Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 30.05.2001, Az.: 6 B 86/01
Ausweisung; Bewährung; Drogen; Drogenabhängigkeit; Griechenland; schwerwiegende Gründe; Therapie; Verkehrsstraftaten
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 30.05.2001
- Aktenzeichen
- 6 B 86/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 39557
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 47 Abs 1 Nr 1 AuslG
- § 48 Abs 1 AuslG
- § 12 AufenthEWGG
- § 3 Abs 3 EuNiederlAbk
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.000,-- DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen seine Ausweisung und die Androhung durch den Antragsgegner, ihn nach Griechenland abzuschieben.
Der in H. geborene ledige Antragsteller ist griechischer Staatsangehöriger und erhielt zuletzt eine bis zum 22. Mai 2003 befristete Aufenthaltserlaubnis. Der Antragsteller hat eine Ausbildung zum Fremdsprachenkorrespondenten abgebrochen und ist ohne erlernten Beruf.
Der Antragsteller wurde bisher wie folgt strafrechtlich verurteilt:
1. Mit Urteil des Amtsgerichts vom 07. Februar 1995 wurde der Antragsteller wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zur Erbringung von Arbeitsleistungen verurteilt und eine Fahrerlaubnissperre bis zum 06. Juni 1995 erteilt (Tatzeit: 24.09.1994).
2. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts vom 12. Oktober 1995 wurde der Antragsteller wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 15,-- DM verurteilt.
3. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts vom 19. Februar 1996 wurde der Antragsteller wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15,-- DM und einer Fahrerlaubnissperre von einem Jahr verurteilt.
4. Durch Urteil des Amtsgerichts vom 10. Dezember 1996 wurde der Antragsteller wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie wegen Vortäuschens einer Straftat zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten und zwei Wochen verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Außerdem wurde eine Fahrerlaubnissperre von 20 Monaten festgesetzt.
5. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts vom 21. Februar 1997 wurde der Antragsteller wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10,-- DM verurteilt (Tatzeit: 19.12.1996).
6. Mit Urteil des Amtsgerichts vom 02. Dezember 1997 wurde der Antragsteller wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde (Tatzeit: 04.06.1997).
7. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts vom 23. Dezember 1997 wurde der Antragsteller wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10,-- DM verurteilt (Tatzeit: 15.11.1997).
8. Mit Urteil des Amtsgerichts vom 23. Februar 1998 wurde der Antragsteller wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt (Tatzeit: 09. und 12.11.1997).
In den Gründen des Urteils ist u.a. ausgeführt, dass eine erneute Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 Abs. 1 StGB im Falle des Antragstellers nicht in Betracht gekommen sei, weil er Bewährungsversager sei. Angesichts seines massiven Fehlverhaltens und zahlreicher einschlägiger Vorverurteilen erscheine es dringend erforderlich, den Angeklagten zu einer spürbaren Freiheitsstrafe zu verurteilen.
9. Mit Urteil des Amtsgerichts vom 16. April 1998 wurde der Antragsteller wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 15,-- DM verurteilt.
10. Mit Urteil des Amtsgerichts vom 05. Mai 1998 wurde er wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (Heroin und Haschisch) in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
11. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts vom 15. Mai 1998 wurde der Antragsteller wegen Diebstahls geringwertiger Sachen zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 50,-- DM verurteilt.
12. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts vom 02. Juni 1998 wurde der Antragsteller wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 10,-- DM verurteilt (Tatzeit: 06.02.1998).
13. Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 15. Juli 1998 wurden die durch Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 02. Dezember 1997, durch Strafbefehl des Amtsgerichts Goslar vom 23. Dezember 1997 und durch Urteil des Amtsgerichts Goslar vom 23. Februar 1998 erkannten Strafen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten ohne Bewährung zurückgeführt, wobei die Geldstrafe daneben bestehen bleiben sollte.
14. Durch Urteil des Amtsgerichts vom 23. Juli 1998 wurde der Antragsteller wegen gemeinschaftlichen, besonders schweren Diebstahls in zwei Fällen und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil vom 23. Februar 1998 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, und eine Fahrerlaubnissperre von zwei Jahren ausgesprochen.
15. Mit Urteil des Amtsgerichts vom 24. August 1998 wurde der Antragsteller wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt (Tatzeit: 13.05.1998).
16. Mit Urteil des Amtsgerichts vom 08. Oktober 1998 wurde der Antragsteller wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt (Tatzeit: 04.08.1998).
17. Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 12. März 1999 wurde nachträglich eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten gebildet, in die die Entscheidungen des Amtsgerichts Goslar vom 23. Juli 1998 und des Amtsgerichts Braunschweig vom 24. August 1998 einbezogen wurden.
18. Durch Urteil des Amtsgerichts vom 24. August 2000 wurde der Antragsteller wegen versuchten Diebstahls und Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt (Tatzeit: 08.05.2000).
19. Mit Urteil des Amtsgerichts vom 15. Januar 2001 wurde der Antragsteller wegen vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt (Tatzeit: 16.06.2000).
Bereits nach der unter 4. genannten Verurteilung verwarnte der seinerzeit für den Antragsteller zuständige Landkreis Osterode am Harz unter dem 12. Februar 1997 den Antragsteller und wies ihn darauf hin, er habe für den Fall, dass er eine erneute strafbare Handlung begehe, damit zu rechnen, aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen zu werden. Der Landkreis Wolfenbüttel, der mit der Inhaftierung des Antragstellers in der dortigen Justizvollzugsanstalt für aufenthaltsbeendende Maßnahmen zuständig wurde, hörte den Antragsteller unter dem 15. Februar 1999 unter Bezugnahme auf mittlerweile 15 Verurteilungen u.a. wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer beabsichtigten Ausweisung und Abschiebung direkt aus der Haft nach Griechenland an. Im Hinblick darauf, dass der Antragsteller angab, eine stationäre Drogentherapie durchführen zu wollen, er noch nie in Griechenland gelebt habe und in seinen Familienverband in der Bundesrepublik weiterhin eingebunden bleibe, wurde von einer Ausweisung abgesehen. Mit Schreiben vom 25. Juni 1999 teilte der Landkreis Wolfenbüttel den damaligen Prozessbevollmächtigten des Antragstellers dies mit und kündigte für den Fall, dass eine Therapie nicht alsbald durchgeführt oder erfolglos abgebrochen werde, die Ausweisung des Antragstellers an.
Am 04. Januar 2000 wurde der Antragsteller aus der Haft in die Therapie entlassen. Im März 2000 bezog er seinen Hauptwohnsitz im Bereich des Antragsgegners. Im Mai 2000 vereinbarte der Antragsgegner in einem persönlichen Gespräch mit dem Antragsteller, dass dessen am 22. Mai 2000 abgelaufene Aufenthaltserlaubnis zunächst befristet (bis zum 22. Mai 2003) verlängert werde. Er wurde außerdem eindringlich darauf hingewiesen, sich zukünftig an die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu halten und ihm die ausländerrechtlichen Konsequenzen vor Augen gehalten, falls er nochmals strafrechtlich in Erscheinung treten werde. Am 24. August 2000 verurteilte das Amtsgericht den Antragsteller zu der unter 18. aufgeführten Freiheitsstrafe von sechs Monaten.
Am 01. November 2000 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller seine Absicht mit, ihn wegen der begangenen Straftaten aus der Bundesrepublik Deutschland auszuweisen.
Mit Bescheid vom 21. November 2000 verfügte der Antragsgegner unter Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Maßnahme die Ausweisung des Antragstellers, forderte ihn zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Vollziehbarkeit dieser Verfügung auf und drohte ihm für den Fall, dass er der Ausreiseaufforderung nicht fristgerecht nachkomme, die Abschiebung an.
Hiergegen erhob der Antragsteller am 18. Dezember 2000 Widerspruch und gab an, sich seit dem 07. Dezember 2000 zur Durchführung einer Drogenentwöhnungsbehandlung in einer stationären Therapie zu befinden, die drei Monate andauern werde. Unter dem 21. Dezember 2000 begründete der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers den Widerspruch wie folgt: Fast ein Drittel seiner Verurteilungen würden "jugend- und alterstypische" Delikte betreffen, wie z.B. Fahren ohne Fahrerlaubnis und Eigentumsdelikte. Bei Letzterem werde deutlich, dass sie offenbar im Zusammenhang mit der Betäubungsmittelabhängigkeit des Antragstellers geschehen seien. Schließlich falle auf, dass diese Taten ihren Schwerpunkt im Jahre 1998 gehabt hätten und in den beiden Folgejahren bis jetzt gegenüber den 16 Straftaten der Jahre 1995 bis 1998 nur noch zwei Straftaten erfolgt seien. Nach Abschluss der Therapie, die der Antragsteller derzeit durchführe, sei davon auszugehen, dass die Ursache für die Delikte der letzten Jahre beseitigt werde. Die Ausweisung treffe ihn im Übrigen unverhältnismäßig hart, weil er in Deutschland geboren und aufgewachsen sei, wohingegen ihm der kulturelle und innere Bezug zu Griechenland fehle. Die gesamte Familie des Antragstellers lebe sei vielen Jahren in Deutschland und sei bereit, ihm zu helfen und ihm bei den Bemühungen, seine Abhängigkeit zu überwinden, zu unterstützen. Dies habe der Antragsgegner bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt. Ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht würde in Kürze gestellt werden.
Im Hinblick auf den angekündigten Eilantrag beschloss der Antragsgegner im Januar 2001, zur Zeit von der Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen aus humanitären Gründen abzusehen und ihn nach § 55 Abs. 3 AuslG zunächst zu dulden. Hierüber erhielt der Antragsteller eine bis zum 20. April 2001 gültige Bescheinigung. Unter dem 12. März 2001 kündigte der Antragsgegner an, falls der angekündigte Eilantrag beim Verwaltungsgericht nicht in einem angemessenen Zeitraum gestellt werde, würden nach dem 20. April 2001 aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet werden, sofern der Antragsteller seiner Ausreisepflicht nicht freiwillige nachkomme. Wenige Tage später erfuhr der Antragsgegner von der unter Nr. 19 genannten Verurteilung vom 15. Januar 2001 durch das Amtsgericht Hannover wegen vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln.
Am 23. April 2001 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung trägt er vor:
Die beabsichtigte Abschiebung sei rechtswidrig und verletze seine Rechte. Der Antragsgegner sei an die Zusage der Ausländerbehörde des Landkreises Wolfenbüttel gebunden, aus den bis dahin ergangenen Straftaten keine nachteiligen Konsequenzen zu ziehen und aufgrund dessen eine Ausweisung nicht zu verfügen. Der danach erfolgte einmalige Verstoß sei im Vergleich zu den früheren Vorfällen geringfügig und aufgrund seiner damaligen Abhängigkeit nachvollziehbar. Er habe sich nach der letzten Straftat unter dem Eindruck seines Fehlverhaltens sofort in Therapie begeben, die er nun mit Erfolg abgeschlossen habe und an der Nachbetreuung teilnehme. Während der Therapie seien unangemeldet abgenommene Urinproben negativ gewesen. Dies sei ein ausgesprochen gutes Zeichen und nicht die Regel bei Drogentherapien. Außerdem strebe er eine Ausbildung an und habe sich bereits um eine Umschulung bemüht. Rechtliche Bedenken gegen die Abschiebung würden sich auch daraus ergeben, dass er als Grieche EU-Bürger sei und daher stärkere Rechte als andere Ausländer genieße. Der Antragsgegner gehe bei seiner Entscheidung offenbar davon aus, dass die Abschiebung bei Betäubungsmitteldelikten zwingend sei, und er habe weder sein Ermessen ausgeübt noch die Verträge und Gesetze der Europäischen Gemeinschaft beachtet.
Der Antragsteller beantragt,
dem Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 21. November 2000 aufschiebende Wirkung beizumessen bzw. wiederherzustellen.
hilfsweise,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch des Antragstellers von der Abschiebung abzusehen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er entgegnet: Der Antragsteller sei zwischen dem 10. Dezember 1996 und der Verfügung vom 21. November 2000 zu mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden. Nach Erlass der Verfügung sei er erneut zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden. Der er nicht im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis sei, genieße er keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 AuslG. Da der Antragsteller den Ausweisungstatbestand nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 AuslG erfülle, sei auch eine Ausweisung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz/EWG - AufenthG/EWG -, nach Art. 2 des Niederlassungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Griechenland sowie Art. 3 des Europäischen Niederlassungsabkommens - ENA - zulässig. Die Zusage des Landkreises Wolfenbüttel sei nicht mehr bindend, weil der Antragsteller danach mindestens zweimal erneut straffällig geworden sei. Auch die erfolgreich abgeschlossene Therapie könne nicht zugunsten des Antragstellers berücksichtigt werden, weil er nach der letzten Therapie erneut rückfällig geworden sei. Die Ausweisung sei nicht aus generalpräventiven Gründen, sondern ausschließlich aufgrund des persönlichen Verhaltens des Betroffenen verfügt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltsund des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nicht begründet.
Der Antragsgegner hat die sofortige Vollziehung der Ausweisungsverfügung vom 21. November 2000 in formell ordnungsgemäßer Weise angeordnet (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) und in einer den Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise schriftlich begründet.
Auch aus materiell-rechtlichen Gründen besteht keine Veranlassung, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Ausweisungsverfügung wiederherzustellen. Die für die Entscheidung erforderliche Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Durchsetzung der gegen den Antragsteller gerichteten Maßnahme und seinem Interesse, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache Vollstreckungsschutz zu erhalten und den endgültigen Ausgang des Verfahrens im Bundesgebiet abwarten zu können, fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Es ist überwiegend wahrscheinlich, dass der Widerspruch des Antragstellers ohne Erfolg bleiben wird.
Zutreffend ist der Antragsgegner davon ausgegangen, dass in der Person des Antragstellers aufgrund seiner rechtskräftigen Verurteilungen innerhalb der letzten fünf Jahre zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 1 AuslG vorliegt. Auch trifft es zu, dass der Antragsteller, obgleich er in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen ist, einen besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 AuslG nicht genießt, weil er nicht im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis bzw. Aufenthaltserlaubnis - EWG ist (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG) und weitere Tatbestände des § 48 AuslG nicht erfüllt sind.
Obgleich zugunsten von Staatsangehörigen aus EG-Mitgliedstaaten die Aufenthaltsbeendigung durch Ausweisung erheblich eingeschränkt ist, widersprich die Ausweisung des Antragstellers nicht den Vorschriften des Europäischen Gemeinschaftsrechts. Die "Ist-Ausweisung" im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 1 AuslG kann grundsätzlich auch Unionsbürger betreffen, die noch keine unbefristete Aufenthaltserlaubnis besitzen. Voraussetzung ist, dass die besonderen Anforderungen des § 12 AufenthG/EWG zusätzlich erfüllt sind. Über die Verurteilung hinaus muss eine Gefahrenprognose getroffen werden (vgl. § 12 Abs. 4 AufenthG/EWG, die nicht auf Generalpräventionen gestützt sein darf (§ 12 Abs. 3 Satz 1 AufenthG/EWG), für die aber unter Umständen bereits eine einzige Straftat ausreicht (vgl.: Renner, Ausländerrecht, 7. Aufl., § 47 AuslG, Rn 9 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 AufenthG/EWG ist die Ausweisung eines Ausländers, der Freizügigkeit genießt, nur aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, Ordnung oder Gesundheit zulässig. Danach darf ein Straftäter nur ausgewiesen werden, wenn eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. Renner, Ausländerrecht, § 45 AuslG, Rn 29 m.w.N.). Zu Recht hat der Antragsgegner hervorgehoben, dass die Straftaten des Antragstellers, mit denen er den Ausweisungsgrund des § 47 Abs. 1 Nr. 1 AuslG erfüllt hat, eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bedeuten, die auch private Belange von ganz erheblichem Gewicht zurücktreten lässt.
Bei den in den Entscheidungen zwischen Februar 1995 und Oktober 1998 abgeurteilten Fällen handelt es sich um Verkehrsstraftaten (Fahren ohne Fahrerlaubnis, Trunkenheit im Verkehr), Diebstahls- und Betäubungsmitteldelikte. Die geringe Beeindruckbarkeit seines künftigen Verhaltens durch strafrechtliche Ahndungen (zunächst Geld- später Freiheitsstrafen) verdeutlichen die Gefährlichkeit des Antragstellers und lassen die Gefahr für neue Verfehlungen nicht lediglich als entfernte Möglichkeit neuer Störungen erscheinen (vgl. hierzu: BVerwG, Urt. vom 28.01.1997, NVwZ 1997, 1119 [BVerwG 28.01.1997 - BVerwG 1 C 17/94]). Schon im Urteil des Amtsgerichts Goslar vom 23. Juli 1998 wurde festgestellt, dass der Antragsteller bei Begehung der abzuurteilenden Straftaten noch aus zwei Verurteilungen unter Bewährung stand und außerdem gegen ihn das Ermittlungsverfahren lief, in welchem er schließlich am 23. Februar 1998 verurteilt wurde. Damit hat er sich in erheblichem Maße als unbelehrbar und uneinsichtig erwiesen, auch wenn zu berücksichtigen war, dass es sich um Beschaffungskriminalität zur Finanzierung seiner Betäubungsmittelabhängigkeit gehandelt habe. In dem Urteil wurde weiter festgestellt, dass eine Aussetzung der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten zur Bewährung nicht in Betracht komme, weil der Antragsteller Bewährungsversager sei und mit seinen vielen, während der laufenden Bewährungen begangenen Straftaten gezeigt habe, dass er durch Bewährungsstrafen allein nicht zu beeindrucken sei. Trotz der wiederholten Sanktionen und der Verwarnungen der Ausländerbehörde vom 12. Februar 1997, 25. Juni 1999 und 22. Mai 2000 hat der Antragsteller seine Einstellung gegenüber der Rechtsordnung und den Belangen seiner Mitbürger weiterhin nicht geändert, so dass es schließlich zu den Verurteilungen vom 24. August 2000 und vom 15. Januar 2001 gekommen ist. Angesichts dessen ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner davon ausgegangen ist, der Antragsteller werde weiterhin Straftaten begehen, wenn er im Bundesgebiet verbleibe. Die nach Auskunft der Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel erfolgreich im ersten Quartal 2000 durchgeführte Therapie hat der Antragsgegner zu Recht nicht zugunsten des Antragstellers berücksichtigt, weil er nach dieser Therapie erneut rückfällig und, wie sich aus dem Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 15. Januar 2001 ergibt, er bereits im Juni 2000 wieder Heroin erworben hat. Angesichts dessen und auch im Hinblick darauf, dass der Antragsteller - den Gründen des Urteils des Amtsgerichts Herzberg vom 10. Dezember 1996 zufolge - bereits im August 1996 nach einer Entgiftung im Landeskrankenhaus Göttingen eine Drogentherapie absolvierte und auch danach wieder rückfällig geworden ist, hält das Gericht die negative Prognose des Antragsgegners trotz einer weiteren, im Dezember 2000 begonnenen Drogentherapie für zutreffend. Dass die seitdem entnommenen Urinproben nach dem unbestätigten Vortrag des Antragstellers negativ waren, deutet weder auf einen Therapieerfolg noch darauf hin, dass eine Rückfallgefahr des Antragstellers nicht mehr besteht. Allgemein bekannt ist lediglich, dass Personen, die sich einer Drogentherapie unterziehen und bereits während dieser Therapie wieder Drogen konsumieren, unverzüglich von der Therapie ausgeschlossen werden.
Schließlich kann auch das Zusammenleben mit seiner Familie im Bundesgebiet nicht zur Rechtswidrigkeit der Ausweisung führen. Zwar können die Folgen der Ausweisung den Antragsteller hart treffen und wird ihm das Eingewöhnen in die Verhältnisse Griechenlands insbesondere deshalb schwer fallen, weil seine Eltern im Bundesgebiet leben. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller sich durch die häufigen Straftaten in einer Weise als gefährlich erwiesen hat, die auch persönliche Belange von einem erheblichen Gewicht hinter das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung zurücktreten lassen. Der Antragsteller, der weder einen allgemeinbildenden Schulabschluss erworben noch eine Berufsausbildung durchlaufen und abgeschlossen hat, ist bisher einer geregelten Erwerbstätigkeit über einen längeren Zeitraum nicht nachgegangen. Obwohl der Antragsteller in der Vergangenheit weitgehend bei seinen Eltern gewohnt hatte, waren diese offenbar nicht in der Lage, auf ihn stabilisierend einzuwirken.
Der Ausweisung des Antragstellers stehen auch Art. 3 Abs. 1 und 3 ENA vom 13. Dezember 1955 (BGBl. II S. 997) nicht entgegen. Diese Vorschriften lauten:
"Die Staatsangehörigen eines Vertragsstaates, die ihren ordnungsgemäßen Aufenthalt im Gebiet eines anderen Vertragsstaates haben, dürfen nur ausgewiesen werden, wenn sie die Sicherheit des Staates gefährden oder gegen die öffentliche Ordnung oder die Sittlichkeit verstoßen." (Abs. 1)
"Die Staatsangehörigen eines Vertragsstaates, die seit mehr als zehn Jahren ihren ordnungsgemäßen Aufenthalt im Gebiet eines anderen Vertragsstaates haben, dürfen nur aus Gründen der Sicherheit des Staates, oder wenn die übrigen in Abs. 1 aufgeführten Gründe besonders schwerwiegend sind, ausgewiesen werden." (Abs. 2)
Zutreffend ist der Antragsgegner davon ausgegangen, dass solche Gründe regelmäßig dann vorliegen, wenn Ausweisungstatbestände des § 47 AuslG vorliegen. Ein qualitativer Unterschied zwischen den "schwerwiegenden Gründen" im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG und den "besonders schwerwiegenden Gründen" im Sinne von Art. 3 Abs. 3 ENA bestehen nicht (vgl. dazu ausführlich: VG Braunschweig, Urt. vom 10.07.1999 - 6 A 6197/98 -, unter Verweis auf BVerwG, Urt. vom 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247; Urt. vom 29.09.1998 - 1 C 8/96 -, NVwZ 1999, 303 = InfAuslR 1999, 54).
Schließlich begründet auch Art. 2 des Niederlassungsvertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland vom 22. Oktober 1962 (BGBl. II S. 1505) keinen besonderen Ausweisungsschutz, denn auch nach dieser Vorschrift dürfen die Staatsangehörigen eines Vertragsstaates, die seit mehr als fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Aufenthalt im Gebiet des anderen Vertragsstaates haben, nur aus Gründen der Sicherheit des Staates, oder wenn die übrigen in Abs. 1 aufgeführten Gründe besonders schwerwiegend sind, ausgewiesen werden.
Schließlich kann sich der Antragsteller auch nicht darauf berufen, der Landkreis Wolfenbüttel habe zugesagt, aus den bis dahin ergangenen Straftaten für ihn nachteilige Konsequenzen nicht zu ziehen und ihn nicht auszuweisen. Dass sich der Antragsgegner an diese Erklärung auch zunächst gebunden gefühlt hat, zeigt sich daran, dass er in einem persönlichen Gespräch den Antragsteller nochmals vor Augen geführt hat, dass er bei weiteren Straftaten mit den entsprechenden ausländerrechtlichen Konsequenzen zu rechnen habe und ihm am 22. Mai 2000 eine für drei Jahre befristete Aufenthaltsbefugnis erteilt hat. Nachdem der Antragsteller in mindestens zwei Fällen erneut straffällig geworden ist, bestand für den Antragsgegner keinerlei Anlass mehr, sich an die Zusage des Landkreises Wolfenbüttel, die an eine künftige Straffreiheit und erfolgreiche Drogentherapie des Antragstellers geknüpft war, gebunden zu fühlen.
Die Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 49, 50 AuslG. Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG, die einer Abschiebung nach Griechenland entgegenstehen könnten, und die bei direkter oder zumindest entsprechender Anwendung des § 50 Abs. 3 Satz 2 AuslG (jedenfalls insoweit) schon bei der Abschiebungsandrohung zu berücksichtigen gewesen wären (vgl. dazu: BVerwG, Urt. vom 19.11.1996 - 1 C 6/95 -, BVerwGE 102, 249 ff.), bestehen nach dem Vorstehenden nicht.
Nach alledem sind der Antrag und der Hilfsantrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG.