Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 25.01.2017, Az.: L 3 KA 16/14

Sachlich-rechnerische Richtigstellung von Honorarforderungen der Vertragsärzte durch die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV); Geltung der Richtigstellungsbefugnis für den Fall der Umwandlung einer Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft; Künstlich produzierte Honorarzuwächse durch die Erweiterung des fallzahlabhängigen Praxisbudgets beider Praxen; Gemeinsame und gemeinschaftliche Ausübung der ärztlichen Tätigkeit durch Behandlung eines gemeinsamen Patientenstammes; Rechtmäßigkeit von Honorarberichtigungen und -rückforderungen vertragsärztlichen Honorars nach Umwandlung einer Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
25.01.2017
Aktenzeichen
L 3 KA 16/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 14151
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 11.12.2013 - AZ: S 72 KA 195/08

Fundstelle

  • GesR 2017, 300-301

Redaktioneller Leitsatz

1. In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass die Richtigstellungsbefugnis auch den Fall der Umwandlung einer Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft umfasst, bei der sich die auf die gemeinsame Behandlung des Patientenstamms gerichtete Praxisführung nicht ändert und dadurch eine deutliche Fallzahlvermehrung der beteiligten Vertragsärzte sowie der abzurechnenden Leistungen entsteht.

2. Hintergrund ist, dass die Kooperationsform einer Praxisgemeinschaft in der Regel missbräuchlich genutzt wird, wenn ein hoher Anteil der Patienten der einen Praxis auch vom Arzt der anderen Praxis (weiterhin) behandelt wird.

3. Als Folge hiervon kommt es zu künstlich produzierten Honorarzuwächsen, insbesondere durch die Erweiterung des fallzahlabhängigen Praxisbudgets beider Praxen.

4. Die überhöhten Honorarabrechnungen der Einzelpraxen können dann sachlich-rechnerisch berichtigt und die Honorare auf die Höhe zurückgeführt werden, die die beteiligten Vertragsärzte im Fall der Führung einer Gemeinschaftspraxis zu beanspruchen hätten.

5. Für den strukturell gleichgelagerten Fall einer (nicht umgewandelten, sondern) neu gegründeten Praxisgemeinschaft, in der die beteiligten Vertragsärzte von vornherein ihren jeweiligen Patientenstamm im Wesentlichen gemeinsam behandeln, kann nichts anderes gelten.

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 11. Dezember 2013 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 1. zu 3/5 und die Klägerin zu 2. zu 2/5. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 57.326 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen Honorarberichtigungen und -rückforderungen vertragsärztlichen Honorars für die Quartale I bis IV/2002.

Der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. sind miteinander verheiratet und als Fachärzte für HNO-Heilkunde in G. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie waren bis 30. September 1996 gemeinsam mit dem Vater der Klägerin zu 2. in Gemeinschaftspraxis (jetzt: Berufsausübungsgemeinschaft (BAG)) tätig. Zum 1. Oktober 1996 schied die Klägerin zu 2. aus der Gemeinschaftspraxis aus; der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) wurde mitgeteilt, zwischen ihr und der im Übrigen weiterbestehenden Gemeinschaftspraxis bestehe nunmehr eine Praxisgemeinschaft. Zum 1. Januar 1999 verließ der Vater der Klägerin zu 2. die Gemeinschaftspraxis und wurde durch die HNO-Ärztin H. ersetzt. Ab 2003 trat die Klägerin zu 2. wieder als Mitglied der Gemeinschaftspraxis auf, die nach dem Ausscheiden der Ärztin H. zum Ende des 3. Quartals 2004 zwischen den Klägern fortgeführt wird.

Mit Bescheiden vom 5. März 2004 (betreffend das Quartal I/2002) berichtigte die Beklagte das Honorar der Gemeinschaftspraxis des Klägers zu 1. und der Ärztin H. iHv 15.269,48 Euro und das der Klägerin zu 2. um 9.865,46 Euro; die entsprechenden Beträge wurden zurückgefordert. Die Abrechnungen in der Praxisgemeinschaft seien fehlerhaft gewesen, weil eine unzureichende pflichtwidrige Organisation des Behandlungsgeschehens zu einer erheblichen Erhöhung der Fallzahl geführt habe. So seien 768 Patienten in beiden Praxen behandelt worden, wobei die Analyse stichprobenhaft ausgewählter Einzelfälle ergeben habe, dass die Behandlung teilweise arbeitsteilig angelegt und damit im Ergebnis gemeinsam erfolgt sei. Daran zeige sich, dass es die Praxisgemeinschaftspartner pflichtwidrig unterlassen hätten, den Behandlungsablauf insgesamt dergestalt einzurichten, wie es der Rechtsform ihres Zusammenschlusses in einer Praxisgemeinschaft entspreche. Es sei daher geboten, eine Neuberechnung der Honorare so vorzunehmen, als ob die beteiligten Ärzte der Praxisgemeinschaft die erbrachten Leistungen im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis abgerechnet hätten.

Hiergegen legten die Kläger am 1. April bzw am 30. März 2004 Widerspruch ein. Soweit sich die Beklagte auf die in der Plausibilitätskontrollen-Vereinbarung angeführte 20%ige Patientenidentität der Praxen gestützt habe, sei unklar, auf welche Bezugsgröße sich diese überhaupt beziehe. Außerdem sei in keiner Weise erwiesen, dass eine Mehrzahl von Arztkontakten der Patienten auf ein fehlerhaftes ärztliches Abrechnungsverhalten zurückgehe. Bei der Praxisgemeinschaft habe es sich auch nicht um eine ungenehmigte Gemeinschaftspraxis gehandelt, weil die Patientenkarteien getrennt geführt und den Praxen auch gesonderte Abrechnungsnummern erteilt worden seien. Auch die in der Plausibilitätsprüfung gerügte Doppeleinlesung der Chipkarte durch mehrere Ärzte der Praxisgemeinschaft begründe keinen Fehler in der Abrechnung. Ohne die Feststellung sachfremder Anreize zur Erhöhung der Fallzahlen und ohne tatsächlichen Nachweis einer Falschabrechnung habe eine Honorarkorrektur nicht durchgeführt werden können. Die Honorarberichtigung wegen eines Gestaltungsmissbrauchs der Praxisstrukturen finde im Vertragsarztrecht schließlich auch keine normative Grundlage.

Mit weiteren Bescheiden vom 15. Juni 2006 korrigierte die Beklagte dem Kläger zu 1. und der Klägerin zu 2. gegenüber die Honorare für die Quartale II bis IV/2002 um insgesamt 19.043,72 Euro bzw 13.147,19 Euro. Zur Begründung führte sie unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. März 2006 (B 6 KA 76/04 R) aus, dass im Falle einer ungenehmigten gemeinsamen Behandlung von Patienten wie in einer Gemeinschaftspraxis eine Honorarberichtigung vorgenommen werden könne. Dabei sei das Aufgreifkriterium der Patientenidentität in der Weise zu untersuchen, dass für jede Praxis einer Praxisgemeinschaft festgestellt wird, wie viele der behandelten Patienten zugleich in der Praxis des Gemeinschaftspartners behandelt worden sind. Dass im Falle der Praxisgemeinschaft der Kläger die Voraussetzungen für eine Honorarrückforderung vorgelegen haben, ergebe sich auch aus dem mittlerweile vorgelegten "Vertrag über die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis", der unter dem 2. Dezember 1998 vom Kläger zu 1., der Klägerin zu 2., deren Vater und Frau H. unterzeichnet worden sei. Vor diesem Hintergrund sei nachvollziehbar, dass in großer Anzahl Patienten sowohl in der Praxis des Klägers zu 1. als auch in der der Klägerin zu 2. behandelt worden seien. Dass die Gründung der Praxisgemeinschaft tatsächlich nicht umgesetzt worden sei, ergebe sich ua aus der Gestaltung der Sprechstundenzeiten und der fehlenden konsequenten Steuerung der Patienten zu der einen oder der anderen Praxis. Schließlich hätten die Kläger auch nicht berechtigterweise annehmen dürfen, ihre Art und Weise der Kooperation sei von der Bezirksstelle G. der Beklagten genehmigt oder gebilligt worden.

Zur Begründung ihrer hiergegen am 27. Juni 2006 eingelegten Widersprüche beriefen sich die Kläger im Wesentlichen darauf, dass der prozentuale Anteil der Doppelbehandlungsfälle nicht zutreffend errechnet worden sei. Im Gegensatz zu der von der Beklagten angeführten BSG-Rechtsprechung sei außerdem der Statuswechsel von der ursprünglich aus drei Ärzten bestehenden Gemeinschaftspraxis zu einer Praxisgemeinschaft entsprechend den Vorgaben der Rechtsprechung vollzogen und nach außen - insbesondere gegenüber den Patienten - kenntlich gemacht worden. Auch unter Berücksichtigung des 1998 abgeschlossenen Vertrages ergebe sich keine abweichende Bewertung, weil dort die Bezeichnung "Gemeinschaftspraxis" irrtümlicherweise verwendet worden sei.

Die Beklagte wies die Widersprüche mit den beiden Widerspruchsbescheiden vom 8. April 2008 - jeweils bezogen auf die Quartale I bis IV/2002 - zurück.

Hiergegen haben die Kläger am 21. April 2008 Klage zum Sozialgericht (SG) Hannover erhoben, mit der sie sich zunächst auf ihr bisheriges Vorbringen berufen haben. Ergänzend haben sie ausgeführt, dass der prozentuale Anteil identischer Patienten auf der Grundlage des Beschlusses des erkennenden Senats vom 22. April 2004 (L 3 KA 12/04 ER) in allen Quartalen unter den Grenzwerten der Plausibilitäts-Vereinbarung gelegen habe. Die Durchsicht von lediglich acht Behandlungsfällen der Kläger im Quartal I/2002 könne auch nicht als Grundlage für die Unterstellung genügen, dass bei der Gesamtfallzahl der Praxisgemeinschaft im Jahr 2002 (ca 15.700 Fälle) insgesamt eine implausible Abrechnung vorgelegen habe. Die im angegebenen Senatsbeschluss enthaltenen Voraussetzungen für eine Honorarberichtigung auf der Grundlage einer Alternativberechnung für eine fiktive dreigliedrige Gemeinschaftspraxis lägen ebenfalls nicht vor. Ein erheblicher Teil der Patientenüberschneidungen sei außerdem darauf zurückzuführen, dass apparative diagnostische Leistungen nur in der Praxis des Klägers zu 1. angeboten worden seien und auch nur dieser von der den Klägern erteilten Anerkennung als Belegarzt Gebrauch mache.

Mit Urteil vom 11. Dezember 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Eine Abrechnungsauffälligkeit iS einer missbräuchlichen Fallzahlvermehrung liege jedenfalls dann vor, wenn ein Grenzwert von 20 % bei der Patientenidentität erreicht werde und sich aus weiteren Umständen des Einzelfalls ergebe, dass die Ärzte tatsächlich wie die Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis zusammengearbeitet hätten.

Wenn diese Grenze in der früheren Praxis des Klägers zu 1. in zwei Quartalen unterschritten worden sei, sei dies auf das Nebeneinander einer aus zwei Ärzten bestehenden Gemeinschaftspraxis und einer Einzelpraxis zurückzuführen und stehe der Honorarberichtigung nicht entgegen. Auch das Vorliegen weiterer Umstände lasse den Schluss auf eine in einer Gemeinschaftspraxis üblichen Arbeitsweise zu. Dies ergebe sich aus dem Abschluss des "Vertrages über die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis" vom 2. Dezember 1998, aus der Abstimmung der Sprechzeiten in einer für eine Gemeinschaftspraxis typischen Gestaltung und daraus, dass die Patienten nicht eindeutig auf die Eigenständigkeit der Praxen hingewiesen worden seien. Außerdem hätten sachfremde Anreize gegenüber der jeweils anderen Praxis darin bestanden, dass die Kläger am wirtschaftlichen Erfolg des jeweils anderen Arztes partizipierten. Schließlich könnten sich die Kläger auch nicht darauf berufen, die Beklagte hätte seinerzeit alle Umstände gekannt und deshalb keine fachgebietsgleiche Praxisgemeinschaft genehmigen dürfen.

Gegen die ihnen am 16. Januar 2014 zugestellte erstinstanzliche Entscheidung haben die Kläger am 13. Februar 2014 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt. Sie legen dar, der Grund für die Gründung einer Einzelpraxis der Klägerin zu 2. mit Beginn des 4. Quartals 1996 sei ua gewesen, dass diese in der Gestaltung ihrer Sprechstundenzeiten eigenständiger habe sein wollen und vom Kläger zu 1. Zusatzqualifikationen erworben worden seien, die von der Klägerin zu 2. nicht hätten angeboten werden können. Da die Kläger miteinander verheiratet seien, sei es dem besonderen Schutz von Art 12 Abs 1 und Art 6 des Grundgesetzes (GG) zuzuordnen, wenn insoweit eine nähere Absprache der Strukturen und Inhalte der Berufsausübung zwischen Eheleuten stattfinde. Dass die Klägerin zu 2. tatsächlich eine Einzelpraxis geführt habe, könne nicht in Hinblick auf den im Dezember 1998 abgeschlossenen Vertrag negiert werden. Dieser Vertrag sei vom Kläger zu 1. selbst erstellt worden und müsse daher unter Berücksichtigung laienhafter Ausführungen ausgelegt werden. Von den beteiligten Ärzten sei gewollt gewesen, dass sich der Vertrag in erster Linie auf das Verhältnis zwischen dem Kläger zu 1. und Frau H. bezieht. Im Übrigen bestünden - unabhängig von der Quote der Doppelbehandlungsfälle - keine Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Nutzung der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft, was sich in erster Linie aus der Historie der Kooperation der Kläger untereinander, aber auch aus fachspezifischen unterschiedlichen Spezialisierungen ergebe. Entgegen der Auffassung des SG könne den Klägern die Gestaltung ihrer Sprechzeiten nicht vorgehalten werden, weil diese grundsätzlich im eigenen Gutdünken jeder Praxis liege. Wenn sich die in der Praxis erschienenen Patienten bei Abwesenheit einer der Kläger an den jeweils anderen habe wenden wollen, wäre es unethisch und abstrus gewesen, die Versicherten wieder nach Hause zu schicken. Im Übrigen habe in aller Regel auch ein nichtverschiebbarer Behandlungsbedarf vorgelegen. Dass es den Klägern nicht um eine Honoraroptimierung gegangen sei, ergebe sich schließlich auch daraus, dass die Kläger in der ganz überwiegenden Anzahl der Doppelbehandlungsfälle die Ordinationsgebühr nicht mehrfach berechnet hätten.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 11. Dezember 2013 sowie die Bescheide vom 5. März 2004 und vom 15. Juni 2006 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 8. April 2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie schließt sich den Entscheidungsgründen im angefochtenen erstinstanzlichen Urteil an. Im Übrigen komme es weder darauf an, inwieweit die Strukturen der ärztlichen Kooperation seit Jahren gewachsen sind, noch darauf, dass es sich um eine von familiären Beziehungen geprägte gemeinsame Berufsausübung gehandelt hat. Entgegen der Auffassung der Kläger ergebe sich aus dem Gesellschaftsvertrag eindeutig, dass tatsächlich der Abschluss eines Gemeinschaftspraxisvertrages gewollt gewesen sei. Die Kläger bestätigten mit ihren Ausführungen schließlich erneut, dass sie die Patienten in gegenseitiger Ergänzung versorgt haben. Es sei jedoch nicht zulässig, in einer Praxisgemeinschaft Patienten gemeinsam zu behandeln.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Urteil des SG Hannover vom 11. Dezember 2013 ist zutreffend.

1. Die Klage gegen die Bescheide vom 5. März 2004 und vom 15. Juni 2006 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 8. April 2008, die die Kläger in zulässiger Weise als einfache Streitgenossen erhoben haben (§ 74 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 61 Zivilprozessordnung (ZPO)), ist als isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) statthaft. Anders als bei quartalsgleichen sachlich-rechnerischen Berichtigungen ist nicht erforderlich, sie mit einer Verpflichtungsklage zu verbinden, weil bei der hier vorliegenden nachträglichen Honorarberichtigung allein aus der Aufhebung der Berichtigungs- und Rückforderungsbescheide folgt, dass das Honorar in der ursprünglich festgesetzten Höhe beansprucht werden kann und zwischenzeitlich erfolgte Honorareinbehalte rückabgewickelt werden müssen (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 62).

Der Kläger zu 1. ist auch befugt, sich allein gegen die seine frühere Gemeinschaftspraxis mit der Ärztin H. betreffenden Bescheide zu wenden. Da sich aus Forderungen, die gegen die Gemeinschaftspraxis gerichtet werden, auch eine Haftung der einzelnen Mitglieder der Praxis ergibt, hat dieser ein Wahlrecht, ob er diese zusammen mit seinen Praxispartnern gemeinschaftlich oder ob er sie allein abwehren will (vgl hierzu BSG SozR 3-2500 § 82 Nr 3; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26).

2. Die auch im Übrigen zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat die Beklagte die Honoraranforderungen für die Quartale I bis IV/2002 korrigiert und insgesamt einen Betrag iHv 57.325,85 Euro zurückgefordert.

a) Die KÄVen sind zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung von Honorarforderungen befugt, soweit ein Vertragsarzt bei seiner Quartalsabrechnung Gebührennummern ansetzt, deren Tatbestand durch seine Leistung nicht erfüllt ist oder die er aus anderen Gründen nicht in Ansatz bringen darf. Dasselbe gilt, wenn der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen die Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 3 mwN). Rechtsgrundlagen für diese Richtigstellungsbefugnis waren ursprünglich § 45 Abs 2 S 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Abs 4 S 2 Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä), an deren Stelle seit dem 1. Januar 2004 § 106a Abs 2 S 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V; idF des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) vom 14. November 2003, BGBl 2003 2190) getreten ist. Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest.

Hierzu ist in der Rspr des BSG (SozR 4-5520 § 33 Nr 6) geklärt, dass die Richtigstellungsbefugnis auch den Fall der Umwandlung einer Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft umfasst, bei der sich die auf die gemeinsame Behandlung des Patientenstamms gerichtete Praxisführung nicht ändert und dadurch eine deutliche Fallzahlvermehrung der beteiligten Vertragsärzte sowie der abzurechnenden Leistungen entsteht. Hintergrund ist, dass die Kooperationsform einer Praxisgemeinschaft in der Regel missbräuchlich genutzt wird, wenn ein hoher Anteil der Patienten der einen Praxis auch vom Arzt der anderen Praxis (weiterhin) behandelt wird. Als Folge hiervon kommt es zu künstlich produzierten Honorarzuwächsen, im hier maßgeblichen Zeitraum insbesondere durch die Erweiterung des fallzahlabhängigen Praxisbudgets beider Praxen. Die überhöhten Honorarabrechnungen der Einzelpraxen können dann sachlich-rechnerisch berichtigt und die Honorare auf die Höhe zurückgeführt werden, die die beteiligten Vertragsärzte im Fall der Führung einer Gemeinschaftspraxis zu beanspruchen hätten. Für den strukturell gleichgelagerten Fall einer (nicht umgewandelten, sondern) neu gegründeten Praxisgemeinschaft, in der die beteiligten Vertragsärzte von vornherein ihren jeweiligen Patientenstamm im Wesentlichen gemeinsam behandeln, kann nichts anderes gelten (st Senatsrspr, vgl zB Urteile vom 21. März 2012 - L 3 KA 103/08 und vom 24. August 2016 - L 3 KA 54/13; vgl außerdem BSG, Beschluss vom 11. Mai 2011 - B 6 KA 1/11 B - ).

Für eine Gemeinschaftspraxis ist nach § 33 Abs 2 S 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) kennzeichnend, dass sich mehrere Ärzte des gleichen Fachgebiets oder ähnlicher Fachgebiete zu einer gemeinsamen und gemeinschaftlichen Ausübung des ärztlichen Berufs in einer Praxis zusammenschließen. Im Vordergrund steht dabei die gemeinschaftliche Behandlung von Patienten und die gemeinschaftliche Karteiführung sowie Abrechnung der erbrachten vertragsärztlichen Leistungen (vgl hierzu BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 1). Bei einer Praxisgemeinschaft (§ 33 Abs 1 Ärzte-ZV) hingegen handelt es sich um eine Organisationsgemeinschaft, die nicht der gemeinsamen und in der Regel jederzeit austauschbaren ärztlichen Behandlung eines einheitlichen Patientenstamms dient. Vorrangiger Zweck ist vielmehr die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und -einrichtung sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonen durch mehrere Ärzte durch Kostenreduzierung (vgl hierzu Engelmann in: von Wulffen/Krasney (Hrsg), Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht, S 431 f). Im Übrigen führen die Mitglieder einer Praxisgemeinschaft ihre jeweilige ärztliche Praxis selbstständig mit einem jeweils eigenen Patientenstamm bzw eigener Patientenkartei (vgl zu alledem auch BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 6 mwN).

Nach der überzeugenden Rspr des BSG (aaO) findet jedenfalls dann, wenn zwei in der Rechtsform einer Praxisgemeinschaft kooperierende Vertragsärzte desselben Fachgebietes mehr als 50 % der Patienten in einem Quartal gemeinsam behandeln, tatsächlich die für eine Gemeinschaftspraxis kennzeichnende gemeinsame und gemeinschaftliche Ausübung der ärztlichen Tätigkeit durch Behandlung eines gemeinsamen Patientenstammes statt. Denn bei einer derart hohen Patientenidentität muss das Patientenaufkommen koordiniert werden, was wiederum die für eine Gemeinschaftspraxis typische einheitliche Praxisorganisation erfordert (BSG aaO). Für die Berechnung der Quote kommt es dabei nicht auf die gemeinsame Berechnung für beide Praxen an. Anzusetzen ist vielmehr - entsprechend der von den Vertragsärzten gewählten Erscheinungsform der Praxisgemeinschaft - bei der einzelnen Praxis, die darauf zu untersuchen ist, wie hoch die Zahl der gleichzeitig auch in der anderen Praxis behandelten Patienten ist. Diese Sichtweise lag auch dem vom BSG aaO entschiedenen Fall zugrunde, wie die diesbezügliche Ausgangsentscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 9. Juni 2004 (L 5 KA 4316/02 - ) zeigt.

Allerdings kann auch bei einer Patientenidentität von weniger als 50 % ein Gestaltungsmissbrauch vorliegen. Das haben das LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 13. Dezember 2006 - L 11 KA 82/05 - : Überschreitungsquote 37,6% bzw 38,2%) und ihm folgend das BSG (Beschluss vom 5. November 2008 - B 6 KA 17/07 B - ; vgl auch schon BSG, Beschluss vom 17. September 2008 - B 6 KA 65/07 B) klargestellt. Dabei hat das BSG darauf abgestellt, dass auch nach den inzwischen (zum 1. Januar 2005) in Kraft getretenen Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfungen der KÄVen und der Krankenkassen gem § 106a Abs 6 S 1 SGB V (AbrPr-RL) eine Abrechnungsauffälligkeit bei der Überschreitung eines Grenzwerts von 20 % Patientenidentität zu vermuten ist (vgl hierzu § 11 Abs 2 AbrPr-RL idF vom 1. Juli 2008). In vergleichbarer Weise ist bereits die im Jahr 2002 in Niedersachsen geltende Verfahrensordnung zur Durchführung der Plausibilitätskontrollen nach §§ 75 Abs 1, 83 Abs 2 SGB V (NdsÄBl 2002, Heft 9, S 88) in ihrem § 5 Abs 3 davon ausgegangen, dass eine Abrechnungsauffälligkeit innerhalb von Praxisgemeinschaften anzunehmen ist, wenn der Anteil gemeinsamer Patienten dort nicht plausibel ist, was bei 20 % Patientenidentität (bei (teil)gebietsgleichen bzw versorgungsbereichsidentischen Praxen) der Fall ist. Dieser Rechtsprechung hat sich der erkennende Senat angeschlossen und einen Missbrauch der Kooperationsform Praxisgemeinschaft angenommen, wenn eine Patientenidentität von 20 % oder mehr vorliegt und zusätzlich die Umstände des Einzelfalls dafür sprechen, dass die Ärzte tatsächlich wie die Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis zusammengearbeitet haben (stRspr, vgl zB Urteile vom 26. Mai 2010 - L 3 KA 8/08 - und vom 10. November 2010 - L 3 KA 95/08). Sie ist schon deshalb überzeugend, weil die bei Praxisgemeinschaften üblicherweise auftretenden Patientenidentitäten deutlich geringer sind (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Dezember 2006 - L 11 KA 60/06 - : 3 bis 5 %; vgl auch Clemens in: jurisPK-SGB V, 3. Aufl, § 106a Rn 201: normalerweise bis maximal 15 %).

b) Zutreffenderweise sind das SG und die Kläger (im Schriftsatz vom 5. Dezember 2013) allerdings davon ausgegangen, dass diese Orientierungswerte zu modifizieren sind, wenn das Behandlungsverhalten einer (als solche auftretenden) Praxisgemeinschaft zu untersuchen ist, die aus einer Einzelpraxis und einer Gemeinschaftspraxis besteht. Denn würde man für beide Praxen denselben Wert von 20 % identischen Fälle anlegen, wäre die Gemeinschaftspraxis gegenüber der Einzelpraxis im Vorteil, weil sie über eine uU mehrfach höhere Patientenzahl verfügt und die Zahl der Patientenidentitäten sich deshalb in geringerem Umfang prozentual auswirkt als bei der Einzelpraxis. Es wäre aber sachwidrig und deshalb mit dem Gleichbehandlungsgebot nicht zu vereinbaren, in einem solchen Fall allein die kleine Praxis in Haftung zu nehmen, weil diese den Wert von 20 % überschreitet, die Gemeinschaftspraxis sie dagegen unterschreitet.

Ein solcher Fall liegt hier vor. Wie die Beklagte ermittelt hat, wiesen die Praxen der Kläger im 1. Quartal 2002 768 gemeinsame Patienten auf, Im Quartal II/2002 584, im Quartal III/2002 453 und im 4. Quartal 2002 408. Dies entsprach in der Praxis der Klägerin zu 2. prozentualen Anteilen von 49,52 %, 45,73 %, 40,2 % bzw 40,44 %, in der Praxis des Klägers zu 1. (in der mehr als doppelt so viele Patienten behandelt worden sind) dagegen "nur" von 28,57 %, 21,06 %, 18,99 % und 16,03 %. Dass die Gemeinschaftspraxis des Klägers zu 1. in der zweiten Hälfte des Jahres 2002 unter einen Anteil von 20 % gesunken ist, vermag sie angesichts der dargelegten rechnerischen Besonderheit und des Gesamtbilds der Anteile von Patientenidentitäten über mehrere Quartale hinweg aber nicht zu entlasten. Ob in vergleichbaren Fällen generell eine andere Berechnungsweise geboten ist oder von vornherein nur von der Überschreitungsquote der kleineren Praxis auszugehen ist, kann dabei dahinstehen. Denn zu Recht hat das SG darauf hingewiesen, dass auch die Praxis des Klägers zu 1. in den Quartalen III und IV/2002 noch über der für sich genommen bereits beachtlichen Quote von 15 % (vgl Clemens aaO) liegt.

c) Unabhängig hiervon kann es auf das Erreichen eines bestimmten prozentualen Anteils identischer Patienten beider Praxen ohnehin nicht ankommen, wenn im Einzelfall ohne Zweifel feststeht, dass die betroffenen Ärzte eine Gemeinschaftspraxis gebildet und (zur Abrechnungsmaximierung) nur nach außen den Eindruck erweckt haben, es handele sich um eine Praxisgemeinschaft. Das Vorliegen von Indizien dafür, dass die Mitglieder einer Praxisgemeinschaft "wie eine Gemeinschaftspraxis" gearbeitet haben, ist in einem solchen Fall nicht erforderlich. Denn in der Rspr des BSG (SozR 4-5520 § 32 Nr 4) ist geklärt, dass die KÄVen an eine tatsächlich nicht existierende Kooperationsform zwischen Ärzten nicht gebunden sind, selbst wenn diese in Unkenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten genehmigt worden war. Stellt sich zB nachträglich heraus, dass ein angeblich in Gemeinschaftspraxis tätiger Arzt in Wirklichkeit ein Angestellter seines Kollegen war, muss er sich im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung auch rechtlich als solcher behandeln lassen (und verlor auf der Grundlage der 1996 bis 2001 geltenden Rechtslage jeden Honoraranspruch, vgl BSG aaO).

Der Senat hat keine Zweifel daran, dass zwischen den Klägern im Jahr 2002 eine Gemeinschaftspraxis bestand. Denn sie haben gemäß dem "Vertrag über die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis" zusammengearbeitet, der am 2. Dezember 1998 zwischen den Klägern, dem Vater der Klägerin zu 2. und der Ärztin H. vereinbart worden ist. Nichts deutet demgegenüber darauf hin, dass es sich hierbei in Wirklichkeit um einen Vertrag zur Gründung einer Praxisgemeinschaft gehandelt hat, der nur fälschlicherweise (falsa demonstratio) als Gemeinschaftspraxisvertrag bezeichnet worden ist, wie die Kläger vortragen. Angesichts der durchweg professionell-juristischen Diktion des Vertragswerks kann schon nicht festgestellt werden, dass es sich insoweit um "laienhafte" Formulierungen handeln soll. Gegen eine falsa demonstratio spricht weiterhin, dass der Begriff "Gemeinschaftspraxis" nicht nur einmal in der Überschrift, sondern ca 50mal im Vertragsinhalt aufgeführt ist und zB in der Vorbemerkung zu § 37 geregelt wird, dass im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters möglichst versucht werden soll, mit diesem eine Praxisgemeinschaft (!) zu betreiben; der Unterschied zwischen Gemeinschaftspraxis und Praxisgemeinschaft war den Vertragsparteien demnach bekannt. Vor allem aber enthält der Vertrag vom Dezember 1998 eine Fülle von Regelungen, die nur im Zusammenhang mit der Gründung einer Gemeinschaftspraxis möglich oder sinnvoll sind, nicht jedoch bei einer Praxisgemeinschaft. Hierzu zählt zB § 3 Abs 1, wonach die Behandlungsverträge mit den Patienten mit Wirkung für und gegen die Gemeinschaftspraxis abgeschlossen werden, die Verpflichtung der Partner, der Gemeinschaftspraxis ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen (§ 6 Abs 1), die Genehmigungsbedürftigkeit von Nebentätigkeiten (§ 7), die Gewinnbeteiligung der Praxispartner gem § 13 und die Führung eines gemeinschaftlichen Kontos (§ 19 Abs 1), auf das gem § 22 Abs 1 die aus der gemeinsamen privaten und kassenärztlichen Tätigkeit entstehenden Honorare aus ambulanter Tätigkeit fließen.

d) Unabhängig hiervon wies die Tätigkeit der Kläger in den hier streitbefangenen Quartalen auch Merkmale auf, die bei Patientenidentitäten bis 50 % Indizien für einen Missbrauch der Kooperationsform sind.

aa) So haben der Kläger zu 1. mit seiner Kollegin H. einerseits und die Klägerin zu 2. andererseits ihre Sprechstunden so aufeinander abgestimmt, dass Wechsel von Patienten von einem zum anderen Arzt provoziert worden sind. Die Klägerin zu 2. hatte ihre Sprechstundenzeiten auf Montag-, Dienstag- und Donnerstagvormittag (jeweils von 08.30 Uhr bis 11.30 Uhr) und - im zweiwöchigen Wechsel - auf Freitagnachmittag (von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr) beschränkt; mittwochs hielt sie überhaupt keine Sprechstunde ab. Der Kläger zu 1. hatte demgegenüber Montag-, Dienstag- und Donnerstagnachmittag sowie Mittwoch- und Freitagvormittag Sprechstunde. Dieses Arrangement konnte dazu führen, dass Patienten, die zunächst von der Klägerin zu 2. behandelt worden waren, diese nicht antrafen und stattdessen vom Kläger zu 1. behandelt worden sind, was umso eher zu erwarten war, als die Kläger üblicherweise keine Terminvereinbarungen trafen, was für fachärztliche Praxen eher ungewöhnlich ist. Wie dem Senat aus zahlreichen bereits von ihm entschiedenen Fällen (vgl Senatsurteile vom 26. Januar 2011 - L 3 KA 96/09, vom 9. November 2011 - L 3 KA 107/10 und L 3 KA 97/10 - und vom 24. August 2016 - L 3 KA 54/13; Beschluss vom 26. März 2012 - L 3 KA 20/10) bekannt ist, ist eine derartige Sprechzeitgestaltung typischerweise in Fällen verdeckter Gemeinschaftspraxen vorzufinden. Wenn sich die Kläger demgegenüber darauf berufen, die Klägerin zu 2. habe in der Gestaltung ihrer Sprechstundenzeiten "eigenständiger sein" wollen und dies in Hinblick auf die zwischen ihnen bestehende Ehe unter den Schutz des Art 6 GG gestellt sehen möchten, ist dies als unsubstantiierte Schutzbehauptung zurückzuweisen.

bb) Dass es infolgedessen zu einer Vielzahl von Mehrfachbehandlungen gekommen ist, hat die Beklagte (bzw deren Plausibilitätsausschuss) insbesondere in ihren Anhörungen vor Erlass der angefochtenen Bescheide dargelegt, bei denen sie jeweils zehn beispielhafte Behandlungsfälle mit den Kombinationen eigene Leistungen/eigene Leistungen, eigene Leistungen/Mitbehandlung und eigene Leistungen/stationäre Behandlung dargelegt hat. Den hiergegen geltend gemachten Einwendungen der Kläger (auch in Hinblick auf das ihnen gegenüber angestrengte Disziplinarverfahren) lässt sich nichts entnehmen, was für eine Notwendigkeit dieser Mehrfachbehandlungen sprechen könnte. Vielmehr haben die Kläger regelmäßig nur betont, dass es den Patienten frei stehe, wann sie die Praxis aufsuchen bzw von welchem Arzt sie sich behandeln lassen. Dies wäre bei einer wirklichen Praxisgemeinschaft jedoch nicht der Fall, weil die Patienten zwar in denselben Praxisräumen, aber von verschiedenen Ärzten behandelt werden. Soweit die Kläger geltend machen, es sei "unethisch" bzw "abstrus", zum Teil langjährige Patienten wieder nach Hause zu schicken, verkennt dies die Rechtslage. Denn § 76 Abs 1 S 1 SGB V gewährt den Versicherten zwar freie Arztwahl, die Versicherten sollen nach § 76 Abs 3 S 1 SGB V den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt innerhalb eines Kalendervierteljahres aber nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln.

Dem Vorbringen der Kläger kann insbesondere nicht entnommen werden, dass in den vom Plausibilitätsausschuss genannten Fällen jeweils eine akute Behandlungsnotwendigkeit vorgelegen hat, die es unmöglich machte, den Patienten auf die Sprechstunde des jeweils zuständigen Arztes zu verweisen. Dies gilt umso mehr, als ein erheblicher Anteil der diskutierten Patienten länger andauernde Therapiemaßnahmen (Wärmetherapie, Hyposensibilisierung) durchführte, die auf die Praxen beider Kläger verteilt worden sind. Wenn die Kläger Doppelbehandlungen damit begründet haben, der jeweilige Patient habe vom anderen Arzt eine Zweitmeinung einholen wollen, ist mit der Beklagten darauf hinzuweisen, dass in Praxisgemeinschaft tätige Vertragsärzte dann einen entsprechenden Arztbericht an den anderen Behandler erstellt haben müssten. Ohne Erfolg berufen sich die Kläger schließlich darauf, nur der Kläger zu 1. verfüge über die besondere Qualifizierung zur Durchführung besonderer Diagnose- bzw Behandlungsmaßnahmen (wie in den Bereichen apparative Vestibularisdiagnostik, Otoneurologie oder Schlafapnoe-Diagnostik). Denn an konkreten einzelfallbezogenen Darlegungen, warum es im Fall der vom Plausibilitätsausschuss beispielhaft angeführten Patienten gerade aus diesem Grund zu einer Doppelbehandlung gekommen sein soll (vgl hierzu Senatsurteil vom 10. November 2010 - L 3 KA 40/07), fehlt es.

cc) Schließlich lassen die Praxisumstände im Jahr 2002 auch weitere Umstände erkennen, die dafür typisch sind, dass tatsächlich eine Gemeinschaftspraxis vorgelegen hat und nach außen das Bild einer Praxisgemeinschaft nur zu Abrechnungszwecken gezeigt worden ist. Hierzu gehört, dass die Chipkarten der Versicherten am Quartalsbeginn zeitgleich für beide Ärzte eingelesen worden sind (Senatsbeschluss vom 26. März 2012 - L 3 KA 20/10) und dass Mehrfachbehandlungen unter derselben Diagnose durchgeführt worden sind (Urteil des erkennenden Senats vom 10. November 2010 - L 3 KA 94/08 - und Senatsbeschluss vom 11. Dezember 2013 - L 3 KA 73/11). Auch der zeitliche Ablauf, wonach die Kläger zunächst auch offiziell "in Gemeinschaftspraxis" tätig gewesen sind, diese im Quartal IV/1996 - nach Inkrafttreten des fallzahlabhängigen arztgruppenbezogenen Teilbudgets HNO-Heilkunde (vgl hierzu BSG, Urteil vom 8. März 2000 - B 6 KA 8/99 R - ) - nach außen in eine Praxisgemeinschaft geändert haben und schließlich seit 2003 wiederum "in Gemeinschaftspraxis" tätig sind, dokumentiert, dass es zu einer wirklichen Veränderung der Praxisstrukturen nicht gekommen ist.

Wenn die Kläger demgegenüber darauf hinweisen, sie hätten durch verschiedene organisatorische Maßnahmen die Trennung der früheren Gemeinschaftspraxis umgesetzt, etwa durch getrennte Patientenkarteien und durch Ausgabe "tausendfacher" Handzettel zu den neuen Sprechstundenzeiten, kann dies nicht überzeugen. Denn diese Maßnahmen sind ersichtlich nicht in der Weise konsequent weiter geführt worden, dass die Patienten des Klägers zu 1. und der Klägerin zu 2. tatsächlich separiert voneinander behandelt worden sind.

e) Die nach alledem zu Recht erfolgte Honorarkorrektur und -rückforderung (nach § 50 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)) ist auch im festgesetztem Umfang nicht zu beanstanden. In Übereinstimmung mit der Rspr des BSG (SozR 4-5520 § 33 Nr 6) hat die Beklagte die Honorare in den streitbefangenen Quartalen so berechnet, wie sie von einer Gemeinschaftspraxis zu beanspruchen gewesen sind. Die sich hieraus ergebenden Honorardifferenzen sind auf den Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. unter Berücksichtigung der jeweiligen Fallwerte anteilig umgerechnet worden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG i.V.m. §§ 154 Abs 2, 159 S 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 100 Abs 1 ZPO. Dabei sind die auf den Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. entfallenden Kopfteile nach dem Anteil der sie betreffenden Rückforderungsbeträge am Gesamtstreitwert berechnet worden.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), liegen nicht vor.

Die Bestimmung des Streitwerts für das Berufungsverfahren ergibt sich aus der Anwendung des § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs 1 S 1, 52 Abs 3 S 1 Gerichtskostengesetz (GKG).