Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 09.01.2017, Az.: L 3 KA 87/16 B ER

Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss im Rahmen der Honorarkürzungen eines Vertragszahnarztes

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
09.01.2017
Aktenzeichen
L 3 KA 87/16 B ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 10134
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2017:0109.L3KA87.16B.ER.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 05.08.2016 - AZ: S 35 KA 21/16 ER

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 5. August 2016 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller und die Beigeladene zu 1. tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils zur Hälfte, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.401 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller (ASt) begehrt die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem zugunsten des Antragsgegners (Ag) ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss.

Der Ag ist als Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg (MKG-Chirurg) sowohl zur vertragsärztlichen als auch zur vertragszahnärztlichen Versorgung in H. zugelassen. Der ASt nahm ihm gegenüber für die Abrechnungsquartale IV/1999 bis III/2002, I/2004 bis III/2005 und I/2006 bis III/2006 Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise in einem Gesamtumfang von rund 390.000,00 Euro vor, was zu mehreren - mittlerweile rechtskräftig abgeschlossenen - Rechtsstreiten zwischen den Hauptbeteiligten führte. Die Klagen des Ag gegen die Honorarkürzungen hatten aber nur teilweise Erfolg. In dem das Quartal I/2002 betreffenden Verfahren erklärten die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt; daraufhin wurden dem ASt die Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens auferlegt (Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 5. März 2015, Az: L 3 KA 10/13; erstinstanzliches Az bei dem Sozialgericht (SG) Hannover: S 35 KA 28/09).

Unter dem 10. Juli 2015 trat der Ag sämtliche Erstattungsansprüche aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des SG Hannover ua zu den Az S 35 KA 28/09, L 3 KA 10/13 sowie zukünftige Erstattungsansprüche aus gerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschlüssen an seine Prozessbevollmächtigten ab; diese nahmen die Abtretungen unter demselben Datum an.

Mit Beschluss vom 5. August 2015 setzte die Urkundsbeamtin des SG die zu erstattenden Kosten für die Verfahren S 35 KA 28/09 und L 3 KA 10/13 einschließlich der Kosten des vorangegangenen Widerspruchsverfahrens fest. Auf die dagegen vom ASt eingelegte Erinnerung hat das SG Hannover die vom ASt an den Ag zu erstattenden Kosten (endgültig) auf 5.602,81 Euro nebst Zinsen iHv fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2015 festgesetzt (Beschluss vom 17. Dezember 2015, Az: S 85 SF 174/15 E).

Nachdem auf den festgesetzten Erstattungsbetrag keine Zahlung erfolgt war, erwirkte der Ag bei dem Amtsgericht (AG) Hannover wegen dieses Anspruchs einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB), mit dem vom Ag behauptete Kostenerstattungsansprüche des ASt gegen die Beigeladenen zu 2. bis 4. gepfändet worden sind. Der PfÜB wurde dem ASt am 20. Juni 2016 zugestellt.

Am 23. Juni 2016 hat der ASt bei dem SG Hannover Vollstreckungsabwehrklage erhoben und gleichzeitig beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des SG Hannover vom 17. Dezember 2015 bis zur Entscheidung über die Klage einstweilen ohne Sicherheitsleistung einzustellen. Die festgesetzte Erstattungsforderung bestehe nicht mehr; sie sei dadurch erloschen, dass die zu 1. beigeladene Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) einen Gesamtbetrag iHv 5.783,94 Euro (Hauptforderung nebst Zinsen iHv 181,13 Euro) auf dem von ihr geführten Abrechnungskonto des Ag gutgeschrieben habe. Auf der Grundlage der zwischen der Beigeladenen zu 1., den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen geschlossenen Vereinbarung über die Festsetzung, den Einzug und Verbleib von Honorarkürzungen und -rückforderungen aus der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V; Anl 2 zur Vereinbarung über die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V (PrüfV)) sei allein die Beigeladene zu 1. zur Einziehung von Kürzungs- bzw Rückforderungsbeträgen berechtigt. Dies müsse umgekehrt auch für die Gutschrift von Beträgen gelten. Dass der gutgeschriebene Betrag tatsächlich nicht zur Auszahlung gekommen sei, beruhe darauf, dass das Abrechnungskonto des Ag zum Zeitpunkt der Gutschrift einen - im Wesentlichen aus Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren resultierenden - Schuldsaldo iHv 130.973,32 Euro aufgewiesen habe.

Mit Beschluss vom 5. August 2016 hat das SG Hannover den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückgewiesen. Der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gehöre nicht zu den wechselseitigen Ansprüchen zwischen Vertragszahnarzt und KZÄV, die über das Honorarkonto als Kontokorrentverhältnis verrechnet werden könnten. Demzufolge könne mit der Gutschrift keine Erfüllung eingetreten sein.

Gegen den ihm am 18. August 2016 zugestellten Beschluss hat der ASt am 2. September 2016 Beschwerde zum LSG Niedersachsen-Bremen eingelegt. Entgegen der Annahme des SG gehe es im vorliegenden Verfahren nicht um Ansprüche der Prozessbevollmächtigten des Ag gegen diesen, sondern um Ansprüche des Ag gegen den ASt. Der ASt sei aus rechtlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, die Forderung des Ag zu erfüllen; dies sei nur über das bei der Beigeladenen zu 1. geführte Honorarkonto möglich gewesen. Die Beigeladene zu 1. habe dabei keine Aufrechnung, sondern eine - aus Sicht des ASt: zulässige - Verrechnung vorgenommen.

Der ASt beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 5. August 2016 aufzuheben und die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 17. Dezember 2015 (S 85 SF 174/15 E) bis zur Entscheidung über die Vollstreckungsabwehrklage einstweilen einzustellen, hilfsweise gegen Sicherheitsleistung.

Der Ag beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält sowohl eine Aufrechnung als auch eine Verrechnung seines gegen den ASt gerichteten Kostenerstattungsanspruchs über das von der Beigeladenen zu 1. geführte Honorarkonto für unzulässig und macht geltend, dass eine vormals im Honorarkonto aufgeführte Forderung iHv 130.973,32 Euro ohnehin nicht (mehr) bestehe. Nachdem die Beigeladene wegen dieser Forderung die Verwaltungsvollstreckung eingeleitet habe, habe der Ag insofern Vollstreckungsabwehrklage bei dem SG Hannover erhoben. In diesem Verfahren (Az: S 35 KA 4/16) habe die Beigeladene zu 1. den Klageanspruch anerkannt; mit der Annahme dieses Anerkenntnisses seitens des Ag sei eine etwaige Forderung in dieser Höhe jedenfalls erloschen.

Die Beigeladene zu 1. beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 5. August 2016 aufzuheben und die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 17. Dezember 2015 (S 85 SF 174/15 E) bis zur Entscheidung über die Vollstreckungsabwehrklage einstweilen einzustellen, hilfsweise gegen Sicherheitsleistung.

Sie trägt vor, sie habe lediglich die Zwangsvollstreckung wegen der Forderungen iHv insgesamt 130.973,32 Euro eingestellt, nicht aber auf die Begleichung des Schuldsaldos verzichtet.

Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte, der beigezogenen Verwaltungsakten des ASt sowie der beigezogenen Prozessakte des SG Hannover zum Verfahren S 35 KA 4/16 Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

1. Alleiniger Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem (Kostenfestsetzungs-)Beschluss des SG Hannover vom 17. Dezember 2015 (S 85 SF 174/15 E).

Mit dem das Verfahren einleitenden Schriftsatz vom 23. Juni 2016 hat der ASt sowohl eine Vollstreckungsabwehrklage erhoben als auch den damit verbundenen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gestellt. Ob das Vollstreckungsabwehrklageverfahren bei dem SG unter einem anderen Az gesondert eingetragen worden ist, lässt sich der Prozessakte nicht entnehmen; unabhängig hiervon hat das SG mit dem angefochtenen Beschluss vom 5. August 2016 aber lediglich über den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung entschieden. Der im Beschwerdeverfahren gestellte Antrag des ASt ("die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären") entspricht seinem Wortlaut nach zwar einem Antrag, über den lediglich im Hauptsacheverfahren der Vollstreckungsabwehrklage entschieden werden könnte (vgl Preuß in: Beck'scher Online-Kommentar ZPO, 22. Ed, § 767 Rn 2). Nach dem erkennbaren Begehren des ASt ist der Antrag aber dahin auszulegen, dass er auf eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung abzielt; gleichermaßen war der von der Beigeladenen zu 1. gestellte Antrag zu verstehen.

2. Die Beschwerde ist gem § 198 Abs 3 i.V.m. § 172 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.

a) Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist nach § 198 Abs 1 SGG i.V.m. § 769 Abs 1 S 1 Zivilprozessordnung (ZPO) statthaft.

Nach § 198 Abs 1 SGG gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der ZPO entsprechend, soweit sich aus dem SGG nichts anderes ergibt. Die Vorschrift gilt für die Vollstreckung aus gerichtlichen Entscheidungen, insbesondere auch aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gem § 199 Abs 1 Nr 4 SGG (vgl Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 198 Rn 3). Dabei kommt für eine Vollstreckung wegen einer Geldforderung insbesondere eine Pfändung und Überweisung von Forderungen in Betracht (§§ 829, 835 ZPO). Dafür zuständig ist gem § 198 Abs 1 SGG i.V.m. § 828 Abs 1 ZPO das Vollstreckungsgericht, idR also das AG, bei dem der Schuldner (hier: der ASt) im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.

Von dieser Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts - hier also des AG Hannover, das auf Antrag des Ag einen PfÜB erlassen hat - bleibt aber die Zuständigkeit der Sozialgerichte in solchen Verfahren unberührt, die dem Prozessgericht zugewiesen sind. Das ist in Bezug auf den vorliegenden Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung der Fall. Nach § 769 Abs 1 S 1 ZPO kann das Prozessgericht auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Prozessgericht in diesem Sinne ist das SG Hannover, bei dem die Vollstreckungsabwehrklage des ASt anhängig ist. Auch für die Vollstreckungsabwehrklage gem § 767 ZPO ist das SG als Prozessgericht des ersten Rechtszuges zuständig; die ausschließliche sachliche und örtliche Zuständigkeit liegt insoweit bei dem erstinstanzlichen Gericht des Verfahrens, in dem der Vollstreckungstitel geschaffen wurde (Preuß aaO, § 767 Rn 29 f mwN; vgl dazu allerdings auch Lackmann in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl, § 769 Rn 2, wonach es für die Zuständigkeit im Rahmen des § 769 ZPO nicht darauf ankommt, ob das Prozessgericht auch für die Klage in der Hauptsache zuständig ist).

Für derartige Rechtsbehelfe ist im SGG nichts anderes geregelt, sodass die Vorschriften der §§ 767, 769 ZPO über § 198 SGG Anwendung finden (vgl dazu Leitherer aaO, Rn 5a und 7; im Ergebnis ebenso LSG Niedersachsen, Beschluss vom 18. Februar 1983 - L 3 S (U) 141/82 - Breith 1983, 839; Erkelenz in: Jansen, SGG, 4. Aufl, § 198 Rn 23).

b) Die Beschwerde ist nicht durch besondere Bestimmungen des SGG ausgeschlossen und somit statthaft.

§ 198 Abs 1 SGG ordnet die entsprechende Geltung des Achten Buch der ZPO nur insoweit an, als sich aus diesem Gesetz (dem SGG) nichts anderes ergibt. Das SGG enthält jedoch Vorschriften über Rechtsmittel gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte; gem § 172 Abs 1 SGG findet hiergegen mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das LSG statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Im vorliegenden Zusammenhang besteht ferner die Regelung in § 198 Abs 3 SGG, wonach "die Beschwerde (§§ 172 bis 177)" an die Stelle der sofortigen Beschwerde tritt.

Das SGG enthält aber auch Bestimmungen über die Statthaftigkeit und den Ausschluss der Beschwerde; diese finden sich insbesondere in den im Klammerzusatz des § 198 Abs 3 SGG bezeichneten Vorschriften. Insofern ist dem Gesamtkontext der in §§ 198 und 172 ff SGG getroffenen Regelungen zu entnehmen, dass die Statthaftigkeit der Beschwerde ausschließlich nach den Vorschriften des SGG zu beurteilen ist. Das Achte Buch der ZPO findet in dieser Hinsicht keine entsprechende Anwendung (vgl dazu Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl, 99. Lfg, Stand 2/2016, § 198, III/110 - 85 - f).

Das SGG sieht einen Ausschluss der Beschwerde gegen Entscheidungen der Sozialgerichte über Anträge auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht vor (vgl demgegenüber Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 21. April 2004 - XII ZB 279/03, Rn 7 ff - BGHZ 159, 14, wonach gegen Entscheidungen des Prozessgerichts nach § 769 Abs 1 ZPO kein Rechtsmittel gegeben ist). Versteht man derartige Verfahren als solche des einstweiligen Rechtsschutzes, ergäbe sich vorliegend auch kein Ausschluss der Beschwerde aus § 172 Abs 3 Nr 1 SGG, weil in der Hauptsache die Berufung nicht der Zulassung bedürfte (§§ 143, 144 Abs 1 S 1 SGG). Damit bleibt es bei der in § 172 Abs 1 SGG angeordneten Statthaftigkeit der Beschwerde.

3. Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des SG Hannover vom 17. Dezember 2015 ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist Vollstreckungsabwehrklage erhoben worden und bei dem SG Hannover weiterhin anhängig (vgl dazu Lackmann in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl, § 769 Rn 2).

4. In der Sache ist der Antrag jedoch unbegründet.

a) Die Entscheidung über den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gem § 769 Abs 1 S 1 ZPO ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts. Maßgebend sind dabei die Erfolgsaussichten der (Vollstreckungsabwehr-)Klage sowie die Möglichkeit des Schuldners, Sicherheit zu leisten. Das ergibt sich aus der Regelung in § 769 Abs 1 S 2 ZPO, wonach das Gericht eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht festsetzt, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt nicht in Betracht, wenn die Erfolgsaussichten völlig fehlen; im Übrigen kommt es auf eine gegenseitige Abwägung der Schutzbedürfnisse von Gläubiger und Schuldner an (vgl Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken, Beschluss vom 19. November 2001 - 2 WF 91/01, Rn 4 - FamRZ 2002, 556; Lackmann aaO, § 769 Rn 3 und § 707 Rn 6 jeweils mwN).

b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe scheidet eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus, weil die Klage des ASt keine Aussicht auf Erfolg hat.

aa) Die Klage ist zulässig; insbesondere besteht dafür ein Rechtsschutzbedürfnis des ASt. Ein solches liegt vor, sobald eine Zwangsvollstreckung ernstlich droht (Herget in: Zöller, ZPO, 31. Aufl, § 767 Rn 8 mwN). Das ist hier der Fall; der PfÜB des AG Hannover ist dem ASt bereits zugestellt worden und die Vollstreckung aus dem Titel ist noch nicht beendet. Als Anspruchsgrundlage der damit gepfändeten angeblichen Forderungen des ASt gegen die Beigeladenen zu 2. bis 4. (Drittschuldner) kommt die Regelung in §§ 106 Abs 4a S 7, 72 Abs 1 S 2 SGB V in Betracht. Danach tragen die KZÄV und die beteiligten Krankenkassen die Kosten der Prüfungsstelle und des Beschwerdeausschusses je zur Hälfte. Etwaige daraus resultierende Ansprüche gehören zum Vermögen des ASt als selbstständige Einrichtung der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen (vgl § 1 Abs 1 S 1 Wirtschaftlichkeitsprüfungs-Verordnung (WiPrüfVO); zur selbstständigen Planung und Ausführung von Einnahmen und Ausgaben vgl § 4 Abs 4 S 3 WiPrüfVO), sodass dieser auch ein eigenes Rechtsschutzbedürfnis für den von ihm gestellten Antrag geltend machen kann.

bb) Nach dem insoweit anzulegenden Maßstab einer summarischen Prüfung (vgl Lackmann aaO) wird die Vollstreckungsabwehrklage aber in der Sache keinen Erfolg haben können.

Eine Vollstreckungsabwehrklage ist begründet, wenn und soweit dem Kläger eine materiell-rechtliche (rechtsvernichtende oder rechtshemmende) Einwendung gegen den titulierten Anspruch zusteht, die nicht nach § 767 Abs 2 und 3 ZPO präkludiert ist. Als rechtsvernichtende Einwendung kommt insbesondere ein Erlöschen des titulierten Anspruchs durch Erfüllung oder Aufrechnung mit einer Gegenforderung in Betracht. Ferner kann mit der Klage ein Verlust der Sachlegitimation des Schuldners geltend gemacht werden, der insbesondere im Fall einer Abtretung des titulierten Anspruchs in Betracht kommen kann (vgl dazu näher Preuß aaO, § 767 Rn 17 ff und 21 ff mwN). Derartige Einwendungen greifen hier aber nicht durch.

(1) Die Abtretung der Kostenerstattungsansprüche des Ag an dessen Prozessbevollmächtigte hat keine Unzulässigkeit der vom Ag betriebenen Zwangsvollstreckung zur Folge.

Dabei kann die Wirksamkeit der Abtretung ebenso dahinstehen wie die (soweit ersichtlich) bisher in Rechtsprechung und Literatur ungeklärte Frage, ob in dem vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägten sozialgerichtlichen Verfahren (§ 103 S 1 Halbs 1 SGG) die Regelung in § 767 Abs 3 ZPO uneingeschränkt Anwendung finden kann. Nach dieser Vorschrift muss der Schuldner in der Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war. Der ASt hat sich vorliegend aber gar nicht darauf berufen, dass die Kostenerstattungsforderung infolge der Abtretung auf die Prozessbevollmächtigten des Ag übergegangen und damit die vom Ag selbst eingeleitete Zwangsvollstreckung aus diesem Grunde unzulässig wäre. Da eine Kopie der Abtretungserklärung schon vor Erhebung der Vollstreckungsabwehrklage zur Verwaltungsakte genommen worden ist und die Erhebung der Einwendung demzufolge möglich war, wäre der ASt nach zivilprozessualen Grundsätzen deshalb mit dieser Einwendung präkludiert.

Darauf kommt es hier im Ergebnis aber deshalb nicht an, weil jedenfalls den Umständen zu entnehmen ist, dass der Ag weiterhin zur Einziehung der Forderung berechtigt ist. In der zivil-gerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass der Titelgläubiger trotz Abtretung der titulierten Forderung die Legitimation behält, den Anspruch im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen, wenn er aufgrund einer vom Zessionar erteilten Einziehungsermächtigung materiell weiter befugt bleibt, Leistung an sich zu verlangen (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2000 - IX ZR 255/99, Rn 5 - BGHZ 145, 352). Dem schließt sich der Senat an, und so liegt der Fall auch hier: Wenn die Prozessbevollmächtigten des Ag (Zessionare) die Zwangsvollstreckung nicht - nach Umschreibung des Titels - im eigenen Namen, sondern im Namen des Ag (Titelgläubigers) betreiben, ergibt sich daraus ohne weiteres eine mit der Erteilung einer Einziehungsermächtigung gleichzustellende Sachlage. Im Übrigen könnte der ASt mit dem Einwand der Abtretung im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage auch deshalb nicht durchdringen, weil er seine Belange in dieser Hinsicht auf dem einfacheren Weg einer Erfüllung seiner Verbindlichkeit durch Hinterlegung wahren könnte (BGH aaO, Rn 14 f).

(2) Der titulierte Kostenerstattungsanspruch ist aber auch nicht erloschen, insbesondere nicht durch die von Seiten der Beigeladenen zu 1. vorgenommene Einstellung der Forderung in das Honorarkonto des Ag.

Ein Erlöschen des Anspruchs kommt insofern nur unter den rechtlichen Gesichtspunkten einer Aufrechnung oder Verrechnung in Betracht. Entgegen der Auffassung des SG ist insoweit der Honoraranspruch der Prozessbevollmächtigten des Ag gegen diesen im vorliegenden Rechtsstreit nicht von Belang; vollstreckt wird aus dem zugunsten des Ag ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss, und gegen den darin titulierten Erstattungsanspruch hat die Beigeladene zu 1. möglicherweise eine Aufrechnung oder Verrechnung mit Honorarrückforderungsansprüchen erklärt. Dafür besteht indessen keine Rechtsgrundlage.

(a) Die Regelungen in der Anl 2 zur PrüfV scheiden als Grundlage für eine Aufrechnung oder Verrechnung des streitbefangenen Kostenerstattungsanspruchs gegen bzw mit eventuellen Honorarrückforderungsansprüchen aus. Dabei kann dahinstehen, ob eine derartige Regelung in dieser Vereinbarung überhaupt mit höherrangigem Recht vereinbar wäre; jedenfalls ist eine solche Regelung des vom ASt angenommenen Inhalts nicht getroffen worden. Der ASt nimmt insofern selbst nur Bezug auf die Regelung in § 4 Abs 1 der Anl 2 zur PrüfV, die eine Befugnis der Beigeladenen zu 1. zum Einzug von (Honorar-)Kürzungs- oder Regressbeträgen voraussetzt. Eine Gutschrift von Beträgen, die der Vertragszahnarzt von Dritten beanspruchen kann, ist aber etwas völlig anderes; insoweit ist der vom ASt gezogene Erst-Recht-Schluss nicht berechtigt. Zwar wird ein an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmender Zahnarzt durch eine solche Gutschrift nicht beschwert sein, wenn sein Honorarkonto ausgeglichen ist und die Gutschrift zu einer realen Auszahlung und somit Erfüllung des Anspruchs führt; der Zahlung kommt dann als Leistung durch Dritte (§ 267 Abs 1 S 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) schuldbefreiende Wirkung zu. Bei dem hier gegebenen Sachverhalt eines negativen Kontensaldos ist die Buchung einer derartigen Gutschrift aber unmittelbar mit einem Anspruchsverlust des Vertragszahnarztes verbunden; dafür bedarf es nach allgemeinen Grundsätzen einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage (vgl dazu auch Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 7. Februar 2007 - B 6 KA 6/06 R, Rn 14 ff - SozR 4-2500 § 85 Nr 31).

(b) Eine derartige Rechtsgrundlage liegt aber auch ansonsten nicht vor.

(aa) Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht im Streit, dass die (vom Ag bestrittenen) Honorarrückforderungsansprüche und die titulierte Kostenerstattungsforderung in keinem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Die als Gegenforderung in Frage kommenden Honorarrückforderungsansprüche stehen jedenfalls im Ergebnis den Krankenkassen zu (vgl § 1 Abs 1 Anl 2 zur PrüfV), können aber von der Beigeladenen zu 1. eingezogen werden (vgl dazu insbes §§ 2 Abs 2, 4 Abs 1 Anl 2 zur PrüfV). Demgegenüber richtet sich die mit dem Beschluss des SG titulierte Hauptforderung des Ag gegen den ASt. Eine Aufrechnung scheidet daher mangels Gegenseitigkeit der Forderungen sowohl auf der Grundlage von § 51 Abs 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch ((SGB I), vgl dazu Siefert in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 91. EL September 2016, SGB I, § 51 Rn 7 mwN) als auch auf der des § 387 BGB (vgl insofern Schlüter in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl, § 387 Rn 6) aus. § 51 Abs 1 SGB I ist außerdem auch deshalb nicht anwendbar, weil es sich bei der Kostenerstattungsforderung des Ag nicht um eine Geldleistung im Sinne der Vorschrift handelt; davon erfasst sind nur Geldleistungen iSd § 11 S 1 SGB I, die dem Betroffenen zur Verwirklichung seiner sozialen Rechte zukommen sollen (vgl BSG aaO, Rn 16 mwN).

(bb) Aus dem letztgenannten Grund scheidet auch eine Verrechnung der Forderungen auf der Grundlage des § 52 Abs 1 SGB I aus. Diese Vorschrift lässt zwar das für Aufrechnungen maßgebliche Gegenseitigkeitserfordernis entfallen (BSG aaO); der Beigeladenen zu 1. obliegt aber gegenüber dem Ag keine Geldleistung iSd §§ 52 Abs 1, 11 S 1 SGB I, mit der Honorarrückforderungsansprüche verrechnet werden könnten.

(cc) Eine Verrechnungsmöglichkeit ergibt sich schließlich auch nicht aus Bestimmungen in den Bundesmantelverträgen. In § 24 Bundesmantelvertrag - Zahnärzte (BMV-Z) bzw § 21 Abs 1 S 1 Ersatzkassenvertrag - Zahnärzte (EKVZ) sind lediglich Möglichkeiten der Aufrechnung, des Einbehalts oder der Absetzung der zugunsten der Krankenkassen bestehenden Regress(Schadens-)Beträge bzw Forderungen der Ersatzkassen mit bzw von den Honorarforderungen des Vertragszahnarztes vorgesehen; die Kostenerstattungsforderung des Ag ist aber keine Honorarforderung.

c) Die Erstattungsforderung des Ag aus dem Beschluss des SG Hannover vom 17. Dezember 2015 ist nach alledem nicht erloschen, sodass die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss nicht unzulässig geworden ist. Aus diesem Grund konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG i.V.m. §§ 154 Abs 2 und 3, 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG i.V.m. § 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Senat bemisst die Bedeutung der Sache für den ASt in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes regelmäßig mit einem Viertel des in der Hauptsache streitigen Betrages. Dies hält der Senat auch im Verfahren auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung für sachgerecht; auch dieses Verfahren zielt nur auf eine vorläufige Regelung, sodass es gerechtfertigt ist, für die Bedeutung der Sache einen Bruchteil des im Hauptsacheverfahren der Vollstreckungsabwehrklage streitigen Betrages anzusetzen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).