Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 10.05.2001, Az.: 6 B 89/01
Aufbauseminar; Fahrerlaubnisentziehung; vorläufiger Rechtsschutz
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 10.05.2001
- Aktenzeichen
- 6 B 89/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 39558
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs 7 StVG
- § 4 Abs 11 StVG
- § 80 Abs 5 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Entziehung der Fahrerlaubnis wegen nicht fristgerechter Teilnahme an einem Aufbauseminar.
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,-- DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller besitzt seit 1984 eine Fahrerlaubnis der Klasse 3. Im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs wurde er in folgenden Fällen bestraft bzw. mit Geldbußen belegt:
1. Am 12. September 1996 erhielt er vom Landkreis Goslar wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h um 28 km/h eine Geldbuße von 100,-- DM.
2. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts Goslar vom 11. Juni 1998 wurde er wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe von 900,-- DM verurteilt; außerdem erhielt er wegen Verursachung eines Verkehrsunfalls eine Geldbuße von 100,-- DM.
3. Am 21. Juni 2000 wurde ihm von der Zentralen Bußgeldstelle Magdeburg wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 29 km/h eine Geldbuße von 120,-- DM auferlegt.
Nachdem der Antragsteller mit den Verkehrsverfehlungen zu Nr. 1 und 2 einen Eintragungsstand von mehr als 9 Punkten im Verkehrszentralregister des Kraftfahrt-Bundesamtes erreicht hatte, wurde er von dem Antragsgegner unter dem 27. Juli 1998 eindringlich verwarnt und für den Fall von weiteren Verkehrsverfehlungen auf die Möglichkeit einer Überprüfung seiner Fahreignung hingewiesen. Außerdem wurde ihm eröffnet, dass er durch die erfolgreiche Teilnahme an einem Aufbauseminar für Kraftfahrer (ASK) den Punktestand um 4 Punkte herabsetzen könne.
Als der Antragsteller mit dem Verkehrsverstoß zu Nr. 3 einen Stand von 14 Punkten erreicht hatte, gab der Antragsgegner ihm mit Verfügung vom 11. September 2000 auf, sich einem Aufbauseminar für Kraftfahrer zu unterziehen und die Teilnahme an diesem Kurs bis zum 19. Dezember 2000 nachzuweisen. Mit einer weiteren Verfügung vom 10. Januar 2001 verlängerte der Antragsgegner die Frist für die Vorlage der Teilnahmebescheinigung auf Antrag des Antragstellers bis zum 28. Februar 2001; die Behörde teilte dem Antragsteller außerdem mit, dass ihm die Fahrerlaubnis entzogen werden müsse, wenn er den geforderten Teilnahmenachweis nicht fristgerecht vorlege. Diese Verfügungen wurden bestandskräftig.
Nach dem Ablauf der gesetzten Frist entzog der Antragsgegner dem Antragsteller mit Verfügung vom 07. März 2001 gemäß § 4 Abs. 7 StVG die Fahrerlaubnis. Hiergegen erhob der Antragsteller am 08. März 2001 zur Niederschrift der Behörde Widerspruch mit der Begründung, dass er sich weiter um eine Teilnahme am Aufbauseminar bemühen werde. Den außerdem gestellten Antrag, die sofortige Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehungsverfügung auszusetzen, lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 27. März 2001 ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06. April 2001 - zugestellt am 10. April 2001 - wies die Bezirksregierung Braunschweig den Widerspruch des Antragstellers als unbegründet zurück.
Am 24. April 2001 hat der Antragsteller vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben (6 A 98/01) und um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Unter Vorlage einer Bestätigung der Fahrschule S. vom 17. April 2001, dass ab dem 04. Mai 2001 ein Aufbauseminar in Bad Harzburg durchgeführt werden solle, macht er geltend, dass er die von ihm geforderte Teilnahmebescheinigung nicht habe früher vorlegen können. Da das Aufbauseminar bei der Fahrschule S. erst im Juni 2001 abgeschlossen sei, könne er auch nicht bis zum 10. Mai 2001, dem Ablauf der Klagefrist, diesen Nachweis führen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 08. März 2001 in Bezug auf die Verfügungen des Antragsgegners vom 11. September 2000 und vom 07. März 2001 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Verfügung vom 07. März 2001,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Der nach § 80 Abs. 5 VwGO statthafte Antrag des Antragstellers ist, soweit er sich auf die ihm gesetzte Frist in der Verfügung des Antragsgegners vom 11. September 2000 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 10. Januar 2001 bezieht, unzulässig und im Übrigen nicht begründet.
In Bezug auf die Verfügung des Antragsgegners vom 11. September 2000 ist der gerichtliche Eilantrag unzulässig, weil gegen diese Entscheidung der Behörde vom Antragsteller ein Rechtsbehelf, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden könnte, nicht erhoben wurde. Diese Verfügung ist inzwischen zudem bestandkräftig geworden.
Dem gegen die Fahrerlaubnisentziehung vom 07. März 2001 gerichteten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kann ebenfalls nicht entsprochen werden.
Nach § 4 Abs. 7 Satz 1 StVG hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis diese Berechtigung zu entziehen, wenn er innerhalb der ihm gesetzten Frist einer vollziehbaren Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG nicht nachgekommen ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nachdem die Verfügung vom 11. September 2000 mit der am 10. Januar 2001 angeordneten Fristverlängerung bis zum 28. Februar 2001 bestandskräftig geworden ist, kann letztlich dahingestellt bleiben, aus welchen Gründen die Einhaltung der Beibringungsfrist für die Teilnahmebescheinigung unterblieben ist. In diesem Fall hatte der Antragsgegner keinen Ermessensspielraum, anders zu entscheiden als die Fahrerlaubnis zu entziehen (§ 4 Abs. 7 Satz 1 StVG). Im Hinblick darauf, dass die Verfügung vom 07. März 2001 offensichtlich rechtmäßig ist und sich die vom Antragsteller erhobene Klage voraussichtlich als erfolglos erweisen wird, besteht kein Anlass, entgegen der für einen solchen Fall vom Gesetzgeber angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit der Maßnahme (§ 4 Abs. 7 Satz 2 StVG) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Fahrerlaubnisentziehungsverfügung vom 07. März 2001 anzuordnen. Besondere Sachumstände, die eine andere gerichtliche Entscheidung rechtfertigen könnten, sind weder vom Antragsteller vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
Soweit der Antragsteller nunmehr seine Bereitschaft erklärt hat, sich dem Aufbauseminar bei der Fahrschule S. in Bad Harzburg zu unterziehen, setzt die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis einen solchen Nachweis ohnehin voraus (§ 4 Abs. 11 Satz 1 StVG). Auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Fahrerlaubnisentziehung hat eine nachträglich beigebrachte Teilnahmebescheinigung keine rechtliche Bedeutung. Ob die Behörde bei der Vorlage einer solchen Bescheinigung weiterhin an der Fahrerlaubnisentziehung festhalten wird, steht im Ermessen der Behörde und ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Der Antrag ist deshalb mit der Kostenfolge aus §154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG und beläuft sich auf die Hälfte des Wertes, der in Bezug auf eine Fahrerlaubnis der Klasse 3 im Hauptsacheverfahren festzusetzen ist. Dem gegen die Aufforderung zur Seminarteilnahme und Befristung gerichteten (unzulässigen) Antrag des Antragstellers misst das Gericht hinsichtlich des Streitwerts keine gesonderte Bedeutung zu.