 24. Januar 2017 erklärte der Beschwerdeführer gegenüber dem SG, dass das Anerkenntnis angenommen werde.

Mit am 6. Februar 2017 eingegangenem Schreiben beantragte der Beschwerdeführer beim SG die Erstattung der Gebühren und Auslagen für seine Tätigkeit im Klageverfahren. Abgerechnet wurden dabei nach dem Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) eine nach Nr. 1008 VV RVG wegen der Tätigkeit für drei Auftraggeber um 60 % erhöhte Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 256,00 EUR, eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 252,00 EUR sowie die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR und 19% Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG in Höhe von 100,32 EUR, insgesamt also 628,32.

Mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 7. Februar 2017 setzte der zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle beim SG die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf 214,20 EUR fest. Er setzte dabei die Verfahrensgebühr lediglich in Höhe von 100,00 EUR an, erhöht um 60,00 EUR nach Nr. 1008 VV RVG, die Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von 20,00 EUR und die Umsatzsteuer in Höhe von 34,20 EUR an. Eine nennenswerte umfangreiche Tätigkeit des Beschwerdeführers sei in dem Untätigkeitsklageverfahren nicht zu erkennen. Auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit habe sich auf ein Mindestmaß beschränkt. Die Bedeutung der Angelegenheit sei für die Kläger maximal durchschnittlich gewesen. Die persönlichen Verhältnisse der Kläger seien dagegen als unterdurchschnittlich zu bewerten. Insgesamt sei daher nur eine Verfahrensgebühr in Höhe der doppelten Mindestgebühr (100,00 EUR) als angemessen anzusehen. Die fiktive Terminsgebühr sei nicht angefallen, weil der Erlass des begehrten Widerspruchsbescheids und die Abgabe einer Erledigungserklärung nach § 88 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht als angenommenes Anerkenntnis zu werten sei.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 21. Februar 2017 beim SG Erinnerung eingelegt. Das SG hat mit Beschluss vom 9. März 2017 die Erinnerung zurückgewiesen. Die Verfahrensgebühr sei richtigerweise auf die doppelte Mindestgebühr festgesetzt worden. Die Terminsgebühr sei nicht entstanden, auch nicht als fiktive Terminsgebühr. Das Verfahren habe entsprechend § 88 Abs. 1 Satz 3 SGG durch Erledigterklärung geendet. Es sei dabei unerheblich, dass der Beschwerdeführer explizit "das Anerkenntnis angenommen" habe. Die Erklärung könne nur als Erledigterklärung gesehen werden, weil § 88 Abs. 1 Satz 3 SGG dies so vorsehe.

Gegen den am 13. März 2017 zugestellten Beschluss richtet sich die am 20. März 2017 eingelegte Beschwerde des Beschwerdeführers. Er wendet sich sowohl gegen die festgesetzte Höhe der Verfahrensgebühr als auch gegen die Nichtberücksichtigung der Terminsgebühr. Es sei mit den Kriterien des § 14 RVG nicht vereinbar, wenn das SG bei Untätigkeitsklagen eine "Pauschalgebühr" annehme. Die Verfahrenslaufzeit als Kriterium des § 14 RVG anzunehmen, sei ebenfalls verfehlt. Übertrage man zudem die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 9. März 2016 (B 14 AS 5/15 R) auf die Untätigkeitsklage, so müsse es darauf ankommen, welche Bedeutung die Ausgangsangelegenheit habe. Hier sei es um den Alleinerziehungszuschlag und die Warmwassererzeugung gegangen. Das Interesse der Kläger sei als groß gewesen, eine Entscheidung zu erhalten, das Kriterium der "Bedeutung der Angelegenheit" sei überragend gewesen. Die Terminsgebühr sei natürlich auch entstanden. Aus § 88 SGG gehe nicht hervor, dass ein Untätigkeitsklageverfahren nicht durch Anerkenntnis enden könne. Hinsichtlich des Anfalls einer fiktiven Terminsgebühr werde auf Beschlüsse des Hessischen Landessozialgerichts sowie des SG Hamburg und des SG Berlin verwiesen.

Der Beschwerdegegner hält die Entscheidung des Urkundsbeamten und des SG für zutreffend.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Beiakten Bezug genommen.

II.

Die aufgrund eines Beschwerdewerts von mehr als EUR 200,00 nach § 1 Abs. 3 iVm § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthafte und fristgemäß eingelegte Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist unbegründet. Der Beschwerdeführer hat keinen über die bereits erfolgte Vergütungsfestsetzung hinausgehenden Anspruch.

Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Zusammensetzung der drei Berufsrichter gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG, nachdem der Berichterstatter das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen hat. Ehrenamtliche Richter wirken nicht mit (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG).

Nach §§ 3, 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt Rahmengebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit, der Einkommens- und der Vermögensverhältnisse des Auftraggebers sowie ggf. eines besonderen Haftungsrisikos nach billigem Ermessen, wobei das geringere Gewicht eines Bemessungsmerkmals das überwiegende Gewicht eines anderen Merkmals kompensieren kann. Ausgangspunkt bei der Bemessung einer Rahmengebühr ist grundsätzlich die so genannte Mittelgebühr, d.h. die Hälfte von Höchst- zzgl. Mindestgebühr als Mitte des gesetzlichen Gebührenrahmens (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R - SozR 4-1935 § 14 Nr. 2; Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 24. April 2006 - L 4 B 4/05 KR SF -; Mayer in Gerold/Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 22. Aufl. 2015, § 14 Rn 18 ff.). Bei von einem Dritten zu ersetzenden Gebühren ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich und entsprechend zu korrigieren, wenn sie unbillig ist. Dies ist der Fall, wenn die geltend gemachten Gebühren die Toleranzgrenze von circa 20% zur tatsächlich objektiv angemessenen Gebührenhöhe überschreiten (vgl. BSG, aaO.).

Unter Berücksichtigung der ausgeführten Kriterien ist die vom Beschwerdeführer erfolgte Gebührenansetzung unbillig und zutreffend von dem Urkundsbeamten korrigiert worden. Der Beschwerdeführer hat weder Anspruch auf Festsetzung einer höheren Verfahrensgebühr noch Anspruch auf Festsetzung einer Terminsgebühr.

1.

Für die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG rechtfertigt eine Gesamtbetrachtung jedenfalls keinen über die bereits festgesetzte Gebühr in Höhe einer doppelten Mindestgebühr von 100,00 EUR hinausgehenden Ansatz.

Maßgeblich ist insoweit, dass sowohl der zu berücksichtigende anwaltliche Tätigkeitsumfang als auch die Schwierigkeit des Rechtsstreits als auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin zu 1) im Verfahren S 41 AS 2161/16 als deutlich unterdurchschnittlich einzustufen sind.

Für den relevanten Tätigkeitsumfang ergibt sich dies bereits aus der allein ersichtlichen Klageschrift mit der ausschließlichen Begründung einer noch nicht erfolgten Entscheidung über den Widerspruch der dortigen Kläger. Irgendwelche zusätzlich zu berücksichtigenden sonstigen Umstände, z.B. Ermittlungs- bzw. Recherchetätigkeiten oder ein komplexer klärungsbedürftiger Sachverhalt oder erforderliche Besprechungen, sind weder aus den Umständen ersichtlich noch vom Beschwerdeführer selbst vorgetragen.

Für die Schwierigkeit des Rechtsstreits ergibt sich die deutlich unterdurchschnittliche Bewertung aus der in § 88 SGG eindeutig geregelten Rechtslage. Irgendwelche vom Regelfall der fristgemäß gebotenen Widerspruchsbescheidung abweichende Umstände, wie z.B. ein komplexer klärungsbedürftiger Sachverhalt, Streitigkeiten über vorzulegende Unterlagen bzw. Informationen o.ä., sind weder aus den Umständen ersichtlich noch vom Beschwerdeführer selbst vorgetragen.

Die deutlich unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin zu 1) im Verfahren S 41 AS 2161/16 ergeben sich bereits aus dem Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.

Schließlich ist auch die Bedeutung von Untätigkeitsklagen nach § 88 SGG aufgrund des eingeschränkten Streitgegenstands regelmäßig nur als erheblich unterdurchschnittlich einzustufen, weil lediglich ein ergebnisoffener Fortgang eines Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahrens erreicht werden kann, nicht aber eine begehrte Sachentscheidung (Beschluss des Senats vom 27. März 2018 - L 7 AS 28/17 B; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. Februar 2016 - L 19 AS 1256/15 B -, LSG Thüringen, Beschluss vom 25. Oktober 2010 - L 6 SF 652/10 B -; LSG Sachsen, Beschluss vom 18. Oktober 2013 - L 8 AS 1254/12 B KO). Irgendwelche Anhaltspunkte für eine etwaige höhere Bedeutung der konkreten Untätigkeitsklage der Klägerin zu 1) im Verfahren S 41 AS 2161/16 sind weder aus den Umständen ersichtlich noch vom Beschwerdeführer selbst vorgetragen.

Insbesondere kann nicht auf die Bedeutung der Ausgangsangelegenheit abgestellt werden, bei der es sich um den Anspruch der Klägerin zu 1) auf Gewährung eines Alleinerziehungszuschlags und Übernahme der Kosten der Warmwassererzeugung gehandelt hat. Die Entscheidung des BSG vom 9. März 2016 (B 14 AS 5/15 R) kann insoweit nicht auf die Untätigkeitsklage übertragen werden, weil den Überlegungen des BSG maßgeblich zugrunde lag, dass es sich bei dem Vorgehen gegen die Mahnung einerseits und dem Vorgehen gegen die Mahngebühr andererseits um "dieselbe Angelegenheit" im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG handelte, hier aber bei der Ausgangsangelegenheit und der Untätigkeitsklage gerade nicht "dieselbe Angelegenheit" im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG anzunehmen ist.

Wann dieselbe Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne vorliegt, ist im RVG nicht abschließend geregelt. Der Katalog des § 16 RVG ("dieselbe Angelegenheit"") benennt nur Beispielsfälle für das Vorliegen der Identität von Angelegenheiten (BSG, Urteil vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R - juris RdNr. 15; BSG, Urteil vom 17. Oktober 2007 - B 6 KA 4/07 R - juris RdNr. 16; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7.6.2018 - L 10 AS 360/16 - juris RdNr. 37; Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl. 2017, § 16 RVG RdNr. 1). Der Gesetzgeber hat die abschließende Klärung des Begriffs "derselben Angelegenheit" im Sinne des § 7 Abs. 1 RVG sowie des § 15 Abs. 2 RVG der Rechtsprechung und dem Schrifttum überlassen (BSG, Urteil vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R - juris RdNr. 15; BSG, Urteil vom 17. Oktober 2007 - B 6 KA 4/07 R - juris RdNr. 16; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Juni 2018 - L 10 AS 360/16 - juris RdNr. 37).

Es handelt sich um einen gebührenrechtlichen Begriff, der sich mit dem prozessrechtlichen Begriff des (Verfahrens-)Gegenstandes decken kann, aber nicht muss (BSG, Urteil vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R - juris RdNr. 15). Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10 - juris RdNr. 10). Eine Angelegenheit kann dagegen auch mehrere Gegenstände umfassen (BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10 - juris RdNr. 10). Während die Angelegenheit den für den Einzelfall definierten Rahmen der konkreten Interessenvertretung bezeichnet, umschreibt der Begriff des Gegenstandes inhaltlich die Rechtsposition, für deren Wahrnehmung die Angelegenheit den äußeren Rahmen abgibt (BSG, Urteil vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R - juris RdNr. 15). Daher kommt es zur Bestimmung, ob dieselbe Angelegenheit vorliegt, auf die Umstände des konkreten Einzelfalls sowie auf den Inhalt des erteilten Auftrags an (BSG, Urteil vom 2. April 2014 - B 4 AS 27/13 R - juris RdNr. 15).

Von derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG ist auszugehen, wenn zwischen den auftragsgemäß erbrachten Leistungen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann (BSG, Urteil vom 09. März 2016 - B 14 AS 5/15 R - juris RdNr. 21; BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10 - juris RdNr. 10). Die Annahme einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne setzt dabei nicht voraus, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat (BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10 - juris RdNr. 10). Von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit kann vielmehr grundsätzlich auch dann noch gesprochen werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Geschädigten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen bzw. mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat (BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10 - juris RdNr. 10). Denn unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll (BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10 - juris RdNr. 10). Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird (BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10 - juris RdNr. 10). Für die Annahme eines einheitlichen Rahmens der anwaltlichen Tätigkeit ist es grundsätzlich ausreichend, wenn die verschiedenen Gegenstände in dem Sinne einheitlich vom Anwalt bearbeitet werden können, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst bzw. in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können (BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10 - juris RdNr. 10). Ein innerer Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die verschiedenen Gegenstände bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten Erfolgs zusammengehören (BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10 - juris RdNr. 10). Sie sind dann nur einmal abrechenbar.

Die Untätigkeitsklage nach § 88 SGG einerseits und der Anspruch der Klägerin zu 1) auf Gewährung eines Alleinerziehungszuschlags und Übernahme der Kosten der Warmwassererzeugung andererseits stellen vor diesem Hintergrund zwei voneinander verschiedene Angelegenheiten dar. Während die Untätigkeitsklage lediglich auf die Bescheidung eines Antrags oder eines Widerspruchs abzielt und sich damit in der Geltendmachung einer formalen Rechtsposition erschöpft (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 7/06 R - juris RdNr. 16), richtet sich der Anspruch auf Gewährung eines Alleinerziehungszuschlags und auf Übernahme der Kosten der Warmwassererzeugung nach der materiellen Rechtslage. Ein innerer Zusammenhang dergestalt, dass die verschiedenen Gegenstände verfahrensrechtlich zusammengefasst und in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden könnten, besteht zwischen einer Untätigkeitsklage und dem auf die Geltendmachung des materiellen Anspruchs gerichteten Begehren gerade nicht. Der rechtliche Rahmen, der die Beauftragung eines Rechtsanwalts bei einer Untätigkeitsklage bestimmt und gleichzeitig begrenzt, wird ausschließlich durch die Voraussetzungen des § 88 SGG geprägt, und zwar unabhängig von der Berechtigung eventueller Sozialleistungsansprüche im Ausgangsverfahren. Das ist der wesentliche Unterschied zu einer Mahnung und der darauf aufbauenden Mahngebühr, die als eine Angelegenheit zu behandeln sind. Es ist allein die Untätigkeitsklage zu erheben. Wird sodann der beantragte Bescheid oder der begehrte Widerspruchsbescheid erlassen, ist die Untätigkeitsklage nach der gesetzlichen Regelung des § 88 Abs. 1 Satz 3 SGG für erledigt zu erklären. Eine Fortführung der Untätigkeitsklage in der Form der nun auf das materielle Begehren gerichteten Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ist nur nach Klageänderung möglich (vgl. B.Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 88 RdNr. 12 u. 13). Eine gleichzeitige Erhebung von Untätigkeitsklage und Anfechtungs- und/oder Verpflichtungsklage ist dagegen ausgeschlossen, weil § 88 SGG es anders als die Rechtslage im Verwaltungs- oder Finanzgerichtsprozess (vgl. § 75 Verwaltungsgerichtsordnung, § 46 Finanzgerichtsordnung) nicht ermöglicht, direkt auf Aufhebung des angefochtenen Bescheids oder direkt auf Erlass des beantragten Bescheids zu klagen (ebenso Sächsisches LSG, Beschluss vom 18. Oktober 2013 - L 8 AS 1254/12 B KO - juris RdNr. 18). Dementsprechend wurde auch in der Vergangenheit schon angenommen, dass die Untätigkeitsklage und das auf das materielle Begehren gerichtete Klageverfahren keine identischen Streitgegenstände aufweisen (LSG Sächsisches LSG, Beschluss vom 18. Oktober 2013 - L 8 AS 1254/12 B KO - juris RdNr. 18; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. Mai 2008 - L 19 B 24/08 AS - juris 28; SG Hildesheim, Beschluss vom 30. März 2009 - S 12 SF 60/09 E). Handelt es sich aber um verschiedene Angelegenheiten, so ist die höhere Bedeutung der auf die Durchsetzung des materiellen Anspruchs gerichteten Angelegenheit bei der Bewertung der Bedeutung der Untätigkeitsklage unbeachtlich.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des BSG vom 10. Oktober 2017 - B 12 KR 3/16 R, in der das BSG bei der Prüfung der Statthaftigkeit einer Berufung, der erstinstanzlich eine Untätigkeitsklage zugrunde lag, hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes auf den Wert des erstrebten Verwaltungsaktes abgestellt hat. Das BSG hat sich allein mit der Frage befasst, ob ein auf einer Untätigkeitsklage beruhendes Berufungsverfahren zulässig sein kann, wenn (nicht einmal) der Wert des erstrebten Verwaltungsaktes den erforderlichen Berufungsbeschwerdewert von 750,00 EUR nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG übersteigt und dies verneint. Zur Frage, ob bei der Beurteilung der - notwendig subjektiven - Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin im Rahmen der Gebührenfestsetzung nach dem RVG auch auf das hinter der Untätigkeitsklage stehende materielle Interesse oder doch nur auf das formale Bescheidungsinteresse abgestellt werden darf, verhält sich die Entscheidung des BSG dagegen nicht.

2.

Der Beschwerdeführer hat auch keinen Anspruch auf Festsetzung einer Terminsgebühr.

Die Voraussetzungen für die Entstehung einer Terminsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1 VV RVG für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen oder für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen bzw. nach Nr. 3106 Satz 2 Nr. 2 VV RVG für eine Verfahrensbeendigung durch Gerichtsbescheid sind weder vom Beschwerdeführer vorgetragen noch aus den Umständen zu ersehen.

Die Terminsgebühr ist auch nicht nach Ziffer 3106 Satz 2 Nr. 1 VV RVG entstanden, weil der Rechtsstreit weder durch ein Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden noch durch einen unter Mitwirkung oder auf Veranlassung des Gerichts geschlossenen schriftlichen Vergleich nach § 202 SGG in Verbindung mit § 278 Abs. 6 Zivilprozessordnung (ZPO) oder nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG beendet worden ist.

Die Terminsgebühr ist schließlich auch nicht nach Nr. 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG entstanden, weil eine Verfahrensbeendigung durch angenommenes Anerkenntnis gemäß § 101 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich ist. Im Ausgangsverfahren S 41 AS 2161/16 fehlt es an einer vom dortigen Beklagten abgegebenen Prozesserklärung, aus der ein prozessual gewolltes Anerkenntnis zu entnehmen sein könnte. Ein angenommenes Anerkenntnis i.S.v. § 101 Abs. 2 SGG setzt voraus, dass ein Beteiligter einen prozessualen Anspruch durch Prozesserklärung gegenüber dem Gericht anerkennt und der andere Beteiligte das Anerkenntnis durch Prozesserklärung gegenüber dem Gericht annimmt (BSG, Urteil vom 8. September 2015 -B 1 KR 1/15 R -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. November 2008 - L 20 B 59/08 SO - juris RdNr. 43; B.Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 101 RdNr. 21). Mit dem Schriftsatz vom 13. Januar 2017 wurde jedoch lediglich der Erlass des Widerspruchsbescheids am 12. Januar 2017 mitgeteilt und ein Kostengrundanerkenntnis erklärt. Eine Beendigung des Untätigkeitsklageverfahrens nach § 88 SGG durch den Erlass des begehrten Verwaltungsaktes stellt kein Anerkenntnis im prozessualen Sinne dar (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. November 2008 - L 20 B 59/08 SO - juris RdNr. 43). Denn bei einer Untätigkeitsklage tritt die Erledigung durch den Erlass des begehrten Bescheides und pflichtgemäßer Abgabe einer der in § 88 Abs. 1 Satz 3 SGG vorgeschriebenen Erledigungserklärung durch den Kläger ein; das Rechtsschutzbedürfnis ist dabei schon mit dem Erlass des Bescheides entfallen. Dies steht dem "angenommenen Anerkenntnis" i.S.v. § 101 Abs. 2 SGG nicht gleich (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.11.2008 - L 20 B 59/08 SO - juris RdNr. 43).

3. Nach der Rechtsprechung des beim Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen für Vergütungsfestsetzungsbeschwerden gemäß § 1 Abs. 3, § 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG zuständigen Senats beschränkt sich der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts bei einer nicht für alle Streitgenossen erfolgten Prozesskostenhilfebewilligung auf den aus dem Gesamtbetrag der anwaltlichen Kosten für die Vertretung aller Streitgenossen errechneten kopfteiligen Vergütungsanteil (vgl. Beschlüses des Senats vom 27. März 2018 - L 7 AS 28/17 B - und vom 22. Juni 2016 - L 7 AS 152/15 B). Für das Verfahren S 41 AS 2161/16 errechnen sich daraus bei drei vom Beschwerdeführer vertretenen Streitgenossen und anwaltlichen Gesamtkosten in Höhe von 249,90 EUR (100,00 EUR zzgl. 3 x 30,00 EUR zzgl. 20,00 EUR Post- und Telekommunikationspauschale zzgl. 39,90 EUR MwSt) kopfteilige Vergütungsanteile in Höhe von 83,30 EUR (249,90 EUR / 3) und damit bei einer Prozesskostenhilfebewilligung für lediglich einen Streitgenossen - wie hier - ein Vergütungsfestsetzungsanspruch des Beschwerdeführers gegenüber der Staatskasse in Höhe von 83,30 EUR. Mit der Vergütungsfestsetzung in Höhe von 214,20 EUR hat der Beschwerdeführer im Ergebnis also einen erheblich höheren Betrag erhalten, als ihm zustand, was auch darauf zurückzuführen ist, dass sowohl der Urkundsbeamte als auch das SG offenbar übersehen haben, dass lediglich der Klägerin zu 1) des Ausgangsverfahrens S 41 AS 2161/16 Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, den dortigen Klägern zu 2) und 3) dagegen nicht.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).