Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 19.12.2008, Az.: 1 B 69/08

Beamter; Postamtmann; Zuweisung; Zuweisung, dauerhafte; Zuweisung, vorübergehende; Amtsangemessene Beschäftigung; Unterwertige Beschäftigung; Vollziehungsinteresse, besonderes; Dringlichkeit; Zustimmung; Callcenter; Tochterunternehmen

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
19.12.2008
Aktenzeichen
1 B 69/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 45912
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGLUENE:2008:1219.1B69.08.0A

Gründe

1

I.

Der Antragsteller ist Bundesbeamter auf Lebenszeit und bei der Dt. Telekom AG als Postamtmann (A 11) tätig, u.zw. seit August 2003 als Angehörige des Zentralen Betriebes "Vivento".

2

Nachdem er im September 2008 zur geplanten Zuweisung einer Tätigkeit bei der VCS-GmbH angehört worden war, der er nicht zugestimmt hatte, da kein dringendes personalwirtschaftliches Interesse, zudem aufgrund des geplanten Verkaufs der VCS-GmbH keine dauerhafte Perspektive bestehe, wurde ihm durch Bescheid vom 4. November 2008 rückwirkend zum 1. November 2008 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung widerruflich eine Tätigkeit bei der gen. GmbH zugewiesen.

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Mit Schreiben vom 28. November 2008 legte der Antragsteller gegen diese Zuweisung Widerspruch mit der Begründung ein, ein dringendes betriebliches oder personal-wirtschaftliches Interesse gem. § 4 Abs. 4 PostPersRG für die Zuweisung sei nicht erkennbar, ein abstrakt- sowie konkret-funktionales Amt werde ihm nicht übertragen. Schließlich sei der Betriebsrat nicht beteiligt worden.

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Am 4. Dezember 2008 hat der Antragsteller um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht und hierzu vorgetragen, es fehle an dem besonderen Vollzugsinteresse, das im Einzelnen schriftlich zu begründen sei, § 80 Abs. 3 VwGO. Im Falle des § 4 Abs. 4 S. 2 PostPersRG, der ein dringendes betriebliches oder personalwirtschaftliches Interesse voraussetze, habe jeder Widerspruch stets aufschiebende Wirkung, zumal Zuweisungen nicht in den Katalog des § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG aufgenommen worden seien. Diese gesetzgeberisch vorgesehene Wirkung könne nur durch ein entsprechend belegtes Vollzugsinteresse dringender Art überwunden werden. Daran fehle es. Sodann sei die zugewiesene Tätigkeit, der sie nicht zugestimmt habe, nicht langfristig angelegt, da die VCS-GmbH schrittweise verkauft werde, wie aktuell die Veräußerung der Standorte Berlin, Leipzig, Gera, Göttingen und Rottweil an die D+S europe AG zeige. Deshalb werde die Zuweisung eben nicht - wie behauptet - von Dauer sein. Letztlich scheitere die Zuweisung an der mangelhaften Beteiligung des Betriebsrates: Die Maßnahme sei mitbestimmungspflichtig, so dass hier entweder zunächst von der Maßnahme abzusehen oder aber eine vorläufige Zuweisung auszusprechen sei, wobei letztere nur unter den strengen Voraussetzungen des § 69 Abs. 5 BPersVG in Betracht komme. Die Antragsteller beantragt,

  1. die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Antragstellers vom 28. November 2008 gegen den Zuweisungsbescheid vom 4. November 2008 wieder herzustellen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

  1. den Antrag abzulehnen.

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Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei ordnungsgemäß begründet worden und auch in der Sache tragfähig. Die Zuweisungsverfügung sei rechtmäßig: Die Zuweisung einer Tätigkeit zu einem Unternehmen iSv § 4 Abs. 4 S. 2 PostPers RG, wie das hier bei der 100 %igen Tochter VCS der Dt. Telekom AG der Fall sei, sei auch ohne Zustimmung des betroffenen Beamten zulässig. Die zugewiesenen Tätigkeiten seien zumutbar und auch amtsentsprechend bzw. amtsangemessen. Die Wertigkeitsprüfung werde anhand der Tätigkeitsbeschreibung nach summarischer Betrachtung und entsprechenden "Quervergleichen" vorgenommen. Dabei werde die "Arbeitsschwierigkeit in ihrer Gesamtheit eingeschätzt". Verschiedene Bewertungsmerkmale würden dabei in die Wertung einbezogen, ohne im Einzelnen gewürdigt zu werden. Beim Quervergleich werde dann die ausgeübte Tätigkeit mit Funktionen bei der Dt. Telekom AG "gespiegelt". Da ihr ein Gestaltungs- und Organisationsspielraum zukomme, sei sie nicht verpflichtet, "strenge Trennungen nach der Bewertung der Einzelaufgaben vorzunehmen und hierfür gesonderte Funktionen festzulegen", zumal es sich um Arbeitsorganisation bei einem Tochterunternehmen handele. Die Zuweisung liege im dringenden personalwirtschaftlichen Interesse der Antragsgegnerin. Die Tätigkeit sei damit zumutbar. Die Aufgabenerfüllung der Dt. Telekom AG in allen Tätigkeitsfeldern erfordere die Zuweisung des Antragstellers aus betriebs- und personalwirtschaftlichen Gründen. Diese Belange erforderten den sofortigen Vollzug, zumal bei derartigen Belangen mit dem Erlassinteresse zugleich auch das sofortige Vollzugsinteresse "intendiert" sei. Nur besondere persönliche Härten seien geeignet, das betriebliche Interesse der Dt. Telekom AG zu überwiegen. Da der Antragsteller der Hoheitsgewalt seines Dienstherrn unterworfen sei, könne er nicht frei über Ort und Inhalt seiner Beschäftigung entscheiden, sondern müsse sich den Organisationsmaßnahmen des Dienstherrn fügen. Der behauptete Verkauf des Standortes Uelzen sei derzeit nicht absehbar.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze, den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.

8

II.

Der zulässige Antrag ist begründet.

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1. Der Antrag ist gem. § 80 Abs. 5 VwGO zulässig.

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1.1 Für den Antrag ist das angerufene Gericht gem. § 52 Nr. 4 VwGO zuständig, da dem Antragsteller bei der VCS-GmbH in Uelzen durch den angegriffenen Bescheid sofort vollziehbar Aufgaben und Arbeitsleistungen zugewiesen worden sind, Uelzen damit also sein Dienstort geworden ist.

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1.2 Beim beamtenrechtlichen Institut der vorübergehenden Zuweisung einer Tätigkeit (§ 123a BRRG, § 4 Abs. 4 S. 2 PostPersRG) handelt es sich um einen belastenden Verwaltungsakt (Schnellenbach, NJW-Schriften 40, 5. Aufl., Rdn. 135 ff.; Kotulla, ZBR 1995, 168 ff. / 171 und 365 m.w.N.), so dass Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren ist ( VG Schleswig-Holstein, Beschl.v. 24.04.2008 - 16 B 9/08 -) Die Zuweisung ist eine abordnungsähnliche Beurlaubung mit belastendem Charakter und verpflichtet zu einer Tätigkeit bei nicht behördlichen, nicht dienstherrnfähigen Einrichtungen (Kotulla, aaO.m.w.N.).

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Ein Widerspruch gegen diese Maßnahme hat grundsätzlich aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 1 VwGO, da § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG nur die Fälle der Abordnung und Versetzung erfasst, nicht aber die hier in Rede stehende Zuweisung. § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG ist weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar ( OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl.v. 18.07.2006 - 1 B 751/06 - juris), u.zw. auch nicht über § 2 Abs. 3 PostPersRG. Somit kommt hier das Regel-Ausnahmeverhältnis des § 80 VwGO zur Anwendung.

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2. Der Antrag ist auch begründet.

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2.1 Die sofortige Vollziehung ist hier zwar von der Antragsgegnerin iSv § 80 Abs. 3 VwGO formal begründet worden (S. 3/4 der angegriffenen Zuweisungsverfügung; vgl. Finkelnburg/Jank, NJW-Schriften 12, 4. Aufl., Rdn. 754/755), aber diese Begründung trägt nicht. In ihr soll nach dem Gesetz die qualitative Verschiedenheit des Vollziehungsinteresses gegenüber dem Interesse an der Grundverfügung zum Ausdruck kommen. Die Begründung hat eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darstellung des besonderen Vollzugsinteresses zu enthalten, an der es hier fehlt: Im Rahmen der Vollzugsanordnung sind nicht nur die öffentlichen Interessen zu berücksichtigen, sondern auch bereits die Interessen des Betroffenen sowie sonstige öffentliche wie private Interessen. Es sind mithin alle durch den Vollzug unmittelbar berührten und mit ihm verbundenen Interessen einzubeziehen (Kopp/ Schenke, VwGO-Kommentar, 15. Auflage, § 80 Rdn. 94 m.w.N.) - etwa auch Grundrechte und deren Bedeutung sowie die Tragweite ihrer Beschränkung durch etwaigen Vollzug.

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Es kann dahinstehen, ob die Gewährleistung einer amtsangemessenen Beschäftigung von Beamten im Bereich der Dt. Telekom AG - wie in der Vollzugsanordnung dargelegt - ganz allgemein ein öffentliches Interesse darstellt. Die von der Antragsgegnerin angeführte "harte Wettbewerbssituation", in welcher die Sicherstellung der Beschäftigung von voll alimentierten Beamten - wie die Antragsgegnerin meint - im Interesse der Bundesrepublik Deutschland liege, lässt diese Dringlichkeit ebenso wenig hervortreten wie der Verweis auf einen "rationellen" Einsatz von Beamten der Dt. Telekom AG. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um private Interessen einer privatrechtlich strukturierten Aktiengesellschaft handelt, deren Wahrnehmung im Interesse der Aktionäre liegt, also ihr Interesse an wirtschaftlicher Prosperität der Aktiengesellschaft widerspiegelt. Daran ändert Art. 143b GG nichts, der lediglich grundsätzlich die Umwandlung in private Rechtsformen ermöglicht und hierbei in Abs. 3 die "Wahrung" der Rechtsstellung der Bundesbeamten vorsieht. Durch diese Regelung werden die betriebswirtschaftlichen Interessen der Antragsgegnerin - einer Aktiengesellschaft - an einem effizienten und "rationellen" Einsatz ihres Personals auch in einer "harten Wettbewerbssituation" nicht automatisch zu einem stets beachtenswerten öffentlichen Interesse.

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Ausführungen dazu, aus welchen Gründen im Einzelnen der Einsatz des Antragstellers bei der VCS-GmbH in Uelzen - einer Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin - ab November 2008 unabweisbar sein soll, fehlen in der Vollzugsanordnung vom 29. Oktober 2008: Das Unvermögen der Antragsgegnerin, den Antragsteller "zur Zeit anderweitig zu beschäftigen" (S. 4 d. angef. Verfügung), belegt noch nicht zugleich - sozusagen "spiegelbildlich" - die unabweisbare Dringlichkeit seiner Zuweisung gerade zur VCS-GmbH in Uelzen. Soweit darauf verwiesen wird, dass andernfalls "Personal vom Arbeitsmarkt rekrutiert" werden müsse, was offenbar möglich ist, belegt die Antragsgegnerin damit selbst, dass strukturell gerade keine Zwangslage besteht, sondern die Vollzugsanordnung von allgemeinen betriebswirtschaftlichen Überlegungen gesteuert wird.

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Auch der bloße Hinweis darauf, dass so dem verfassungsrechtlich garantierten Rechtsanspruch auf Beschäftigung der Beamten aus Art. 143 Abs. 3 GG Rechnung getragen werde, belegt nicht das besondere öffentliche Vollzugsinteresse, das über jenes noch hinauszugehen hat, welches den Grundverwaltungsakt trägt. Damit wird nicht belegt, dass dieses Interesse derart - gesteigert - dringlich ist, dass es über ein "dringendes betriebliches oder personalwirtschaftliches Interesse", welches für den Grundverwaltungsakt erforderlich ist, hinausgeht und unbedingt sogleich seiner sofortigen Umsetzung bedarf.

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Irgendeine konkrete Dringlichkeit im Sinne eines besonders gelagerten Vollzugsinteresses ist so nicht dargetan (so auch VG Ansbach, Beschluss v. 30.7.2008 - AN 11 SO 8.01173 -).

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Schon dieses Fehlen eines Vollzugsinteresses führt zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des § 80 Abs. 1 VwGO.

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2.2 Die im Übrigen von der Kammer (hilfsweise) vorgenommene Abwägung der widerstreitenden Interessen fällt zu Gunsten des Antragsteller aus. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt nicht das private Interesse der Antragsteller, von der Vollziehung einstweilen verschont zu bleiben.

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2.2.1 Die Anforderungen, die § 4 Abs. 4 PostPersRG an die Zuweisung einer Tätigkeit bei einem Tochterunternehmen stellt, sind nicht erfüllt.

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Eine dauerhafte Zuweisung einer dem Amt entsprechenden Tätigkeit ist zwar auch ohne Zustimmung des Beamten zulässig bei Unternehmen, deren Anteile ganz oder mehrheitlich der Aktiengesellschaft gehören, bei der der Beamte beschäftigt ist, wenn die Aktiengesellschaft hieran ein dringendes betriebliches oder personalwirtschaftliches Interesse hat und die Zuweisung nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen zumutbar ist (§ 4 Abs. 4 S. 2 PostPersRG), aber die erhöhten Anforderungen eines "dringenden betrieblichen oder personalwirtschaftlichen Interesses" dürften hier nicht erfüllt sein. Denn allein deshalb, weil es der Antragsgegnerin nicht möglich ist, den Antragsteller "zur Zeit anderweitig zu beschäftigen" (S. 4 d. angef. Verfügung), ist noch nicht die gesetzlich erforderliche Dringlichkeit des gen. Interesses belegt. Ihr Interesse am Einsatz von vorhandenem Personal, "das ohnehin besoldet werden muss", anstelle von "zusätzlichem Personal", das noch eingestellt werden müsste, ist aber eine mehr unternehmerische Entscheidung, aber kein Beleg für die gesetzlich geforderte Dringlichkeit.

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Zudem fehlt es hier an der Zustimmung des Antragstellers, die in Übereinstimmung mit § 123a BRRG jedoch grundsätzlich erforderlich ist. Wie bedeutsam der Gesetzgeber die Zustimmung des betroffenen Beamten einschätzt, zeigen S. 4 und S. 5 des § 4 Abs. 4 PostPersRG: Bei Mehrheitsveränderungen (S. 5) und bei Auslandstätigkeiten sind Zustimmungen stets erforderlich. Die Zustimmung des betroffenen Beamten ist daher bei Zuweisungen der Regelfall, ihre Um- und Durchsetzung ohne entsprechende Zustimmung des Beamten die Ausnahme, was eine enge und zurückhaltende Auslegung bedingt: Wie § 123a Abs. 1 BRRG zeigt, ist bei vorübergehenden Zuweisungen ebenfalls die Zustimmung des betroffenen Beamten erforderlich. Lediglich und ausnahmsweise im Falle der Umwandlung einer Dienststelle kann gem. § 123a Abs. 2 BRRG auf eine Zustimmung des Beamten verzichtet werden. Eine nicht mehr nur vorübergehende Zuweisung, also eine länger andauernde oder gar "dauerhafte" Zuweisung ist nach § 123a BRRG - von der gen. Dienststellenumwandlung abgesehen - erst gar nicht vorgesehen. Die Umwandlung einer Dienststelle, so wie das in § 123a Abs. 2 BRRG vorausgesetzt wird, ist hier jedoch nicht erkennbar, so dass auf dem Hintergrund des § 123a BRRG iVm Art. 33 Abs. 5 GG (grundrechtsähnlicher Anspruch auf Berücksichtigung hergebrachter Grundsätze, BVerfGE 12, 87 f. [BVerfG 24.01.1961 - 2 BvR 74/60], u.a. Versetzungs-, Weisungs- Entlassungs- und Rechtsweggesichtspunkte) das in § 4 Abs. 4 S. 2 PostPersRG genannte Dringlichkeitsinteresse zurückhaltend eng mit entsprechend hohen Anforderungen an die Dringlichkeit auszulegen ist.

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Solche Dringlichkeit ist hier von der Antragsgegnerin jedoch nicht dargetan worden.

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2.2.2 Auf die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Zuweisungsverfügung weist zudem hin, dass die Antragsgegnerin es offenbar der VCS-GmbH überlässt, "einzelfallbezogene" Entscheidungen über "Angelegenheiten innerhalb der GmbH" zu treffen (S. 10 des Schr.v. 26. September 2008), sie diese also nicht mehr von ihrer Direktionsbefugnis als Dienstherrin getragen sieht. Das ist so nicht möglich. Denn der VCS-GmbH als einer privatrechtlichen GmbH mangelt es unstreitig an der Dienstherreneigenschaft. Der Anspruch auf eine amtsgemäße Verwendung aus Art. 33 Abs. 5 GG, § 123a Abs. 2 u. 3 BRRG sowie § 4 Abs. 4 S. 2 u. 3 PostPersRG kann grundsätzlich nur und allein durch den Dienstherrn strukturiert werden, muss also auch durch die Antragsgegnerin erfüllt werden. Nimmt nicht sie, sondern die VCS-GmbH die konkrete Ausgestaltung des Dienstverhältnisses und dessen Inhaltsbestimmung vor, so verletzt das beamtenrechtliche Grundsätze (vgl. dazu Schönrock, ZBR 2008, 230 ff. [BVerwG 25.10.2007 - BVerwG 2 C 30.07] / 232 [BVerwG 25.10.2007 - BVerwG 2 C 30.07]), die gemäß § 123a Abs. 3 BRRG jedoch unberührt bleiben sollen.

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2.2.3 Es ist nicht erkennbar, dass die dem Antragsteller gem. § 4 Abs. 4 S. 2 und 3 PostPersRG zugewiesenen Tätigkeiten eines Service-Center-Agenten amtsentsprechend und -angemessen sind. Der Status eines Beamten darf "nicht durch oder infolge einer Zuweisung beeinträchtigt werden" (so Schönrock, ZBR 2008, 230 [BVerwG 25.10.2007 - BVerwG 2 C 30.07] ff/ 233 [BVerwG 25.10.2007 - BVerwG 2 C 30.07]). Der Beamte ist nicht gezwungen, unterwertige Beschäftigungen hinzunehmen. Vgl. BVerwG, NVwZ-RR 2008, 268 [BVerwG 25.10.2007 - BVerwG 2 C 30.07]:

"Das bedeutet aber auch, dass der Dienstherr gehalten ist, dem Beamten solche Funktionsämter zu übertragen, die in ihrer Wertigkeit dem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechen (Urteile vom 11. Juli 1975 - BVerwG 6 C 44.72 - BVerwGE 49, 64 <67 f.>, vom 28. November 1991 - BVerwG 2 C 41.89 - BVerwGE 89, 199 <200> und vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 11.04 - a.a.O.S. 109; stRspr)."

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Das gilt auch und besonders bei der Zuweisung zu einem Tochter- oder Mehrheitsunternehmen, wie § 4 Abs. 4 Satz 2 mit Betonung der "dem Amt entsprechenden Tätigkeit" deutlich zeigt.

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Bei dem anzustellenden Vergleich von Amtstätigkeit und der aufgetragenen Tätigkeit im privatisierten Tochterunternehmen kommt es somit entscheidend darauf an, dass die zugewiesene Tätigkeit im Falle ihrer Ausübung im Geltungsbereich des BRRG auch amtsangemessen wäre. Vgl. dazu das Urteil des BVerwG v. 22.6.2006 - 2 C 26/05 -:

"Bei jeder sachlich begründbaren Änderung der dem Beamten übertragenen Funktionsämter muss ihm jedoch stets ein amtsangemessener Tätigkeitsbereich verbleiben (Urteile vom 22. Mai 1980 a.a.O.S. 151, vom 28. November 1991 a.a.O. und vom 1. Juni 1995 - BVerwG 2 C 20.94 - BVerwGE 98, 334 <338> ) . Ohne seine Zustimmung darf dem Beamten diese Beschäftigung weder entzogen, noch darf er auf Dauer unterwertig beschäftigt werden (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 24. Januar 1991 a.a.O.S. 315). Insbesondere darf er nicht aus dem Dienst gedrängt und nicht dadurch, dass ihm Pseudobeschäftigungen zugewiesen werden, zur Untätigkeit in perspektivlosem Zuwarten genötigt werden (Urteil vom 7. September 2004 - BVerwG 1 D 20.03 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 28 S. 28)."

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Eine solche amtsangemessene Tätigkeit ist in Uelzen - soweit übersehbar - nicht gegeben. Da dort - in einer privatrechtlichen GmbH - kein Dienstposten zur Verfügung stehen kann, kommt es für eine Vergleichbarkeit der auszuübenden Tätigkeit darauf an, dass diese im Fall der Ausübung innerhalb des Geltungsbereichs des BRRG "amtsgemäß" wäre. Das dürfte nicht der Fall sein, da die Tätigkeit dort nicht beamtenrechtlich nach Grundsätzen einer Dienstpostenbewertung sachgerecht bewertet ist, sondern es sich um einen Platz bei einer privatrechtlichen GmbH mit "internem Bewertungsgefüge" (S. 5 d. Schr. v. 28.4.2008 im Verfahren 1 B 39/08) handelt. Wenn sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang nicht verpflichtet fühlt, "strenge Trennungen nach der Bewertung der Einzelaufgaben vorzunehmen und hierfür gesonderte Funktionen festzulegen", zumal es sich um die Arbeitsorganisation bei einem Tochterunternehmen handele (so S. 5 des Schr.v. 9.12.2008), so gesteht sie damit selbst zu, dass es bei ihrem Tochterunternehmen VCS-GmbH keine Dienstposten bzw. den beamtenrechtlichen Besoldungsgruppen vergleichbar bewertete Funktionen oder "Einzelaufgaben" gibt, die eine tatsächlich amtsgemäße Verwendung der Antragsteller garantieren könnten. Die maßgeblichen Bewertungsmerkmale werden denn auch nur in eine von der Antragsgegnerin vorgenommene - mehr oder weniger pauschale - Gesamtbewertung "einbezogen, aber nicht im Einzelnen gewürdigt" (S. 5 d. Schr.v. 9.12.2008). Eine solche Verfahrensweise hat mit einer sachbezogenen Dienstpostenbewertung, wie sie für Stellen und Dienstposten im Geltungsbereich des BRRG vorgenommen wird, wenig Gemeinsamkeiten, so dass in hohem Maße zweifelhaft ist, ob der "Quervergleich" mit "Spiegelung" der dem Antragsteller zugewiesenen Tätigkeit tatsächlich amtsangemessen ist.

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Der Vortrag der Antragsgegnerin ist daher für einen Nachweis amtsangemessener Tätigkeit des Antragstellers nicht geeignet, da er nicht erkennen lässt, in welchem Verfahren, auf welcher tatsächlichen Grundlage und vor allem nach welchen Bewertungsmaßstäben hier eine Bewertung der Tätigkeiten vorgenommen worden ist. Eine sachkundige Begründung für die vorgenommenen Bewertungen wird nicht gegeben. Vgl. dazu auch VG Frankfurt, Beschl.v. 3.9.2008 - 9 L 1667/08.F -:

"Aber auch unabhängig davon erscheint es der Kammer nach derzeitigem Erkenntnisstand rechtlich nicht mehr vertretbar, die von der Zuweisungsverfügung umfassten Tätigkeiten und Aufgaben, die ein Call Center-Agent/Service Center-Agent bei der Vivento Customer Services GmbH zu erfüllen hat und die in der "Checkliste Konzerninterne/ konzernexterne Zuweisung" (Bl. 54 des Vorgangs der Antragsgegnerin) aufgeführt sind, als für die gesamte Laufbahngruppe des mittleren technischen Dienstes mit einer Bandbreite von der Besoldungsgruppe A 6 BBO bis zur Besoldungsgruppe A 9 BBO amtsangemessen zu bewerten."

31

Die Kammer vermag dem bloßen Vortrag der Antragsgegnerin, die Tätigkeit eines "Führungskräfteentwicklers bei er VCS" stelle eine solche dar, die dem statusrechtlichen Amt eines Postamtmannes (BesGr. A 11) entspreche, nicht ohne weiteres zu folgen, weil der Vortrag an der Breitbandigkeit des Aufgabenspektrums (vgl. Zuweisungsverfügung v. 4. November 2008: Durchführung von "Trainings", Entwicklung und Umsetzung individueller Lern- und Qualifikationskonzepte, "Coaching" von Einzelpersonen und/oder Führungsteams, "Moderation von Events", Beratung und Begleitung von "Change-Prozessen") und damit an der unspezifischen Aufgabenzuordnung nichts ändert.

32

Diese Breitbandigkeit und Unbestimmtheit der vorgesehenen Aufgaben verhindert eine Dienstpostenbewertung und die sachgerechte Vergleichbarkeit zugewiesener Aufgaben und Funktionen: Dem Antragsteller werden nämlich auch Funktionen zugewiesen, die von vornherein nur einen Teil des gesamten Aufgabenspektrums betreffen, ohne dass diese Funktionen jeweils auf der Grundlage der wahrzunehmenden Aufgaben und Tätigkeiten in irgend einer Weise besoldungsrechtlich bewertet und vergleichbar gemacht worden wären (VG Frankfurt, aaO.). Somit kann die sehr globale Vergleichsbewertung, nach der die übertragenen Aufgaben dem Amt der Besoldungsgruppe A 11 entsprechen sollen, nicht die Einschätzung rechtfertigen, dass die Tätigkeiten, soweit sie speziell den Antragsteller betreffen, tatsächlich und sachlich-rechtlich amtsangemessen seien. Die Verwendung des Antragstellers ist offenkundig vom Bedarf und von Zufällen abhängig. Somit erscheint nur die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass der Antragsteller aller Voraussicht nach Aufgaben zu erfüllen hat, die seinem statusrechtlichen Amt gerade nicht entsprechen.

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Daraus ergibt sich, dass die Antragsteller gezwungen wäre, eine unterwertige Beschäftigung bei der VCS-GmbH hinzunehmen. Das jedoch schließt der Wortlaut des § 4 Abs. 4 S. 2 Post-PersRG ("Zuweisung einer dem Amt entsprechenden Tätigkeit") eindeutig aus.

34

2.2.4 Rechtliche Zweifel an der Zuweisungsverfügung bestehen auch deshalb, weil die insoweit getroffene Ermessensentscheidung (§ 123a Abs. 1 wie Abs. 2 BRRG: "kann") sich an den Kriterien der Notwendigkeit, Erforderlichkeit und Angemessenheit sowie schließlich auch am Grundsatz der Fürsorge (§ 79 BBG) messen lassen muss. Das gilt in besonderem Maße für Zuweisungsentscheidungen, die ohne Zustimmung des Beamten oder gar gegen dessen Willen getroffen werden.

35

Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen und Berücksichtigung der materiell-rechtlichen Zweifel an der Zuweisungsverfügung gebührt dem Interesse des Antragstellers an einer Beachtung der vom Gesetzgeber als Regel vorgesehenen aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) hier der Vorzug.

36

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 RVG.